Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf einer Gesamtversorgungszusage
Orientierungssatz
- Gesamtzusagen dürfen so widerrufen werden, wie sie erteilt werden können. Es reicht aus, wenn der Widerruf gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart wird, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen.
- Im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung ist dieses Zugangserfordernis auch nicht abdingbar. Der Arbeitgeber darf eine Leistungsordnung nicht ändern, ohne es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, von dem Inhalt der Änderung Kenntnis zu nehmen (§ 242 BGB; nunmehr § 307 BGB).
- Nimmt ein Arbeitgeber Arbeitnehmer, die bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) versichert sind, von einer eigenen Gesamtversorgungszusage ab einem Zeitpunkt aus, zu dem das Versorgungsniveau der VBL seiner eigenen Gesamtzusage entspricht, so führt der nachträgliche Abbau einer Überversorgung bei der VBL nicht dazu, dass Ansprüche gegen den Arbeitgeber unter dem Gesichtspunkts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (nunmehr Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB) entstehen können.
- Tatbestandliche Voraussetzung der Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist eine verteilende Entscheidung durch den Arbeitgeber. Tut der Arbeitgeber nichts, liegt eine verteilende Entscheidung grundsätzlich nicht vor. Etwas anderes kann lediglich bei einer Veränderung der Umstände von solchem Gewicht, dass sie eine Anpassungspflicht auslösen, gelten. Der bloße Abbau einer Überversorgung in einem Altersversorgungssystem, dem ein Teil der Arbeitnehmer angeschlossen ist, löst eine derartige Anpassungspflicht nicht aus.
Normenkette
BetrAVG § 1 Gleichbehandlung, § 1 Auslegung; BGB § 242; BetrVG § 75
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger betriebliche Altersversorgung weiter nach Richtlinien aus dem Jahre 1962 zu gewähren oder ob diese zwischenzeitlich wirksam abgelöst wurden.
Der am 11. Februar 1940 geborene Kläger war seit dem 1. Mai 1965 bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängern tätig. Er war als Vermessungsingenieur bei einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 9.250,00 DM beschäftigt. Dem Kläger wurde zum 1. März 2001 eine Erwerbsunfähigkeitsrente bewilligt. Seit diesem Zeitpunkt ist das Arbeitsverhältnis beendet.
Über die betriebliche Altersversorgung verhielt sich zunächst eine mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossene “Betriebsvereinbarung Nr. 2” vom 15. Juni 1956, die – ohne inhaltliche Veränderung – durch eine “Betriebsvereinbarung Nr. 2” vom 15. März 1957 (BV 1957) ersetzt wurde. Diese Betriebsvereinbarung lautet auszugsweise:
“Für die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angestellte und Arbeiter … gilt folgende Regelung:
Den ständigen Arbeitnehmern … wird eine zusätzliche Altersund Hinterbliebenenversorgung zu den reichsgesetzlichen Altersversicherungen gewährt. Sie entspricht der Höhe nach den Sätzen, die für Arbeitnehmer im Dienst der Bundesrepublik Geltung haben.
Die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung der Angestellten kann – soweit nicht eine Beschränkung durch tarifvertragliche Vereinbarungen etc. vorliegt – nach einmaliger freier Wahl erfolgen, durch
a) Überversicherung bei der Angestelltenversicherung (BfA) oder
b) Abschluß einer gemischten Kapitalversicherung mit Einschluß einer 10 %igen Rentenzahlung bei vorzeitiger Invalidität (Allianz) oder
c) Zusatzversicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL).
…
Die Beiträge werden mit 2/3 vom Arbeitgeber und 1/3 vom Arbeitnehmer getragen.
…”
Ferner erließ der Vorstand der seinerzeitigen Arbeitgeberin unter dem 18. Juli 1962, in Kraft getreten am 1. August 1962, “Richtlinien … für die Gewährung von zusätzlichen betrieblichen Ruhestands-, Dienstunfähigkeits- und Hinterbliebenenzuwendungen an ständige Arbeiter und Angestellte” (RL 1962), die auszugsweise wie folgt lauteten:
“Die … gewährt ihren Angestellten und ständigen Arbeitern bereits seit den Jahren 1935 bzw. 1937 zu den gesetzlichen Rentenversicherungen (Rentenversicherung für Angestellte – AV –, Rentenversicherung für Arbeiter – ArV –, Knappschaftsversicherung) eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversicherung.
Diese zusätzliche Versicherung, die später in einer Betriebsvereinbarung mit dem Gesamtbetriebsrat (vom 15.3.1957 Nr. 2) festgehalten wurde, beginnt in der Regel nach einer Betriebszugehörigkeit von 3 bis 6 Monaten. Sie besteht
bei Arbeitern in einer Versicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL)
bei Angestellten nach einmaliger Wahl entweder in einer Versicherung bei der VBL
oder in einer Überversicherung bei der AV
oder in einer gemischten Kapitalversicherung mit Einschluß einer 10 %igen Rentenzahlung bei vorzeitiger Invalidität.
…
In dem Bestreben, den betriebstreuen Angehörigen … eine ausreichende Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung zu bieten, wird hiermit eine weitere betriebliche Versorgungseinrichtung in Form von Versorgungszuwendungen geschaffen.
Für die Gewährung dieser Versorgungszuwendungen, die zusammen mit den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und den oben angeführten zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversicherungen die Gesamtversorgung (Gesamtruhegeld) der Betriebsangehörigen und ihrer Hinterbliebenen bilden, gelten die folgenden Richtlinien:
§ 1
Geltungsbereich
(1) Die Richtlinien gelten … für die ständigen Betriebsangehörigen …, soweit sie der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen oder nicht mehr versicherungspflichtig, aber zur freiwilligen Weiterversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung berechtigt sind und davon Gebrauch machen; ferner für Betriebsangehörige, die weder versicherungspflichtig sind, noch das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung haben, falls sie statt dessen eine entsprechende private Lebens- oder Rentenversicherung abgeschlossen haben.
…
§ 2
Arten und Rechtsnatur der Versorgungszuwendungen
(1) Versorgungszuwendungen können gewährt werden:
1. an Betriebsangehörige
a) beim Eintritt in den Ruhestand als Ruhestandszuwendungen,
…
(2) Ein Rechtsanspruch auf diese Versorgungszuwendungen besteht nicht; auch durch ihre wiederholte oder regelmäßige Zahlung wird kein Rechtsanspruch … begründet.
…
§ 5
Berechnung der Versorgungszuwendungen
I. Ruhestandszuwendung
(1) Das Gesamtruhegeld eines Betriebsangehörigen beträgt beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 3 nach 10jähriger Betriebszugehörigkeit 50 % des durchschnittlichen Monatsarbeitsverdienstes der letzten 12 Monate vor dem Eintritt des Versorgungsfalles. Es steigt für jedes weitere volle Dienstjahr um 1 % bis zum 35. Dienstjahr, somit bis zum Höchstsatz von 75 %.
…
(4) Zur Berechnung der Ruhestandszuwendung werden vom Gesamtruhegeld abgesetzt:
a) die Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, soweit sie nicht auf freiwilligen Beiträgen beruhen, an denen sich der Arbeitgeber nicht beteiligt hat,
b) die Renten aus der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversicherung bei der VBL,
…
§ 8
Änderung der Richtlinien
Diese Richtlinien beruhen auf dem Stand der Rentengesetzgebung von Mitte 1962. Sie können jederzeit geändert werden, wenn grundsätzliche Änderungen der in den Rentenversicherungsgesetzen oder den Satzungen der VBL festgelegten Vorschriften für die Beitrags- und Rentenbemessung dies erforderlich machen. Die Aufhebung oder Änderung der Richtlinien bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrates der RMD.
…”
Die BV 1957 wurde mit Wirkung vom 1. März 1964 durch eine am 4. März 1964 geschlossene “Betriebsvereinbarung Nr. 2” (BV 1964) ersetzt, die auszugsweise wie folgt lautet:
“…
2) Für die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung gilt folgende Regelung:
Den Angestellten ohne Versorgungsrechte … wird eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung zu den gesetzlichen Altersversicherungen gewährt. Sie entspricht der Höhe nach den Sätzen, die für Arbeitnehmer im Dienst der Bundesrepublik Geltung haben.
Die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung der Angestellten kann nach einmaliger freier Wahl erfolgen durch
a) Überversicherung bei der Angestelltenversicherung (BfA),
b) Abschluß einer gemischten Kapitalversicherung mit Einschluß einer 10- %igen Rentenzahlung bei vorzeitiger Invalidität (Allianz), oder
c) Zusatzversicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL).
…
Die Beiträge werden mit 2/3 vom Arbeitgeber und 1/3 vom Arbeitnehmer getragen.
…”
Der Kläger entschied sich auf der Basis dieser Betriebsvereinbarung für eine Versicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Auch die VBL stellte ihr Versorgungssystem zum Jahre 1967 auf eine Gesamtversorgung um.
Am 29. November 1973 wurde die BV 1964 mit Wirkung vom 1. Januar 1974 durch eine neue “Betriebsvereinbarung Nr. 2” ersetzt (BV 1973). Diese lautete auszugsweise:
“…
§ 2 Zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung
Den Angestellten und Arbeitern …. wird zu den gesetzlichen oder entsprechenden freiwilligen Altersversicherungen eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung gewährt.
Die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung der Angestellten erfolgt … auf Antrag nach einmaliger freier Wahl durch
a) Zusatzversicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) (§ 3),
oder
b) Höherversicherung (§ 4)
oder
c) Kapitalversicherung (§ 5).
…
§ 3 Zusatzversicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder
Die Zusatzversicherung bei der VBL (Gesamtversorgung) ist in der Tarifvereinbarung vom 7. November 1973 gesondert geregelt.
…
§ 6 Beiträge
Die von der … zu leistenden Beiträge lehnen sich an die nach § 3 für die Zusatzversicherung bei der VBL (Gesamtversorgung) zu erbringenden Beiträge an. Die Betriebsvereinbarungsparteien erklären sich bereit, bei Änderung der Beitragsleistung zur VBL Verhandlungen mit dem Ziel aufzunehmen, die Beiträge für die Höherversicherung oder die Kapitalversicherung unter angemessener Berücksichtigung der Verhältnisse bei der … an die Höhe der Beiträge nach § 3 anzupassen.
…”
Diese “Tarifvereinbarung”, die von der seinerzeitigen Arbeitgeberin auf der einen und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr – Landesbezirk Bayern – auf der anderen Seite abgeschlossen wurde, lautet auszugsweise:
Ҥ 1 Geltungsbereich
Diese Tarifvereinbarung gilt für Arbeitnehmer (Angestellte und Arbeiter) …, die unter den Geltungsbereich der bei der … angewandten Rahmen- und Manteltarifverträge fallen, soweit diese Arbeitnehmer nicht gemäß der … Betriebsvereinbarung Nr. 2 eine andere Zusatzversorgung wählten oder soweit nicht durch die VBL-Satzung oder durch die mit der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) abgeschlossene Beteiligungsvereinbarung eine Versicherung bei der VBL ausgeschlossen ist.
§ 2 Gesamtversorgung
Die … hat den Arbeitnehmer bei der VBL im Rahmen der Pflichtversicherung so zu versichern, daß der Arbeitnehmer eine Anwartschaft auf eine dynamische Versorgungsrente (Gesamtversorgung) für sich und seine Hinterbliebenen erwerben kann.
…
§ 4 Beitrag
Der Beitrag zur Versicherung (Pflichtversicherung) bei der VBL beträgt 2,5 v.H. des maßgebenden Arbeitsentgelts und wird von der … übernommen (Arbeitgeberanteil).
…”
Die BV 1973 wurde durch Hausmitteilung Nr. 35/74 vom 3. Dezember 1974 bekannt gegeben, deren Erhalt der Kläger bestritten hat. Diese Mitteilung lautet auszugsweise:
“Hinsichtlich des Zusammenhangs der zusätzlichen … Versorgung (VBL, Höherversicherung und Kapitalversicherung) mit den … ‘Richtlinien’ wurde im Einvernehmen mit dem Betriebsrat und der Hausgewerkschaft klargestellt, daß die … ‘Richtlinien’ zwar ergänzend für die Höherversicherung und die Kapitalversicherung, nicht jedoch für die VBL-Gesamtversorgung gelten; letzteres ergibt sich einerseits aus der VBL-Satzung und andererseits aus dem Charakter der VBL-Versicherung als volldynamische Gesamt-Versorgung.
…”
Die VBL, bei der der Kläger versichert war, führte im Zusammenhang mit der Umstellung auf ein Gesamtversorgungssystem zum Jahre 1967 Ruhensregelungen ein. Seitdem regelt § 65 Abs. 6 der VBL-Satzung, dass die VBL-Rente grundsätzlich ruht, soweit der Arbeitnehmer Versorgungsbezüge oder versorgungsähnliche Bezüge vom Arbeitgeber erhält. Von diesem Sachverhalt hat die seinerzeitige Arbeitgeberin nach dem bestrittenen Vortrag der Beklagten erstmals im Jahre 1978 erfahren. Sie holte daraufhin sachverständigen Rat ein. Dieser ergab, dass die Versicherung bei der VBL für die dort Versicherten schon für sich genommen, auch ohne Berücksichtigung der Aufstockungszusage nach der RL 1962, keine Verschlechterung im Versorgungsniveau gegenüber den Zusagen dieser Richtlinien bedeutete, sich aber bei einzelnen Fallkonstellationen Nachteile ergeben könnten. Die Arbeitgeberin fasste deshalb mit Zustimmung sowohl ihres Aufsichtsrates als auch des Gesamtbetriebsrates die “Richtlinien … für die Gewährung von zusätzlichen betrieblichen Ruhestands-, Dienstunfähigkeits- und Hinterbliebenenzuwendungen” unter dem 22. Dezember 1980 mit Wirkung vom 1. August 1980 neu, wobei diese später ab dem 1. Januar 1985 für neu eintretende Arbeitnehmer nicht mehr anwendbar waren. Die RL 1980 lauten auszugsweise wie folgt:
“Einleitung
Aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen arbeitsrechtlichen und versicherungsrechtlichen Änderungen erhalten die Richtlinien nunmehr folgende Fassung.
§ 1
Geltungsbereich
(1) Die Richtlinien gelten vorbehaltlich des Absatzes 3 für die Arbeitnehmer (Angestellte und Arbeiter) …, soweit sie der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (BfA, LVA) unterliegen oder nicht mehr versicherungspflichtig, aber zur freiwilligen Weiterversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung berechtigt sind und davon Gebrauch machen; ferner für Arbeitnehmer, die weder versicherungspflichtig sind, noch das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung haben, falls sie statt dessen eine entsprechende private Lebens- oder Rentenversicherung abgeschlossen haben.
…
(3) Die Richtlinien gelten nicht für Arbeitnehmer
…
c) für die seitens der … gemäß Betriebsvereinbarung vom 29.11.1973 eine Zusatzversicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) abgeschlossen wurde.
…”
Die RL regeln unverändert in § 5 ua. Folgendes:
“Berechnung der Versorgungszuwendungen
I. A Ruhestandszuwendung
(1) Das Gesamtruhegeld eines Arbeitnehmers beträgt beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 3 nach 10-jähriger Betriebszugehörigkeit 50 % des durchschnittlichen Monatsarbeitsverdienstes der letzten 12 Monate vor dem Eintritt des Versorgungsfalles. Es steigt für jedes weitere volle Dienstjahr um 1 % bis zum 35. Dienstjahr, somit bis zum Höchstsatz von 75 %.
…
(4) Zur Berechnung der Ruhestandszuwendung werden vom Gesamtruhegeld abgesetzt:
a) die Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, soweit sie nicht auf freiwilligen Beiträgen beruhen, an denen sich der Arbeitgeber nicht beteiligt hat. …”
In der Hausmitteilung Nr. 14/81 vom 18. März 1981, hinsichtlich derer der Kläger bestreitet, dass sie an alle Mitarbeiter verteilt wurde und behauptet, sie nicht erhalten zu haben, heißt es dazu ua.:
“Wir möchten besonders auf § 1 Abs. (3) c) hinweisen, wonach diese Richtlinien für diejenigen Arbeitnehmer unserer Gesellschaft nicht gelten, für die eine Zusatzversicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) abgeschlossen wurde.”
Mit Wirkung vom 1. Januar 1985 wurde die VBL-Satzung erneut geändert. Der Bruttoversorgungssatz von höchstens 75 % wurde beibehalten. Es wurde eine Nettoversorgungsobergrenze von höchstens 91,75 % des einzusetzenden Nettoentgelts eingeführt (§ 41 Abs. 2b der VBL-Satzung). Der Kläger und die anderen bei der VBL versicherten Arbeitnehmer konnten durch diese Änderung bei der VBL keine Leistungen erreichen, die denen der RL 1962 entsprachen. Die Regelungen für die Arbeitnehmer, die sich nicht für eine Versicherung bei der VBL entschieden hatten und für die die RL 1980 noch anwendbar waren, wurden nicht geändert.
Am 20. Januar 2000 schlossen die Beklagte und ihr Gesamtbetriebsrat eine “Betriebsvereinbarung Nr. 2” über zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung (BV 2000). Diese enthält ua. folgende Regelungen:
Ҥ 9 Versorgungsanspruch Betriebsrente
Die Ansprüche auf eine Betriebsrente nach den Unternehmensrichtlinien vom 18.07.1962, in der geänderten Fassung vom 22.12.1980, geschlossen am 18.12.1984 mit Wirkung zum 31.12.1984, werden wie folgt neu geregelt:
(1) Die zum Stichtag 30.09.2000 nach § 5 Abs. 1 – 3 der Richtlinien erworbene Anwartschaft in Höhe des sich jeweils ergebenden v.H.-Satz des maßgebenden Brutto-Einkommens wird garantiert.
(2) Ab dem 01.10.2000 erhöht sich der Anspruch je volles Beschäftigungsjahr um jeweils 0,75 v.H. des durchschnittlichen Monatsnettoverdienstes der letzten 12 Monate vor Eintritt des Versorgungsfalles.
…
Die Höhe des tatsächlichen Gesamtruhegeldanspruches wird auf max. 75 % des durchschnittlichen Monatsbruttoverdienstes der letzten 12 Monate vor Eintritt des Versorgungsfalles begrenzt.
(3) Zur Berechnung der Ruhestandszuwendung (Betriebsrente) werden von dem nach Ziff. 1 und Ziff. 2 errechneten Gesamtruhegeld abgesetzt
– Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, soweit sie nicht auf freiwilligen Beiträgen beruhen, an denen sich der Arbeitgeber nicht beteiligt hat;
– Kapitalwerte und/oder Renten aus Lebens- und Rentenversicherungen, soweit die Ansprüche darauf durch Beiträge des Arbeitgebers begründet wurden.
Kapitalwerte sind in Renten umzuwandeln.
– Leistungen aus der fiktiven Fortführung der Höherversicherung nach § 8
…”
Der Kläger erfuhr durch Kollegen, dass auf Grund der Änderung der Richtlinien im Jahre 1980 die Beklagte den ca. 20 bis 30 Arbeitnehmern, die eine VBL-Versicherung gewählt hatten, die mit den RL 1962 gewährten Ansprüche nicht mehr gewährleistete. Auf seine Nachfragen teilte ihm die Beklagte mit Schreiben vom 7. Februar 2000 mit, sie erkenne lediglich Anwartschaften, die bis zum 1. August 1980 entstanden seien, an. Diese Anwartschaften seien danach auf Grund der geänderten Richtlinien nicht mehr gewachsen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Klage. Der Kläger vertritt die Auffassung, ihm gegenüber sei mit den Richtlinien 1962 eine vertragliche Zusage erteilt worden, die die Beklagte nie wirksam widerrufen habe. Jedenfalls liege aber ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, weil Arbeitnehmer, die nicht die VBL-Versorgung gewählt hätten, weiterhin die alte Versorgungshöhe erhielten.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass ihm bzw. ggf. seinen Hinterbliebenen zusätzliche betriebliche Ruhestands-, Dienstunfähigkeits- oder Hinterbliebenenzuwendung nach Maßgabe der Richtlinien der R… AG für die Gewährung von zusätzlichen betrieblichen Ruhestands-, Dienstunfähigkeits- oder Hinterbliebenenzuwendung vom 18. Juli 1962 zustehen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, durch die Mitteilung der RL 1980 sei eine Teilkündigung erfolgt, die nach damaligem Recht wirksam gewesen sei und mangels Kündigungsschutzklage entsprechend §§ 4, 7 KSchG Wirkung entfalte. Jedenfalls habe sie mit den neu gefassten Richtlinien die alten Richtlinien wirksam widerrufen. Das sei auch gerechtfertigt gewesen, da sie nicht die vollen Kosten für die Betriebsrente des Klägers habe tragen wollen, obwohl sie gleichzeitig Beiträge zur VBL abgeführt habe. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
I. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Die Voraussetzungen einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO liegen vor. Die Klage richtet sich auf die Feststellung des Inhalts des Rechtsverhältnisses, das der Kläger als Betriebsrentner zur Beklagten hat. Der an sich gegebene Vorrang der Leistungsklage greift nicht. Der Feststellungsantrag ist geeignet, die zwischen den Parteien bestehenden Streitpunkte in prozesswirtschaftlicher Art zu klären (vgl. BAG 11. Dezember 2001 – 9 AZR 435/00 – EzA ZPO § 256 Nr. 59, zu I der Gründe). Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht auch nicht von einer teilweisen Unzulässigkeit ausgegangen. Dem Kläger geht es mit seinem Antrag ersichtlich nur um eine Feststellung des Teils seiner Rechte aus der RL 1962, der zwischen den Parteien umstritten ist.
II. Zur Klärung der Frage, ob die Klage begründet ist, bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen, so dass der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen ist.
1. Die durch die RL 1962 begründeten Ansprüche des Klägers konnten nach den Vereinbarungen der Parteien auf Grund der Neufassung der Versorgungszusage durch die RL 1980 zu Lasten des Klägers geändert werden. Vorher fand keine Änderung statt. Auf Grund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht klärbar ist jedoch, ob diese neu gefassten Richtlinien Vertragsbestandteil geworden sind.
a) Gegenüber dem Kläger galten zunächst die RL 1962. Derartige allgemeine an alle Mitarbeiter gerichteten Richtlinien stellen eine Gesamtzusage dar. Es liegt eine Willenserklärung des Arbeitgebers vor, auf Grund derer er sich zur Leistung verpflichtet. Einer Annahmeerklärung der Arbeitnehmer bedarf es nicht; eine solche Erklärung ist unter diesen Umständen nicht zu erwarten (§ 151 BGB; BAG Großer Senat 16. September 1986 – GS 1/82 – BAGE 53, 42, zu C II 1a der Gründe). Die Richtlinien gewährten dem Kläger entgegen einer von der Beklagten in den Vorinstanzen geäußerten Ansicht trotz der dem Wortlaut nach abweichenden Regelung in § 2 Abs. 2 auch Rechtsansprüche. In der betrieblichen Altersversorgung bewirkt der Ausschluss von Rechtsansprüchen lediglich, dass ein Widerrufsrecht besteht, das an sachliche Gründe gebunden ist (Senat 5. Juni 1984 – 3 AZR 33/84 – BAGE 46, 80, zu IV 1a der Gründe). Solche sachlichen Gründe liegen jedenfalls unter den Voraussetzungen vor, die § 8 der RL 1962 benennt.
b) Die Voraussetzungen des § 8 RL 1962 sind erfüllt.
Danach können die RL 1962 ua. dann geändert werden, wenn “grundsätzliche Änderungen der in den … Satzungen der VBL festgelegten Vorschriften … dies erforderlich machen”. Die Einführung des Gesamtversorgungssystems in der Neufassung der Satzung mit Wirkung für das Jahr 1967 stellte eine solche grundsätzliche Änderung dar. Durch die gleichzeitige Einführung von § 65 Abs. 6 der VBL-Satzung, der mit Rücksicht von Versorgungsleistungen des Arbeitgebers ein Ruhen von Ansprüchen gegenüber der VBL vorsah, ergaben sich nunmehr zwei nicht aufeinander abgestimmte Anrechnungsvorschriften: Die VBL sah die Anrechnung von Versorgungsleistungen der Beklagten vor, die Richtlinien sahen umgekehrt die Anrechnung von Versorgungsleistungen der VBL vor. Diesen Konflikt durfte die Beklagte durch eine Änderung der Richtlinien lösen.
Durch die zwischenzeitlich erfolgte, im Bundesanzeiger veröffentlichte und damit allgemeinkundige grundlegende Änderung der VBL-Satzung mit Wirkung vom 1. Januar 2001 durch Satzungsänderung vom 19. September 2002 wurde die Anrechnungsregelung nicht berührt. Der Kläger war am 31. Dezember 2001 versorgungsrentenberechtigt, so dass nach § 75 Abs. 3 Buchst. a der neu gefassten VBL-Satzung die früher geltenden Satzungsbestimmungen über das Ruhen und damit auch § 65 Abs. 6 der vorher geltenden Fassung der VBL-Satzung, entsprechend anzuwenden sind.
c) Eine Lösung des Konflikts zwischen den Anrechnungsregeln, den RL 1962 und der VBL-Satzung hat die Beklagte erstmals durch die Neufassung der RL 1980 gegenüber dem Kläger angestrebt.
aa) Eine solche Änderung ist nicht bereits im Zusammenhang mit der BV 1973 und der darin in Bezug genommenen Tarifvereinbarung erfolgt. Zwar deutet die Hausmitteilung Nr. 35/74 darauf hin, dass die Betriebsparteien davon ausgegangen sind, mit Abschluss der BV 1973 und der Tarifvereinbarung seien bei der VBL versicherte Arbeitnehmer nicht mehr von der Gesamtversorgungszusage, die die Beklagte in den RL 1962 erteilt hat, erfasst. Der Hausmitteilung selber kann jedoch kein dahin gehender Regelungswille der Rechtsvorgängerin der Beklagten entnommen werden. Es wird lediglich berichtet, im Einvernehmen mit dem Gesamtbetriebsrat sei eine entsprechende Regelung erfolgt. Daraus ergibt sich, dass die Hausmitteilung keinen dahin gehenden Gestaltungswillen entfaltet. Davon geht auch die Beklagte aus, die eine Änderung erst ab dem Jahre 1980 annimmt.
bb) Eine Änderung zu Lasten des Klägers hat die Beklagte jedoch durch die Neufassung der Richtlinien im Jahre 1980 angestrebt und dies bei deren Formulierung auch hinreichend deutlich gemacht.
Nach § 1 Abs. 3 Buchst. c RL 1980 gelten die Richtlinien nicht mehr für Arbeitnehmer, für die gem. der BV 1973 seitens der damaligen Arbeitgeberin eine Zusatzversicherung bei der VBL abgeschlossen wurde. Zu diesem Personenkreis gehört auch der Kläger. Dabei ist es unschädlich, dass zum Zeitpunkt seiner Wahl der VBL-Versicherung die Betriebsvereinbarung noch in der Fassung der BV 1964 galt. Mit der BV 1973 wurde die betriebliche Altersversorgung auf eine einheitliche neue Rechtsgrundlage gestellt. Diese Betriebsvereinbarung war danach auf alle Arbeitnehmer, auch soweit sie während des Geltungszeitraums früherer Betriebsvereinbarungen ihre Wahl getroffen hatten, anwendbar. Das gilt insbesondere für die Regelung, wonach ab diesem Zeitpunkt die Beklagte alle Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung übernahm. Der Kläger hat nicht vorgetragen, von dieser für ihn günstigen Regelung keinen Gebrauch gemacht zu haben.
Diese Rechtsfolge war für die Arbeitnehmer des Betriebs erkennbar. Die maßgebliche Betriebsvereinbarung war zwar nicht mit der im Betrieb üblichen Bezeichnung “Nr. 2” in der Richtlinie benannt, jedoch datumsgemäß bezeichnet und damit ausreichend deutlich in Bezug genommen. Hinzu kommt, dass sich die RL 1980 mit der betrieblichen Altersversorgung befassen. Entgegen der vom Kläger in der Verhandlung vor dem Senat vertretenen Ansicht konnte es deshalb nicht um “irgendwelche” Betriebsvereinbarungen gehen, sondern lediglich um die für die Gestaltung der betrieblichen Altersversorgung einschlägige.
Soweit das Arbeitsgericht zu einem gegenteiligen Ergebnis gekommen ist, beruht dies auf zu weitgehenden Anforderungen an die Auslegung belastender Erklärungen. Das Arbeitsgericht ist davon ausgegangen, bei einseitigem Widerruf arbeitgeberseitiger Leistungen müsse sich der Widerruf “unmissverständlich” aus der dahin gehenden Erklärung ergeben. Es reicht jedoch, dass sich eine Änderung aus der Auslegung der Widerrufserklärung nach allgemeinen Grundsätzen ergibt. Diese Auslegung führt hier zu einem eindeutigen Ergebnis, so dass die Anwendung der Unklarheitenregel (nunmehr kodifiziert in § 305c Abs. 2 BGB) nicht in Betracht kommt.
Die Richtlinien traten rückwirkend zum August 1980 in Kraft, sollten also nicht früher gelten. Das bewirkte, dass vorher zurückgelegte Dienstzeiten nach der RL 1962 zu behandeln waren. Den durch die Änderung betroffenen Arbeitnehmern sollte also eine Gesamtversorgung in Höhe des Prozentsatzes ihres maßgeblichen, erst bei Ausscheiden feststehenden Endgehalts verbleiben, der ihrer bis dahin zurückgelegten Beschäftigungszeit entsprach.
cc) Es bedarf allerdings noch weiterer tatsächlicher Feststellungen um zu klären, ob die von der Beklagten angestrebte und nach den vertraglichen Vereinbarungen mögliche Änderung tatsächlich Vertragsbestandteil geworden ist. Der Kläger hat bestritten, dass die Hausmitteilung Nr. 14/81, die die maßgebliche Änderung im Betrieb bekannt machte, tatsächlich verteilt wurde. Darauf kommt es hinsichtlich der Einbeziehung der Änderung in den Vertrag der Parteien an.
Sagt der Arbeitgeber – wie hier die Rechtsvorgängerin der Beklagten – Arbeitnehmern im Wege der Gesamtzusage eine Leistung widerruflich zu, kann auch der Widerruf durch Gesamtzusage erfolgen. Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart werden, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen (vgl. BAG 15. Februar 2005 – 9 AZR 116/04 – AP BGB § 612a Nr. 15 = EzA BGB 2002 § 612a Nr. 2, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B III 2 der Gründe; 10. Dezember 2002 – 3 AZR 92/02 – BAGE 104, 220, zu I 2 der Gründe). Sie gehen dann zu. Demgegenüber ist es nicht erforderlich, dass jeder einzelne Arbeitnehmer tatsächlich von der Erklärung des Arbeitgebers Kenntnis erlangt hat. Im vorliegenden Falle kommt es also darauf an, ob die Hausmitteilung Nr. 14/81 im Betrieb so bekannt gemacht wurde, dass der Kläger davon typischerweise hätte Kenntnis erlangen können. Maßgeblich ist, ob das Rundschreiben in der Betriebsstätte des Klägers in üblicher Weise zur Kenntnis gebracht wurde.
Dieses Erfordernis ist, jedenfalls soweit es um betriebliche Altersversorgung geht, nicht abdingbar (§ 242 BGB, nunmehr § 307 Abs. 1 BGB). Betriebliche Altersversorgung ist ihrer Natur nach auf Leistungszeiträume lange nach der Arbeitsleistung, durch die die Ansprüche erworben werden, bezogen. Die Planung der finanziellen Sicherung im Alter ist Gegenstand langfristiger Lebensplanung des Arbeitnehmers. Er muss deshalb wissen, welche Regeln für ihn gelten, um sich im Alter abzusichern. Nur dann ist er in der Lage, durch geeignete Maßnahmen – Erwerb anderweitiger Anwartschaften, Arbeitsplatzwechsel – auf seine Altersversorgung einzuwirken.
2. Die Zurückverweisung ist nicht deshalb entbehrlich, weil der Rechtsstreit aus anderen Gründen – ganz oder teilweise – entscheidungsreif ist (§§ 561, 563 Abs. 3 ZPO).
a) Die Klage ist nicht bereits aus anderen Gründen abweisungsreif.
aa) Entgegen der von der Beklagten in den Vorinstanzen vertretenen Ansicht liegt in dem Widerruf der Versorgungszusage keine Teilkündigung, die nunmehr allein wegen Versäumnis der Klagefrist nach § 4 KSchG wirksam ist – § 7 KSchG. Die bloße Neuformulierung von außerhalb der unmittelbaren Vertragsgrundlage geltenden Regelungen stellt keine Kündigung des Arbeitsvertrages dar, auch keine Teilkündigung. Will der Arbeitgeber tatsächlich den Bestand des Arbeitsverhältnisses in Frage stellen, bedarf es gerade im Hinblick auf die Klagefrist aus Gründen der Rechtssicherheit darüber hinausgehender eindeutiger Erklärungen. Solche liegen hier nicht vor.
bb) Die Ansprüche des Klägers sind auch nicht kollektivrechtlich abbedungen worden.
Die Altersversorgung bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängern war dreistufig organisiert. Neben der gesetzlichen Rente gab es als zweite Stufe die durch die jeweilige Betriebsvereinbarung geregelte Altersversorgung, auf der das Wahlrecht der Arbeitnehmer zwischen der VBL, der Allianzversicherung und einer Über- bzw. Höherversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung bei Übernahme von Beiträgen durch die Beklagte beruhte. Als dritte Stufe hatte die Beklagte durch die RL 1962 eine Gesamtzusage erteilt, die die durch die ersten beiden Stufen erworbenen Rentenansprüche der Arbeitnehmer aufstockte. Ansprüche aus dieser Stufe macht der Kläger geltend.
In diese dritte Stufe wurde nicht bereits zu Lasten des Klägers durch die BV 1973 und – unabhängig von der Frage, ob der Kläger tarifgebunden war – durch die Tarifvereinbarung aus demselben Jahr eingegriffen. Zwar bestimmt § 3 BV 1973 iVm. der Tarifvereinbarung, dass den bei der VBL versicherten Arbeitnehmern dort eine Gesamtversorgung zu ermöglichen ist. Diese kollektivrechtlichen Regelungen enthalten aber keinen Hinweis darauf, dass die den bei der VBL versicherten Arbeitnehmern durch die RL 1962 zugesagten Ansprüche der dritten Stufe des Versorgungssystems entfallen sollten. Vielmehr erfolgte die positive Regelung einer anderweitigen Gesamtversorgung in der zweiten Stufe. Dadurch war eine ablösende Regelung der Gesamtversorgungszusage in der dritten Stufe nicht erfolgt. Das hätte eines klaren Hinweises in den Regelungen bedurft. Soweit die Betriebsparteien, worauf die Hausmitteilung Nr. 35/74 hindeuten könnte, von etwas anderem ausgegangen sein sollten, hätte dies keinen ausreichenden Niederschlag in den maßgeblichen Regelungen gefunden.
Kollektivrechtliche Eingriffe in die RL 1962 und damit in die dritte Stufe ergaben sich erst aus der BV 2000. Diese knüpfte jedoch an die RL 1962 lediglich in der geänderten Fassung der RL 1980 an. Sie sollte deshalb lediglich solche Arbeitnehmer erfassen, denen die Beklagte nach diesen Richtlinien noch eine Versorgungszusage gewähren wollte. Zu diesem Personenkreis gehört der Kläger – unabhängig von der Frage des Zugangs des Widerrufs der RL 1962 – nicht. Im Übrigen hatte der Kläger zum Stichtag 30. September 2000, auf den es nach § 9 Abs. 1 BV 2000 ankommt, bereits 35 Dienstjahre abgeleistet und deshalb nach § 5 Abs. 1 RL 1962 den Höchstsatz von 75 % des maßgeblichen Endgehalts erreicht, wie er auch durch § 9 Abs. 2 BV 2000 garantiert wurde.
b) Der Rechtsstreit ist auch nicht zu Gunsten des Klägers ganz oder teilweise entscheidungsreif. Er kann seine Forderungen auf keine anderen Anspruchsgrundlagen stützen.
aa) Kollektivrechtliche Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht, da diese die dritte Stufe des bei der Beklagten geltenden Altersversorgungssystems erstmals mit der BV 2000 erfasst haben und diese Betriebsvereinbarung auf den Kläger – wie oben (zu II 2a bb) dargelegt – nicht anwendbar ist.
bb) Die von der Beklagten durch die Neufassung der Richtlinien im Jahre 1980 angestrebte Änderung der Versorgungsordnung unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
(1) Die nach den vertraglichen Regelungen der RL 1962 grundsätzlich mögliche Ablösung der Versorgungszusage ist einer Rechtskontrolle unterworfen. Es ist das vom Senat entwickelte dreistufige Schema für solche Eingriffe anwendbar. Danach gilt Folgendes:
Auszugehen ist vom Grundsatz des Vertrauensschutzes und des Verhältnismäßigkeitsgebotes. Eingriffe in Versorgungsordnungen bedürfen umso gewichtigerer Rechtsfertigungsgründe, je schützenswerter das Vertrauen auf die bisher erreichte Rechtsposition ist: Der erdiente und entsprechend § 2 Abs. 1, § 2 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG zu ermittelnde Teilbetrag kann allenfalls aus zwingenden Gründen entzogen werden. Insbesondere bei endgehaltsbezogenen Zusagen kommen auf der zweiten Eingriffsstufe geschützte Zuwächse in Betracht, die sich dienstzeitunabhängig aus variablen Berechnungsfaktoren ergeben. Sie können nur aus triftigen Gründen geschmälert werden, weil sie zum Ablösungszeitpunkt bereits zeitanteilig erdient waren. Eingriffe in dienstzeitabhängige, also noch nicht erdiente Zuwachsraten sind aus sachlich-proportionalen Gründen möglich (vgl. Senat 11. Dezember 2001 – 3 AZR 512/00 – BAGE 100, 76, zu II 1 der Gründe).
Im vorliegenden Fall ist die dritte Stufe einschlägig. Da die Änderung der Versorgungsordnung lediglich eine Steigerung des Prozentsatzes des Endgehaltes auf der Basis der bisherigen Versorgungsordnung, auf Grund dessen die Gesamtversorgung zu errechnen ist, einschränkte und nicht das heranzuziehende Endgehalt, war die erdiente Dynamik nicht betroffen. Ein Eingriff auf der zweiten Stufe ist nicht erfolgt.
Sachlich-proportionale Gründe lagen vor. Zum Zeitpunkt der Änderung der Versorgungsordnung hatte der Verweis der bei der VBL versicherten Arbeitnehmer auf die durch diese gewährte Gesamtversorgung grundsätzlich keine Auswirkungen auf das Versorgungsniveau. Die anderweitig nicht lösbare Konfliktlage zwischen der Anrechnungsklausel in den RL 1962 und der Anrechnungsklausel in der VBL-Satzung konnte von der Rechtsvorgängerin der Beklagten deshalb durch einen Verweis auf die Zusatzversorgung der VBL gelöst werden. Angesichts dessen war es auch nicht notwendig, Sonderregelungen für Einzelfälle, in denen die VBL-Satzung tatsächlich zu Verschlechterungen führte, zu treffen. Ebenso wenig war es notwendig, auf eventuelle künftige, noch gar nicht absehbare, weitere Entwicklungen abzustellen. Dem stand schon entgegen, dass auf diese Art eine bessere Kalkulierbarkeit erreicht wurde.
Einschränkungen ergeben sich auch nicht daraus, dass die RL 1980 im Dezember 1980 mit Rückwirkung für August 1980 abgeschlossen wurde. Der Kläger kann sich hinsichtlich dieses recht kurzen Zeitraums nicht auf Vertrauensschutz berufen. Eine derartige Änderung zeichnete sich bereits mit der Hausmitteilung Nr. 35/74 aus dem Jahre 1974 ab. Der Kläger hat nicht bestritten, dass diese Hausmitteilung betriebsüblich verbreitet wurde. Ebenso wie eine Gesamtzusage ist sie deshalb entsprechend dem oben (zu II 1c cc) Dargelegten auch dem Kläger zugegangen.
(2) Entgegen der vom Kläger geäußerten Rechtsansicht hatte die Beklagte das Recht, den Widerspruch zwischen ihren Richtlinien und der VBL-Satzung in der geschehenen Art zu lösen, auch nicht verwirkt.
Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Mit ihr wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig gewesen sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle (vgl. BAG 7. September 2004 – 9 AZR 545/03 – NZA 2005, 105, zu B 2d bb (2) der Gründe). Umstände neben dem Zeitablauf, auf Grund derer der Kläger darauf vertrauen konnte, die Beklagte werde aus der Rechtslage keine Konsequenzen ziehen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die bloße Tatsache, dass die Beklagte auch noch nach der Umstellung der VBL auf ein Gesamtversorgungssystem im Jahre 1967 weitere betriebsrentenrechtliche Regelungen schuf, ohne diesen Widerspruch zu berücksichtigen, konnte beim Kläger kein Vertrauen darauf auslösen, die Beklagte würde die gravierenden Auswirkungen der Anrechnungsklausel in der VBL-Satzung unbegrenzt hinnehmen.
cc) Der Kläger kann sich auch nicht auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (nunmehr Störung der Geschäftsgrundlage, kodifiziert in § 313 BGB) berufen.
Allerdings erscheint es nicht ausgeschlossen, dass die Einführung der nettolohnbezogenen Obergrenze durch die VBL mit Wirkung vom 1. Januar 1985 eine Änderung der Geschäftsgrundlage darstellte, da nunmehr durch die VBL-Satzung nicht mehr das bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängern übliche Gesamtversorgungsniveau erreicht wurde. Eine Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse führt jedoch dann nicht zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage, wenn das Beibehalten der bestehenden Regelung der vertraglichen Risikoverteilung entspricht. Das ist hier der Fall. Die Änderung der Versorgungsordnung durch die RL 1980 knüpfte an die freiwillige Wahl der VBL-Versicherung durch die Arbeitnehmer an. Ihr lag der Gedanke zugrunde, das angestrebte Versorgungsniveau durch das Gesamtversorgungssystem der VBL abzudecken. Damit war das Risiko, dass sich dieses Versorgungsniveau in sachgerechter Weise änderte, den Arbeitnehmern übertragen. Die Einführung der nettolohnbezogenen Obergrenze diente dem rechtmäßigen Abbau einer Überversorgung (vgl. BGH 16. März 1988 – IVa ZR 154/87 – BGHZ 103, 370; 16. März 1988 – IVa ZR 142/87 – AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 25). Sie war damit sachgerecht.
dd) Schließlich kann sich der Kläger auch nicht auf Gleichbehandlungsgesichtspunkte stützen.
(1) Die Neuregelung der Gesamtzusage durch die RL 1980 folgte einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip und war deshalb am arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen (vgl. BAG 15. Mai 2001 – 1 AZR 672/00 – BAGE 98, 1, zu I 1a der Gründe). Dass dieser Grundsatz auch im Bereich der betrieblichen Altersversorgung gilt, hat der Gesetzgeber in § 1b Abs. 1 Satz 4 2. Alt. BetrAVG ausdrücklich anerkannt. Durch den Verweis der bei der VBL versicherten Arbeitnehmer auf deren Gesamtversorgungssystem war dieser Rechtsgrundsatz aber gewahrt. Zu diesem Zeitpunkt war das Versorgungsniveau nach der Zusage der Rechtsvorgängerin der Beklagten einerseits und der VBL-Satzung andererseits im Wesentlichen gleich. Soweit sich Unterschiede ergaben, waren die sich daraus ergebenden Änderungen durch ein berechtigtes Pauschalierungsinteresse der Arbeitgeberin gerechtfertigt.
(2) Auch die Einführung der nettolohnbezogenen Obergrenze bei der VBL zu Beginn des Jahres 1985 führte nicht zu einer unzulässigen Ungleichbehandlung des Klägers.
Tatbestandliche Voraussetzung der Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist eine verteilende Entscheidung durch den Arbeitgeber (BAG 31. August 2005 – 5 AZR 517/04 – BB 2006, 440, zu I 2b der Gründe). Daran fehlt es hier. Allerdings sind Fallgestaltungen denkbar, in denen eine Veränderung der Umstände den Arbeitgeber vor die Frage einer Anpassung der Arbeitsbedingungen stellt. Die Änderung muss dann jedoch von einem solchen Gewicht sein, dass sie eine Anpassungspflicht des Arbeitgebers auslöst. Der bloße Abbau einer Überversorgung in einem Altersversorgungssystem, dem sich ein Teil der Arbeitnehmer angeschlossen hat, löst eine derartige Anpassungspflicht aber nicht aus.
(3) Schließlich führt auch der Abschluss der BV 2000 nicht zu Ansprüchen des Klägers unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Allerdings sind auch die Betriebsparteien beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen nach § 75 BetrVG an den Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden (vgl. BAG 22. März 2005 – 1 AZR 49/04 – AP BetrVG 1972 § 75 Nr. 48 = EzA BetrVG 2001 § 75 Nr. 2, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu 3a der Gründe). Eine Differenzierung in dieser Betriebsvereinbarung zwischen den Arbeitnehmern, die wie der Kläger bei der VBL versichert waren und anderen Arbeitnehmern, die noch eine Gesamtversorgungszusage der Beklagten hatten, war aber sachgerecht. Anders als den bei der VBL versicherten Arbeitnehmern waren den anderen Arbeitnehmern durch das Auseinanderlaufen der Systeme ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz Besitzstände zugewachsen, die die Betriebsparteien bei Abschluss der Betriebsvereinbarung zugrunde legen konnten.
Unterschriften
Reinecke, Kremhelmer, Zwanziger, Lohre, Rau
Fundstellen
Haufe-Index 1512189 |
DB 2006, 1621 |