Entscheidungsstichwort (Thema)
Jubiläumszuwendung – Beschäftigungszeiten
Leitsatz (amtlich)
Der auf eigenen Wunsch erfolgte Wechsel eines Angestellten vor dem 1. Januar 1991 zwischen in der Übergangsvorschrift Nr. 3 zu § 19 BAT-O genannten Einrichtungen oder Betriebe führt dazu, daß die Zeiten vor dem Wechsel nicht als Beschäftigungszeiten bei der Berechnung des Anspruchs auf eine Jubiläumszuwendung nach § 39 BAT-O zu berücksichtigen sind.
Normenkette
BAT-O §§ 19, 39; BGB §§ 177, 781
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. April 1999 – 6 Sa 756/98 – insoweit aufgehoben, als es der Klage stattgegeben hat.
2. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau vom 17. Juni 1998 – 8 Ca 580/97 – abgeändert.
Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen !
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Anspruch auf Zahlung einer Jubiläumszuwendung.
Der am 20. Oktober 1940 geborene Kläger ist beim beklagten Land als Revierförster beschäftigt. Kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit findet auf das Arbeitsverhältnis der BAT-O Anwendung.
Vom 1. September 1957 bis 30. April 1961 war der Kläger in mehreren Staatlichen Forstbetrieben der ehemaligen DDR beschäftigt. Anschließend war er bis 30. September 1972 in verschiedenen wissenschaftlichen Instituten der ehemaligen DDR tätig. In diesem Zeitraum absolvierte er vom 9. September 1963 bis zum 15. August 1966 ein Fachschulstudium an der Fachschule für Forstwirtschaft in S. Vom 1. Oktober 1972 bis 31. Oktober 1976 arbeitete er als Kontrolleur im VEB Forstprojektierung P. Dieses Beschäftigungsverhältnis beendete der Kläger auf eigenen Wunsch zum 31. Oktober 1976, um ab dem 1. November 1976 zum Staatlichen Forstbetrieb J. als Revierförster überzuwechseln. Bis zum Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf das beklagte Land war er im Bereich der Staatlichen Forstbetriebe J. tätig.
Mit Bescheid vom 29. Oktober 1992 teilte die Bezirksregierung D. dem Kläger mit, daß seine Beschäftigungszeit auf den 1. November 1976 festgesetzt werde und daß seine Jubiläumsdienstzeit am 1. September 1957 beginne. Am 26. August 1997 setzte das Regierungspräsidium D. den Beginn der Jubiläumszeit auf den 1. November 1976 fest. In diesem Festsetzungsbescheid wurde die Dienstzeit des Klägers vor dem 1. November 1976 als für die Jubiläumsdienstzeit nicht anrechenbar gewertet.
Der Kläger ist der Meinung, er habe am 31. August 1997 seine Jubiläumsdienstzeit von 40 Jahren vollendet und deshalb gemäß § 39 BAT-O Anspruch auf eine Jubiläumszuwendung in Höhe von 800,00 DM nebst 16,00 DM Zinsen (4 %) für die Zeit vom 1. September 1997 bis 28. Februar 1998.
Vor dem Arbeitsgericht hatte der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von DM 816,00 nebst 4 % Zinsen ab 1. März 1998 zu zahlen.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.
Es beruft sich darauf, als Beginn der Jubiläumsdienstzeit komme erst der 1. November 1976 in Frage. Da der Kläger sein Beschäftigungsverhältnis mit dem damaligen VEB Forstprojektierung P. auf eigenen Wunsch zum 31. Oktober 1976 beendet habe und zum Staatlichen Forstbetrieb J. übergewechselt sei, habe ein Arbeitgeberwechsel stattgefunden. Dieser führe dazu, daß die Zeiten vor diesem Wechsel gemäß § 39 Abs. 1 iVm. § 19 Abs. 1 Unterabs. 3 BAT-O auf die für den Anspruch auf eine Jubiläumszuwendung maßgebliche Beschäftigungszeit nicht anzurechnen seien. Zwar sei der VEB Forstprojektierung P. ein einem zentralen Staatsorgan (Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft der DDR) und der Staatliche Forstbetrieb J. ein einem örtlichen Staatsorgan (Rat des Bezirkes C.) nachgeordneter Betrieb gewesen, deren Aufgaben ein unter den BAT-O fallender Arbeitgeber ganz oder überwiegend übernommen habe. Dies führe jedoch nicht dazu, daß nach den Übergangsvorschriften zu § 19 BAT-O für Zeiten vor dem 1. Januar 1991 die anspruchsausschließende Vorschrift des § 19 Abs. 1 Unterabs. 3 BAT-O ausgeschlossen werde.
Das Arbeitsgericht hat das beklagte Land zur Zahlung einer Jubiläumszuwendung in Höhe von 816,00 DM nebst 4 % Zinsen aus 800,00 DM seit 1. März 1998 verurteilt. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht das beklagte Land zur Zahlung von 800,00 DM nebst 4 % Zinsen ab 20. Oktober 1998 verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht für das beklagte Land zugelassenen Revision verfolgt dieses seinen Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des beklagten Landes ist begründet. Der Kläger hat noch keinen Anspruch auf eine Jubiläumszuwendung in Höhe von 800,00 DM wegen der Vollendung einer Beschäftigungszeit von 40 Jahren erworben.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine klagestattgebende Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet.
Die 40 jährige Jubiläumsdienstzeit habe der Kläger am 20. Oktober 1998 vollendet. Sie habe mit der Vollendung seines 18. Lebensjahres am 20. Oktober 1958 zu laufen begonnen. Der auf Wunsch des Klägers herbeigeführte Wechsel des Dienstherrn führe nach Sinn und Zweck der Nr. 3 der Übergangsvorschriften zu § 19 BAT-O für Zeiten vor dem 1. Januar 1991 nicht zu einer Nichtanrechnung der vor diesem Wechsel liegenden Beschäftigungszeiten gemäß § 19 Abs. 1 Unterabs. 3 BAT-O. Die Nr. 3 der Übergangsvorschriften mache deutlich, daß die Tarifvertragsparteien hinsichtlich der vor dem 1. Januar 1991 liegenden Zeiten wegen des grundsätzlich anderen Systems der Zuordnung in der ehemaligen DDR alle Zeiten, die nach der Schaffung des BAT-O als Dienstzeiten bei einem dem Geltungsbereich des BAT-O unterfallenden Arbeitgeber gelten, bei der Berechnung der Beschäftigungszeit nach § 19 BAT-O berücksichtigen, auch wenn in Zeiten der DDR ein Wechsel des Dienstherrn auf Wunsch des Arbeitnehmers vorgelegen habe.
II. Dem Landesarbeitsgericht kann nicht gefolgt werden.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die geforderte Jubiläumszuwendung in Höhe von 800,00 DM, da er entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts am 20. Oktober 1998 keine Beschäftigungszeit von 40 Jahren vollendet hatte, § 39 Abs. 1 iVm. § 19 BAT-O.
Die einschlägigen Tarifnormen lauten:
„§ 39 BAT-O
Jubiläumszuwendungen
1. Der Angestellte erhält als Jubiläumszuwendung bei Vollendung einer Beschäftigungszeit (§ 19)
von 25 Jahren |
600,00 DM |
von 40 Jahren |
800,00 DM |
von 50 Jahren |
1.000,00 DM |
Zur Beschäftigungszeit im Sinne des Satzes 1 rechnen auf Antrag auch die Zeiten, die bei dem Arbeitgeber oder seinem Rechtsvorgänger in einem Beschäftigungsverhältnis vor Vollendung des 18. Lebensjahres oder in einem Ausbildungsverhältnis zurückgelegt worden sind, sofern sie nicht vor einem Ausscheiden nach § 19 Abs. 1 Unterabs. 3 liegen.
…
§ 19 BAT-O
Beschäftigungszeit
1. Beschäftigungszeit ist die bei demselben Arbeitgeber nach Vollendung des 18. Lebensjahres in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen ist.
Zeiten einer Tätigkeit im Sinne des § 3 Buchst. n werden nicht berücksichtigt.
Ist der Angestellte aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden, so gilt die vor dem Ausscheiden liegende Zeit nicht als Beschäftigungszeit, es sei denn, daß er das Arbeitsverhältnis wegen eines mit Sicherheit erwarteten Personalabbaues oder wegen Unfähigkeit zur Fortsetzung der Arbeit infolge einer Körperbeschädigung oder einer in Ausübung oder infolge seiner Arbeit erlittenen Gesundheitsschädigung aufgelöst hat oder die Nichtanrechnung der Beschäftigungszeit aus sonstigen Gründen eine unbillige Härte darstellen würde.
…
4. Andere als die vorgenannten Zeiten dürfen bei Bund und Ländern nur durch Entscheidung der obersten Dienstbehörde im Einvernehmen mit der für das Personalwesen (Tarifrecht) zuständigen obersten Dienstbehörde als Beschäftigungszeiten angerechnet werden.
Übergangsvorschriften für Zeiten vor dem 1. Januar 1991:
1. Als Übernahme im Sinne des Abs. 2 gilt auch die Überführung von Einrichtungen nach Art. 13 des Einigungsvertrages.
2. Ist infolge des Beitritts der DDR der frühere Arbeitgeber weggefallen, ohne daß eine Überführung nach Art. 13 des Einigungsvertrages erfolgt ist, gelten als Beschäftigungszeit nach Maßgabe des Abs. 1
…
b) Für Angestellte der Länder:
Zeiten der Tätigkeit bei zentralen oder örtlichen Staatsorganen und ihren nachgeordneten Einrichtungen oder sonstigen Einrichtungen oder Betrieben, soweit das Land deren Aufgaben bzw. Aufgabenbereiche derselben ganz oder überwiegend übernommen hat.
…
3. Für die Anwendung des § 39 werden auch die nicht unter die vorstehenden Nrn. 1 und 2 fallenden Zeiten der Tätigkeit bei zentralen oder örtlichen Staatsorganen und ihren nachgeordneten Einrichtungen oder sonstigen Einrichtungen oder Betrieben, deren Aufgaben bzw. Aufgabenbereiche derselben ein Arbeitgeber ganz oder überwiegend übernommen hat, der unter den BAT-O fällt, und Zeiten der Tätigkeit bei der Deutschen Reichsbahn und bei der Deutschen Post nach Maßgabe des Abs. 1 als Beschäftigungszeit berücksichtigt, es sei denn, daß diese Zeiten nach Nr. 4 oder einer entsprechenden Regelung nicht anzurechnen wären.”
2. Gemäß § 39 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Unterabs. 1 BAT-O iVm. Nr. 2 der Übergangsvorschriften zählt die Dienstzeit des Klägers ab dem 1. November 1976 als Beschäftigungszeit für die Berechnung seiner Jubiläumsdienstzeit.
Am 1. November 1976 trat er in die Dienste des Staatlichen Forstbetriebes J. und war dort als Revierförster tätig.
Zwar wurde damals das beklagte Land nicht Arbeitgeber des Klägers, so daß nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 Unterabs. 1 BAT-O diese Tarifnorm nicht unmittelbar zugunsten des Klägers Anwendung findet. Nr. 2 b der Übergangsvorschriften bestimmt für Angestellte der Länder jedoch, daß Zeiten der Tätigkeit bei den zentralen oder örtlichen Staatsorganen und ihren nachgeordneten Einrichtungen oder sonstigen Einrichtungen oder Betrieben, soweit das Land deren Aufgaben bzw. Aufgabenbereiche derselben ganz oder überwiegend übernommen hat, als Beschäftigungszeiten nach Maßgabe des § 19 Abs. 1 BAT-O gelten, wenn infolge des Beitritts der DDR der frühere Arbeitgeber des Angestellten weggefallen ist, ohne daß eine Überführung von Einrichtungen nach Art. 13 des Einigungsvertrages erfolgt ist.
Die Nr. 2 der Übergangsvorschriften ist vorliegend einschlägig. Das beklagte Land geht erkennbar davon aus, daß der Forstbetrieb J. ein dem Rat des Bezirkes C. und damit einem örtlichen Staatsorgan nachgeordneter Betrieb war und daß dessen Aufgaben vom beklagten Land übernommen worden sind. Aus diesem Grunde ist es zwischen den Parteien auch nicht streitig, daß die für die Jubiläumszuwendung maßgebliche Beschäftigungszeit nach §§ 39 Abs. 1, 19 Abs. 1 Unterabs. 1 BAT-O zugunsten des Klägers zumindest am 1. November 1976 zu laufen begonnen hat.
3. Als Beschäftigungszeit des Klägers gemäß § 19 Abs. 1 Unterabs. 1 BAT-O zählt nicht bereits die Zeit ab dem 20. Oktober 1958, wie es das Landesarbeitsgericht unzutreffend annimmt.
a) Auch diese ab dem 20. Oktober 1958 bis zum 31. Oktober 1976 vom Kläger bei verschiedenen Betrieben und Einrichtungen zurückgelegten Dienstzeiten zählen grundsätzlich zu den Beschäftigungszeiten im Sinne des § 19 Abs. 1 Unterabs. 1 BAT-O iVm. der Nr. 3 der Übergangsvorschriften, welche für die Anwendung des § 39 BAT die Anrechenbarkeit von Tätigkeiten bei Einrichtungen und Betrieben im Sinne der Übergangsvorschriften Nr. 1 und Nr. 2 erweitert und zwar auf die Fälle, die deshalb nicht unter die Übergangsvorschriften Nr. 1 und 2 fallen, weil der Angestellte nicht in der Einrichtung verblieben ist, deren Aufgaben nach Nr. 1 oder 2 übernommen wurden, sondern zu seinem jetzigen Arbeitgeber gewechselt ist(so auch Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese § 19 BAT-O Erl. 6.3).
Wie sich aus der Festsetzung des Regierungspräsidiums D. vom 26. August 1997 ergibt, war der Kläger seit dem 1. September 1957 bei verschiedenen Staatsforstbetrieben und wissenschaftlichen Instituten tätig. Dazwischen studierte er vom 9. September 1963 bis zum 15. August 1966 an der Fachschule für Forstwirtschaft S. Vom 1. Oktober 1972 bis zum 31. Oktober 1976 arbeitete er dann als Kontrolleur beim VEB Forstprojektierung P.
Das beklagte Land hat nicht behauptet, daß es sich bei den Tätigkeiten des Klägers in diesen Betrieben und Instituten bzw. bei dem Studium des Klägers an der Fachschule für Forstwirtschaft nicht um Tätigkeiten im Sinne der Nr. 3 der Übergangsvorschriften zu § 19 BAT-O gehandelt hat. Vielmehr hat es ausdrücklich eingeräumt, daß der VEB Forstprojektierung P. dem Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft der DDR und damit einem zentralen Staatsorgan nachgeordneter Betrieb war, dessen Aufgaben von einem dem BAT-O unterfallenden Arbeitgeber ganz oder überwiegend übernommen worden sind. Auch in der Festsetzung der Jubiläumsdienstzeit durch das Regierungspräsidium D. vom 26. August 1997 werden diese Beschäftigungszeiten insgesamt als Dienstzeiten im öffentlichen Dienst bewertet.
b) Zu Recht beruft sich das beklagte Land aber auf die Ausnahmevorschrift des § 19 Abs. 1 Unterabs. 3 BAT-O.
Nach dieser Vorschrift gilt, wenn der Angestellte auf eigenen Wunsch aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, die vor dem Ausscheiden liegende Zeit nicht als Beschäftigungszeit, außer wenn der Angestellte das Arbeitsverhältnis wegen besonderer – im Streitfalle unstreitig nicht vorliegender Umstände – beendet hat.
Diese Ausnahmevorschrift des § 19 Abs. 1 Unterabs. 3 BAT-O ist auch im Falle der Anwendbarkeit der Übergangsvorschrift Nr. 3 einschlägig, was sich bereits aus folgender in der Übergangsvorschrift verwendeten Formulierung ergibt: „Für die Anwendung des § 39 werden auch die nicht unter die vorstehenden Nrn. 1 und 2 fallenden Zeiten … nach Maßgabe des Abs. 1 als Beschäftigungszeit berücksichtigt …”. Damit nimmt die Übergangsvorschrift Nr. 3 eindeutig den § 19 Abs. 1 BAT-O mit allen darin enthaltenen Regelungen in Bezug(so auch Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese § 19 BAT-O Erl. 6.3).
Der Wechsel des Klägers am 1. November 1976 vom VEB Forstprojektierung P. zum Staatsforstbetrieb J. stellt ein „Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis” im Sinne des § 19 Abs. 1 Unterabs. 3 BAT-O dar, was dazu führt, daß die Zeit vor dem Ausscheiden des Klägers nicht als Beschäftigungszeit für die Berechnung der Jubiläumsdienstzeit nach § 39 Abs. 1 BAT-O gilt.
Der Kläger ist beim VEB Forstprojektierung P. ausgeschieden, um anschließend eine Tätigkeit beim Staatsforstbetrieb J. aufzunehmen. Ein „Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis” im Sinne des § 19 Abs. 1 Unterabs. 3 BAT-O setzt begrifflich voraus, daß ein Angestellter, der im unmittelbaren Anschluß an eine Beschäftigung eine andere Tätigkeit aufnimmt, auch den Arbeitgeber wechselt und damit sein bisheriges Arbeitsverhältnis beendet.
Diese, an der Begrifflichkeit des Arbeitsrechts der Bundesrepublik Deutschland orientierte Auslegung ist auch auf den Streitfall zu übertragen. Zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Kläger am 31. Oktober 1976 ist es dadurch gekommen, daß er aus seinem Arbeitsrechtsverhältnis mit dem VEB Forstprojektierung P. ausgeschieden ist und ein neues Arbeitsrechtsverhältnis mit dem Staatsforstbetrieb J. ab dem 1. November 1976 begründet hat.
Damit stellt sich die Beendigung des Arbeitsrechtsverhältnisses des Klägers zum 31. Oktober 1976 mit dem VEB Forstprojektierung P. und die Begründung eines Arbeitsrechtsverhältnisses mit dem Staatsforstbetrieb J. – ggf. auf Grund eines Überleitungsvertrages nach §§ 51, 53 AGB-DDR – ab dem 1. November 1976 als Wechsel von einem Arbeitgeber zu einem anderen dar.
c) Wollte man den auf eigenen Wunsch eines Arbeitnehmers erfolgten Wechsel von einem Arbeitgeber der ehemaligen DDR zu einem anderen deshalb nicht als ein „Ausscheiden auf eigenen Wunsch” im Sinne des § 19 Abs. 1 Unterabs. 3 Satz 1 BAT-O in Verbindung mit der Übergangsvorschrift Nr. 3 betrachten, weil es sich bei beiden Arbeitgebern um solche Einrichtungen und Betriebe, die in der Übergangsvorschrift Nr. 3 genannt sind, gehandelt hat, so bliebe für § 19 Abs. 1 Unterabs. 3 Satz 1 BAT-O nur ein äußerst eingeschränkter Anwendungsbereich.
Da sich in der ehemaligen DDR ein für die Berechnung von Beschäftigungszeiten nach § 19 BAT-O relevanter Arbeitgeberwechsel sehr häufig als ein Wechsel zwischen den in der Übergangsvorschrift Nr. 3 genannten Einrichtungen oder Betrieben dargestellt hat, wäre es nur dann zu einem „Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis” im Sinne des § 19 Abs. 1 Unterabs. 3 Satz 1 BAT-O gekommen, wenn der Angestellte zu einem, in der ehemaligen DDR kaum existierenden privaten Arbeitgeber oder zu nicht der Übergangsvorschrift Nr. 3 unterfallenden Einrichtungen oder Betrieben gewechselt wäre. Dafür, daß die Tarifvertragsparteien die Anwendbarkeit des § 19 Abs. 1 Unterabs. 3 Satz 1 BAT-O entgegen dem Wortlaut der Übergangsvorschrift Nr. 3 auf diese Ausnahmefälle beschränken wollten, sind Anhaltspunkte im BAT-O nicht erkennbar.
4. Die Festsetzung des Beginns der Jubiläumsdienstzeit des Klägers zum 1. September 1957 durch die Bezirksregierung D. im Bescheid vom 29. Oktober 1992 kann einen Anspruch des Klägers auf die Jubiläumszuwendung nicht begründen.
Selbst wenn man diesen Bescheid zu seinen Gunsten als eine Zusage der Anrechnung der Beschäftigungszeit im Sinne der § 39 Abs. 1, § 19 Abs. 1 BAT-O betrachten würde, wäre eine solche, ein Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 BGB darstellende Zusage rechtsunwirksam.
Nach § 19 Abs. 4 Satz 1 BAT-O dürfen andere als die in § 19 Abs. 1 bis Abs. 3 BAT-O genannten Zeiten nur durch Entscheidung der obersten Dienstbehörde im Einvernehmen mit der für das Personalwesen (Tarifrecht) zuständigen obersten Dienstbehörde als Beschäftigungszeiten angerechnet werden.
Damit haben die Tarifvertragsparteien für alle dem BAT-O unterfallenden Arbeitgeber eine Zuständigkeitsregelung getroffen, welche auch jeder Arbeitgeber für seinen Bereich oder jeder Arbeitgeberverband verbandsintern hätte festlegen können (Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann/Pühler § 19 BAT-O Anm. 11).
Der Bescheid vom 29. Oktober 1992 stammt nicht von der für den Kläger zuständigen obersten Dienstbehörde des beklagten Landes, sondern von der Bezirksregierung D. Diese wäre zur Anerkennung von Beschäftigungszeiten, welche über die nach § 19 Abs. 1 BAT-O anzurechnenden hinausgehen, nicht zuständig gewesen. Damit hätte sie als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt. Die Wirksamkeit eines selbständigen Schuldanerkenntnisses, das einen einseitig verpflichtenden Vertrag darstellt, wäre demnach gemäß § 177 Abs. 1 BGB von der Genehmigung der für den Kläger zuständigen obersten Dienstbehörde des beklagten Landes abhängig. Da eine solche Genehmigung nicht vorliegt, wäre ein Schuldanerkenntnis rechtsunwirksam (vgl. BAG 18. August 1999 – 10 AZR 610/98 – nv.).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Jobs zugleich für den infolge Erkrankung an der Unterzeichnung verhinderten Vors. Richter Dr. Freitag, Böck, Burger, Schlaefke
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 24.05.2000 durch Kaufhold, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 547206 |
BB 2000, 2052 |
FA 2000, 361 |
NZA 2001, 45 |
ZTR 2001, 30 |
AP, 0 |
NJ 2001, 278 |
RiA 2001, 64 |