Entscheidungsstichwort (Thema)
Abrufarbeit. Anspruch auf Schichtzulage. Anspruch auf eine tarifliche Schichtzulage bei Leistung von Abrufarbeit
Orientierungssatz
1. Die Leistung von Abrufarbeit schließt Schichtarbeit nicht aus.
2. Die mit Schichtarbeit verbundenen Erschwernisse werden bei Abrufarbeit nicht bereits durch die vereinbarte Vergütung kompensiert. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber bei der Aufstellung der Dienstpläne auf die Einsatzwünsche der Abruf-Mitarbeiter Rücksicht nimmt.
Normenkette
Anlage I zum VTV Nr. 40 §§ 1-2; Protokollnotiz XI zum MTV Nr. 14; BAT § 15 Abs. 8 Unterabs. 6
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Urteil vom 05.11.2007; Aktenzeichen 17 Sa 39/07) |
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.10.2006; Aktenzeichen 4 Ca 10676/05) |
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. November 2007 – 17 Sa 39/07 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger für die Jahre 2002 bis 2005 die tarifliche Schichtzulage in rechnerisch unstreitiger Höhe von insgesamt 1.542,88 Euro brutto zusteht.
Die Beklagte ist eine Fluggesellschaft. Der Kläger ist bei ihr auf Grund eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 23. Juli 1997 seit dem 1. August 1997 als Hilfskraft im Betreuungsdienst in der Abteilung F… beschäftigt. In § 4 des Arbeitsvertrags ist ua. geregelt, dass der Kläger seine Arbeitsleistung entsprechend dem betrieblichen Bedarf erbringt und nur zur Arbeitsleistung verpflichtet ist, wenn die Beklagte ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt. Ab dem Kalenderjahr 1998 vereinbarten die Parteien eine Jahresarbeitszeit von 1.040 Stunden. Die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers richtet sich nach der von der Beklagten abgeforderten Arbeitsleistung. Kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme und Tarifgebundenheit der Parteien finden auf das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen der für die Beklagte geltenden Tarifverträge Anwendung. Der am 1. Oktober 1992 in Kraft getretene Manteltarifvertrag Nr. 14 vom 31. August 1992 für das Bodenpersonal der Beklagten, der Lufthansa Service GmbH (LSG) und der Condor Flugdienst GmbH (CFG) in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (MTV Nr. 14) regelte ua.:
“§ 7 Tägliche Grundarbeitszeit
Die infolge der Verteilung der wöchentlichen Grundarbeitszeit auf jeden einzelnen Tag der Woche fallende Arbeitszeit stellt die tägliche Grundarbeitszeit dar. Diese darf eine Dauer von zehn Stunden nicht überschreiten.
§ 8 Verteilung der täglichen Grundarbeitszeit
(1) Die Lage der täglichen Grundarbeitszeit (Beginn und Ende) wird im allgemeinen gleichmäßig und einheitlich für einzelne Betriebsteile oder bestimmte Tätigkeiten durch Dienstpläne festgelegt (Normaldienst).
(2) Die Lage der täglichen Grundarbeitszeit wird durch Schichtpläne geregelt, wenn die betrieblichen Verhältnisse die Ableistung der Arbeit über einen bestimmten Zeitraum (Schichtperiode) in Schichten erfordern und der tägliche Arbeitsbeginn sich bei den Schichtabschnitten derselben Periode oder innerhalb des Schichtabschnittes regelmäßig ändert (Schichtdienst).
…
§ 22 Schicht- und Nachtzulage
(1) Die im Schichtdienst beschäftigten Mitarbeiter erhalten eine Schichtzulage gemäß Anlage I des Vergütungstarifvertrages.
…”
§ 7 des Vergütungstarifvertrags Nr. 40 für das Bodenpersonal der Beklagten, der Lufthansa Service GmbH (LSG) und der Condor Flugdienst GmbH (CFG) vom 1. März 2003 in der vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (VTV Nr. 40) regelt, dass die Höhe der Schicht- und Nachtzulage (§ 22 MTV) sich nach der Anlage I dieses Tarifvertrags bestimmt.
In der Anlage I zum VTV Nr. 40 heißt es:
Ҥ 1 Schichtzulagen
(1) Beschäftigte im Schichtdienst (§ 8 Abs. (2) MTV) haben Anspruch auf die Zahlung einer Schichtzulage gemäß § 22 Abs. (1) MTV, § 7 VTV, wenn sie nach einem Schichtplan arbeiten, der mindestens 20 % Schichten (schichtplanmäßige tägliche Arbeitszeit) aufweist, die ganz oder teilweise in die Zeit zwischen 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr fallen.
(2) Die Höhe der Schichtzulage beträgt 3,6 % der individuellen Grundvergütung.
…
§ 2
(1) Die Schichtzulage wird gewährt, wenn an allen Arbeitstagen eines Kalendermonats nach dem betreffenden Schichtplan gearbeitet wird, desgleichen bei bezahltem Urlaub bzw. bezahlter zeitweiliger Arbeitsbefreiung oder Krankheit gemäß §§ 12, 12a Abs. (2), 27, 32 und 33 MTV sowie bei betrieblichen Lehrgängen und praktischen Schulungen. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird die Schichtzulage zeitanteilig gezahlt.
(2) Bei kurzfristigen Unterbrechungen bis zu 16 aufeinander folgenden Kalendertagen im Kalendermonat, diese der Beschäftigte nicht selbst zu vertreten hat, wird die Schichtzulage weitergezahlt.
…
§ 3
Die Schichtzulage wird wie die Zeitzuschläge in dem auf den Schichtdienst folgenden Monat zusammen mit der Monatsvergütung gezahlt.
…”
Gemäß Satz 1 der Protokollnotiz XI zum MTV Nr. 14 in der überarbeiteten Fassung vom 12. Mai 2005 gilt ua. § 22 MTV Nr. 14 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung für Mitarbeiter fort, die am 31. Dezember 2004 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis standen. Für solche Mitarbeiter wird damit die Fortgeltung der Anlage I zum VTV Nr. 40 angeordnet.
Die Beklagte setzt die in der Abteilung F… beschäftigten Arbeitnehmer zu unterschiedlichen und wechselnden Arbeitszeiten ein. Es gibt eine Früh- und eine Spätschicht. Nachtarbeit fällt in dieser Abteilung nicht an. Die Beklagte zahlte den von ihr so bezeichneten Schichtdienst-Mitarbeitern im Anspruchszeitraum die tarifliche Schichtzulage. Für diese Mitarbeiter erstellt die Beklagte einen sogenannten Schichtplan. Dieser wird in der Regel nach einigen Jahren überarbeitet und dem betrieblichen Bedarf angepasst. Auf der Grundlage dieses Schichtplans wird ein Jahresdienstplan erstellt. Der Einsatz der Schichtdienst-Mitarbeiter erfolgt regelmäßig auf der Grundlage dieses Jahresdienstplans nach einem festen Muster, das sich in bestimmten Zeitabständen wiederholt.
Die Beklagte setzt den Kläger und die anderen von ihr so bezeichneten Abruf-Mitarbeiter ebenfalls in der Frühschicht und in der Spätschicht ein. Den Abruf-Mitarbeitern, die den überwiegenden Teil der im Betreuungsdienst beschäftigten Arbeitnehmer ausmachen, zahlt die Beklagte keine Schichtzulage. Diese können der Beklagten bis zum 15. eines Monats auf einem sogenannten Monatsrequestbogen mitteilen, an welchen Tagen und zu welchen Zeiten sie im Folgemonat arbeiten wollen und erhalten von der Beklagten vier Tage vor Beginn des Monats den Dienstplan mit den vorläufig festgelegten Arbeitszeiten. Bei der Festlegung der Arbeitszeiten der Abruf-Mitarbeiter nimmt die Beklagte auf deren Einsatzwünsche Rücksicht. Der tägliche Arbeitsbeginn des Klägers und der anderen Abruf-Mitarbeiter ändert sich je nach Abruf und Einteilung.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe die tarifliche Schichtzulage zu. Er arbeite nach Monatsdienstplänen und werde sowohl in der Früh- als auch der Spätschicht eingesetzt, wobei der tägliche Arbeitsbeginn immer zwischen früh und spät wechsele.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.542,88 Euro brutto nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 207,18 Euro seit dem 31. Dezember 2002, aus 428,28 Euro seit dem 31. Dezember 2003, aus 450,36 Euro seit dem 31. Dezember 2004 und aus 457,06 Euro seit dem 3. Januar 2006 zu zahlen.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der Kläger leiste keine Schichtarbeit im Tarifsinne. Er werde als Abruf-Mitarbeiter im Gegensatz zu den Schichtdienst-Mitarbeitern nicht auf der Grundlage eines Jahresdienstplans nach einem festen, sich regelmäßig in bestimmten Zeitabschnitten wiederholenden Muster, sondern flexibel zur Abdeckung eines langfristig nicht absehbaren erhöhten Arbeitsaufkommens eingesetzt. Den Dienstplänen sei zu entnehmen, dass der Kläger zu völlig unterschiedlichen Diensten an völlig unterschiedlichen Tagen herangezogen worden sei, ohne dass sich hieraus nur ansatzweise eine Regelmäßigkeit entnehmen ließe. Bei Abrufarbeit fehle es an dem für die Annahme von Schichtarbeit wesentlichen Merkmal der “Regelmäßigkeit”.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.
I. Der Anspruch des Klägers folgt aus § 22 Abs. 1 MTV Nr. 14 iVm. § 1 Abs. 1 und Abs. 2 der Anlage I zum VTV Nr. 40 und § 8 Abs. 2 Satz 1 MTV Nr. 14. Gemäß Satz 1 der Protokollnotiz XI zum MTV Nr. 14 in der überarbeiteten Fassung vom 12. Mai 2005 gilt ua. § 22 MTV Nr. 14 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung für Mitarbeiter fort, die am 31. Dezember 2004 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis standen. Für solche Mitarbeiter wird damit die Fortgeltung der Anlage I zum VTV Nr. 40 angeordnet. Der Kläger stand am Stichtag “31. Dezember 2004” in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis. Er hat deshalb auch für das Jahr 2005 Anspruch auf die tarifliche Schichtzulage. Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass mindestens 20 % der Arbeitszeit des Klägers in die Zeit zwischen 21.00 Uhr und 6.00 Uhr fielen (§ 1 Abs. 1 der Anlage I zum VTV Nr. 40). Auch über die Höhe der vom Kläger für die Jahre 2002 bis 2005 zuletzt beanspruchten tariflichen Schichtzulage besteht kein Streit.
II. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die in der Abteilung F… beschäftigten Arbeitnehmer auf Grund ihres Einsatzes entweder in der Frühschicht oder in der Spätschicht in Schichten iSv. § 8 Abs. 2 Satz 1 MTV Nr. 14 arbeiten. Die Tarifvertragsparteien haben in dieser Tarifvorschrift ua. bestimmt, dass die Lage der täglichen Grundarbeitszeit durch Schichtpläne geregelt wird, wenn die betrieblichen Verhältnisse die Ableistung der Arbeit über einen bestimmten Zeitraum (Schichtperiode) erfordern. Sie sind dabei vom Begriff der Schichtarbeit in seiner allgemeinen arbeitsrechtlichen Bedeutung ausgegangen. Danach ist für die Ableistung der Arbeit in Schichten wesentlich, dass eine bestimmte Arbeitsaufgabe über einen erheblich längeren Zeitraum als die tatsächliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers hinaus anfällt und daher von mehreren Arbeitnehmern oder Arbeitnehmergruppen in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge teilweise auch außerhalb der allgemein üblichen Arbeitszeit erbracht wird (BAG 26. September 2007 – 5 AZR 808/06 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 58 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 13; 20. April 2005 – 10 AZR 302/04 – AP BMT-G II § 24 Nr. 3; 2. Oktober 1996 – 10 AZR 232/96 – AP BAT § 33a Nr. 12). Bei Schichtarbeit arbeiten nicht alle Beschäftigten eines Betriebes oder einer Abteilung zur gleichen Zeit, sondern ein Teil arbeitet, während der andere Teil arbeitsfreie Zeit hat. Nach dem Sinn und Zweck einer Schichtzulage soll dem Arbeitnehmer ein finanzieller Ausgleich dafür gewährt werden, dass die Schichtarbeit erheblich auf seinen Lebensrhythmus einwirkt und ihr Beginn oder ihr Ende außerhalb der allgemein üblichen Arbeits- und Geschäftszeiten liegt (BAG 20. April 2005 – 10 AZR 302/04 – AP BMT-G II § 24 Nr. 3 mwN).
III. Allerdings setzt der Anspruch auf die tarifliche Schichtzulage nach § 1 Abs. 1 der Anlage I zum VTV Nr. 40 und § 8 Abs. 2 Satz 1 MTV Nr. 14 nicht nur voraus, dass die Arbeit über einen bestimmten Zeitraum in Schichten geleistet wird. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 MTV Nr. 14 liegt Schichtdienst nur vor, wenn der tägliche Arbeitsbeginn sich bei den Schichtabschnitten derselben Periode oder innerhalb des Schichtabschnitts regelmäßig ändert. Entgegen der Auffassung der Beklagten erfüllen diese Voraussetzung nicht nur die von ihr so bezeichneten Schichtdienst-Mitarbeiter, die in der Regel auf der Grundlage eines Jahresdienstplans nach einem festen Muster eingesetzt werden. Auch der Kläger und die anderen Abruf-Mitarbeiter werden auf der Grundlage von Monatsdienstplänen sowohl in der Früh- als auch in der Spätschicht eingesetzt und sind ständig am Schichtwechsel beteiligt. Auch bei ihnen ändert sich damit der tägliche Arbeitsbeginn innerhalb des Monats regelmäßig iSv. § 8 Abs. 2 Satz 1 MTV Nr. 14. Die Beklagte hat selbst vorgetragen, dass der Kläger im Anspruchszeitraum “zu völlig unterschiedlichen Diensten an völlig unterschiedlichen Tagen” herangezogen worden ist.
1. Den Tarifvertragsparteien steht es frei, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen sie an die Verrichtung von Schichtarbeit Zulagen knüpfen. Sie können eine Schichtzulage daran binden, dass nach einem Schichtplan ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird und der Arbeitnehmer wiederkehrend nach einem festen Muster in denselben Schichten eingesetzt wird. Eine solche Regelmäßigkeit forderte beispielsweise die Wechselschichtarbeit nach § 15 Abs. 8 Unterabs. 6 BAT (vgl. BAG 26. September 2007 – 5 AZR 808/06 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 58 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 13). Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass § 8 Abs. 2 Satz 1 MTV Nr. 14 dies nicht verlangt.
2. Diese Tarifvorschrift spricht im Gegensatz zu § 15 Abs. 8 Unterabs. 6 BAT nicht von einem regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten. Für die Verrichtung von Schichtdienst reicht es nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 1 MTV Nr. 14 aus, dass der tägliche Arbeitsbeginn sich bei den Schichtabschnitten derselben Periode oder innerhalb des Schichtabschnitts regelmäßig ändert. Damit verlangt die Tarifvorschrift entgegen der Auffassung der Beklagten keine Änderung des täglichen Arbeitsbeginns auf der Grundlage eines Jahresdienstplans nach einem festen, sich in bestimmten Zeitabschnitten wiederholenden Muster.
a) Die Tarifvertragsparteien haben in § 8 Abs. 2 Satz 1 MTV Nr. 14 nicht näher festgelegt, welchen Zeitraum sie als Schichtperiode verstehen. Sie haben nur geregelt, dass die Lage der täglichen Grundarbeitszeit durch Schichtpläne geregelt wird, wenn die betrieblichen Verhältnisse die Ableistung der Arbeit über einen bestimmten Zeitraum (Schichtperiode) in Schichten erfordern. Daraus hat das Landesarbeitsgericht mit Recht nicht abgeleitet, dass Schichtdienst im Tarifsinne nur dann vorliegt, wenn die Lage der täglichen Arbeitszeit durch Jahresdienstpläne geregelt ist. Ein Erfordernis, die Lage der täglichen Arbeitszeit durch Jahresdienstpläne zu regeln, hat im Wortlaut der Tarifbestimmung keinen Niederschlag gefunden. Die Tarifvorschrift verlangt nur, dass die Lage der täglichen Arbeitszeit durch Schichtpläne geregelt wird und lässt offen, für welchen Zeitraum diese Regelung erfolgt. Dies bewirkt, dass auch die Monatsdienstpläne, die regeln, in welchen Schichten die Abruf-Mitarbeiter eingesetzt werden, Schichtpläne im Tarifsinne sind.
b) Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass es für das Verständnis, dass es sich bei den monatlichen Dienstplänen um Schichtpläne handelt, ohne Bedeutung ist, dass die Beklagte bei der Aufstellung der Dienstpläne auf die Einsatzwünsche der Abruf-Mitarbeiter Rücksicht nimmt. Maßgebend ist der Einsatz des Klägers sowohl in der Früh- als auch in der Spätschicht auf der Grundlage monatlicher Dienstpläne. Nach den von der Beklagten nicht angegriffenen und damit bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts änderte sich der tägliche Arbeitsbeginn des Klägers im Klagezeitraum innerhalb eines jeden Kalendermonats.
c) Auch die Auslegung des Begriffs “regelmäßig” in § 8 Abs. 2 Satz 1 MTV Nr. 14 durch das Landesarbeitsgericht hält den Angriffen der Revision stand. Das Landesarbeitsgericht hat nicht verkannt, dass das Wort “regelmäßig” in der Tarifvorschrift vom Wortsinn her auch so verstanden werden könnte, dass sich der tägliche Arbeitsbeginn nach einer bestimmten Ordnung in gleichmäßigen Abständen und in gleichmäßiger Aufeinanderfolge ändern muss (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort: regelmäßig). Der Begriff der Regelmäßigkeit setzt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine gewisse Stetigkeit und Dauer voraus, auf den Rhythmus der Wiederholungen kommt es jedoch nicht an, Schwankungen und Ausnahmen sind möglich (vgl. zum Begriff der “regelmäßigen” Arbeitsstelle BAG 5. November 1992 – 6 AZR 228/91 – AP MTB II § 2 SR 2a Nr. 1 und zum Begriff der “regelmäßigen” Arbeitszeit BAG 3. Mai 1989 – 5 AZR 249/88 – AP LohnFG § 2 Nr. 19 = EzA LohnFG § 2 Nr. 21). Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht deshalb bei der Beurteilung, ob sich der Arbeitsbeginn des Klägers im Klagezeitraum regelmäßig geändert hat, nicht auf den Rhythmus der Änderungen abgestellt, sondern darauf, dass sich der Arbeitsbeginn in jedem Monat des Klagezeitraums “stetig” und “fortdauernd” geändert hat. Für das Verständnis, dass die Tarifvertragsparteien mit dem Erfordernis, dass sich der tägliche Arbeitsbeginn regelmäßig ändert, die Zulage nur daran knüpfen wollten, dass sich der tägliche Arbeitsbeginn bei den Schichtabschnitten derselben Periode oder innerhalb des Schichtabschnitts überhaupt immer wieder ändert, und nicht daran, auf welche Art und Weise und in welchem Rhythmus sich der tägliche Arbeitsbeginn ändert, spricht, dass sie die Zulage nicht wie die Tarifvertragsparteien des BAT in § 15 Abs. 8 Unterabs. 6 BAT an einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten gebunden haben. Sie haben keine Wechselschichtzulage, sondern eine Schichtzulage geregelt.
IV. Sinn und Zweck der Regelung geben entgegen der Ansicht der Beklagten kein anderes Auslegungsergebnis vor.
1. Eine Schichtzulage soll dem Arbeitnehmer einen finanziellen Ausgleich dafür gewähren, dass die Schichtarbeit erheblich auf seinen Lebensrhythmus einwirkt und ihr Beginn oder ihr Ende außerhalb der allgemein üblichen Arbeits- und Geschäftszeiten liegt (BAG 20. April 2005 – 10 AZR 302/04 – AP BMT-G II § 24 Nr. 3 mwN). Diese Funktion einer Abgeltung mit Schichtarbeit verbundener Erschwernisse erfüllt eine Schichtzulage auch bei Arbeitnehmern, die auf der Grundlage monatlicher Dienstpläne mit wechselnden Arbeitszeiten und nicht auf der Grundlage eines Jahresdienstplans nach einem sich in bestimmten Zeitabschnitten wiederholenden Muster eingesetzt werden.
2. Entgegen der Auffassung der Beklagten werden die mit Schichtarbeit verbundenen Erschwernisse bei einem Abruf-Mitarbeiter auch nicht bereits durch die vereinbarte Arbeitsvergütung kompensiert. Einer solchen Annahme steht schon entgegen, dass die tarifliche Schichtzulagenregelung Abruf-Mitarbeiter nicht ausnimmt. Im Übrigen ist es bei vereinbarter Abrufarbeit entgegen der Ansicht der Beklagten nicht vertragsimmanent, dass sich der tägliche Arbeitsbeginn des Abruf-Mitarbeiters regelmäßig ändert und der Abruf-Mitarbeiter damit Schichtarbeit leistet. Abrufarbeit ist nicht notwendig Schichtarbeit.
Unterschriften
Dr. Freitag, Marquardt, Brühler, Thiel, Zielke
Fundstellen
Haufe-Index 2079161 |
BB 2008, 2681 |
DB 2009, 66 |