Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerspruch bei Betriebsübergang
Leitsatz (amtlich)
Die am 31. März 1999 im Sport- und Erholungszentrum beschäftigten Arbeitnehmer des Landes Berlin konnten einem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse mit Wirkung vom 1. April 1999 auf die rechtsfähige Anstalt Berliner Bäder-Betriebe widersprechen.
Normenkette
BGB § 613a; Berliner Bäder-Anstaltsgesetz (BBBG) vom 25. September 1995 § 1; Berliner Bäder-Anstaltsgesetz (BBBG) vom 25. September 1995 § 4; Berliner Bäder-Anstaltsgesetz (BBBG) vom 25. September 1995 § 13; Erstes Gesetz zur Änderung des BBBG vom 5. März 1999; GG Art. 31
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 7. März 2000 – 3 Sa 2740/99 – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin zwischen ihnen fortbesteht oder auf die rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts Berliner Bäder-Betriebe (BBB) übergegangen ist.
Die Klägerin war seit dem 1. Juni 1979 bei dem Beklagten beschäftigt, seit 1986 als Badewärterin. Mit Gesetz vom 25. September 1995 errichtete der Beklagte die BBB. Diese übernahm zum 1. Januar 1996 die Schwimmbäder des Beklagten mit Ausnahme des Sport- und Erholungszentrums (SEZ). Die Arbeitsverhältnisse der in den übernommenen Schwimmbädern beschäftigten Arbeitnehmer gingen vorbehaltlich eines gesetzlich eingeräumten Widerspruchs auf die BBB über. Die Klägerin, die rechtzeitig widersprochen hatte, wurde zunächst zur BBB abgeordnet und ab dem 18. März 1996 im Bereich des SEZ eingesetzt. Ab Januar 1997 war sie arbeitsunfähig krank. Sie bemühte sich unter Hinweis auf gesundheitliche Gründe vergeblich, von dem Beklagten auf einen Arbeitsplatz außerhalb des Badebereichs umgesetzt zu werden.
Infolge des Gesetzes vom 5. März 1999, im Berliner Gesetzblatt verkündet am 16. März 1999, übernahm die BBB zum 1. April 1999 auch den Betrieb des SEZ. Ein Widerspruchsrecht für die Arbeitnehmer ist in diesem Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen. Mit Schreiben vom 24. März 1999 teilte der Beklagte der Klägerin mit, deren Arbeitsverhältnis gehe am 1. April 1999 auf die BBB über, ein Widerspruchsrecht bestehe nicht. Gleichwohl widersprach die Klägerin einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 22. April 1999 an den Beklagten, diesem zugegangen am 26. April 1999, und bat um Zuweisung eines anderen geeigneten Arbeitsplatzes. Seit dem 8. November 1999 wird die Klägerin unter Vorbehalt in der Landesbildstelle vorläufig weiterbeschäftigt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis bestehe auf Grund ihres Widerspruchs mit dem Beklagten fort. Der Widerspruch sei zulässig und rechtzeitig gewesen und gegenüber dem richtigen Adressaten erfolgt. Sie habe erst am 7. April 1999 mit dem Zugang des Schreibens vom 24. März 1999 Kenntnis von dem Betriebsübergang erhalten.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum 1. April 1999 auf die Berliner Bäder-Betriebe übergegangen sei, sondern zwischen den Parteien fortbestehe.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat geltend gemacht, der Klägerin habe ein Widerspruchsrecht nicht zugestanden. Jedenfalls hätte der Widerspruch gegenüber der BBB erklärt werden müssen. Die Klägerin habe auch nicht rechtzeitig widersprochen.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I. Die Feststellungsklage ist gemäß § 256 ZPO zulässig. Der Klagantrag ist auf Feststellung des Bestehens eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses gerichtet; denn die Parteien streiten maßgeblich über den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses. Dessen etwaiger Übergang stellt nur eine, wenn auch die entscheidende Vorfrage dar. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, daß der Bestand ihres Arbeitsverhältnisses durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
II. Der Übergang der Arbeitsverhältnisse auf die BBB richtet sich nach den folgenden gesetzlichen Vorschriften:
Gesetz über die Errichtung der Anstalt öffentlichen Rechts Berliner Bäder-Betriebe (Bäder-Anstaltsgesetz-BBBG)
Vom 25. September 1995
§ 1 Errichtung, Rechtsform, Sitz, Satzungen
(1) Das Land Berlin errichtet zur Wahrnehmung der in diesem Gesetz genannten öffentlichen Aufgaben die rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts mit dem Namen Berliner Bäder-Betriebe (BBB).
(2) Die Anstalt übernimmt den Betrieb der in der Anlage zu diesem Gesetz genannten Schwimmbäder zum 1. Januar 1996. Zu diesem Zeitpunkt werden ihr die zum Bäderbetrieb erforderlichen Grundstücke des Landes Berlin und das zu den Bädern gehörende Inventar sowie die sächlichen Betriebsmittel des Landes Berlin verpachtet. Der Pachtzins entspricht der Höhe der auf das Land Berlin entfallenden Grundsteuer für die der Anstalt zur Nutzung überlassenen Grundstücke sowie der Ausgaben für die Sachversicherungen. Die Anstalt übernimmt zum nächstmöglichen Zeitpunkt die Rechte und Pflichten aus Verträgen des Landes Berlin mit Dritten, die im Hinblick auf den Betrieb der Schwimmbäder geschlossen wurden.
(3) Sitz der Anstalt ist Berlin.
(4) Die Anstalt kann zur Regelung ihrer Angelegenheiten Satzungen erlassen. Diese sind öffentlich bekanntzumachen.
…
§ 4 Gewährträger
(1) Gewährträger der Anstalt ist das Land Berlin. Das Land haftet uneingeschränkt für die Verbindlichkeiten der Anstalt, soweit aus deren Vermögen keine Befriedigung zu erlangen ist.
(2) Das Land Berlin gewährt einen Zuschuß, soweit die Anstalt zur Erfüllung ihrer Aufgaben aus eigener Kraft nicht in der Lage ist.
…
§ 13 Personalwirtschaft
(1) Mit Wirkung vom 1. Januar 1996 gehen die Arbeitsverhältnisse folgender zu diesem Zeitpunkt in den Schwimmbädern beschäftigten Arbeitnehmer vom Land Berlin auf die Anstalt über, ohne daß es einer Versetzung bedarf:
- Badebetriebsleiter,
- Maschinenmeister,
- Schwimmeister,
- Schwimmeistergehilfen,
- Kassierer,
- Maschinisten,
- Rettungsschwimmer,
- Badewärter,
- Saunawarte,
- Kontrolleure,
- Reiniger,
- sonstige Dienstkräfte in den Schwimmbädern.
(2) Der Übergang ist jedem Arbeitnehmer persönlich und unverzüglich nach der Verkündung dieses Gesetzes im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in schriftlicher Form mitzuteilen. Widerspricht ein Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses schriftlich innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin, so gilt das Arbeitsverhältnis als nicht auf die Anstalt übergegangen; Beschäftigungsdienststelle wird mit der Erklärung des Arbeitnehmers die für den Sport zuständige Senatsverwaltung. Auf Form und Frist ist in dem Schreiben nach Satz 1 hinzuweisen.
(3) Die Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt des Übergangs nach Absatz 1 Satz 1 Arbeitnehmer der Anstalt werden, haben das Recht, im Falle der Überführung der Anstalt in eine privatrechtliche Rechtsform in ein Arbeitsverhältnis mit dem Land Berlin zurückzukehren. In diesem Falle werden die Arbeitnehmer so gestellt, als hätte das Arbeitsverhältnis mit dem Land Berlin ununterbrochen bestanden. Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.
(4) Die Anstalt ist verpflichtet, begonnene Ausbildungen zum Schwimmeistergehilfen für das Land als Ausbilder fortzusetzen und entsprechende künftige Ausbildungsverhältnisse als Ausbildender abzuschließen.
(5) Scheiden die Arbeitnehmer des Landes Berlin, die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes in den bezirklichen Bädern beim Land Berlin beschäftigt waren und deren Arbeitsverhältnisse kraft dieses Gesetzes zur Anstalt übergeleitet wurden, auf eigenen Wunsch oder unverschuldet aus dem Arbeitsverhältnis aus und wird im unmittelbaren Anschluß daran ein neues Arbeitsverhältnis zum Land Berlin begründet, so werden die bei der Anstalt Berliner Bäder-Betriebe verbrachten Beschäftigungszeiten und die davor liegenden vom Land Berlin entsprechend den tariflichen Vorschriften angerechneten Beschäftigungszeiten nach § 19 BAT/BAT-O oder § 6 BMT-G/BMT-G-O angerechnet.
(6) Die Anstalt wird unverzüglich die Mitgliedschaft bei den Arbeitgeberverbänden des öffentlichen Dienstes in Berlin beantragen. Die Anstalt wendet die bisher für die Beschäftigten geltenden Tarifverträge, Dienstvereinbarungen und sonstigen arbeitsrechtlichen Regelungen an, bis diese durch Neuregelungen ersetzt werden.
(7) Die Anstalt wird unverzüglich die Beteiligung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) beantragen und die dort versicherten Arbeitnehmer im Rahmen der Satzungsvorschriften der VBL weiterversichern.
(8) Die Anstalt beantragt ihre Mitgliedschaft in der Betriebskrankenkasse des Landes und der Stadt Berlin (BKK).
…
Erstes Gesetz zur Änderung des Bäder-Anstaltsgesetzes
Vom 5. März 1999
Das Bäder-Anstaltsgesetz vom 25. September 1995 (GVBl. S. 617) wird wie folgt geändert:
1. Es wird folgender § 1a eingefügt:
„§ 1a Sport- und Erholungszentrum, Schwimm- und Sprunghalle
(1) Die Anstalt übernimmt den Betrieb des Sport- und Erholungszentrums (SEZ) zum 1. April 1999. Sie übernimmt zum nächstmöglichen Zeitpunkt die Rechte und Pflichten aus Verträgen des Landes Berlin mit Dritten, die im Hinblick auf den Betrieb des SEZ geschlossen wurden.
…
(3) Das Land Berlin verpachtet der Anstalt die zum SEZ gehörenden betriebsnotwendigen Grundstücke einschließlich des dazu gehörenden Inventars und der sächlichen Betriebsmittel zum 1. April 1999. Der Pachtzins entspricht der Höhe der auf das Land Berlin entfallenden Grundsteuer für die der Anstalt überlassenen Grundstücke sowie der Ausgaben für die Sachversicherungen.
…”
2. In § 13 wird folgender Absatz 9 angefügt:
„(9) Die Absätze 1, 4 und 5 gelten entsprechend für Arbeitnehmer, soweit sie am 31. März 1999 im SEZ beschäftigt sind, mit der Maßgabe, dass die Arbeitsverhältnisse dieser Arbeitnehmer mit Wirkung vom 1. April 1999 vom Land Berlin auf die Anstalt übergehen.”
III. Der Klägerin stand ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die BBB zu.
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies nicht unmittelbar aus § 13 Abs. 2 BBBG folgt. Zwar erklärt der zur Änderung allein „angefügte” § 13 Abs. 9 BBBG nur die Absätze 1, 4 und 5 mit besonderer Maßgabe für entsprechend anwendbar. Die Geltung der übrigen Absätze wird aber nicht ausdrücklich ausgeschlossen. § 13 Abs. 2 BBBG nach seinem Regelungsgegenstand unter Berücksichtigung des Gesetzeszusammenhangs auch auf den Übergang vom 1. April 1999 anzuwenden, erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen.
2. Jedenfalls ist § 13 Abs. 1 BBBG ebenso wie § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB auszulegen. Das Arbeitsverhältnis geht danach nur über, wenn der Arbeitnehmer dem Übergang nicht widerspricht.
a) § 13 Abs. 1 BBBG regelt wie § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB den Übergang der Arbeitsverhältnisse auf einen neuen Betriebsinhaber. Es handelt sich jeweils um einen gesetzlich angeordneten Übergang der Arbeitsverhältnisse. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB setzt einen rechtsgeschäftlichen Betriebs(teil)übergang voraus. Bei § 13 Abs. 9 und 1 iVm. § 1 a Abs. 1 und 3 BBBG liegt der Personalüberleitung kraft Gesetzes jedenfalls auch ein rechtsgeschäftlicher, nämlich auf Pachtvertrag beruhender Übergang der wirtschaftlichen Einheit SEZ zugrunde. Das Vorliegen eines entsprechenden Rechtsgeschäfts kann nicht zweifelhaft sein, wenn es in § 1 a Abs. 3 BBBG heißt, daß der Beklagte der BBB die betriebsnotwendigen Grundstücke einschließlich des Inventars und der sächlichen Betriebsmittel „verpachtet” und ein „Pachtzins” geleistet wird. Damit kann nur das vertragliche Schuldverhältnis „Pacht” im Sinne der §§ 581 ff. BGB gemeint sein. Dementsprechend hat der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten im Verhandlungstermin vor dem Senat vorgetragen, das Gesetz sei durch Abschluß eines Pachtvertrags vollzogen worden.
b) Der Beklagte ist entgegen der Auffassung der Revision mindestens wegen des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts (Pachtvertrag) nicht ohne eigenes Zutun von einem gesetzlichen Betriebsübergang betroffen. Zwar ist anders als im Regelfall des § 613 a BGB die Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht offen, sondern gesetzlich zum 1. April 1999 angeordnet und geregelt. Dieser Unterschied rechtfertigt aber keine unterschiedliche Auslegung von § 13 Abs. 1 BBBG und § 613 a BGB. Daß die Verpachtung der zum SEZ gehörenden Betriebsmittel und die Übernahme des Betriebs nicht im Belieben des Beklagten und der BBB stehen, ändert nichts daran, daß sie der tragende Grund für den gesetzlich angeordneten Übergang der Arbeitsverhältnisse sind (vgl. auch BAG 7. September 1995 – 8 AZR 928/93 – AP BGB § 613 a Nr. 131 = EzA BGB § 613 a Nr. 136, zu III der Gründe; 20. März 1997 – 8 AZR 856/95 – BAGE 85, 312, 320; KR-Pfeiffer 5. Auflage § 613 a BGB Rn. 39 b; APS/Steffan § 613 a BGB Rn. 70; MünchKomm/Schaub BGB 3. Auflage § 613 a Rn. 52). Der wesentliche Regelungsgehalt, die Interessenlage und damit auch die Beurteilung der Rechtsfolgen sind unabhängig davon, ob der Beklagte nur die Verpachtung vornimmt oder zusätzlich in einem Gesetz regelt, daß die Verpachtung erfolgt. Ebenso stand einem rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang nicht entgegen, daß der Mitteldeutsche Rundfunk kraft Gesetzes die Ansprüche einzelner Länder am gesamten Vermögen der Einrichtung nach Art. 36 EV erworben hat(vgl. BAG 20. März 1997 aaO). In einem vergleichbaren Fall einer auf Gesetz beruhenden Verwaltungskonzession hat der EuGH die Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 für anwendbar gehalten(14. September 2000 – Rs C-343/98 – NZA 2000, 1279, zu Nr. 34 f. der Gründe).
c) Weitere Unterschiede zwischen § 13 Abs. 1 iVm. § 1 a Abs. 1, 3 BBBG und § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB bestehen nicht. Es gibt keinen Grund, die beiden Gesetze unterschiedlich zu verstehen. Die Möglichkeit eines Widerspruchs des Arbeitnehmers bei einem Betriebsübergang auf der Grundlage eines Rechtsgeschäfts entspricht ständiger Rechtspraxis seit Inkrafttreten des § 613 a BGB (vgl. nur BAG 18. März 1999 – 8 AZR 190/98 – BAGE 91, 129, 133; 19. März 1998 – 8 AZR 139/97 – BAGE 88, 196, 199 f.; 21. Mai 1992 – 2 AZR 449/91 – BAGE 70, 238, 250 ff. mwN). Das Widerspruchsrecht muß nicht ausdrücklich geregelt sein, es folgt vielmehr aus einer Auslegung des § 613 a BGB(BAG 21. Mai 1992 aaO S 250 f. mwN). Auch der EuGH hat ausgeführt, eine Verpflichtung des Arbeitnehmers, sein Arbeitsverhältnis mit dem Erwerber fortzusetzen, verstoße gegen Grundrechte des Arbeitnehmers, der bei der Wahl seines Arbeitgebers frei sein müsse und nicht verpflichtet werden könne, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt habe (EuGH 16. Dezember 1992 – verb. Rs C-132/91, C-138/91, C-139/91 – EuGHE I 1992, 6577, Rn. 32), wobei allerdings nach Auffassung des EuGH ein Widerspruchsrecht genügt, das einer fristlosen Kündigung gleichkommt(vgl. EuGH 16. Dezember 1992 aaO, Rn. 35 f.). Schließlich klammert die Verweisung im angefügten § 13 Abs. 9 BBBG allenfalls die spezielle Regelung des Widerspruchsrechts gemäß § 13 Abs. 2 BBBG aus; der Widerspruch wird jedoch nicht insgesamt ausgeschlossen.
d) Besonderheiten des öffentlichen Dienstes führen insoweit zu keiner abweichenden Beurteilung. Zwar mag bei dem neuen öffentlichen Arbeitgeber wegen dessen Mitgliedschaft bei den Arbeitgeberverbänden des öffentlichen Dienstes die Fortführung der Arbeitsverhältnisse zu den bisherigen Bedingungen gewährleistet sein. Das ändert aber an der gesetzlich geschützten Interessenlage nichts Entscheidendes. Auch § 4 BBBG (Gewährträgerschaft des Landes) schließt keinesfalls aus, daß die Arbeitnehmer ein gewichtiges Interesse an der Beibehaltung ihres bisherigen öffentlichen Arbeitgebers haben können. Für die Klägerin gilt das insbesondere wegen der für sie erheblich weitergehenden Beschäftigungsmöglichkeiten bei dem Beklagten.
3. Der Berliner Landesgesetzgeber konnte jedenfalls einen Übergang der Arbeitsverhältnisse ohne Widerspruchsmöglichkeit in § 13 Abs. 1 BBBG nicht regeln. Nach dem Grundsatz „Bundesrecht bricht Landesrecht” in Art. 31 GG war es ihm verwehrt, das zwingend in § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB angelegte Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers zu beseitigen. Da der Beklagte zum 1. April 1999 sämtliche Betriebsmittel des SEZ gemäß § 1 a Abs. 3 BBBG an die BBB verpachtet hat und diese den Betrieb ohne Unterbrechung unverändert fortgeführt und zudem die Arbeitnehmer des SEZ willentlich weiterbeschäftigt hat, liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB vor. Daran ändert nichts, daß die Verpachtung in § 1 a Abs. 3 BBBG gesetzlich vorgesehen ist. Die Übernahme des Betriebs des SEZ nach § 1 a Abs. 1 BBBG beruht auf einem Rechtsgeschäft im Sinne von § 613 a BGB, auch wenn das Rechtsgeschäft nicht frei ausgehandelt ist. Es handelt sich um einen gesetzlich geregelten rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang.
4. Selbst wenn das Änderungsgesetz vom 5. März 1999 einen gesetzlichen und nicht einen rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang regeln sollte, liegt eine Auslegung entsprechend § 613 a BGB nahe. Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers knüpft an den Übergang des Arbeitsverhältnisses durch Betriebsübergang, nicht an den Abschluß eines Rechtsgeschäfts an. Inwiefern es davon abhängen könnte, ob ein gesonderter Pachtvertrag in Vollzug des Gesetzes erforderlich ist, erscheint kaum einsichtig. Die maßgebliche Voraussetzung des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB „Übergang eines Betriebs durch Rechtsgeschäft” entspricht zumindest im Wesentlichen dem Regelungsgehalt des § 1 a Abs. 1, 3 BBBG. Deshalb sind im Hinblick auf den gesetzlich angeordneten Übergang der Arbeitsverhältnisse in jedem Falle einheitliche Rechtsfolgen anzunehmen.
5. Ob das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers auch verfassungsrechtlich geboten ist, ist zweifelhaft, kann aber dahingestellt bleiben.
a) Daß durch den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Betriebsinhaber die Menschenwürde tangiert sein soll(vgl. BAG 2. Oktober 1974 – 5 AZR 504/73 – BAGE 26, 301, zu II 2 und III 2 a der Gründe; 6. Februar 1980 – 5 AZR 275/78 – AP BGB § 613 a Nr. 21 = EzA BGB § 613 a Nr. 26, zu III 1 c der Gründe) erscheint wenig überzeugend(ablehnend auch Herschel Anm. zu BAG 6. Februar 1980 aaO AP § 613 a BGB Nr. 21 (zu II 2(; hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Argumentation zurückhaltend BAG 21. Juli 1977 – 3 AZR 703/75 – AP BGB § 613 a Nr. 8 = EzA BGB § 613 a Nr. 14, zu II 2 b der Gründe; 17. November 1977 – 5 AZR 618/76 – AP BGB § 613 a Nr. 10 = EzA BGB § 613 a Nr. 17, zu I 1 der Gründe; 15. Februar 1984 – 5 AZR 123/82 – BAGE 45, 140, zu II 2, 3 der Gründe; 21. Mai 1992 aaO). Jedenfalls kann von einem „Verkauf des Arbeitnehmers” ebenso keine Rede sein wie von einem „an den Betrieb ketten”.
b) Die freie Wahl des Arbeitsplatzes (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) wird durch den Übergang des Arbeitsverhältnisses eher gesichert als eingeschränkt; denn der Arbeitnehmer behält den von ihm gewählten Arbeitsplatz, während er bei einem Widerspruch zwar den Arbeitgeber behält, den Arbeitsplatz aber regelmäßig verliert und auf die Möglichkeit einer Umsetzung oder auf eine soziale Auswahl angewiesen ist(vgl. etwa BVerfG 8. Juli 1997 – 1 BvR 1243/95, 1247/95 und 744/96 – BVerfGE 96, 152, 163).
c) Der Eingriff in die Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) dürfte regelmäßig durch vernünftige Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein. Es spricht manches dafür, daß der Gesetzgeber generalisieren und dem Erhalt der konkreten Arbeitsstelle Vorrang einräumen darf (vgl. aber BAG 30. Oktober 1986 – 2 AZR 101/85 – BAGE 53, 251 = AP BGB § 613 a Nr. 55, zu II 2 b der Gründe mit ablehnender Anm. Lüke (zu 2 b(). Die Veräußerung des Betriebs ist gerade aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 14 GG) zulässig. Dadurch kommt es für den Arbeitnehmer notwendig entweder zu einem Verlust der Arbeitsstelle oder der Person des Arbeitgebers. Der Wechsel in der Person des Arbeitgebers stellt regelmäßig den geringeren Eingriff dar. Dem Arbeitnehmer ist nicht verwehrt, sein Arbeitsverhältnis selbst zu kündigen, ggf. auch außerordentlich aus wichtigem Grund. Auch wenn er dadurch die Beschäftigung insgesamt, insbesondere die Chance auf anderweitige Beschäftigung bei seinem bisherigen Arbeitgeber, verliert, zwingt das nicht generell dazu, eine Wahlmöglichkeit für den Arbeitnehmer zu schaffen. Zu berücksichtigen ist nämlich auch das Interesse des Betriebsübernehmers, einen funktionierenden Betrieb einschließlich der Arbeitnehmer zu erhalten, und das Interesse des Veräußerers, nicht die Arbeitnehmer ohne den Betrieb zu behalten bzw. den Betrieb überhaupt veräußern zu können.
IV. Der Widerspruch der Klägerin hat den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die BBB verhindert. Das Arbeitsverhältnis besteht deshalb mit dem Beklagten fort.
1. Der Beklagte war der richtige Adressat des Widerspruchs.
a) Im Falle des § 613 a BGB kann der Widerspruch jedenfalls dann wahlweise gegenüber dem Betriebsveräußerer oder gegenüber dem Betriebserwerber erklärt werden, wenn keine Unterrichtung über den Betriebsübergang erfolgt war (BAG 22. April 1993 – 2 AZR 50/92 – AP BGB § 613 a Nr. 103 = EzA BGB § 613 a Nr. 111, zu II 5 der Gründe). Nimmt der Betriebsveräußerer die Unterrichtung vor, kann der Arbeitnehmer ihm gegenüber widersprechen; denn der Arbeitnehmer will die mitgeteilte Rechtsfolge nicht gelten lassen, sondern gerade an dem Arbeitsverhältnis mit ihm festhalten. Das gilt auch noch nach dem Betriebsübergang. Sache des Veräußerers ist es, den Erwerber entsprechend zu unterrichten.
b) Es besteht kein Grund, den Adressaten des Widerspruchs im Falle des § 1 a iVm. § 13 Abs. 9 BBBG anders zu bestimmen. Dementsprechend hatte der Beklagte auch über den Betriebsübergang vom 1. Januar 1996 unterrichtet und den Widerspruch der Klägerin entgegengenommen, obwohl § 13 Abs. 2 BBBG insoweit keine Regelung getroffen hatte.
c) Die Klägerin hat danach zutreffend gegenüber dem Beklagten widersprochen.
2. Die Klägerin hat rechtzeitig widersprochen.
a) Im Falle des § 613 a BGB kann der Arbeitnehmer den Widerspruch noch nach dem Betriebsübergang erklären. Er muß dies unverzüglich tun. Hat er keine Kenntnis vom Betriebsübergang, muß er nach Erlangung der Kenntnis unverzüglich widersprechen. Die Erklärungsfrist beträgt entsprechend den §§ 4, 7 KSchG drei Wochen (BAG 19. März 1998 aaO BAGE 88, 196, 201 f. mwN).
b) Im Falle des § 1 a iVm. § 13 Abs. 9 BBBG ist wiederum kein Grund ersichtlich, von diesen Grundsätzen abzuweichen. Die Verkündung im Gesetzblatt bewirkt keine Kenntnis des Betriebsübergangs und kann dieser nicht gleichgestellt werden. Es bedarf keiner Entscheidung, ob mit dem Landesarbeitsgericht eine Verpflichtung zur Unterrichtung anzunehmen ist oder ob – bei Unkenntnis des Arbeitnehmers – eben nur eine Obliegenheit besteht.
c) Nach den unangefochtenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin Kenntnis vom Übergang des Betriebs des SEZ erst am 7. April 1999 erlangt. Ihr am 26. April 1999 zugegangener Widerspruch war deshalb rechtzeitig. Es kann dahingestellt bleiben, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, daß der Beklagte der Klägerin im Schreiben vom 24. März 1999 ausdrücklich mitgeteilt hatte, ein Widerspruchsrecht bestehe nicht.
d) Danach bedarf auch hier keiner Entscheidung, ob § 13 Abs. 2 BBBG einschließlich der Dreimonatsfrist für den Widerspruch auf den Betriebsübergang vom 1. April 1999 Anwendung findet.
V. Der Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Etzel, Dr. Wittek, Mikosch, Ma. Schallmeyer, E. Vesper
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 25.01.2001 durch Metze, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 599807 |
BB 2001, 1416 |
NJW 2001, 2571 |
FA 2001, 157 |
NZA 2001, 840 |
AP, 0 |
EzA |
PersR 2001, 353 |
ZInsO 2001, 872 |