Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschlußfrist des § 21 BAT-O
Leitsatz (amtlich)
Die Ausschlußfrist des § 21 BAT-O wird in Lauf gesetzt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Zuge des Antrags auf Anerkennung von Beschäftigungszeiten iSd. § 19 BAT-O unter Hinweis auf § 21 BAT-O auffordert, den beruflichen Werdegang einschließlich Ausbildung lückenlos darzustellen und als richtig zu versichern.
Leitsatz (redaktionell)
Eingruppierung: Wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Lehraufgaben an der Universität Leipzig nach BAT-O; Beschäftigungszeiten, Bewährungszeiten
Normenkette
BAT-O §§ 21, 19
Verfahrensgang
Sächsisches LAG (Urteil vom 29.10.1998; Aktenzeichen 7 Sa 711/97) |
ArbG Leipzig (Urteil vom 04.06.1997; Aktenzeichen 17 Ca 4119/96) |
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 29. Oktober 1998 – 7 Sa 711/97 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der beklagte Freistaat verpflichtet ist, dem Kläger ab 5. März 1995, hilfsweise ab 20. Dezember 1996 Vergütung nach VergGr. I b BAT-O zu zahlen. Dabei geht es vor allem darum, ob dem Kläger die Zeit vom 5. März 1980 bis 2. Oktober 1990 als Beschäftigungszeit iSd. § 19 BAT-O anzurechnen ist oder ob der Kläger insoweit die Ausschlußfrist des § 21 BAT-O versäumt hat.
Der am 4. Oktober 1948 geborene Kläger ist französischer Staatsangehöriger. Seit 1961 hielt er sich in der ehemaligen DDR auf und legte dort 1967 das Abitur an einer erweiterten Oberschule in Ost-Berlin ab. 1972 schloß er ein vierjähriges Hochschulstudium an der Bergakademie Freiberg Fachrichtung „Gewinnungs- und Aufbereitungsmaschinen” erfolgreich als Diplom-Ingenieur für Maschinenbau ab. Außerdem verfügt der Kläger über den am 1. Juli 1986 erworbenen postgradualen Fachabschluß für Hochschulpädagogik und wurde 1993 zum Dr. phil. promoviert. Seit dem 5. März 1980 wird er an der Universität beschäftigt. Bis zum 31. August 1988 übte er die Tätigkeit eines Lehrers im Hochschuldienst aufgrund des Arbeitsvertrages vom 5. März 1980 in der „Sektion theoretische und angewandte Sprachwissenschaften” zunächst befristet, dann ab 1. April 1980 unbefristet aus. Vom 1. September 1988 bis 19. Juni 1990 absolvierte er eine planmäßige Aspirantur, die ursprünglich bis 31. August 1991 vorgesehen war. Während der Aspirantur widmete sich der Kläger in erster Linie seiner Dissertation mit einem linguistischen Thema aus dem Bereich der Fremdsprachenforschung und erhielt kein Gehalt, sondern ein Stipendium. Sie wurde vorzeitig mit Änderungsvertrag vom 24. April 1990 „Wiedereinstellung nach Aspirantur” als „wissenschaftlicher Assistent” mit Wirkung vom 15. Juni 1990 beendet. Als Assistent war er mit wissenschaftlichen Tätigkeiten mit Lehr- und Eigenqualifikationsaufgaben betraut. Seit dem 1. September 1992 erfolgte seine Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter/Lektor mit Lehraufgaben (Translationsorientierte Textanalyse und Textproduktion; Übersetzen Deutsch/Französisch; Fachübersetzen Deutsch/Französisch; Literarisches Übersetzen; Fachtextlinguistik) sowie Forschungstätigkeit. Aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit sowie einzelarbeitsvertraglicher Vereinbarung im „Änderungsvertrag” vom 1. Oktober 1991 „bestimmt sich” das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung (§ 2). Nach § 1 Abs. 1 des Änderungsvertrages verlieren alle bisherigen Regelungen des Arbeitsvertrages vom 5. März 1980 einschließlich erfolgter Änderungen ihre Gültigkeit und werden durch die Regelungen des BAT-O ersetzt. Dies gilt insbesondere für die Zuordnung zu einer Gehaltsgruppe, für die Zahlung von Zulagen, Zuschlägen etc. In § 3 heißt es:
„Der/die Angestellte ist in der VergGr. II a der Anl. 1 a/1 b zum BAT-O eingruppiert (§ 22 Abs. 3 BAT-O).”
Der Kläger bezog und bezieht dementsprechend Vergütung nach VergGr. II a BAT-O.
Am 29. Mai 1992 erhielt der Kläger vom Beklagten das Antragsformular zur Anerkennung der Beschäftigungszeiten mit einem Hinweis auf die Ausschlußfristenregelung des § 21 BAT-O. Der Antrag des Klägers auf Anerkennung gem. § 19 BAT-O ging mit Schreiben vom 9. Februar 1993 bei dem Beklagten ein. Inzwischen hatte der Beklagte durch die Universität mit Bescheid vom 3. Februar 1993 den Beginn der Beschäftigungszeit von Amts wegen auf den 3. Oktober 1990 festgesetzt.
Mit dem bei dem Beklagten am 18. Januar 1996 eingegangenen Schreiben vom 15. Januar 1996 verlangte der Kläger erfolglos Vergütung nach VergGr. I b BAT-O ab März 1995. Mit der am 2. April 1996 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger weiter Vergütung nach VergGr. I b BAT-O ab 5. März 1995, hilfsweise ab 20. Dezember 1996.
Der Kläger hat vorgetragen:
Wegen Erfüllung der 15-jährigen Bewährungszeit sei er in VergGr. I b BAT-O eingruppiert. Hinsichtlich des Antrages auf Festsetzung der anrechnungsfähigen Beschäftigungszeiten habe er das Datum der Übergabe des Formblattes als „Beginn des Ablaufes einer – [ihm] bis dahin unbekannten – Ausschlußfrist nicht erkannt”, sondern sich den Stichtag 31. Dezember 1994 gemerkt. Dieses Versehen sei durch eine Mißdeutung des „Merkblattes zum Vollzug der Tarifverträge über die Anerkennung von Beschäftigungszeiten” S 2, „bis zum 31. Dezember 1994 hat der Beschäftigte die anrechnungsfähigen Beschäftigungszeiten …” entstanden. Zudem habe er sich zu diesem Zeitpunkt anderen Prioritäten gewidmet, nämlich der ernsthaft erkrankten Ehefrau und dem bevorstehenden Abschluß der Promotion. Die Regelung des § 21 Satz 2 BAT-O ziele im übrigen lediglich darauf ab, daß solche Zeiten, die sich nicht aus den Personalakten ergäben oder aber vom Arbeitgeber bestritten würden, durch den Arbeitnehmer nachzuweisen seien. Dies sei hier nicht der Fall. Die entsprechenden Unterlagen seien in der Personalakte gewesen. Der Arbeitgeber habe die Möglichkeit gehabt, die Beschäftigungszeiten zu erfassen und zu überprüfen.
Er sei nicht in der Zeit von 1980 bis 1988 als „Hochschullehrer” und damit als Lehrkraft iSd. Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Vergütungsordnung des BAT-O tätig gewesen. In Wirklichkeit seien auf die reine Lehrtätigkeit nur 19 Wochenstunden entfallen, auf die forschungsbezogenen und dominanten Tätigkeiten aber 24 Wochenstunden.
Im übrigen könne er sich hilfsweise arbeitsvertraglich auf die Anwendung der Vergütungsordnung gem. Anl. 1 a zum BAT-O berufen. Im Änderungsvertrag vom 1. Oktober 1991 sei eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß auf das Arbeitsverhältnis die Eingruppierungsvorschriften der Anl. 1 a zum BAT-O Anwendung finden sollten. Außerdem wende der Beklagte für vergleichbare Lehrkräfte an Hochschulen keine anderweitige tarifliche Regelung als die Anl. 1 a zum BAT-O an. Die Aspirantur habe die Bewährungszeit nicht unterbrochen. Der Kläger hat zuletzt beantragt:
Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab dem 5. März 1995, hilfsweise ab dem 20. Dezember 1996 Vergütung nach VergGr. I b BAT-O zuzüglich 4 % Zinsen auf die rückständigen Nettodifferenzbeträge ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt: Die Klage wird abgewiesen. Er hat vorgetragen, wegen fehlender 15-jähriger Bewährungszeit sei der Kläger nicht in VergGr. I b aufgestiegen. Die Berücksichtigung der Zeiten vor dem 1. Juli 1991 komme wegen § 2 Nr. 1 des Änderungstarifvertrages zum BAT-O nur dann als Bewährungszeit in Betracht, wenn sie gem. § 19 BAT-O anerkannt worden wäre. Der Kläger habe jedoch die Frist versäumt, den Anspruch auf Anerkennung der Beschäftigungszeiten rechtzeitig innerhalb der tariflichen Ausschlußfrist geltend zu machen. Er habe auch nicht vor Fristablauf einen Verlängerungsantrag nach § 21 Satz 2 BAT-O gestellt. Dem Arbeitgeber obliege es nicht, die Zeiten selbst auf ihre Anerkennungsfähigkeit zu überprüfen. Aus der Personalakte des Klägers ergebe sich ausschließlich eine Tätigkeit als Lehrer an einer Hochschule. Der Kläger behaupte dagegen, wissenschaftlich tätig gewesen zu sein. Dies soll sich aber aufgrund seiner eigenen Darstellung nicht aus den Personalakten ergeben, sondern es werde insoweit Zeugenbeweis angeboten. Im übrigen behaupte der Kläger zwar, er habe zwischen 1980 und 1988 zu einem überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit wissenschaftliche Tätigkeiten und keine Lehrtätigkeiten ausgeübt. Aufgrund seiner eigenen Darstellung ergebe sich aber, daß 25 Stunden von 43 ¾ Stunden wöchentlicher Arbeitszeit mit Lehrtätigkeit belegt sei. Zudem sei der wissenschaftliche Anteil seiner Arbeitszeit in Wahrheit ebenfalls als Lehrtätigkeit einzuordnen. Außerdem sei die nicht anerkannte Beschäftigungszeit des Klägers auch durch seine Aspirantur im Hinblick auf § 23 a BAT-O schädlich unterbrochen gewesen. Soweit der Kläger meine, er könne sich hinsichtlich seiner Eingruppierung aufgrund einzelarbeitsvertraglicher Vereinbarung auf die Anl. 1 a BAT-O berufen, so könne dies allenfalls nur für die Zeit ab dem 1. Oktober 1991 gelten. Die Zeit zuvor richte sich allein nach den tariflichen Bestimmungen des BAT-O.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klage sei deswegen unbegründet, weil der Kläger von 1980 bis jedenfalls 1988 als Hochschullehrer beschäftigt gewesen sei und damit zu den Lehrkräften gehört habe, auf die nach der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen die Vergütungsordnung des BAT gerade nicht anzuwenden sei. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Beschäftigungszeiten vor dem 1. Juli 1991 habe der Beklagte unberücksichtigt bleiben lassen können, weil der Kläger die tarifliche Ausschlußfrist des § 21 BAT-O versäumt habe. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, bereits ab 5. März 1995 oder ab 20. Dezember 1996 nach VergGr. I b BAT-O vergütet zu werden, weil die Zeit vom 5. März 1980 bis 2. Oktober 1990 nicht als Beschäftigungszeit iSd. § 19 BAT-O anzurechnen ist. Der Kläger hat die Ausschlußfrist des § 21 BAT-O versäumt.
Die als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat in der Zeit vom 5. März 1980 bis 4. März 1995 oder bis 19. Dezember 1996 nicht die von dem Eingruppierungsmerkmal der VergGr. I b Fallgr. 2 der Anl. 1 a zum BAT-O/BL aufgestellte Voraussetzung der 15-jährigen Bewährung in der VergGr. II a erfüllt. Seine Beschäftigung bei dem Beklagten bzw. seinem Rechtsvorgänger in der Zeit vom 5. März 1980 bis 2. Oktober 1990 kann bei der Berechnung der Bewährungszeit nicht berücksichtigt werden.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden der BAT-O vom 10. Dezember 1990 und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Dessen uneingeschränkte Geltung haben die Parteien überdies in ihrem Arbeitsvertrag vom 1. Oktober 1991 (§ 2) vereinbart.
2. Der Kläger hat nur dann Anspruch auf Vergütung nach VergGr. I b BAT-O, wenn er aus der VergGr. II a im Wege der Bewährung in die VergGr. I b aufgestiegen ist, also ein mit dem Hinweiszeichen * gekennzeichnetes Tätigkeitsmerkmal der VergGr. II a erfüllt, die volle Bewährungszeit bei Beginn der fraglichen Zeitpunkte abgelaufen ist und der Kläger sich tatsächlich bewährt hat.
Danach kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die nachfolgenden Tarifbestimmungen der Anl. 1 a zum BAT-O an:
Vergütungsgruppe II a
1. a) Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.*
…
Vergütungsgruppe I b
…
2. Angestellte, die nach mit dem Hinweiszeichen * gekennzeichneten Tätigkeitsmerkmalen in der VergGr. II a eingruppiert sind, nach 11-jähriger Bewährung in einer Tätigkeit der VergGr. II a, wenn sie eine zweite Staatsprüfung abgelegt haben, im übrigen nach 15-jähriger Bewährung in einer Tätigkeit der VergGr. II a.
…
3. Auf die Erfüllung einer Bewährungszeit können nach § 2 Nr. 1 Satz 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 vom 8. Mai 1991 auch Zeiten angerechnet werden, die vor Inkrafttreten der Anl. 1 a zum BAT-O liegen, und zwar Zeiten, die auch nach § 19 BAT-O zu berücksichtigen sind.
Diese Bestimmung lautet:
„Übernahme der Vergütungsordnung des BAT
Die Anl. 1 a für die Bereiche des Bundes und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder … und die Anl. 1 b zum BAT sind mit folgenden Maßgaben anzuwenden:
- Sofern in Tätigkeitsmerkmalen Bewährungszeiten, Tätigkeitszeiten, Zeiten einer Berufsausübung usw. gefordert werden, werden diejenigen vor dem 1. Juli 1991 zurückgelegten und nach § 19 Abs. 1 und 2 BAT-O und den Übergangsvorschriften hierzu als Beschäftigungszeit anerkannten Zeiten berücksichtigt, die zu berücksichtigen gewesen wären, wenn der Abschnitt VI und die Vergütungsordnung des BAT-O bereits vor dem 1. Juli 1991 gegolten hätten.
…”
4. Die Berücksichtigung dieser Zeiten setzt also voraus, daß sie als Beschäftigungszeiten nach § 19 Abs. 1 und 2 BAT-O und den dazu ergangenen Übergangsvorschriften berücksichtigt worden sind. Das ist bei dem Kläger für die Zeit vom 5. März 1980 bis 2. Oktober 1990 nicht der Fall. Frühere Beschäftigungszeiten iSd. § 19 BAT-O hat der Beklagte mit dem Bescheid vom 3. Februar 1993 erst am 3. Oktober 1990 anerkannt, womit die 15-jährige Bewährungszeit frühestens mit Ablauf des 2. Oktober 2005 endet.
a) Das Landesarbeitsgericht hat dazu ausgeführt, Beschäftigungszeiten vor dem 1. Juli 1991 habe der Beklagte unberücksichtigt lassen dürfen, weil der Kläger im Rahmen des Feststellungsverfahrens die tarifliche Ausschlußfrist des § 21 BAT-O versäumt habe. Das hält einer Überprüfung durch das Revisionsgericht stand.
b) § 21 BAT-O lautet:
Ausschlußfrist
Der Angestellte hat die anrechnungsfähigen Beschäftigungszeiten innerhalb einer Ausschlußfrist von drei Monaten nach Aufforderung durch den Arbeitgeber nachzuweisen. Zeiten, für die der Nachweis nicht fristgemäß erbracht wird, werden nicht angerechnet. Kann der Nachweis aus einem vom Angestellten nicht zu vertretenden Grunde innerhalb der Ausschlußfrist nicht erbracht werden, so ist die Frist auf einen vor Ablauf der Ausschlußfrist zu stellenden Antrag angemessen zu verlängern.
(Bis zum 31. Dezember 1994 betrug die Ausschlußfrist sechs Monate).
Der Kläger erhielt am 29. Mai 1992 eine entsprechende Aufforderung des Beklagten zusammen mit dem Vordruck auf Anerkennung der Beschäftigungszeiten und einen Hinweis auf die Ausschlußfrist des § 21 BAT-O. Diese Mitteilung ist als Aufforderung anzusehen, die anrechnungsfähigen Beschäftigungszeiten nachzuweisen. Die zum damaligen Zeitpunkt geltende Ausschlußfrist von sechs Monaten wäre zwar am 30. November 1992 abgelaufen. Der Beklagte gewährte jedoch allgemein eine Nachfrist bis zum 31. Dezember 1992. Bis zu diesem Zeitpunkt ist jedoch keine Erklärung des Klägers beim Beklagten eingegangen. Vielmehr gab der Kläger den ausgefüllten Vordruck erst am 9. Februar 1993 ab, also verspätet. Einen möglichen persönlichen Antrag auf Verlängerung der Ausschlußfrist hat der Kläger nicht gestellt. Darauf hat das Landesarbeitsgericht zutreffend hingewiesen.
c) Das greift die Revision mit der Erwägung an, § 21 Satz 1 BAT-O verlange nicht, daß der Angestellte von sich aus einen Antrag stellen müsse, um die maßgeblichen Beschäftigungszeiten anerkennen zu lassen. Weiterhin müsse der Angestellte auch nicht von sich aus den etwaigen Beginn der Beschäftigungszeit und die Dauer der Beschäftigungszeit innerhalb bestimmter Fristen geltend machen. Gefordert sei vielmehr ausdrücklich nur die Beibringung von Nachweisen für die Beschäftigungszeiten, für die eine entsprechende „Aufforderung durch den Arbeitgeber” ergangen sei. Dementsprechend würden nur die Zeiten, für die der Nachweis nicht fristgerecht erbracht werde, nicht angerechnet. Die Ausschlußfrist des § 21 BAT-O beginne erst dann zu laufen, wenn der Arbeitgeber den Angestellten zum Nachweis von konkreten offenen Verdienstzeiten auffordere. Lägen die Voraussetzungen des § 19 BAT-O vor und habe der Arbeitgeber die erforderlichen Unterlagen, um dies zu erkennen, sei er grundsätzlich auch bereits ohne einen darauf gerichteten „Antrag” oder eine schriftliche Geltendmachung des Arbeitnehmers verpflichtet, die Beschäftigungszeit zutreffend nach Aktenlage festzusetzen. Dem ist nicht zu folgen.
d) Es ist zwar richtig, daß nicht ein Antrag auf Anerkennung von Beschäftigungszeiten der Ausschlußfrist des § 21 BAT-O unterliegt, sondern der „Nachweis” von Beschäftigungszeiten nach „Aufforderung”. Eine solche „Aufforderung” ist an den Kläger ergangen, mit der der Kläger der Sache nach lediglich um eine Auskunft gebeten wurde, wenn er den beruflichen Werdegang lückenlos darstellen sollte. Auch eine Auskunft ist als „Nachweis” iSd. Tarifvorschrift zu qualifizieren mit der Folge, daß dann, wenn die Auskunft nicht innerhalb der tariflichen Nachweisfrist erbracht wird, die betreffenden Zeiten nicht auf die Beschäftigungszeit des Arbeitnehmers anzurechnen sind (LAG Sachsen-Anhalt 19. März 1996 – 8 Sa 1541/94 – ZTR 1996, 409, 410; Bredemeier/Neffke/Cerff BAT/BAT-O § 21 BAT/-O Rn. 3). Zwar heißt es beiBöhm/Spiertz/Sponer/Steinherr (BAT Stand März 2000 § 21 Rn. 2), in der Regel seien dem Arbeitgeber die für die Anrechnung grundsätzlich in Frage kommenden Zeiten bekannt (aus dem Lebenslauf, der Übersicht über den beruflichen Werdegang, den Personalfragebogen ua. Einstellungsunterlagen). Die Ausschlußfrist beginne dann erst zu laufen, wenn der Arbeitgeber dem Angestellten die Zeiten, für die der Nachweis erbracht werden müsse, konkret benenne. Von dem Angestellten könne nicht erwartet werden, daß er wisse, welche Zeiten als „anrechnungsfähig” anzusehen seien. Diese Ansicht teilt der Senat nicht. Der Wortlaut der Tarifnorm läßt es nicht zu, sie auf bestimmte offene Vordienstzeiten zu reduzieren. Vielmehr bleibt es dem Arbeitgeber unbenommen, generell den Nachweis zu fordern, und sei es zunächst in der Form der Auskunft. Der tarifvertragliche Begriff des Nachweises ist nicht im Sinne des Beweisrechts der ZPO zu verstehen. Er umfaßt nicht nur Belege, sondern auch zB eine dienstliche Versicherung, wie sie hier unter Ziff. 4 in dem „Antrag auf Anerkennung von Beschäftigungszeiten” verlangt wurde, aber auch lückenlose Auskünfte über den bisherigen beruflichen Werdegang, wie hier in dem „Antrag auf Anerkennung von Beschäftigungszeiten” erbeten, zu dessen wahrheitsgemäßer Angabe der Kläger unabhängig von der „Versicherung der Beschäftigten” unter Ziff. 4 verpflichtet ist. Der Arbeitgeber kann diese Angaben des Arbeitnehmers der festzusetzenden Beschäftigungszeit zugrunde legen und damit als Nachweis iSv. § 21 BAT-O behandeln (vgl. LAG Sachsen-Anhalt 19. März 1996 – 8 Sa 1541/94 – aaO).
5. Es verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben, § 242 BGB, etwa in seiner Erscheinungsform des Rechtsmißbrauchs, wenn sich der Beklagte auf die Nichteinhaltung der Ausschlußfrist beruft.
a) Die Revision führt aus, der beklagte Freistaat oder die personalverwaltende Stelle der Universität habe in dem Formular „Antrag auf Anerkennung von Beschäftigungszeiten” keine Frage zu Ziff. 1 bis 3 der Übergangsvorschrift gem. ÄndTV Nr. 2 zum BAT-O vom 12. November 1991 gestellt. Das ist so nicht richtig. Denn in dem „Merkblatt zum Vollzug des Tarifvertrages über die Anerkennung von Beschäftigungszeiten” ist Ziff. 4 der Übergangsvorschriften für Zeiten vor dem 1. Januar 1991 ausdrücklich genannt, dessen lit. c) sich auf die Übertragung von Tätigkeiten jedweder Art bezieht, und insoweit die Spalten 8 und 9 des Formulars für Angaben zu einer besonderen Systemnähe oder zur Widerlegung der Vermutung der Übertragung einer Tätigkeit aufgrund besonderer Systemnähe vorgesehen sind. Die Revision trägt weiter vor, der Kläger habe im Zusammenhang mit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach dem 3. Oktober 1990 unter dem 25. April 1991 einen umfangreichen Fragebogen ausgefüllt gehabt, der Bestandteil der Personalakte gewesen sei. Der Kläger habe in diesem Fragebogen die maßgeblichen Fragen nach offiziellen oder inoffiziellen Kontakten zu dem MfS/AfNS oder nach Mandaten und Funktionen in oder für politische Parteien oder Massenorganisationen mit „nein” beantwortet. Der Beklagte habe bei der Festsetzung der Beschäftigungszeit gerade auf diesen Fragebogen zurückgreifen müssen. Dabei verkennt die Revision, daß der am 25. April 1991 ausgefüllte Fragebogen sich nicht auf die erst später ergangenen Übergangsvorschriften für Beschäftigungszeiten vor dem 1. Januar 1991 bezieht. Die „Erklärung” vom 25. April 1991 befaßt sich mit „Systemnähe” überhaupt, ein Bezug zur bisherigen Beschäftigungszeit ist nur dadurch gegeben, daß von im öffentlichen Dienst tätig gewesenen Arbeitnehmern das Einverständnis abverlangt wurde, die Personalakten/Kaderakten beizuziehen. Um die Frage der Anrechnung vor dem 1. Januar 1991 liegender Beschäftigungszeiten ging es nicht.
b) Die Revision führt aus, es habe insoweit kein Aufklärungsbedarf vorgelegen, da der Kläger bereits nach damaliger Kenntnis des Beklagten ausweislich der Personalakten seit dem 5. März 1980 an der Universität tätig gewesen sei. Die entsprechenden Feststellungen hätten aufgrund der Personalakte unter Anwendung der Vorschrift des § 19 Abs. 1 BAT-O seitens des Beklagten unschwer „von Amts wegen” getroffen werden können. Näherer Aufklärungsbedarf habe insoweit nicht bestanden. Damit beanstandet der Kläger die Aufforderung des Beklagten als reinen Formalismus, reine Förmelei. Es verstoße gegen Treu und Glauben, wenn der Beklagte Angaben verlange, die er ohnehin schon habe.
Dabei verkennt der Kläger, daß § 21 BAT-O erst durch § 1 Nr. 3 des ÄndTV Nr. 2 vom 12. November 1991 mit Wirkung ab 1. Dezember 1991 in den BAT-O eingefügt worden ist. Bei einem Massengeschäft wie bei dem der Anerkennung von Beschäftigungszeiten für zahllose Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes im Beitrittsgebiet brauchte sich der beklagte Freistaat nicht darauf verweisen zu lassen, selbst die Personalakten durchzuforsten, sondern durfte auf Auskünfte des einzelnen Arbeitnehmers, auch des Klägers abstellen, um auf dieser Basis die Beschäftigungszeiten iSd. § 19 BAT-O zu ermitteln. Hinzu kommt, daß aufgrund des sog. Modrow-Erlasses aus dem Jahre 1990 (vgl. Verordnung zur Arbeit mit Personalunterlagen vom 22. Februar 1990 § 4 Abs. 1 GBl. DDR I S 84, 85) die Personalakten nicht selten unvollständig waren und sind, weil die Arbeitnehmer die Personalakten ganz oder teilweise einfordern konnten, wovon auch in nicht unerheblichem Umfange Gebrauch gemacht worden ist. Darauf hat der Beklagte zutreffend hingewiesen. Der Kläger kann daher nicht damit gehört werden, er sei bereits im Vorfeld seiner Auskunftspflicht im erforderlichen Umfange nachgekommen. Jedenfalls hätte er darauf fristgemäß hinweisen können und müssen.
6. Nachdem nach § 21 Abs. 2 BAT-O Zeiten, für die der Nachweis nicht fristgerecht erbracht wird, zwingend nicht angerechnet werden, braucht der Senat auf die weiteren Fragen nicht mehr einzugehen. Insbesondere kann dahinstehen, ob die in der Zeit vom 5. März 1980 bis 2. Oktober 1990 vom Kläger ausgeübte Tätigkeit der Vergütungsgruppe entspricht, aus der er im Wege der Bewährung aufgestiegen sein will. Ferner kann unentschieden bleiben, ob die planmäßige Aspirantur, die der Kläger vom 1. September 1988 bis 14. Juni 1990 durchlaufen hat, eine schädliche Unterbrechung der Bewährungszeit iSd. § 23 a BAT-O ist.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schliemann, Wolter, Friedrich, Jürgens, Dräger
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 26.04.2000 durch Freitag, der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 537455 |
BAGE, 256 |
BB 2000, 1792 |
FA 2000, 361 |
NZA 2001, 400 |
ZAP-Ost 2000, 561 |
ZTR 2000, 510 |
AP, 0 |
PersR 2000, 345 |
RiA 2001, 64 |
ZfPR 2001, 21 |