Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingetragene Lebenspartnerschaft. Ortszuschlag im kirchlichen Bereich. Ortszuschlag nach BAT-KF für Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer Diakonischen Einrichtung der evangelischen Kirche
Leitsatz (amtlich)
Enthält eine kirchliche Vergütungsregelung (hier: BAT-KF) hinsichtlich eines an den Familienstand anknüpfenden Vergütungsbestandteils (Ortszuschlag) für Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft eine Regelungslücke, kann diese von den staatlichen Arbeitsgerichten nicht durch Gleichstellung der Lebenspartner mit Verheirateten geschlossen werden, solange nicht feststeht, dass ein solcher Lückenschluss mit dem Selbstverständnis der beteiligten Kirchen im Einklang steht.
Orientierungssatz
- Nach § 26 Abs. 1 BAT-KF besteht die Vergütung des Angestellten einer Einrichtung, die zum Diakonischen Werk der evangelischen Kirche gehört, aus der Grundvergütung und dem Ortszuschlag, dessen Höhe sich nach der Stufe richtet, die den Familienverhältnissen des Angestellten entspricht (§ 29 Abschn. B BAT-KF). Den mit dem Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG) am 1. August 2001 eingeführten Familienstand der Lebenspartnerschaft erfasst die tarifliche Regelung nicht. Sie ist lückenhaft geworden.
- Die nachträgliche Regelungslücke ist bei der Parallelvorschrift von § 29 Abschn. B BAT nach einer Entscheidung des Senats vom 29. April 2004 (– 6 AZR 101/03 – BAGE 110, 277) im Wege der Rechtsanalogie in der Weise zu schließen, dass Angestellte, die eine Lebenspartnerschaft eingegangen sind, der Stufe 2 des Ortszuschlages zuzuordnen sind, zu der nach § 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 1 BAT verheiratete Angestellte gehören.
- Für den BAT-KF und den mutmaßlichen Willen der für die Festlegung der allgemeinen Bedingungen für die Arbeitsverhältnisse zuständigen Rheinisch-Westfälisch-Lippischen Arbeitsrechtlichen Kommission (ARK-RWL) Gleiches anzunehmen, verbietet das von den staatlichen Arbeitsgerichten zu achtende kirchliche Selbstbestimmungsrecht, solange nicht geklärt ist, dass ein solcher Lückenschluss mit dem Selbstverständnis der zuständigen verfassten Evangelischen Kirchen, die in den Geltungsbereich des BAT-KF fallen, im Einklang steht.
Normenkette
BAT-KF § 26 Abs. 1, § 29 Abschn. A, Abschn. B Abs. 1-2, 9; LPartG § 1; BGB §§ 611, 1310, 138 Abs. 1; EGBGB Art. 6; GG Art. 3 Abs. 1, 3, Art. 6 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3, Art. 140; WRV Art. 137 Abs. 3; BBesG § 40; EG Art. 141, 253, 10, 151 Abs. 4; EUV Art. 6 Abs. 3
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Urteil vom 19.01.2006; Aktenzeichen 13 (7) Sa 298/05) |
ArbG Essen (Urteil vom 11.02.2005; Aktenzeichen 7 Ca 5385/04) |
Tenor
- Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19. Januar 2006 – 13 (7) Sa 298/05 – aufgehoben.
- Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, welche Stufe des Ortszuschlages dem Kläger nach der Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nach dem Bundes- Angestelltentarifvertrag in kirchlicher Fassung (BAT-KF) zusteht.
Der Kläger ist seit dem 1. Dezember 1997 bei der Beklagten als Krankenpflegehelfer beschäftigt. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Einrichtung, die der Evangelischen Kirche im Rheinland zugeordnet ist. Sie gehört zum Diakonischen Werk dieser Kirche, das Mitglied des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland e. V. ist. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft vertraglicher Bezugnahme die jeweils geltenden Regelungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages in kirchlicher Fassung (BAT-KF) Anwendung. Vor dem Monat Juni 2004 begründete der Kläger mit einer Person gleichen Geschlechts eine Lebenspartnerschaft nach dem zum 1. August 2001 in Kraft getretenen Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (– LPartG –, BGBl. I S. 266). Der Kläger erhält neben einer Grundvergütung nach der VergGr. VII BAT-KF auch nach Begründung der eingetragenen Lebenspartnerschaft einen Ortszuschlag der Stufe 1 gemäß § 29 Abschn. B Abs. 1 BAT-KF in Höhe von monatlich 473,21 Euro brutto.
In § 29 BAT-KF heißt es:
Ҥ 29 Ortszuschlag.
…
B. Stufen des Ortszuschlages
…
(1) Zur Stufe 1 gehören die ledigen und die geschiedenen Angestellten sowie Angestellte, deren Ehe aufgehoben oder für nichtig erklärt ist.
(2) Zur Stufe 2 gehören
1. verheiratete Angestellte,
2. verwitwete Angestellte,
3. geschiedene Angestellte und Angestellte, deren Ehe aufgehoben oder für nichtig erklärt ist, wenn sie aus der Ehe zum Unterhalt verpflichtet sind,
4. andere Angestellte, die eine andere Person nicht nur vorübergehend in ihrer Wohnung aufgenommen haben und ihr Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet sind oder aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen ihrer Hilfe bedürfen. Dies gilt bei gesetzlicher oder sittlicher Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung nicht, wenn für den Unterhalt der aufgenommenen Person Mittel zur Verfügung stehen, die, bei einem Kind einschließlich des gewährten Kindergeldes und des kinderbezogenen Teils des Ortszuschlages, das Sechsfache des Unterschiedsbetrages zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlages der Tarifklasse Ic übersteigen. …
(9) Für die Anwendung der Absätze 2, 5 und 6 gilt § 4 der Kirchenbeamtenbesoldungs- und -Versorgungsordnung entsprechend.”
Mit Schreiben vom 21. Juni 2004 machte der Kläger unter Hinweis auf seinen veränderten Familienstand die Vergütung eines Ortszuschlages der Stufe 2 (monatlich 575,03 Euro brutto) geltend. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 18. Oktober 2004 ab.
Der Kläger verlangt von der Beklagten Zahlung der Differenz zu dem höheren Ortszuschlag für den Zeitraum von Juni bis November 2004. Er hat die Auffassung vertreten, auch für den BAT-KF sei die bereits zu der parallelen Vorschrift des § 29 BAT ergangene Entscheidung des Senats vom 29. April 2004 (– 6 AZR 101/03 – BAGE 110, 277) maßgeblich. Der erhöhte Verheiratetenortszuschlag sei auch denjenigen Mitarbeitern, die eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen seien, zu gewähren, weil die gesetzlichen Unterhaltslasten, deren Ausgleich der Ortszuschlag diene, in Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft identisch seien. Es sei nicht zu erkennen, dass der mutmaßliche Wille der für die Festlegung der allgemeinen Bedingungen für die Arbeitsverhältnisse zuständigen Rheinisch-Westfälisch-Lippischen Arbeitsrechtlichen Kommission (ARK-RWL) auf eine Schlechterstellung der Angestellten in eingetragener Lebenspartnerschaft gerichtet sei. Die Evangelische Kirche habe sich in der öffentlichen Diskussion immer für deren rechtliche Gleichstellung ausgesprochen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 610,92 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Dezember 2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die Entscheidung des Senats vom 29. April 2004 (– 6 AZR 101/03 – BAGE 110, 277) sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Der BAT-KF sei kein Tarifvertrag und könne daher nicht wie der BAT ergänzend ausgelegt werden. Im Übrigen sei bei der Auslegung des BAT-KF zu berücksichtigen, dass die Evangelische Kirche unter dem Schutz des Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV stehe. Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht gewährleiste, dass die tragenden Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre bei der Gestaltung der Arbeitsverhältnisse Niederschlag finden könnten. Zu diesen Grundsätzen gehöre der Leitbildcharakter von Ehe und Familie, was sich ua. daran zeige, dass nach den verbindlichen Festlegungen der Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland gleichgeschlechtliche Paare nicht kirchlich getraut werden könnten, sondern nur eine Segensspendung erhielten. Es komme nicht darauf an, welche Meinung die “Evangelische Kirche” wegen der Gleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften vertrete, sondern welchen mutmaßlichen Willen die für die selbstständige Gliedkirche im Rheinland zuständige Arbeitsrechtliche Kommission habe. Im Übrigen zeigten die Stellungnahmen der EKD aus den Jahren 1996 und 2002, dass aus theologischer Sicht gerade keine Gleichrangigkeit von Ehe und gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaft gegeben sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt unter Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung.
I. Das Landesarbeitsgericht hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung des Ortszuschlages nach § 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 1 BAT-KF. Der Kläger sei nicht verheiratet und die Regelung komme nicht im Wege einer ergänzenden Auslegung zur Anwendung. Es seien keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Rheinisch-Westfälisch-Lippische Arbeitsrechtliche Kommission (ARK-RWL) die Lücke im Ortszuschlagsrecht mutmaßlich in dem Sinne schließen würde, wie es der Senat in der Entscheidung vom 29. April 2004 (– 6 AZR 101/03 – BAGE 110, 277) für die entsprechende Regelung des BAT angenommen habe. Die denkbare Möglichkeit, die eingetragene Lebenspartnerschaft in diesem Punkt nicht der Ehe gleichzustellen, sei mit höherrangigem Recht vereinbar.
II. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts folgt der Senat nur teilweise. Ob der Kläger nach Begründung der eingetragenen Lebenspartnerschaft gegen die Beklagte einen Anspruch auf den höheren Ortszuschlag nach § 611 BGB iVm. § 26 Abs. 1, § 29 Abschn. A Abs. 1, § 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 1 BAT-KF hat, kann nach den bisherigen tatrichterlichen Feststellungen noch nicht beurteilt werden.
1. Der BAT-KF ist eine im sog. Dritten Weg beschlossene kirchliche Arbeitsrechtsregelung. Es handelt sich um eine Kollektivvereinbarung besonderer Art, in der allgemeine Bedingungen für die Vertragsverhältnisse der kirchlichen Arbeitnehmer durch eine paritätisch zusammengesetzte Arbeitsrechtliche Kommission, hier durch die zuständige ARK-RWL, festgelegt wurden. Diesen Regelungen kommt allerdings keine normative Wirkung zu. Sie finden auf das Arbeitsverhältnis – wie vorliegend – nur kraft einzelvertraglicher Bezugnahme Anwendung (vgl. Senat 23. September 2004 – 6 AZR 430/03 – AP AVR § 1a Caritasverband Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 4).
2. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BAT-KF ist der Ortszuschlag neben der Grundvergütung Teil des dem Angestellten zustehenden Arbeitsentgelts. Seine Höhe richtet sich gemäß § 29 Abschn. A Abs. 1 BAT-KF nach der Tarifklasse, der die Vergütungsgruppe des Angestellten zugeteilt ist (Abs. 2), und nach der Stufe, die den Familienverhältnissen des Angestellten entspricht (Abschn. B).
a) Mit der Anknüpfung an die Familienverhältnisse und der Verweisung auf die im Abschn. B getroffenen Regelungen wurden den gesetzlichen Familienständen Stufen des Ortszuschlages zugeordnet (§ 29 Abschn. B Abs. 1 und Abs. 2 BAT-KF). Der Begriff des Familienstandes bezeichnet den Personenstand des Angestellten, aus dem sich ergibt, ob dieser ledig oder verheiratet ist oder in einem anderen familienrechtlichen Status lebt (vgl. BVerwG 4. März 2004 – 1 WB 32/03 – BVerwGE 120, 188).
b) Die jeweiligen Stufen des Ortszuschlages bestimmen sich nach einer mit diesen Verhältnissen verbundenen gesetzlichen Unterhaltspflicht oder darauf zurückgehenden Bedarfssituation. Dementsprechend erhalten ledige oder geschiedene Angestellte sowie die, deren Ehe für nichtig erklärt oder aufgehoben ist, nur den Ortszuschlag der Stufe 1 (§ 29 Abschn. B Abs. 1 BAT-KF). Den höheren Ortszuschlag der Stufe 2 beziehen nach Abs. 2 dieser Tarifnorm verheiratete Angestellte (Nr. 1), verwitwete Angestellte (Nr. 2) oder geschiedene Angestellte, soweit sie zum nachehelichen Unterhalt verpflichtet sind (Nr. 3). Allerdings können auch Angestellte, die der Stufe 1 zugeordnet sind, infolge des Zusammenlebens mit einer weiteren Person einen Anspruch auf den höheren Ortszuschlag erwerben (§ 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 4 BAT-KF). Das setzt voraus, dass sie mit einer anderen Person zusammenleben, auf deren Hilfe sie aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen angewiesen sind oder der sie auf Grund einer gesetzlichen oder sittlichen Pflicht Unterhalt schulden. Bei einer solchen Einstandsgemeinschaft dürfen allerdings die eigenen Einkünfte der in die Wohnung aufgenommenen Person die in § 29 Abschn. B Abs. 2 Satz 2 BAT-KF geregelte Eigenmittelgrenze nicht überschreiten.
3. Mit dem am 1. August 2001 in Kraft getretenen LPartG ist das familienrechtliche Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft begründet und ein neuer Familienstand für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt worden, der den bisherigen Personenstand der Lebenspartner ändert. Das familienstandsbezogene Stufensystem des Ortszuschlages in § 29 Abschn. B BAT-KF berücksichtigt diesen weiteren gesetzlichen Familienstand nicht.
a) Nach Eingehung einer Lebenspartnerschaft ist ein Angestellter nicht mehr ledig iSd. § 29 Abschn. B Abs. 1 BAT-KF.
Das Rechtsinstitut der eingetragenen Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare ist gegenüber dem Familienstand “ledig” ein anderer Personenstand (BVerfG 17. Juli 2002 – 1 BvF 1, 2/01 – BVerfGE 105, 313; BVerwG 4. März 2004 – 1 WB 32/03 – BVerwGE 120, 188). § 29 Abschn. B Abs. 1 BAT-KF enthält dem Wortlaut nach auch keine Auffangregel, nach der alle Angestellten, die nicht einer spezielleren Stufe zugeordnet werden können, zur Stufe 1 zählen. Der Kreis der Anspruchsberechtigten wurde jeweils durch eine Aufzählung konkreter gesetzlicher Familienstände bestimmt.
b) Ein Angestellter, der eine Lebenspartnerschaft begründet hat, ist auch kein verheirateter Angestellter iSd. § 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 1 BAT-KF. Der von dieser Regelung vorausgesetzte Familienstand wird durch das Eingehen einer bürgerlichen Ehe (§§ 1310 ff. BGB) vermittelt. Allerdings enthält das Bürgerliche Gesetzbuch selbst keine Begriffsbestimmung der Ehe. Deren Gehalt erschließt sich erst aus Art. 6 Abs. 1 GG. Danach gehört zu den wesentlichen Strukturprinzipien der Ehe die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner (BVerfG 17. Juli 2002 – 1 BvF 1, 2/01 – BVerfGE 105, 313; BAG 15. Mai 1997 – 6 AZR 26/96 – BAGE 85, 375). Die Lebenspartnerschaft erfüllt diese Voraussetzung nicht. Sie ist daher keine Ehe iSd. Art. 6 Abs. 1 GG (BVerfG 17. Juli 2002 – 1 BvF 1, 2/01 – aaO).
c) Nach der Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft kann ein Angestellter entsprechend dem neuen Familienstand keinem in § 29 Abschn. B BAT-KF geregelten Familienstand mehr zugeordnet werden. Es ist nachträglich eine Regelungslücke entstanden. Die Erweiterung der gesetzlichen Familienstände durch die Einführung des Rechtsinstituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Partner war weder für die Tarifvertragsparteien bei der Regelung der Ortszuschläge nach § 29 BAT-KF noch für die ARK-RWL absehbar.
d) Der Annahme einer Tariflücke steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber nach der Einführung des neuen Familienstandes der Lebenspartnerschaft diesen beim Familienzuschlag für Beamte (§ 40 BBesG) nicht berücksichtigt hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt hier über § 29 Abschn. B Abs. 9 BAT-KF nicht das Bundesbesoldungsrecht ergänzend zur Anwendung. Nach § 29 Abschn. B Abs. 9 BAT-KF gilt für die Anwendung der Absätze 2, 5 und 6 § 4 der Kirchenbeamtenbesoldungs- und Versorgungsordnung (KBVO) entsprechend. § 4 der KBVO regelt lediglich, wie bei dem Zusammentreffen mehrerer Anspruchsberechtigter im Hinblick auf die Zuschlagszahlungen zu verfahren ist. Damit beschränkt sich die Verweisung in § 29 BAT-KF auf ein in der KBVO geregeltes Sonderproblem. Insbesondere ist § 1 Abs. 1 Satz 1 KBVO nicht in Bezug genommen worden, wonach für die Besoldung, Versorgung und sonstigen dienstlichen Bezüge der Kirchenbeamtinnen und Kirchenbeamten das jeweilige Recht der Landesbeamtinnen und Landesbeamten in Nordrhein-Westfalen sinngemäß gilt, soweit das kirchliche Recht nichts anderes bestimmt.
4. Die für Angestellte in einer Lebenspartnerschaft entstandene Regelungslücke kann auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen nicht im Wege einer ergänzenden Auslegung durch eine analoge Anwendung der für verheiratete Angestellte geltenden Ortszuschlagsregelung des § 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 1 BAT-KF geschlossen werden. Es bestehen keine ausreichenden Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der ARK-RWL für eine analoge Anwendung dieser Regelung.
a) Kirchliche Arbeitsvertragsordnungen sind wie Tarifverträge einer ergänzenden Auslegung zugänglich. Auch wenn den Regelungen keine normative Wirkung zukommt, erfolgt ihre Auslegung nach den gleichen Grundsätzen, wie sie für die Tarifauslegung maßgeblich sind (vgl. Senat 23. September 2004 – 6 AZR 430/03 – AP AVR § 1a Caritasverband Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 11). Tarifvertragliche Regelungen können ergänzend ausgelegt werden, soweit damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine solche Auslegung hat daher zu unterbleiben, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht. Demgegenüber haben die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich die Pflicht, eine unbewusste Tariflücke zu schließen, wenn sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben. Zwar haben die Tarifvertragsparteien in eigener Verantwortung darüber zu befinden, ob sie eine von ihnen geschaffene Ordnung beibehalten oder ändern. Solange sie daran festhalten, hat sich eine ergänzende Auslegung an dem bestehenden System und dessen Konzeption zu orientieren (Senat 29. April 2004 – 6 AZR 101/03 – BAGE 110, 277). Diese Möglichkeit scheidet allerdings dann aus, wenn zur Schließung der Lücke verschiedene Möglichkeiten bestehen und es deshalb auf Grund der bestehenden Tarifautonomie den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben muss, für welche Lösungsmöglichkeit sie sich entscheiden wollen (BAG 20. Mai 1999 – 6 AZR 451/97 – BAGE 91, 358; Senat 29. April 2004 – 6 AZR 101/03 – aaO).
b) Die nachträgliche Regelungslücke ist bei § 29 Abschn. B BAT nach der Entscheidung des Senats vom 29. April 2004 (– 6 AZR 101/03 – BAGE 110, 277) im Wege der Rechtsanalogie in der Weise zu schließen, dass Angestellte, die eine Lebenspartnerschaft eingegangen sind, der Stufe 2 des Ortszuschlages zuzuordnen sind, zu der nach § 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 1 BAT verheiratete Angestellte gehören. Bei dem in § 29 BAT in Anlehnung an § 40 BBesG geregelten Ortszuschlag handelt es sich um eine soziale Komponente des Arbeitseinkommens. Sie dient dem Zweck, besondere Unterhaltslasten des Angestellten auszugleichen, die mit einem bestimmten Familienstand typischerweise und dauerhaft verbunden sind, ohne Rücksicht auf die damit einhergehende finanzielle Belastung im Einzelnen. Die Typisierung der Nr. 1 verfolgt nicht das Ziel, die Ehe als eine im Normalfall präsumtiv reproduktionsfähige Lebensgemeinschaft zu begünstigen. Ein solches über den Ausgleich besonderer Unterhaltslasten hinausgehendes Regelungsziel kommt in der Tarifnorm nicht zum Ausdruck. Die Tarifnorm stellt nicht auf die Ehe, sondern den durch Heirat erworbenen Familienstand ab. Die Lebenspartnerschaft erfüllt sämtliche Merkmale, die der Vorschrift des § 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 1 BAT in Bezug auf verheiratete Angestellte immanent sind. Insbesondere entspricht sie hinsichtlich der Unterhaltspflichten der Ehe. Aus dem Regelungskonzept und der familienbezogenen Ausgleichsfunktion ergeben sich somit ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien, den lückenhaften Tarifvertrag durch die für verheiratete Angestellte geltende Regelung des § 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 1 BAT zu schließen. Es wäre daher sachwidrig und von der bisherigen Konzeption des Ortszuschlagsrechts nicht gedeckt, Angestellte in einer Lebenspartnerschaft lediglich dem Kreis der nach § 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 4 BAT Bezugsberechtigten zuzuordnen. Die mit dem Eingehen einer Lebenspartnerschaft verbundene gesetzliche Unterhaltspflicht rechtfertigt ebenso wie bei der Ehe die Vermutung, dass diese Unterhaltspflicht auch tatsächlich erfüllt wird.
c) Ob für den BAT-KF und den mutmaßlichen Willen der ARK-RWL Gleiches anzunehmen ist, bedarf weiterer tatrichterlicher Aufklärung.
aa) Der BAT-KF ist ein auf Grund kirchlichen Rechts geschaffenes Regelungswerk, das lediglich auf den Bestimmungen und der Systematik des BAT aufbaut. Damit wenden die dem Geltungsbereich unterfallenden Evangelischen Kirchen auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Mitarbeiter Kirchenrecht an, nicht aber den BAT. Grundsätzlich wollen die Kirchen die Arbeitsverhältnisse ihrer Arbeitnehmer durch autonomes Kirchenrecht regeln (BAG 6. November 1996 – 10 AZR 287/96 – AP BAT §§ 22, 23 Zuwendungs- TV Nr. 17 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 146). Auch bei Übernahme eines Tarifvertrages bleibt der kirchliche Arbeitgeber Herr seiner Regelung (Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 3. Aufl. § 10 Rn. 29).
bb) Während die Tarifvertragsparteien nach Art. 9 Abs. 3 GG auf die Regelung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen beschränkt sind und die Gewährung von Leistungen, deren Zweck es ist, Anreize zur Eheschließung oder Aufrechterhaltung der Ehe zu schaffen, außerhalb ihrer Regelungskompetenz liegt (vgl. Senat 29. April 2004 – 6 AZR 101/03 – BAGE 110, 277; Schmidt in FS Wissmann 2005, 80, 88), können derartige Leistungen im kirchlichen Bereich gerade der Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts der Kirchen dienen. Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV garantiert den Religionsgesellschaften, also auch den Kirchen, die Freiheit, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze zu ordnen und zu verwalten. Diese Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsgarantie kommt nicht nur den verfassten Kirchen und deren rechtlich selbständigen Teilen zugute, sondern allen der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform, wenn sie nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, den Auftrag der Kirche wahrzunehmen und zu erfüllen (BVerfG 30. Juni 1983 – 2 AZR 524/81 – AP GG Art. 140 Nr. 15 = EzA KSchG § 1 Tendenzbetrieb Nr. 14). Dies trifft auf die beklagte Diakoniestation zu. “Ordnen” und “Verwalten” iSd. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV meint das Recht der Kirchen, alle eigenen Angelegenheiten gemäß den spezifischen kirchlichen Ordnungsgesichtspunkten, dh. auf der Grundlage des kirchlichen Selbstverständnisses, rechtlich gestalten zu können. Darunter fällt auch die rechtliche Vorsorge für die Wahrnehmung kirchlicher Dienste durch den Abschluss entsprechender Arbeitsverträge. Bedienen sich die Kirchen wie jedermann der Privatautonomie zur Begründung von Arbeitsverhältnissen, so findet auf diese das staatliche Arbeitsrecht Anwendung. Das ist die Folge dieser Rechtswahl.
Die Einbeziehung der kirchlichen Arbeitsverhältnisse in das staatliche Arbeitsrecht hebt indessen deren Zugehörigkeit zu den “eigenen Angelegenheiten” der Kirchen nicht auf (vgl. BVerfG 4. Juni 1985 – 2 BvR 1703/83, 2 BvR 1718/83, 2 BvR 856/84 – BVerfGE 70, 139, 165). Sie darf deshalb die verfassungsrechtlich geschützte Eigenart des kirchlichen Dienstes, das spezifisch Kirchliche, das kirchliche Proprium, nicht in Frage stellen. Daher können einem kirchlichen Arbeitnehmer besondere Obliegenheiten einer kirchlichen Lebensführung auferlegt werden. Werden solche Loyalitätspflichten in einem Arbeitsvertrag festgelegt, nimmt der kirchliche Arbeitgeber nicht nur die allgemeine Vertragsfreiheit für sich in Anspruch; er macht zugleich von dem verfassungsgemäßen kirchlichen Selbstbestimmungsrecht Gebrauch. Beides zusammen ermöglicht es den Kirchen erst, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst nach ihrem Selbstverständnis zu regeln und die spezifischen Obliegenheiten kirchlicher Arbeitnehmer zu umschreiben und verbindlich zu machen. Das schließt ein, dass die Kirchen der Gestaltung des kirchlichen Dienstes das besondere Leitbild einer christlichen Dienstgemeinschaft aller ihrer Mitarbeiter zugrunde legen können. Dazu gehört weiter die Befugnis der Kirchen, den ihnen angehörenden Arbeitnehmern die Beachtung jedenfalls der tragenden Grundsätze der kirchlichen Glaubens- und Sittenlehre aufzuerlegen und zu verlangen, dass sie nicht gegen die fundamentalen Verpflichtungen verstoßen, die sich aus der Zugehörigkeit zur Kirche ergeben und die jedem Kirchenglied obliegen. Denn für die Kirchen kann ihre Glaubwürdigkeit davon abhängen, dass ihre Mitglieder, die in ein Arbeitsverhältnis zu ihnen treten, die kirchliche Ordnung – auch in ihrer Lebensführung – respektieren. Dabei bleibt es grundsätzlich den verfassten Kirchen überlassen, verbindlich zu bestimmen, was “die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündigung erfordert”, was “spezifisch kirchliche Aufgaben” sind, was “Nähe” zu ihnen bedeutet, welches die “wesentlichen Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre” sind und was als – gegebenenfalls schwerer – Verstoß gegen diese anzusehen ist. Dagegen kommt es weder auf die Auffassung der einzelnen betroffenen kirchlichen Einrichtungen, bei denen die Meinungsbildung von verschiedensten Motiven beeinflusst sein kann, noch auf diejenige breiter Kreise unter den Kirchengliedern oder etwa gar einzelner bestimmten Tendenzen verbundener Mitarbeiter an (BVerfG 4. Juni 1985 – 2 BvR 1703/83, 2 BvR 1718/83, 2 BvR 856/84 – BVerfGE 70, 139, 166).
Soweit die kirchlichen Vorgaben den anerkannten Maßstäben der verfassten Kirchen Rechnung tragen, was in Zweifelsfällen durch entsprechende gerichtliche Rückfragen bei den zuständigen Kirchenbehörden aufzuklären ist, sind die Arbeitsgerichte an sie gebunden, es sei denn, die Gerichte begäben sich dadurch in Widerspruch zu Grundprinzipien der Rechtsordnung, wie sie im allgemeinen Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie in dem Begriff der “guten Sitten” (§ 138 Abs. 1 BGB) und des ordre public (Art. 6 EGBGB, früher Art. 30 EGBGB) ihren Niederschlag gefunden haben (vgl. BVerfG 4. Juni 1985 – 2 BvR 1703/83, 2 BvR 1718/83, 2 BvR 856/84 – BVerfGE 70, 139, 168).
cc) Die Anerkennung der eingetragenen Lebenspartnerschaft als der Ehe gleichrangig und die Verpflichtung, dieses Rechtsinstitut durch eine soziale Komponente des Arbeitsentgelts ebenso wie die Ehe zu fördern, kann tragenden Grundsätzen der kirchlichen Glaubens- und Sittenlehre widersprechen. Entgegen der Revision ist die Ehe nicht lediglich eine staatlich geregelte Form des Zusammenlebens. Die Eheschließung ist gleichermaßen eine Institution des Kirchenrechts bzw. eine Äußerung des kirchlichen Lebens und der Religionsausübung (vgl. BAG 27. April 1983 – 4 AZR 506/80 – BAGE 42, 272). Die Ehe stellt für die Evangelischen Kirchen ein wesentliches Element einer spezifisch christlichen Lebensführung dar (Lexikon für Kirchen- und Staatskirchenrecht 2. Aufl. Bd. 1 S. 488). Es ist zumindest denkbar, dass Evangelische Kirchen im Gegensatz zur Ehe eine besondere finanzielle Förderung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit ihrem Selbstverständnis als nicht vereinbar ansehen. Zur Schließung der Regelungslücke sind im Bereich des BAT-KF daher verschiedene Möglichkeiten denkbar.
d) Der Willensbildung der dem Geltungsbereich des BAT-KF unterfallenden Evangelischen Kirchen zu diesem Thema kann nicht durch Festlegung eines mutmaßlichen Willens der ARK-RWL vorgegriffen werden.
aa) Entgegen der Revision reicht hierfür nicht aus, dass die Evangelische Kirche Deutschlands in den politischen und parlamentarischen Beratungen über Vorhaben des LPartG die Verbesserung der Rechtsstellung und des Rechtsschutzes gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften aus ethischen Gründen ausdrücklich befürwortet hat (vgl. Orientierungshilfe des Kirchenamtes der EKD aus dem Jahr 2002 unter Ziffer I. 1.). Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass es hierbei um eine Stärkung der Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartner durch den Staat ging. Eine rechtliche Verpflichtung, die eingetragene Lebenspartnerschaft aus religiöser Sicht als der Ehe gleichwertig anzuerkennen, ist damit nicht verbunden, zumal es hier nicht darum geht, keine nachteiligen Folgen an das Eingehen der eingetragenen Lebenspartnerschaft zu knüpfen, sondern das Rechtsinstitut durch Gewährung von finanziellen Leistungen besonders zu fördern.
bb) Die weiteren Stellungnahmen der EKD zu diesem Themenkomplex sprechen ebenfalls nicht für eine Gleichstellung der Rechtsinstitute von eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe in jeder Hinsicht. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht darauf verwiesen, dass die Institute von Ehe und Familie “für das Zusammenleben von Menschen unter dem Aspekt der Sexualität und Generativität … aus der Sicht des christlichen Glaubens … die sozialen Leitbilder” sind (Orientierungshilfe des Kirchenamtes der EKD aus dem Jahr 2002 unter Ziffer I. 1.), dass “homosexuell lebende Amtsträger … die Leitbildfunktion von Ehe und Familie anerkennen und die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft nicht als gleichrangig propagieren” sollten (Orientierungshilfe des Kirchenamtes der EKD aus dem Jahr 2002 unter Ziffer III. 2. b). Zudem wird in der Entscheidung, keine kirchliche Trauung von homosexuellen Paaren zu erlauben, sondern hierzu lediglich eine Segensspendung zu ermöglichen, nach außen eine bewusste Abgrenzung zur Ehe dokumentiert. Die für den Bereich der Evangelischen Kirche der Union gebildete Arbeitsrechtliche Kommission hat mit Wirkung vom 1. März 2005 – dh. nach dem streitgegenständlichen Zeitraum – sogar positiv festgestellt, dass Mitarbeiter/innen in eingetragener Lebenspartnerschaft keinen Anspruch auf Zahlung eines Verheiratetenortszuschlages haben (vgl. die Mitteilung in ZMV 2005, 139).
cc) Auch soweit der Kläger im Rahmen des Revisionsverfahrens ein Anschreiben des Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 16. Mai 2006 vorgelegt hat, ergibt sich hieraus keine andere Bewertung. In dem Schreiben wird im Hinblick auf die Entscheidung des Senats vom 29. April 2004 (– 6 AZR 101/03 – BAGE 110, 277) im Auftrag des Präses ausgeführt, dass es keinen durch das kirchliche Selbstbestimmungsrecht geschützten Grund dafür gebe, Angestellte, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebten, im kirchlichen Bereich anders zu behandeln als staatliche Angestellte; Grund für den höheren Ortszuschlag seien allein die auch bei einer eingetragenen Lebenspartnerschaft bestehenden Unterhaltsverpflichtungen. Dieser Beschluss der Kirchenleitung gilt nur für die Evangelische Kirche im Rheinland, nicht für die anderen dem Geltungsbereich des BAT-KF unterfallenden Evangelischen Kirchen. Dieser Beschluss kann deshalb nicht als ausreichendes Indiz für einen mutmaßlichen Willen der gemeinsamen ARK-RWL zur Gleichstellung der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft mit Verheirateten herangezogen werden. Selbstverständlich ist es der ARK-RWL unbenommen, den Ortszuschlag nach § 29 Abschn. B Abs. 2 BAT-KF in konsequenter Anwendung des Regelungskomplexes auch den in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Mitarbeitern zu gewähren; bislang ist eine solche Gleichstellung jedoch unterblieben.
dd) Es wird Aufgabe des Landesarbeitsgerichts sein, festzustellen, ob der Beschluss der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland dem Selbstverständnis aller beteiligten Evangelischen Kirchen entspricht. Durch entsprechende Rückfragen bei den zuständigen Kirchenbehörden der anderen beiden verfassten Evangelischen Kirchen, die in den Geltungsbereich des BAT-KF fallen, wird aufzuklären sein, ob ein Lückenschluss entsprechend dem Urteil des Senats vom 29. April 2004 (– 6 AZR 101/03 – BAGE 110, 277) mit den anerkannten Maßstäben der verfassten Kirchen im Einklang steht. Es ist den beteiligten Kirchen überlassen, verbindlich zu bestimmen, ob ihre Angelegenheiten tatsächlich betroffen sind.
5. Der denkbare Ausschluss der eingetragenen Lebenspartnerschaft von einem Ortszuschlag nach § 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 1 BAT-KF hat nicht deswegen unberücksichtigt zu bleiben, weil er mit höherrangigem Recht unvereinbar wäre. Insbesondere wäre eine solche Regelung auch verfassungsrechtlich zulässig und würde nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen.
a) Eine solche Regelung würde nicht zu einer gleichheitswidrigen Schlechterstellung des Klägers führen. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Personengruppen keine Unterschiede solcher Art und solchen Gewichts bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfG 17. Juli 2002 – 1 BvF 1, 2/01 – BVerfGE 105, 313 mwN; BVerwG 26. Januar 2006 – 2 C 43/04 – BVerwGE 125, 79).
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 26. Januar 2006 (– 2 C 43/04 – BVerwGE 125, 79) entschieden, dass im Bereich des öffentlichen Dienstrechts ein Beamter, der in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt, keinen Anspruch auf den erhöhten Familienzuschlag der Stufe 1 wie ein verheirateter Beamter hat. Der sachliche Unterschied, der die unterschiedliche besoldungsrechtliche Behandlung von verheirateten und in einer Lebenspartnerschaft lebenden Beamten rechtfertige, sei nicht Heterosexualität bei den Verheirateten und Homosexualität bei den Lebenspartnern. Homosexualität der Partner sei nicht zwingendes Merkmal der eingetragenen Lebenspartnerschaft. Der Verheiratetenzuschlag nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG knüpfe auch nicht an die persönliche Eigenschaft der Heterosexualität, sondern an den Familienstand “verheiratet” an, nicht anders als § 40 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BBesG an den Familienstand “verwitwet” und “geschieden”. Der Unterschied zwischen dem Familienstand “verheiratet” und dem Familienstand “eingetragene Lebenspartnerschaft” rechtfertige unterschiedliche Rechtsfolgen. Der Gesetzgeber sei berechtigt, die Ehe gegenüber anderen Lebensgemeinschaften zu begünstigen. Der “besondere” verfassungsrechtliche Schutz, den nach Art. 6 Abs. 1 GG nur die Ehe genießt, stelle – bereits – den die Verschiedenbehandlung rechtfertigenden Unterschied dar. Diese Ausführungen treffen auch auf den BAT-KF zu. Hinzu kommt, dass eine besondere Förderung der Ehe sich als Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts der Kirchen nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV darstellen kann.
b) Aus diesem Grund würde auch kein Verstoß gegen den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vorliegen. Die Differenzierung zwischen verheirateten und in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Mitarbeitern wäre nicht sachwidrig.
c) Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (AGG) stünde der Differenzierung schon deshalb nicht entgegen, weil es im streitbefangenen Zeitraum noch nicht in Kraft getreten war.
d) Die Differenzierung würde auch keine Diskriminierung wegen des Geschlechts (Art. 3 Abs. 3 GG, Art. 141 EG [Art. 119 EGV aF] und Richtlinie 75/117/EWG sowie Art. 26 des Internationalen Paktes vom 19. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte) darstellen. Durch eine solche Regelung wären sämtliche männliche und weibliche Angestellte, die unverheiratet sind, gleichermaßen von dem höheren Ortszuschlag ausgenommen. Damit würde nicht nach dem Geschlecht der Angestellten unterschieden (vgl. Senat 15. Mai 1997 – 6 AZR 26/96 – BAGE 85, 375).
e) Auch Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf stünden, ungeachtet der Problematik einer unmittelbaren Anwendbarkeit, der Differenzierung nicht entgegen. Die Richtlinie 2000/78/EG gebietet nicht, Vergütungsbestandteile, die verheirateten Beschäftigten gewährt werden, auch den Beschäftigten zukommen zu lassen, die eine Lebenspartnerschaft eingegangen sind. Sie lässt nach Nr. 22 der Begründungserwägungen einzelstaatliche Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt. Diese Begründungserwägung gibt gemäß Art. 253 EG einen der Gründe wieder, von dem der Rat als zuständiges Organ sich bei Erlass der Richtlinie hat leiten lassen und ist damit ein wesentlicher Bestandteil der Richtlinie und als solcher mitentscheidend für ihre Auslegung (vgl. BVerwG 26. Januar 2006 – 2 C 43/04 – BVerwGE 125, 79). Dem entspricht, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH 31. Mai 2001 – Rs. C-122/99 P und C-125/99 P – EuGHE I 2001, 4319) die Verschiedenbehandlung von Eheleuten und eingetragenen Lebenspartnern bei der Gewährung von familienstandsbezogenen Vergütungsbestandteilen keine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung darstellt. Wird eine Leistung nur bei Bestehen eines bestimmten Familienstandes gewährt, erfasst entsprechend der Leistungsausschluss sämtliche Arbeitnehmer, die nicht in diesem Familienstand leben. Wird eine Leistung nur verheirateten Mitarbeitern gewährt, sind hiervon alle Unverheirateten ausgeschlossen, ohne Rücksicht darauf, ob Grund der Ehelosigkeit eine die Verbindung von Mann und Frau ausschließende sexuelle Orientierung ist (vgl. Senat 15. Mai 1997 – 6 AZR 26/96 – BAGE 85, 375). Durch die Begründungserwägung Nr. 22 wird somit lediglich klargestellt, dass derartige Leistungen möglich sind und keine Diskriminierung im Sinne der Richtlinie vorliegt, auch wenn Mitarbeiter etwa die Ehe gerade wegen ihrer sexuellen Orientierung nicht eingehen.
Darüber hinaus wäre die besondere Förderung der Ehe gegenüber der eingetragenen Lebenspartnerschaft nach der Richtlinie auch deshalb möglich, weil diese das aus Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV folgende Selbstbestimmungsrecht der Kirchen in Deutschland unberührt lässt. Dies folgt aus der Amsterdamer Kirchenerklärung (BGBl. II 1998 S. 438), die im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie in Bezug genommen und inhaltlich wiederholt wird. Danach achtet die Europäische Union “den Status, den Kirchen … in den Mitgliedsstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, … und ihn nicht beeinträchtigt”. Als Auslegungsmaxime ist diese von allen Vertragsstaaten ausdrücklich angenommene Erklärung für die Auslegung des Gemeinschaftsrechts beachtlich (vgl. Triebel Das europäische Religionsrecht am Beispiel der arbeitsrechtlichen Anti-Diskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG S. 284 ff.). Soweit möglich, ist Gemeinschaftsrecht daher dahin auszulegen, dass der nationale Status der Kirchen unbeeinträchtigt bleibt. Das gilt umso mehr, als die Gemeinschaft keine Kompetenz auf dem Gebiet des Staatskirchenrechts besitzt und dieses zudem, jedenfalls in seinen Grundzügen, zu der nach Art. 6 Abs. 3 EUV iVm. Art. 10 EG zu achtenden nationalen Identität gehört und als Bestandteil der nationalen Kultur anzusehen ist, auf die die Gemeinschaft bei ihrer Rechtssetzung gem. Art. 151 Abs. 4 EG iVm. Art. 10 EG Rücksicht zu nehmen hat (Triebel aaO S. 1, 268 f., 271 ff.). Sehen Kirchen die Ehe als die ihrem Ethos in besonderem Maß entsprechende Lebensform an, so ist es ihnen und den ihnen zugeordneten Organisationen jedenfalls nicht verwehrt, diese finanziell zu begünstigen.
III. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Unterschriften
Fischermeier, Friedrich, Dr. Armbrüster, Hinsch, Schipp
Fundstellen
BAGE 2008, 55 |
BB 2007, 947 |
NWB 2007, 16 |
FA 2006, 382 |
NZA 2007, 1179 |
ZTR 2007, 367 |
AP 2007 |
AP, 0 |
EzA-SD 2006, 12 |
EzA-SD 2007, 13 |
EzA |
MDR 2007, 846 |
RiA 2007, 161 |
ZMV 2006, 312 |
AUR 2007, 183 |
PflR 2007, 261 |
SPA 2006, 8 |