Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Teilrente bei vorzeitigem Ausscheiden und Inanspruchnahme nach § 6 BetrAVG
Leitsatz (amtlich)
- Für die Berechnung der im Falle eines vorzeitigen Bezuges nach § 6 BetrAVG erreichbaren Betriebsrente kommt es in erster Linie auf die getroffenen Vereinbarungen an. Die vom Senat hierzu aufgestellten Berechnungsregeln (zuletzt: Urteil vom 8. Mai 1990 – 3 AZR 341/88 – AP Nr. 18 zu § 6 BetrAVG, zu I 2, 3 der Gründe) gelten nur, wenn die Versorgungsordnung insoweit lückenhaft ist.
- Ist die Zulässigkeit einer Revision zweifelhaft, kann sie ausnahmsweise zugunsten des Rechtsmittelführers unterstellt werden, wenn sie jedenfalls unbegründet ist und eine Klärung der Zulässigkeit die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich verzögern würde.
Normenkette
BetrAVG §§ 2, 6; ArbGG § 72; ZPO §§ 519b, 554a, 574
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, wie die dem Kläger zustehende vorzeitige Altersrente (§ 6 BetrAVG) zu berechnen ist.
Der Kläger ist am 15. März 1934 geboren. Er war vom 1. Januar 1974 bis zum 31. Dezember 1991 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Unter dem 6. Januar 1986 erhielt der Kläger von der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Ruhegeldzusage entsprechend der Leistungsordnung des Essener Verbandes. Es wurde festgelegt, daß die berücksichtigungsfähigen Dienstjahre 1974 beginnen und der Kläger in die Gruppe C der Leistungsordnung eingestuft werde. Weiter heißt es in der Zusage:
“Das Ruhegeld beträgt für jedes berücksichtigungsfähige Dienstjahr 4 % des Gruppenbetrages bis maximal 100 % nach 25 Dienstjahren. Dienstjahre nach Vollendung des 63. Lebensjahres werden nicht mehr berücksichtigt.
…
Die weiteren Einzelheiten entnehmen Sie bitte dem Ihnen bereits vorliegenden Wortlaut der Leistungsordnung des Essener Verbandes.
Soweit jedoch in den Bestimmungen der Leistungsordnung des Essener Verbandes auf die Vollendung des 65. Lebensjahres Bezug genommen wird (z.B. in § 2 (1) b) und c); § 3 (7); § 6 (1) b); § 11 (1), tritt an dessen Stelle die Vollendung des 63. Lebensjahres.
Normales Altersruhegeld erhalten Sie daher in Abänderung von § 2 (1) b) der Leistungsordnung des Essener Verbandes bereits mit Vollendung des 63. Lebensjahres.
Nehmen Sie das Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch, werden die nach dieser Zusage ermittelten Leistungen während der gesamten Laufzeit für jeden Monat des vorzeitigen Ausscheidens in Abänderung von § 3 (7) der Leistungsordnung des Essener Verbandes um 0,25 v.H. gekürzt.
Bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Unternehmen ohne Eintritt des Leistungsfalles sind Ihre unverfallbaren Pensionsanwartschaften im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung geregelt.
Im Zweifel hinsichtlich des Umfanges dieser Zusage ist – bis auf die hier festgelegten Ausnahmen – allein der Wortlaut der Leistungsordnung des Essener Verbandes in der jeweils gültigen Fassung verbindlich.”
In Teil I der Leistungsordnung des Essener Verbandes über die Leistungen an Angestellte, die bis zum Eintritt des Leistungsfalles in einem Dienstverhältnis zu einem Mitglied des Essener Verbandes gestanden haben, und an deren Hinterbliebene heißt es u.a.:
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Voraussetzungen für das Ruhegeld
(1) Ruhegeld erhält ein Angestellter, der aus dem Dienst des Mitglieds ausscheidet, weil er
a) …
b) das 65. Lebensjahr vollendet hat oder
c) Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nimmt.
…
§ 3
Berechnung des Ruhegeldes
(1) Das Ruhegeld richtet sich nach
a) den einzelnen Gruppen, zu denen der Angestellte angemeldet worden ist,
b) den jeweils geltenden Gruppenbeträgen die – auch mit Wirkung für laufende Leistungen – bei einer wesentlichen Verminderung der Dienstbezüge in der dem Verband angeschlossenen Industrie entsprechend herabgesetzt werden können,
c) den Dienstjahren, die gemäß der Anmeldung in den einzelnen Gruppen zu berücksichtigen sind (Dienstjahre).
(2) Das Ruhegeld beträgt für jedes nach Abs. 1c zu berücksichtigende Dienstjahr 4 v.H. des Betrages der Gruppe, zu der der Angestellte jeweils angemeldet worden ist; tritt der Leistungsfall innerhalb der ersten sieben Jahre i.S. dieser Vorschrift ein, beträgt das Ruhegeld jedoch 30 v.H.
…
(7) Nimmt der Angestellte Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch (§ 2 Abs. 1c), werden die nach Anwendung der Bestimmungen der §§ 8 und 9 ermittelten Leistungen während der gesamten Laufzeit für jeden Monat des vorzeitigen Ausscheidens um 0,5 v.H. gekürzt.”
Bevor der Kläger zum 31. Dezember 1991 aus dem Arbeitsverhältnis ausschied, teilte die Beklagte ihm nach § 2 Abs. 6 BetrAVG mit, daß er die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 1 zur Erlangung der betrieblichen Altersversorgung nach der Leistungsordnung des Essener Verbandes erfüllt habe. Nach der derzeit geltenden Leistungsordnung in Gruppe C werde dem Kläger bei Erreichen der Altersgrenze von 63 Jahren ein laufendes Ruhegeld in Höhe von 1.872,-- DM zustehen. Durch sein Ausscheiden nach 18 Dienstjahren stehe ihm ein Teilanspruch “von 216/279 Monaten = DM 1.449,--” zu.
Der Kläger bezieht seit dem 1. April 1994 das vorgezogene gesetzliche Altersruhegeld. Seither zahlt die Beklagte an den Kläger 1.154,-- DM monatlich als betriebliche Altersversorgung. Bei der Neuberechnung dieses Anspruchs legte sie eine im Zeitpunkt des – vorgezogenen – Rentenfalles erreichbare Betriebsrente von 84 % des Gruppenbetrages von 1.950,-- DM, also 1.638,-- DM zugrunde, den sie entsprechend dem Unverfallbarkeitsfaktor 216/279 und um einen versicherungsmathematischen Abschlag von 0,25 % je Monat des vorzeitigen Bezuges, also um 9 %, kürzte.
Der Kläger hat den Standpunkt vertreten, ihm stehe eine monatliche Betriebsrente von 1.318,59 DM monatlich zu. Von der für ihn 1991 berechneten Teilrente von 1.449,-- DM müsse er lediglich den versicherungsmathematischen Abschlag in Höhe von insgesamt 9 % wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der betrieblichen Rente hinnehmen.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 493,77 DM – für die Monate April bis Juni 1994 – zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, ihm beginnend mit dem 1. Juli 1994 eine Betriebsrente in Höhe von 1.318,59 DM abzüglich anerkannter 1.154,-- DM monatlich jeweils am Ersten des laufenden Monats zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, ihre Berechnung der dem Kläger zustehenden Teilrente entspreche Gesetz und Versorgungszusage.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Sachantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, daß seine Revision zulässig ist. Sie ist jedenfalls unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat seine Klage zu Recht abgewiesen. Er hat keinen höheren als den von der Beklagten erfüllten Betriebsrentenanspruch.
Es bestehen Zweifel an der Zulässigkeit der Revision, weil das Landesarbeitsgericht die Revision nur in den Entscheidungsgründen zugelassen hat, ohne zugleich darauf hinzuweisen, daß eine Verkündung der beratenen Zulassungsentscheidung nur versehentlich unterblieben ist.
Nach der Rechtsprechung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts ist eine solche Zulassungsentscheidung unwirksam. Sie öffnet nicht den Weg in die Revisionsinstanz (BAG Urteil vom 23. November 1994 – 4 AZR 528/92 – BAGE 78, 294 = AP Nr. 27 zu § 72 ArbGG 1979 mit kritischer Anmerkung von Dütz/Paur = EzA § 72 ArbGG 1979 Nr. 17 mit kritischer Anmerkung von Brehm; bestätigt durch Urteil vom 10. Juli 1996 – 4 AZR 139/95 – AP Nr. 29 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter). Folgt man demgegenüber der Rechtsprechung des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 31. Oktober 1995 – 1 AZR 372/95 – AP Nr. 29 zu § 72 ArbGG 1979 = EzA § 72 ArbGG 1979 Nr. 20 mit zustimmender Anmerkung Vollkommer/Schwaiger), ist die Revision im angefochtenen Urteil wirksam zugelassen worden. Hiernach ist eine nicht verkündete Zulassung der Revision allein in den Entscheidungsgründen zwar unsachgemäß, aber wirksam.
Auf der Grundlage des geltenden Rechts spricht nach Auffassung des erkennenden Senats mehr für die Auffassung des Ersten Senats. Sie wird den Vorgaben des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Januar 1992 (– 1 BvR 1184/86 – AP Nr. 16 zu § 64 ArbGG 1979) gerecht. Hiernach gebietet es der Grundsatz der fairen Prozeßführung, daß eine Möglichkeit zur Verfügung gestellt wird, den Weg in die Revisionsinstanz zu eröffnen, wenn der Wille des Landesarbeitsgerichts, die Revision zuzulassen, nur versehentlich nicht formgerecht kundgetan worden ist. Diese Möglichkeit besteht nach der Rechtsprechung des Vierten Senats dann nicht, wenn irrtümlich nicht in die Entscheidungsgründe aufgenommen worden ist, daß die Verkündung der Zulassungsentscheidung nur versehentlich unterblieben ist.
Einer abschließenden Entscheidung, ob das Landesarbeitsgericht die Revision rechtswirksam zugelassen hat, bedarf es nicht. Die Revision kann in keinem Falle Erfolg haben. Sie ist jedenfalls unbegründet.
1. Grundsätzlich kann ein Gericht zwar erst dann in die Begründetheitsprüfung eintreten, wenn es die Zulässigkeit einer Klage oder eines Rechtsmittels festgestellt hat. Der Senat folgt nicht der Lehre von Rimmelspacher (Zur Prüfung von Amts wegen im Zivilprozeß, 1966), wonach die beiden Voraussetzungen für einen Prozeßerfolg, die Zulässigkeit und die Begründetheit der Klage, gleichwertig sind. Hiernach gibt es keinen Prüfungs- und Entscheidungsvorrang, wonach zunächst die Zulässigkeit und erst bei Vorliegen von deren Voraussetzungen auch die Begründetheit geprüft werden müßte (ähnlich auch Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., Allgem. Einl. vor § 511 Anm. II, § 519b Anm. I; Henkkel, Prozeßrecht und materielles Recht, 1970, S. 227 ff.; Lindacher, NJW 1967, 1389 f.). Gegen diese Lehre sprechen entscheidend die unterschiedlichen Rechtskraftwirkungen von Prozeßurteil und Sachurteil (ebenso Jauernig, Festschrift für Schiedermair, 1976, S. 289 ff.; ders., Zivilprozeßrecht, 24. Aufl., § 72 IV; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 55. Aufl., Grundz. § 253 Rz 14 f.; Zöller/Greger, ZPO, 20. Aufl., vor § 253 Rz 10).
Im Revisionsrecht kann aber ausnahmsweise ein Vorgriff auf die Begründetheit der Revision statthaft sein. Dies kommt in Betracht, wenn dadurch das Verfahren wesentlich vereinfacht wird, ohne daß dem beachtliche Allgemein- oder Parteiinteressen entgegenstehen (ebenso OLG Köln, Beschluß vom 27. Februar 1974 – 17 W 11/74 – NJW 1974, 1515; Gottwald, NJW 1974, 2241).
Hierfür müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein: Zunächst muß die in ihrer Zulässigkeit zweifelhafte Revision ersichtlich unbegründet sein. In diesem Fall bewirkt die Entscheidung über die Revision stets, daß das Erkenntnis des Landesarbeitsgerichts in Rechtskraft erwächst. Darauf, ob die Revision verworfen oder zurückgewiesen wird, kommt es nicht an. Darüber hinaus kann die Prüfung der Zulässigkeit der Revision aber auch nur dann übergangen werden, wenn sie ausnahmsweise entgegen der §§ 519b, 554a, 574 ZPO zugrundeliegenden üblichen Situation mit einem erheblich höheren Zeitaufwand verbunden ist, als eine Sachentscheidung. Nur wenn also die grundsätzlich gebotene vorrangige Prüfung der Zulässigkeit der Revision dazu führen muß, daß die abschließende Klärung des zwischen den Parteien bestehenden Konflikts hinausgeschoben wird, kann die Begründetheitsprüfung im typischen Interesse der Prozeßparteien vorgezogen werden, wenn sie zu demselben Ergebnis führt.
Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Der Senat kann darüber, ob die Revision des Klägers statthaft ist, erst nach Anfrage beim Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts (§ 45 Abs. 3 ArbGG), möglicherweise sogar erst nach Anrufung des Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts, entscheiden. Auf eine abschließende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts bis zu einer solchen Klärung der letztlich innergerichtlichen Streitfrage über die formgerechte Zulassung einer Revision warten zu müssen, kann Prozeßparteien nicht zugemutet werden, wenn schon heute feststeht, daß die Revision im Ergebnis in keinem Fall Erfolg haben kann.
2. Die Revision des Klägers ist unbegründet, weil seine Klage zu Recht abgewiesen worden ist. Die Beklagte hat den Ruhegeldanspruch des Klägers zutreffend berechnet.
a) Der Kläger kann von der Beklagten nur eine Teilrente verlangen, weil er vor Erreichen des Versorgungsfalles aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. Weder die Versorgungszusage vom 6. Januar 1986, noch die dort in bezug genommene Leistungsordnung des Essener Verbandes enthalten für die Berechnung der Teilrente bei vorzeitigem Ausscheiden eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Bestimmung. Die Teilrente ist deshalb nach § 2 Abs. 1 BetrAVG zu berechnen: die im Versorgungsfall erreichbare Betriebsrente ist zeitanteilig im Verhältnis der erreichten zur erreichbaren Dauer der Betriebszugehörigkeit zu kürzen. Dieser sog. Unverfallbarkeitsfaktor steht mit dem Ausscheiden aus dem Betrieb endgültig fest. Er beläuft sich beim Kläger, mit dem als feste Altersgrenze i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz BetrAVG die Vollendung des 63. Lebensjahres vereinbart worden ist, unstreitig auf 216/279 oder 0,7742.
b) Da der Kläger die versprochene Betriebsrente nicht bei Erreichen der vereinbarten festen Altersgrenze, sondern nach § 6 BetrAVG vorzeitig zusammen mit der vorgezogenen gesetzlichen Altersrente in Anspruch nimmt, ist der Unverfallbarkeitsfaktor mit der bis zu diesem besonderen gesetzlichen Versorgungsfall erreichbaren Betriebsrente zu multiplizieren. Die in der Versorgungszusage vom 6. Januar 1986 in bezug genommene Leistungsordnung des Essener Verbandes sieht für die Berechnung dieser Betriebsrente eine besondere Regelung vor. Auf die vom Senat für den Fall von Vertragslücken aufgestellten Berechnungsregeln (BAG Urteil vom 24. Juni 1986 – 3 AZR 630/84 – AP Nr. 12 zu § 6 BetrAVG; Urteil vom 13. März 1990 – 3 AZR 338/89 – AP Nr. 17 zu § 6 BetrAVG; Urteil vom 28. März 1995 – 3 AZR 900/94 – AP Nr. 21 zu § 6 BetrAVG = Heither, ES-BetrAVG, 7200/7) kommt es danach nicht an.
aa) Nach der in der Versorgungszusage in bezug genommene Leistungsordnung des Essener Verbandes hätte der Kläger bei einer Betriebszugehörigkeit bis zur vorzeitigen Inanspruchnahme der Betriebsrente mit Vollendung seines 60. Lebensjahres Anspruch auf eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 1.490,58 DM gehabt.
Wie sich aus § 2 Abs. 1 Buchst. c der Leistungsordnung ergibt, gelten die Regelungen über die Berechnung des Ruhegeldes in § 3 auch für die vorzeitige Inanspruchnahme der Betriebsrente nach § 6 BetrAVG. Nach § 3 Abs. 1 Buchst. b der Leistungsordnung kommt es zunächst auf den nach der jeweiligen Versorgungszusage geltenden Gruppenbetrag an. Er beträgt im Falle des Klägers 1.950,-- DM Bei Vollendung des 60. Lebensjahres im Betrieb er Beklagten hätte der Kläger für jedes bis dahin zurückgelegte Dienstjahr 4 % dieses Gruppenbetrags zu beanspruchen gehabt–bei aufgerundet – 21 Dienstjahren seit Eintritt in den Betrieb der Beklagten im Jahre 1974 wären dies 84 % von 1.950,-- DM, also 1.638,-- DM gewesen.
Nach § 3 Abs. 7 der Leistungsordnung war von diesem Betrag ein versicherungsmathematischer Abschlag in Höhe von 0, 5 % für jeden Monat des vorzeitigen Bezuges der Betriebsrente vorzunehmen. Die Arbeitsvertragsparteien haben diesen Abschlagssatz aber in der Zusage vom 6. Januar 1986 auf 0, 25 % je Monat des vorzeitigen Bezuges herabgesetzt. Da der Kläger die Betriebsrente 36 Monate vor der vereinbarten festen Altersgrenze in Anspruch genommen hat, beläuft sich bei ihm der versicherungsmathematische Abschlag auf 9 %. Daraus ergibt sich eine im Versorgungsfall erreichbare und zur Ermittlung der geschuldeten Teilrente mit dem Unverfallbarkeitsfaktor zu multiplizierende Rente von 1.490,58 DM.
bb) Die Beklagte hat dem Kläger keine hiervon abweichende Berechnung der Betriebsrente bei deren vorzeitiger Inanspruchnahme versprochen. Der Kläger kann insbesondere nicht verlangen, daß von der bei Vollendung des 63. Lebensjahres erreichbaren Betriebsrente ausgegangen und diese nur zeitanteilig und um den versicherungsmathematischen Abschlag gekürzt wird. Die Versorgungszusage vom 6. Januar 1986 nimmt die Leistungsordnung des Essener Verbandes in vollem Umfang in Bezug, in der für die Berechnung der vorzeitig in Anspruch genommenen Betriebsrente nur die bis zu deren Inanspruchnahme zurückgelegten Dienstjahre zu berücksichtigen sind.
Die Versorgungszusage der Beklagten enthält gegenüber der Leistungsordnung des Essener Verbandes nur zwei Veränderungen: Die feste Altersgrenze wird für den Kläger von der Vollendung des 65. auf die Vollendung des 63. Lebensjahres herabgesetzt und der versicherungsmathematische Abschlag wird von monatlich 0, 5 auf 0, 25 % halbiert. In der Zusage vom 6. Januar 1986 wird für den Fall, daß der Kläger das Altersruhegeld vor Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch nimmt, nur festgelegt, daß die nach der Zusage ermittelten Leistungen während der gesamten Laufzeit des vorzeitigen Bezuges für jeden Monat in Abänderung von § 3 Abs. 7 der Leistungsordnung des Essener Verbandes um 0, 25 % gekürzt wird. Zunächst sind also die Leistungen zu ermitteln, die dem Kläger nach der Zusage in diesem besonderen Leistungsfall zustehen. Hierfür verweist die Zusage auf die Leistungsordnung des Essener Verbandes. Erst wenn die Leistungen nach diesen Regeln ermittelt sind, also auch nach Anwendung von § 3 Abs. 1 Buchst. c der Leistungsordnung, ist der – in seinem Umfang halbierte – versicherungsmathematische Abschlag vorzunehmen. Nach dem Wortlaut der Versorgungszusage soll nur § 3 Abs. 7 der Leistungsordnung des Essener Verbandes abgeändert werden, also eine Bestimmung, bei der es ausschließlich um den versicherungsmathematischen Abschlag und nicht um die Berechnung der Betriebsrente im übrigen geht.
Dieses Auslegungsergebnis wird durch das Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 19. April 1985 bestätigt. Auch dieses Schreiben stellt ein Versorgungsversprechen nach Maßgabe der Leistungsordnung des Essener Verbandes in Aussicht, die nur in zwei Punkten abgeändert werden soll, nämlich durch Absenkung der festen Altersgrenze und Halbierung des versicherungsmathematischen Abschlags. Die übrigen Bestimmungen, mit deren Hilfe die Betriebsrente bei vorzeitiger Inanspruchnahme nach § 6 BetrAVG zu berechnen ist, werden in diesem Schreiben nicht angesprochen.
Der Kläger kann schließlich auch keine abweichende Berechnung seines Teilrentenanspruches aufgrund der Auskunft der Beklagten vom 3. Dezember 1991 verlangen. In dieser aus Anlaß des Ausscheidens des Klägers erteilten Auskunft wird lediglich festgestellt, daß der Kläger eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft erworben hat und sich daraus in dem vereinbarten Versorgungsfall der Vollendung des 63. Lebensjahres ein Teilanspruch in Höhe von 1.449,-- DM ergibt. Der Teilanspruch, der dem Kläger zusteht, wenn er die Betriebsrente vorzeitig nach § 6 BetrAVG in Anspruch nimmt, wird nicht errechnet. Seine Berechnung bleibt den Bestimmungen der Leistungsordnung des Essener Verbandes mit den beiden in der Versorgungszusage vom 6. Januar 1986 vorgenommenen Änderungen vorbehalten.
b) Multipliziert man die vom Kläger in den besonderen Versorgungsfall des § 6 BetrAVG erreichbare Betriebsrente von 1.490,58 DM mit dem Unverfallbarkeitsfaktor von 0,7742, ergibt sich die von der Beklagten tatsächlich ausgezahlte Betriebsrente von 1.154,-- DM. Einen höheren Betrag kann der Kläger nicht verlangen.
Unterschriften
Dr. Heither, Kremhelmer, Bepler, Weinmann, H. Frehse
Fundstellen
Haufe-Index 929347 |
BB 1998, 377 |
DB 1998, 935 |
FA 1998, 21 |
FA 1998, 59 |
NZA 1998, 544 |
RdA 1998, 61 |
AP, 0 |