Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Umdeutung eines Rentenablehnungsbescheides
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer Umdeutung eines Rentenablehnungsbescheids in einen auf § 48 Abs 1 S 1 SGB 10 gestützten Aufhebungsbescheid.
Orientierungssatz
Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die zu einer Aufhebung gemäß § 48 Abs 1 SGB 10 berechtigt, liegt dann vor, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit aufgrund einer Besserung der gesundheitlichen Verhältnisse entfallen sind.
Tenor
I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts München vom 13. November 2008 sowie des Bescheids der Beklagten vom 30. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. März 2008 verpflichtet, der Klägerin vom 1. Oktober 2007 bis 30. November 2007 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat der Kläger 1/10 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die im Jahr 1957 geborene Klägerin hat von September 1974 bis Juni 1977 den Beruf der Bankkauffrau erlernt. Im Anschluss daran war sie bis Januar 1986 im erlernten Beruf tätig. Nach Zeiten der Kindererziehung war sie von März 1990 bis Juni 1991 und zuletzt von Februar 1997 bis Januar 2004 als Bankkauffrau versicherungspflichtig beschäftigt.
Die Klägerin begehrte erstmals mit Antrag vom 21. Januar 2004 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Sie sei seit April 1997 erwerbsgemindert. Sie verwies auf Folgeschäden nach lateraler Gesichtsfraktur rechts (April 1997), Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen sowie auf die Folgen eines am 5. Januar 1976 erlittenen Verkehrsunfalls, bei dem sie einen Beckenbruch links, eine Oberschenkelfraktur links, eine Oberarmfraktur rechts und ein Trauma am rechten Unterschenkel erlitten habe. In der Folge sei es zu mindestens 20 Schulterluxationen gekommen. Ein ärztliches Attest vom 15. Januar 1998 über die gesundheitlichen Folgen des Vorfalls im April 1997 wurde vorgelegt.
Die Beklagte holte ein chirurgisches Gutachten von Dr. G. und ein nervenärztliches Gutachten von Dr. K. ein. Dr. G. stellte bei der Klägerin noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden sowohl für die letzte berufliche Tätigkeit als Bankkauffrau als auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt fest. Dr. K. diagnostizierte bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen:
1. somatoforme Störung im Bereich des Gefäßsystems und des Bewegungsapparates mit Spannungskopfschmerz, Vertigosymptomatik und psychischer Überlagerung von Motilitätsbeeinträchtigungen bei wiederholten Schulterluxationen rechts
2. benigner Lagerungsschwindel
3. Angst und depressive Störung gemischt
4. Zustand nach Fraktur des rechten Orbitabodens und der Orbitahinterwand sowie der Kieferhöhlenvorder- und hinterwand und des rechten Jochbogens mit Hyposensibilität im Bereich des N. infraorbitalis rechts
5. Zustand nach Oberarmfraktur rechts 1996 mit nachfolgenden rezidivierenden Schulterluxationen
6. leichte kognitive Leistungsstörung.
Er kam zu dem Ergebnis, die Klägerin könne als Bankkauffrau nur noch 3 bis unter 6 Stunden, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch 6 Stunden und mehr leichte Arbeiten, aus wechselnder Ausgangslage, zeitweise im Sitzen, in Tagschicht, ohne hohe Anforderungen an Konzentrations- und Reaktionsvermögen, ohne Überwachung und Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, ohne Verantwortung für Personen und Maschinen, ohne hohe Anforderungen an die Grobmotorik des rechten Arms, ohne häufiges Bücken, zu ebener Erde, ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten sowie ohne Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr verrichten. Eine wesentliche Besserung sei auf Sicht von einem halben Jahr durchaus möglich.
Nachdem der beratende Arzt Dr. B. noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr sowohl für die Tätigkeit als Bankkauffrau als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angenommen hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. April 2004 den Rentenantrag zunächst ab.
In dem darauf folgenden Widerspruchsverfahren zog die Beklagte weitere Befundberichte bei. Aus dem Befundbericht der Psychiaterin D. vom 5. August 2004 ergibt sich, dass bei der sich gerade in Scheidung befindlichen Klägerin ein depressiv-ängstliches Syndrom im Sinne einer Anpassungsstörung mit erheblicher Antriebsstörung, innerer Unruhe, Anspannung, Nervosität und reduzierter Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit vorlag. Die beratende Ärztin Dr. G. nahm daraufhin unter dem 20. August 2004 ein 3 bis unter 6stündiges Leistungsvermögen der Klägerin sowohl als Bankkauffrau als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt an. Die Folgen der im Jahr 1997 erlittenen Mittelgesichtsfraktur würden sich jetzt im Zuge eine...