Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersrente für langjährig Versicherte. Anspruch. Hinzuverdienstgrenze. Berücksichtigung von niederländischem Vorruhestandsgeld
Leitsatz (amtlich)
- Die Vorschriften über die Hinzuverdienstgrenze bei vorzeitiger Altersrente (§ 34 Abs 2 S 3 SGB 6 in der bis zum 31.12.2002 geltenden Fassung) stellen auch ausländische Vorruhestandsleistungen dem Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung gleich. Gemeinschaftsrecht der EU steht dem nicht entgegen.
- Jedenfalls bei einem Wanderarbeitnehmer innerhalb der EU sind die für die Berechnung der Hinzuverdienstgrenzen maßgeblichen Entgeltpunkte (EP) demjenigen Kalenderjahr vor Beginn der Rente zu entnehmen, in dem der Arbeitnehmer zuletzt in Deutschland rentenversicherungspflichtig beschäftigt war.
Normenkette
SGB VI § 34 Abs. 2 S. 3 Fassung: 2002-02-19, Sätze 1-2, Abs. 3 Fassung: 2002-02-19, Abs. 3 Fassung: 1996-07-23, § 42 Abs. 1-2, § 96a Abs. 3-4, § 36 Fassung: 1989-12-18; VRG § 2 Abs. 1-2, § 8; EWGV 1408/71 Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 2-3, Art. 45 Abs. 1, Art. 46a Abs. 3 Buchst. a, Art. 46c Abs. 2; EG Art. 12
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Oktober 2003 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Beklagte hat dem in den Niederlanden wohnenden, am 21. April 1935 geborenen Kläger die Altersrente für langjährig Versicherte bei Vollendung des 63. Lebensjahres versagt, weil er Vorruhestandsleistungen (Vervroegde Uittreding ≪VUT≫) der holländischen Stiftung Betriebsrentenfonds für den gewerblichen Straßen-Güterverkehr bezieht. Der Anspruch auf die ungekürzte Regelaltersrente ab dem 1. Mai 2000 ist außer Streit.
Mit Bescheid vom 17. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 1999 lehnte es die Beklagte ab, dem Kläger die am 23. Juni 1998 beantragte vorgezogene Altersrente zu gewähren. Er erfülle zwar mit 81 Beitragsmonaten zur deutschen knappschaftlichen Rentenversicherung und 496 Beitragsmonaten zur niederländischen Rentenversicherung innerhalb und außerhalb des Bergbaus die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rentenart. Bei Anrechnung der holländischen Vorruhestandsleistungen (umgerechnete Monatsbruttobeträge ab 1. Mai 1998 DM 4.192,02 und ab 1. Juli 1998 DM 4.195,35) würden jedoch die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) überschritten. Nach dem Stand bis 30. Juni 1998 entfalle die Vollrente, wenn der Versicherte mehr als DM 610,00 erziele. Für eine Teilrente von einem Drittel der Vollrente dürften maximal DM 1.660,40 hinzuverdient werden; die Grenzwerte für die anderen Teilrenten lägen dazwischen.
Das vom Kläger angerufene Sozialgericht Dortmund (SG) hat mit Urteil vom 12. Juli 2002 die Bescheide der Beklagten aufgehoben und diese verurteilt, “dem Kläger Altersrente für langjährig Versicherte ohne Anrechnung der in den Niederlanden bezogenen VUT-Leistungen nach § 34 Abs 2 SGB VI nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren”: Auch wenn nach § 34 Abs 2 Satz 3 SGB VI bei der Anwendung der Anrechnungsvorschrift dem Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung der Bezug von Vorruhestandsgeld gleichstehe, gelte dies nicht für das niederländische VUT. Auf Grund der Regelung des Art 46a Abs 3 Buchstabe a Verordnung (EWG) Nr 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der geänderten und aktualisierten Fassung durch die Verordnung (EWG) Nr 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983, geändert durch die Verordnung (EWG) Nr 1248/92 des Rates vom 30. April 1992 (im Folgenden EWGV 1408/71) könnten die niederländischen VUT-Leistungen nur dann zum Wegfall der Altersrente führen, wenn die deutschen Rechtsvorschriften “die Berücksichtigung solcher im Ausland erworbenen Leistungen oder dort erzielter Einkünfte vorsehen”. Dies müsse indes ausdrücklich geschehen, sodass die “gebietsneutrale” Formulierung des § 34 Abs 2 SGB VI nicht ausreiche. Andernfalls habe Art 46a Abs 3 Buchstabe a EWGV 1408/71 keinen Anwendungsbereich, weil der Gesetzgeber ausdrücklich auf das Inland beschränkte Antikumulierungsvorschriften im Allgemeinen nicht erlasse. Zudem sei dem deutschen Gesetzgeber die europarechtliche Problematik bekannt gewesen, als er in § 93 Abs 4 Nr 4 SGB VI und § 96a Abs 4 SGB VI die Berücksichtigung vergleichbarer Sozialleistungen ausländischer Träger ausdrücklich normiert habe.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) das erstinstanzliche Urteil abgeändert und mit Urteil vom 14. Oktober 2003 die Klage abgewiesen. Nach seiner Auffassung wird das niederländische VUT von § 34 Abs 2 Satz 3 SGB VI erfasst. Es handele sich um eine dem bisherigen Arbeitseinkommen und dem deutschen Vorruhestandsgeld vergleichbare Leistung in Fortführung der Rechte aus dem vormaligen Arbeitsverhältnis. Der Gesetzgeber habe nicht eigens regeln müssen, dass gleichartige ausländische Einkünfte ebenfalls zu berücksichtigen seien. Dies ergebe sich zwingend aus Sinn und Zweck des § 34 Abs 2 SGB VI, beim Überschreiten bestimmter Einkommensgrenzen die vorgezogene Altersrente ganz oder zum Teil entfallen zu lassen, weil dann im Gegensatz zur Regelaltersrente keine Sicherungslücke mehr vorliege. Mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) wären sonst die Bezieher ausländischer Vorruhestandsleistungen ungerechtfertigt begünstigt und es käme zu einer unzweckmäßigen und sozialpolitisch unerwünschten Belastung des deutschen Sozialversicherungssystems. Die Bestimmungen der EWGV 1408/71 würden die Anwendung nationaler Antikumulierungsvorschriften und die daraus resultierende Beschränkung des auf nationalem Recht beruhenden Anspruchs nicht verbieten. Deshalb führe auch Art 46a Abs 3 Buchstabe a EWGV 1408/71 zu keinem anderen Ergebnis, da § 34 Abs 2 SGB VI als eine nationale Antikumulierungsregelung anzusehen sei.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 34 Abs 2 Satz 3 SGB VI aF: Die Argumentation des SG, mit der sich das LSG nur teilweise auseinandergesetzt habe, sei überzeugend. Zu Unrecht setze das LSG das niederländische VUT dem in § 34 Abs 2 SGB VI erwähnten Vorruhestandsgeld gleich. Angesprochen seien nur Leistungen im engeren Sinne des deutschen Vorruhestandsgesetzes (VRG). Deshalb verstoße das LSG gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn es – bei Vergleich mit einem deutschen Rentner, der deutsches Vorruhestandsgeld bezieht – einem Niederländer die auf deutschen Beiträgen beruhenden deutschen Rentenleistungen vorenthalte, obwohl für die Anrechnung des niederländischen VUT kein vernünftiger Grund bestehe, weil dessen Finanzierung allein im niederländischen System erfolgt sei. Die Gleichstellung verletze das Gemeinschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft (EU), denn § 34 Abs 2 Satz 3 SGB VI aF differenziere nicht zwischen inländischem und ausländischem Vorruhestandsgeld. Art 12 Abs 2 Satz 1 EWGV 1408/71 in der Fassung durch die EWGV 1248/92 iVm Art 46a Abs 3 Buchstabe a EWGV 1408/71 bestimme jedoch, dass eine Anrechnung von in einem anderen Mitgliedsstaat erworbenen Leistungen bzw dort erzielten Einkünften nur dann erfolgen dürfe, wenn die innerstaatlichen Regelungen dies ausdrücklich vorsähen. Keinesfalls sei eine “gebietsneutrale” Formulierung ausreichend. Zudem stelle § 34 Abs 2 SGB VI aF in erster Linie auf zusätzlich zur Rente erzieltes Einkommen aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit ab. Nur ausnahmsweise und vorübergehend – die Regelung sei mittlerweile aufgehoben und vom Gesetzgeber bewusst nicht verlängert worden – sei auch das deutsche Vorruhestandsgeld einbezogen worden. Dies sei jedoch atypisch, denn zu berücksichtigendes Einkommen aus einer abhängigen oder selbständigen Tätigkeit sei nur dasjenige neben der laufenden Rente, nicht jedoch Renten oder auch Vorruhestandsleistungen, die auf einer vormaligen und im Leistungszeitraum nicht mehr zu erbringenden Tätigkeit beruhten. Entsprechend sehe Art 12 Abs 3 EWGV 1408/71 lediglich “für den Fall einer beruflichen Tätigkeit” durch den Leistungsempfänger vor, dass innerstaatliche Anrechnungsregelungen auch dann anwendbar seien, wenn “er diese Tätigkeit im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ausübt”.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Oktober 2003 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12. Juli 2002 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Entgegen der Auffassung des Klägers werde jegliches Vorruhestandsgeld und nicht nur dasjenige im engeren Sinne des VRG von § 34 Abs 2 Satz 2 SGB VI aF erfasst. Zwar sei mit den Vorgängerregelungen der §§ 1248 Abs 4 Reichsversicherungsordnung (RVO), 25 Abs 4 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) und 48 Abs 4 Satz 6 Reichsknappschaftsgesetz (RKG), geändert durch das Gesetz zur Erleichterung des Überganges vom Arbeitsleben in den Ruhestand vom 13. April 1984 (BGBl I 601), dessen Art 1 das VRG enthalten habe, erstmals die Gleichstellung einer Beschäftigung gegen Entgelt mit dem Bezug von Vorruhestandsgeld erfolgt. Diese Gleichstellung unterliege aber weder der zeitlichen noch der inhaltlichen Begrenzung der Leistungen nach dem VRG.
§ 34 Abs 2 Satz 3 SGB VI aF gelte auch für ausländische Vorruhestandsleistungen. Vor dem Hintergrund der Unterhaltsersatzfunktion der vorgezogenen Altersrente sei nicht ersichtlich, weshalb ausländische Erwerbseinkünfte zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen sollten als zB von einem deutschen Arbeitgeber gezahltes Arbeitsentgelt. Für im Ausland bezogenes Vorruhestandsgeld, das mittels einer gesetzlichen Fiktion dem Arbeitsentgelt – ohne Zusatz- oder Ausnahmeregelung – gleichgestellt sei, müsse dies unter Beachtung des Gesetzeszweckes ebenso gelten, zumal das LSG zutreffend festgestellt habe, dass die niederländischen VUT-Leistungen in den wesentlichen Merkmalen dem deutschen Vorruhestandsgeld entsprächen.
Das LSG habe Europäisches Gemeinschaftsrecht nicht verletzt. Der Anrechnung stehe Art 46a Abs 3 Buchstabe a EWGV 1408/71 nicht entgegen. Es sei ausreichend, wenn die innerstaatliche Antikumulierungsvorschrift “gebietsneutral” formuliert sei. Anders verhalte es sich bei der Anrechnung der in § 96a Abs 3 SGB VI aufgeführten deutschen Lohnersatzleistungen. Nur insoweit sei es erforderlich gewesen, vergleichbare ausländische Lohnersatzleistungen gemäß § 96a Abs 4 SGB VI einzubeziehen. Gleiches gelte für die eigens gemäß § 93 Abs 4 Satz 1 Nr 4 SGB VI angeordnete Anrechnung vergleichbarer ausländischer Unfallrenten. Entsprechend diesem Verständnis regele dagegen auch § 96a Abs 1 Satz 2 SGB VI die Anrechnung von Arbeitsentgelt oder -einkommen “gebietsneutral”. Soweit der Kläger sich darauf berufe, dass mittlerweile § 34 Abs 2 Satz 3 SGB VI gestrichen worden sei, übersehe er, dass § 34 Abs 2 Satz 2 SGB VI um die Formulierung “oder vergleichbares Einkommen” ergänzt worden und somit das Vorruhestandsgeld nach wie vor erfasst sei.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung, § 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), begründet. Zwar ist auch unter Beachtung europarechtlicher Normen nicht zu beanstanden, die niederländische VUT-Leistung als anspruchsschädlichen Hinzuverdienst anteilig zu berücksichtigen (1). Die Sache ist aber an das LSG zurückzuverweisen, weil das LSG die individuellen Hinzuverdienstgrenzen nach § 34 Abs 3 SGB VI in der für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1999 geltenden Fassung, bzw diejenigen nach § 302 Abs 5 SGB VI für den folgenden Zeitraum fehlerhaft festgestellt hat und ein Anspruch des Klägers auf eine Teilrente wegen Alters für langjährig Versicherte aus den deutschen Beiträgen nicht von vornherein auszuschließen ist (2).
1. a) Nach § 34 Abs 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente, wenn die für die jeweilige Rente erforderliche Mindestversicherungszeit (Wartezeit) erfüllt ist und die jeweiligen besonderen versicherungsrechtlichen und persönlichen Voraussetzungen vorliegen. Diese konkretisiert § 36 SGB VI in der bis 31. Dezember 1999 geltenden Fassung hinsichtlich der streitigen (vorgezogenen) Altersrente für langjährig Versicherte dahingehend, dass die Versicherten das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben müssen. Beiden Kriterien wird der Kläger unstreitig gerecht. Der am 21. April 1935 geborene Kläger ist von der Anhebung der Altersgrenze für langjährig Versicherte nicht betroffen, vgl § 236 Abs 1 Satz 2 SGB VI. Zur Zeit der Antragstellung am 23. Juni 1998 hatte er bereits das 63. Lebensjahr vollendet und er hatte auch die erforderliche Wartezeit erfüllt. Denn zu den 81 Pflichtbeitragsmonaten zur deutschen knappschaftlichen Rentenversicherung in der Zeit vom 17. April 1957 bis zum 2. Januar 1964 sind nach Art 45 Abs 1 EWGV 1408/71 zur Feststellung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch die 496 Beitragsmonate zur niederländischen Rentenversicherung innerhalb und außerhalb des Bergbaus hinzuzurechnen. Bei der begehrten Rente handelt es sich also um eine sog Vertragsrente – nach rein innerstaatlichen Bestimmungen würde schon wegen Nichterfüllung der Wartezeit kein Anspruch bestehen.
b) Der Anspruch auf eine Rente wegen Alters für langjährig Versicherte vor Vollendung des 65. Lebensjahres hängt außerdem nach § 34 Abs 2 Satz 1 SGB VI von den Einkünften ab, die dem Versicherten zusätzlich zur begehrten Rente zufließen (Hinzuverdienst). Je nach deren Höhe besteht ein (Stamm-)Recht auf Rente wegen Alters als Vollrente oder als Teilrente, die ein Drittel, die Hälfte oder zwei Drittel der Vollrente betragen kann, vgl § 42 Abs 1 und 2 SGB VI. Rentenschädlich ist nach § 34 Abs 2 Satz 2 SGB VI insbesondere Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit, die zumindest “denkbar rentenversicherungspflichtig” sein muss, wie das Bundessozialgericht (BSG) auch schon zu den Vorgängervorschriften entschieden hat (zum Ganzen vgl BSG Urteil vom 4. Mai 1999 – B 4 RA 55/98 R – SozR 3-2600 § 34 Nr 1 mwN).
Kraft gesetzlicher Fiktion stellt § 34 Abs 2 Satz 3 SGB VI wie bereits die Vorgängerregelungen (vgl § 25 Abs 4 Satz 6 AVG, § 1248 Abs 4 Satz 6 RVO und § 48 Abs 4 Satz 6 RKG) dem Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung den Bezug von Vorruhestandsgeld gleich. Erst mit dem Hüttenknappschaftlichen-Zusatzversicherungs-Neuregelungs-Gesetz – HZvNG – vom 21. Juni 2002 (BGBl I 2167) wurden mit Wirkung ab 1. Januar 2003 – also nach dem hier maßgeblichen Zeitraum – die früheren Sätze 3 und 4 des § 34 Abs 2 SGB VI zusammengefasst und die Fiktion durch die Formulierung “oder vergleichbares Einkommen” ersetzt, womit in Reaktion auf das Urteil des BSG vom 4. Mai 1999 (aaO) zB Abgeordnetenbezüge, die nach dieser Rechtsprechung kein Arbeitseinkommen iS des § 14 Abs 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) waren, zu berücksichtigen sind. In Bezug auf das Vorruhestandsgeld ist dadurch keine Rechtsänderung eingetreten, sodass es sich entgegen der Auffassung des Klägers auch insoweit nicht um “auslaufendes Recht” handelt. Denn in den Gesetzesmaterialien ist klargestellt, dass das Vorruhestandsgeld mit der neuen Formulierung nach wie vor erfasst sei (BT-Drucks 14/9442 S 52 f), also jetzt zu den “vergleichbaren Einkommen” zählt (zu diesem Begriff, der vordem bereits in § 18a Abs 2 Satz 1 SGB IV verwendet wurde und das Vorruhestandsgeld umfasste, vgl mwN BSG Urteil vom 6. September 2001 – B 5 RJ 28/00 R – SozR 3-2400 § 18a Nr 7). Konsequenterweise bleiben nach der Übergangsregelung des § 302 Abs 6 SGB VI bei am 31. Dezember 2002 laufenden Altersrenten die neu einbezogenen “vergleichbaren Einkommen” weiterhin anrechnungsfrei, jedoch ausdrücklich mit Ausnahme des Vorruhestandsgeldes, denn dieses war bereits nach dem bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Recht dem Erwerbseinkommen gleichgestellt. Die Neuregelung beschränkt sich demnach darauf, zusätzlich zum Vorruhestandsgeld weitere Einkünfte zu erfassen.
c) Die niederländische VUT-Leistung ist auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG “Vorruhestandsgeld” iS des § 34 Abs 2 Satz 3 SGB VI und als Hinzuverdienst zu berücksichtigen.
Was § 34 Abs 2 Satz 3 SGB VI mit “Vorruhestandsgeld” meint, ergibt sich aus den Regelungen des VRG vom 13. April 1984 (BGBl I 601, zuletzt geändert durch Art 41 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl I 2954), insbesondere dessen § 2, sowie den flankierenden Regelungen über die Versicherungspflicht (nunmehr § 5 Abs 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB V≫, § 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI); außerdem ist § 142 Abs 4 (ursprünglich § 142 Abs 5) Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zu beachten, der den Bezug von Arbeitslosengeld neben dem Bezug von Vorruhestandsgeld oder einer vergleichbaren Leistung in Höhe von mindestens 65 vH des Bemessungsentgelts ausschließt. Demnach ist Vorruhestandsgeld eine der Sicherung des Lebensunterhalts dienende laufende Leistung des früheren Arbeitgebers oder gemeinsamer Einrichtungen (vgl § 2 Abs 2, § 8 VRG), die im Anschluss an das vereinbarte Ende des Beschäftigungsverhältnisses (§ 2 Abs 1 Nr 3 VRG) auf Grund eines Tarifvertrages oder einer individuellen Vereinbarung in der Regel bis zum Beginn einer Rente wegen Alters gezahlt wird. Die Versicherungspflicht zur Kranken- und Rentenversicherung unterstreicht die Vergleichbarkeit zum Arbeitseinkommen. Denn Vorruhestandsgeld wird in Nachwirkung des Arbeitsverhältnisses und basierend auf den daraus abgeleiteten vormaligen Rechten und Pflichten erbracht. Es kommt deshalb auch nicht auf die Bezeichnung an, sodass zB Anpassungsgeld, Überbrückungsgeld, Übergangsgeld, vorgezogenes Ruhegeld, vorgezogene Betriebsrente oder deren Kombination rechtlich Vorruhestandsgeld sein können (vgl BSG Urteil vom 6. September 2001 – B 5 RJ 28/00 R – SozR 3-2400 § 18a Nr 7).
Um Leistungen, die auf Grund des VRG bezuschusst werden, braucht es sich nicht zu handeln. Das VRG sieht vor, dass Arbeitgeber oder Ausgleichskassen Zuschüsse zu Vorruhestandsleistungen an ältere Arbeitnehmer erhalten konnten, wenn die näheren Voraussetzungen vor dem 1. Januar 1989 erfüllt waren (vgl § 14 VRG). Die ebenfalls im Jahre 1984 eingeführte Versicherungspflicht der Bezieher von Vorruhestandsgeld in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung besteht jedoch nach dem praktischen Auslaufen der Zuschussregelungen des VRG unter den dort normierten Voraussetzungen weiter. Der Bezug von Vorruhestandsgeld führt deshalb unabhängig vom zeitlichen Geltungsbereich des VRG und unabhängig von der Zuschussberechtigung des Arbeitgebers zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach § 118b AFG (vgl mwN BSG Urteil vom 26. November 1992 – 7 RAr 46/92 – BSGE 71, 265 = SozR 3-4100 § 118b Nr 1). Diese Rechtslage führt das SGB III fort, denn nach § 142 Abs 4 SGB III (früher § 142 Abs 5 SGB III) ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld auch während der Zeit, für die der Arbeitslose wegen seines Ausscheidens aus dem Erwerbsleben Vorruhestandsgeld oder eine vergleichbare Leistung mindestens in Höhe von 65 vH des Bemessungsentgelts bezieht. Die bereits erwähnte Übergangsregelung des § 306 Abs 6 SGB VI aus dem Jahre 2002, die allenfalls zwei Jahre zurückliegende Rentenneuzugänge begünstigt, bestätigt ebenfalls, dass im Rahmen des § 34 Abs 2 SGB VI der rechtstechnische Begriff “Vorruhestandsgeld” nicht an den zeitlichen Anwendungsbereich des VRG und die danach gewährten öffentlich-rechtlichen Zuschüsse geknüpft sein kann.
Die von der holländischen Stiftung Betriebsrentenfonds für den gewerblichen Straßen-Güterverkehr gewährten VUT-Leistungen sind “Vorruhestandsgeld” iS des § 34 Abs 2 Satz 3 SGB VI, auch wenn es sich um ausländische Einkünfte handelt. Denn sie wurden nach den Feststellungen des LSG auf tarifvertraglicher Grundlage im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zum Beginn der (holländischen) Altersrente gezahlt, führten das bisherige Erwerbseinkommen in ausreichender Höhe fort, unterlagen nach den vorgelegten Abrechnungsunterlagen der Versicherungs- und Beitragspflicht in der holländischen Renten- und Krankenversicherung und waren schließlich auch in den Niederlanden lohnsteuerpflichtig. Dass das Vorruhestandsgeld im Ausland gezahlt wurde, ist wegen der Vergleichbarkeit mit Arbeitseinkommen unerheblich. Die rentenmindernde Anrechnung von laufendem Einkommen aus einer ausländischen Erwerbstätigkeit hat die Rechtsprechung im Rahmen der Entscheidung über die Art und Weise der Währungsumrechnung als selbstverständlich angesehen (vgl BSG Urteile vom 9. November 1982 – 11 RA 2/82 – BSGE 54, 169 = SozR 2200 § 1248 Nr 38 und vom 12. September 1984 – 4 RJ 11/83 – AmtlMitt LVA Rheinpr 1985, 189). Dass der Gesetzgeber in § 96a Abs 4 SGB VI ausdrücklich vergleichbare Lohnersatzleistungen iS des Abs 3 (Krankengeld, Übergangsgeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld aus der Unfallversicherung) einer Stelle im Ausland in die dortige Anrechnungsregelung einbezogen hat und in § 93 Abs 4 Satz 1 Nr 4 SGB VI ausdrücklich auch die Anrechnung “vergleichbarer” ausländischer Unfallrenten vorgesehen ist, spricht entgegen der Auffassung des SG und des Klägers nicht für die Beschränkung des § 34 Abs 2 SGB VI auf inländische Einkünfte. Die genannten Parallelvorschriften verwenden Begriffe des deutschen Sozialleistungsrechts, deren Anwendung auf ausländische Sozialleistungen ohne entsprechende Anordnung zumindest zweifelhaft wäre. Derartige Zweifel sind bei den “gebietsneutralen” Begriffen des Arbeitsentgelts und des Arbeitseinkommens nicht angebracht, weil sie keinen Bezug zu einem bestimmten Rechtssystem aufweisen. Da das Vorruhestandsgeld nach dem Willen des Gesetzgebers im Rahmen der Hinzuverdienstregeln wie Arbeitsentgelt behandelt werden soll, sind ausländische Vorruhestandsleistungen den inländischen ebenso gleichgestellt wie inländische und ausländische Erwerbseinkünfte. Insoweit verweist die Verwendung des Begriffs aus dem deutschen Recht – ähnlich wie beim Arbeitsentgelt – auf den zu Grunde liegenden Sachverhalt und nicht auf die spezifische rechtliche Zuordnung oder Benennung. Mit der Erfassung des Vorruhestandsgeldes als “vergleichbares Einkommen” nach dem ab dem 1. Januar 2003 geltenden Recht, die insoweit keine Änderung der früheren Rechtslage darstellt, wird das Gebot einer nicht auf die Bezeichnung abstellenden Auslegung noch deutlicher.
d) Europarechtliche Regelungen stehen dem, wie das LSG im Ergebnis richtig entschieden hat, nicht entgegen.
Die vorliegende Konstellation ist von Art 46a Abs 3 Buchstabe a EWGV 1408/71 erfasst, sodass es nicht darauf ankommt, dass dasselbe Ergebnis trotz der erwähnten Nähe des Vorruhestandsgeldes zum Arbeitseinkommen auf eine Analogie zu Art 12 Abs 3 EWGV 1408/71 wohl nicht gestützt werden könnte. Gegenüber der generellen Gleichstellung von im EU-Ausland erzielten oder begründeten Einkünften, wie sie in Art 12 Abs 2 EWGV 1408/71 bei der Anwendung von innerstaatlichen Antikumulierungsvorschriften angeordnet wird, genießt kraft ausdrücklichen Vorbehalts die jüngere, mit Wirkung vom 1. Juni 1992 eingeführte, spezielle Regelung des Art 46a Abs 3 Buchstabe a EWGV 1408/71 den Vorrang. Danach dürfen im Fall des Zusammentreffens von Leistungen (hier der deutschen vorgezogenen Altersrente) mit “sonstigen Einkünften” (hier dem niederländischen VUT) die in einem anderen Mitgliedsstaat erzielten Einkünfte nur berücksichtigt werden, “wenn die Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaates die Berücksichtigung solcher im Ausland … erzielter Einkünfte vorsehen”. Diese Regelung setzt die Rechtsprechung des EuGH zu Art 12 EWGV 1408/71 um, wonach das Koordinierungsrecht der Gemeinschaft selbst keine Kürzungsregelungen eines bereits innerstaatlich bestehenden Anspruchs enthalten darf (stRspr seit dem Urteil Petroni vom 21. Oktober 1975 – 24/75 – EuGHE 1975, 1149 = SozR 6050 Art 46 Nr 1), denn solche zu erlassen ist allein Sache des innerstaatlichen Gesetzgebers. Vor diesem Hintergrund soll durch Art 46a Abs 3 Buchstabe a EWGV 1408/71 vor allem ausgeschlossen werden, das Gemeinschaftsrecht iS einer Erweiterung von nationalen Antikumulierungsvorschriften auf ausländische Sachverhalte auszulegen, als die es früher teilweise verstanden wurde; die Vorschrift hat nicht zum Ziel, besondere formale Voraussetzungen für die Vorschriften der Mitgliedsstaaten über die Kürzung von Leistungen bei ausländischen Einkünften aufzustellen.
Aus der Formulierung, die Berücksichtigung der im Ausland erzielten “Einkünfte” müsse innerstaatlich “vorgesehen” sein, ist infolgedessen keinesfalls abzuleiten, dass dies ausdrücklich (expressis verbis) zu geschehen habe, wie das SG und der Kläger meinen. Auch ist es wegen der grundsätzlichen Kompetenzzuweisung keine Frage des Gemeinschaftsrechts, ob eine innerstaatliche Norm die Anrechnung ausländischer Einkünfte “vorsieht”. Vielmehr ist die Anwendung des Gemeinschaftsrechts im Einzelfall – dh ob hier § 34 Abs 2 SGB VI als Bestimmung iS des Art 46a Abs 3 Buchstabe a EWGV 1408/71 anzusehen ist – in erster Linie Sache des nationalen Gerichts. Es ist, wie der EuGH formuliert, dessen Aufgabe, bei der Rechtsfindung “die Bestimmungen des nationalen Rechts im Hinblick auf eine Norm des Gemeinschaftsrechts zu qualifizieren”. Allerdings können sich aus der Rechtsprechung des EuGH “Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts” ergeben, die ihm “bei der Beurteilung dieser Bestimmungen nützlich sein könnten” (zB Urteil Coenen vom 24. September 1987 – 37/86 – EuGHE 1987, 3589 = SozR 6050 Art 12 Nr 16). Indes wäre die unterschiedliche Behandlung von Wanderarbeitnehmern je nach dem, ob sie Vorruhestandsgeld aus Deutschland oder eine in allen wesentlichen Punkten vergleichbare Arbeitgeberleistung aus dem Ausland beziehen, auch unter europarechtlichen Aspekten problematisch. Infolgedessen und mit Rücksicht auf die dargestellte Zielsetzung des Art 46a EWGV 1408/71 hegt der Senat keine Zweifel an der Reichweite des Gemeinschaftsrechts, die Anlass geben könnten, den EuGH im angedeuteten Sinne vorab um eine Entscheidung zu ersuchen.
2. Das LSG hat die individuellen Hinzuverdienstgrenzen des Klägers unzutreffend ermittelt und hat deshalb die entsprechenden Feststellungen nachzuholen.
a) Die für die Altersvollrente und die drei möglichen Teilrenten maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen sind hinsichtlich des streitigen Leistungszeitraums vom Juni 1998 bis April 2000 zunächst § 34 Abs 3 SGB VI in der bis 31. März 1999 bzw 31. Dezember 1999 geltenden Fassung zu entnehmen. Die Änderung des Absatz 3 durch das Rentenreformgesetz (RRG) 1999 vom 16. Dezember 1997 (BGBl I 2998) und das Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24. März 1999 (BGBl I 388) mit Wirkung vom 1. April 1999 bzw 1. Januar 2000, welche die Hinzuverdienstgrenze bei der Vollrente ab 1. April 1999 einheitlich auf 630 Deutsche Mark festgeschrieben und den Berechnungsmodus der individuellen Hinzuverdienstgrenzen für die Teilrenten ab 1. Januar 2000 geändert haben, ist nur hinsichtlich der Hinzuverdienstgrenze für die Vollrente zu beachten. Denn bereits durch das RRG 1999 war dem § 302 SGB VI mit Wirkung ab 1. Januar 2000 ein Absatz 5 angefügt worden, der als Sonderregelung (vgl § 300 Abs 5 SGB VI) für diejenigen Versicherten, die am 31. Dezember 1999 einen Anspruch auf Rente wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres hatten, die Hinzuverdienstgrenze für die Teilrente wegen Alters “im Laufe eines jeden Kalenderjahres seit Rentenbeginn für diese Rente” unter wörtlicher Übernahme der bisherigen Regelung des § 34 Abs 3 Nr 2 SGB VI auf Dauer festschrieb (vgl zum Übergangsrecht Klattenhoff in Hauck/Noftz, Komm SGB VI, Stand März 2003, K § 34 RdNr 54).
Nach § 34 Abs 3 Nr 1 SGB VI in der bis 31. März 1999 geltenden Fassung war die Hinzuverdienstgrenze bei einer Rente wegen Alters als Vollrente ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße, § 18 SGB IV, ab dem 1. April 1999 war sie bis zum Ende des streitgegenständlichen Zeitraums auf 630 Deutsche Mark festgeschrieben. Gemäß § 34 Abs 3 Nr 2 SGB VI in der bis 31. Dezember 1999 geltenden Fassung, bzw anschließend nach § 302 Abs 5 SGB VI beträgt die Hinzuverdienstgrenze bei einer Rente wegen Alters als Teilrente von einem Drittel der Vollrente das 70-fache, der Hälfte der Vollrente das 52,5-fache, zwei Dritteln der Vollrente das 35-fache des aktuellen Rentenwerts (§ 68 SGB VI), vervielfältigt mit den Entgeltpunkten ≪EP≫ (§ 66 Abs 1 Nr 1 bis 3 SGB VI) des letzten Kalenderjahres vor Beginn der ersten Rente wegen Alters, mindestens jedoch mit 0,5 EP.
Mit Rücksicht auf die genannten festen Grenzbeträge scheidet ein Anspruch auf eine vorgezogene Vollrente wegen Alters nach den Feststellungen des LSG aus, da die niederländische VUT-Leistung mit anfangs knapp 4.200 DM ungeachtet möglicher Schwankungen im gesamten maßgeblichen Zeitraum die Hinzuverdienstgrenze von einem Siebtel der monatlichen Bezugsgröße zwischen 610 und 630 DM übersteigt, sodass die Verdoppelung dieser Grenze für zwei Monate im Jahr nach § 34 Abs 2 Satz 2 SGB VI ebenfalls außer Betracht bleiben kann. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob der anrechenbare Betrag des Vorruhestandsgeldes nach Art 46c Abs 2 EWGV 1408/71 im Verhältnis der in Deutschland und in den Niederlanden vom Kläger zurückgelegten Versicherungszeiten (pro rata temporis) zu mindern ist, denn dieselbe Minderung müsste für den Grenzbetrag gelten, sodass sich am Verhältnis der beiden Werte zueinander nichts ändern würde.
Ob die VUT des Klägers auch die drei Hinzuverdienstgrenzen für die Teilrenten überschritten hat, lässt sich derzeit nicht abschließend beurteilen, weil der dabei zu berücksichtigende individuelle Faktor in Form der persönlichen EP entgegen der Auffassung der Vorinstanz für den Kläger nicht mit dem gesetzlichen Mindestwert angesetzt werden darf. Die Verdienstgrenzen für die Teilrenten werden mittels dreier Multiplikatoren errechnet – dem feststehenden Teilrentenfaktor (70, 52,5 und 35), dem im Takt der Rentenanpassungen variablen, aber generellen aktuellen Rentenwert sowie den individuellen EP, die der Versicherte im letzten Kalenderjahr vor Beginn der ersten Rente wegen Alters erworben hat. Die drei so gebildeten Grenzwerte entsprechen einer fiktiven und dynamisierungsfähigen Regelaltersrente berechnet mit 70, 52,5 oder 35 Versicherungsjahren und dem im Kalenderjahr vor dem Rentenbeginn erzielten Arbeitsentgelt. Die drei Teilrentenfaktoren korrespondieren mit dem Sicherungsziel der Teilrenten, die einen abgestuften Ausgleich für das entgangene bisherige Erwerbseinkommen schaffen sollen. Die Anknüpfung an die zuletzt erworbenen EP sowie den aktuellen Rentenwert führt den individuellen letzten wirtschaftlichen Status des Versicherten (seine “Rangstelle”) in pauschaler Form fort, soweit dieser wegen der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung berücksichtigt wird. Insgesamt handelt es sich, wie das BSG zu den weitgehend parallel ausgestalteten Hinzuverdienstgrenzen bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bereits entschieden hat, um eine ausgewogene, den Anforderungen einer Massenverwaltung genügende Anspruchsbegrenzung, die auch unter verfassungsrechtlichem Aspekt als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des eigentumsgeschützten Rechts auf Rente iSd Art 14 Abs 1 Satz 1 GG nicht zu beanstanden ist (vgl mwN BSG Urteil vom 28. April 2004 – B 5 RJ 60/03 R – SozR 4-2600 § 313 Nr 3).
b) Beklagte und LSG haben die Hinzuverdienstgrenzen für die Teilrenten wegen Alters mit Hilfe der Auffangregelung des § 34 Abs 3 Nr 2 SGB VI berechnet, wonach der individuelle Multiplikator mindestens 0,5 EP beträgt, und sind so beispielsweise für die Zeit bis zum 30. Juni 1998 auf Grund des damaligen aktuellen Rentenwerts von 47,44 und der festen Faktoren von 70, 52,5 bzw 35 für die Teilrente von einem Drittel der Vollrente auf DM 1.660,40, für die Teilrente von der Hälfte der Vollrente auf DM 1.245,30 und für die Teilrente von zwei Dritteln der Vollrente auf DM 830,20 gekommen. Durch die niederländische VUT-Leistung von damals umgerechnet DM 4.192,02 würden die so ermittelten Hinzuverdienstgrenzen sämtlich überschritten. Die Berechnung ist jedoch fehlerhaft, weil die Auffangregelung des § 34 Abs 3 Nr 2 SGB VI nur dann greift, wenn die “Entgeltpunkte (§ 66 Abs 1 Nr 1 bis 3) des letzten Kalenderjahres vor Beginn der ersten Rente wegen Alters” nicht den Mindestwert von 0,5 erreichen. Im Falle des Klägers können jedoch EP iS der Legaldefinition des § 34 Abs 3 Nr 2 SGB VI ermittelt werden, die den Mindestwert übersteigen.
Die Ermittlung der EP anhand der in den Niederlanden zurückgelegten Rentenversicherungszeiten scheidet allerdings in diesem Zusammenhang aus, denn wegen der Bezugnahme auf § 66 SGB VI können nur innerstaatliche EP angesprochen sein. EP für ausländische Versicherungszeiten, auch in einem Mitgliedsstaat der EU, sind bereits vom Wortlaut nicht erfasst, denn es handelt sich um eine Rechengröße des deutschen Rentenrechts. EP können auch nicht über die Gleichstellungsregelung des Art 45 Abs 1 EWGV 1408/71 fiktiv ermittelt werden, denn diese bezieht sich nur auf Versicherungs- oder Wohnzeiten, nicht aber auf die für die Ermittlung der EP allein maßgeblichen innerstaatlichen beitragspflichtigen Einnahmen (so im Ergebnis auch Grotzer, DRV 1993, 67, 80 ff; Klattenhoff in Hauck/Noftz, Komm SGB VI, Stand März 2003, K § 34 RdNr 45). Nichts anderes ergibt sich aus den Berechnungsvorschriften der EWGV 1408/71. Zwar würde eine Rente des Klägers aus der deutschen Rentenversicherung zunächst so berechnet, als hätte er sämtliche Versicherungszeiten in Deutschland zurückgelegt, und erst im zweiten Schritt im Verhältnis der deutschen Versicherungszeiten pro rata temporis gekürzt. Die dabei erforderliche Bewertung der später zurückgelegten Zeiten orientiert sich jedoch nicht an dem in den Niederlanden tatsächlich erzielten Verdienst, sondern an dem Durchschnitt der früher in Deutschland erworbenen EP (vgl Art 46 Abs 2 Buchstabe a, Art 47 Abs 1 Buchstabe c EWGV 1408/71).
Dennoch darf der Kläger nicht so behandelt werden, als habe er im “letzten Kalenderjahr” vor Rentenbeginn überhaupt keine EP aufzuweisen. Zumindest bei Wanderarbeitnehmern innerhalb der EU verweist die Bestimmung auf die EP des letzten in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegten Kalenderjahres vor dem Rentenbeginn. Eine andere Auslegung der Vorschrift würde Versicherte wie den Kläger europarechtswidrig benachteiligen.
Der Wortlaut der Bestimmung ist nicht eindeutig. Dabei geht es um die Frage, ob vorrangig das letzte Kalenderjahr mit EP angesprochen ist und auf andere Zeiträume erst dann zurückgegriffen werden darf, wenn überhaupt keine berücksichtigungsfähigen EP vorhanden sind (etwa bei durchgeführtem Versorgungsausgleich, vgl den in § 34 Abs 3 Nr 2 nicht genannten § 66 Abs 1 Nr 4 SGB VI), oder ob der Begriff des Kalenderjahrs als solcher im Vordergrund steht und der Zeitraum vor dem Rentenbeginn unabhängig von seiner versicherungsrechtlichen Qualität gemeint ist. Die Bezugnahme auf einen Mindestwert spricht ebenso wie der Hinweis auf das “versicherte Entgelt” in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 11/4124 S 161) dafür, dass dem Gesetzgeber vor allem Fallgestaltungen vorschwebten, in denen dem Mindestwert tatsächlich erworbene EP gegenüberzustellen sind. Selbst wenn mit der Regelung eine Anknüpfung an den zuletzt erreichten, rentenversicherungsrechtlich abgesicherten Status bezweckt werden sollte, ist dadurch keine Auslegung geboten, die Versicherte mit einer einjährigen (seit dem 1. Januar 2000: dreijährigen) Lücke im Versicherungsverlauf massiv benachteiligen würde, indem die Hinzuverdienstgrenzen im Durchschnitt halbiert und im Extremfall auf ein Viertel gesenkt würden. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Mindestfaktor von 0,5 nicht nur eine Rechengröße zur Gewinnung dynamisierungsfähiger Grenzwerte darstellt, sondern außerdem das Fehlen von EP just im Kalenderjahr vor dem Rentenbeginn – unter Umständen mit vollständigem Rentenwegfall – sanktionieren soll. Das Gegenargument, es komme auf die Fortschreibung der wirtschaftlichen Situation unmittelbar vor dem Rentenbezug an, überzeugt den Senat nicht, weil der zeitliche Zusammenhang beim Beginn einer zweiten Altersrente ebenso wenig gewahrt bleibt und weil die spätere Berücksichtigung eines früher einmal erreichten Status auch sonst dem Rentenversicherungsrecht keineswegs fremd ist.
Bei dieser Betrachtungsweise ist dem Verweis auf die EP des letzten Kalenderjahres kein anderer Zweck zu entnehmen, als das vor Rentenbeginn erreichte versicherungspflichtige Verdienstniveau (die “Rangstelle”) ebenso wie bei der Rentenberechnung in die Berechnung der Hinzuverdienstgrenzen einfließen zu lassen. Ob der Multiplikator dem Kalenderjahr unmittelbar vor dem ersten Rentenbeginn oder – bei Unterbrechungen – einem vorangegangenen Kalenderjahr entnommen wird, ist dann von untergeordneter Bedeutung. Denn wegen der Verknüpfung mit dem Einkommensniveau aller Versicherten bleibt die darin zum Ausdruck kommende Wertrelation auch bei Unterbrechungen erhalten. Dabei kommt die Heranziehung des letzten Kalenderjahres mit EP statt eines anderen Zeitraums oder eines Durchschnittswertes in der Regel dem Versicherten zugute, weil er in dieser Zeit häufig die im Vergleich zum Durchschnitt höchsten versicherungspflichtigen Einkünfte erzielt; ob der möglicherweise ungünstigere Grenzwert bei atypischem Versicherungsverlauf eine verfassungswidrige Benachteiligung darstellt, kann hier ebenso offen bleiben wie im schon erwähnten Urteil des 5. Senats vom 28. April 2004 (B 5 RJ 60/03 R – SozR 4-2600 § 313 Nr 3). Jedenfalls würde es der Bewertung der Gesamtregelung als ”Übersicherungseinwand” (dazu: BSG Urteil vom 31. März 1998 – B 4 RA 49/96 R – BSGE 82, 83 = SozR 3-2600 § 93 Nr 7 S 49 f) widersprechen, bei der Ermittlung des Ausgangswerts für die Prüfung einer möglichen Übersicherung ausgerechnet einen Zeitraum zu Grunde zu legen, in dem der Betroffene vorübergehend gerade nicht rentenversichert war. Bei alledem können Gründe der Verwaltungspraktikabilität keine Rolle spielen, denn die maßgeblichen EP müssen unabhängig von ihrer zeitlichen Lage vom Rentenversicherungsträger erfasst worden sein und im Rentenbescheid ausgewiesen werden.
In dieser Auslegung wären Lücken im Versicherungsverlauf grundsätzlich nicht zu berücksichtigen; im Falle des Klägers wäre auf die deutschen, vor seiner Erwerbstätigkeit in den Niederlanden erworbenen, EP zurückzugreifen. Die Anwendung des Mindestfaktors von 0,5 wäre nur gerechtfertigt, wenn die im letzten Kalenderjahr in Deutschland (1963) zurückgelegte Versicherungszeit weniger EP erbracht hätte. Der Senat lässt jedoch ausdrücklich dahingestellt, ob die dargelegten Gründe ausreichen, § 34 Abs 3 Nr 2 SGB VI generell im aufgezeigten Sinne auszulegen. Die vor einer Versicherungslücke zuletzt erworbenen EP sind jedenfalls dann für die Hinzuverdienstgrenze maßgeblich, wenn die Lücke wie beim Kläger durch die Verlagerung der Erwerbstätigkeit in einen anderen EU-Mitgliedsstaat entstanden ist. Entsprechend dem in Art 42 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der Fassung des Amsterdamer Vertrages vom 2. Oktober 1997 (EG – früher Art 51 EGVtr – Neufassung veröffentlicht in: BGBl II 1998, 387) festgelegten Grundsatz, dass dem Versicherten durch die Wanderbewegung innerhalb der Gemeinschaft jedenfalls bei der Rentenberechnung keine Nachteile erwachsen sollen, gebietet das Gemeinschaftsrecht, wie aufgezeigt, ausländische Versicherungszeiten bei der Feststellung der deutschen Vertragsrente nicht nur zu berücksichtigen, sondern sie auch mit dem Durchschnitt der in Deutschland erworbenen EP zu bewerten. Mit dieser Grundkonzeption wäre es unvereinbar, den Wanderarbeitnehmer bei der Ermittlung der Hinzuverdienstgrenzen so zu behandeln, als hätte er zuletzt überhaupt keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt, und ihm nur den minimalen Hinzuverdienst nach dem Mindestfaktor 0,5 zu erlauben (aA Grotzer, DRV 1993, 67, 80 ff; Klattenhoff in Hauck/Noftz, Komm SGB VI, Stand März 2003, K § 34 RdNr 45). Es führte zu einer nicht hinnehmbaren und nach Art 3 Abs 1 EWGV 1408/71 sowie Art 12 EG (früher Art 6 EGVtr) verbotenen Diskriminierung des Wanderarbeitnehmers innerhalb der Gemeinschaft, bei der Rentenberechnung zunächst die gesamte Versicherungsbiografie zu berücksichtigen, die Hinzuverdienstgrenzen dann aber auf einen Mindestwert herabzusetzen, weil der Versicherte zuletzt im EU-Ausland versichert war, und die Rente mit Rücksicht auf ausländische Einkünfte zu versagen, die letztlich auf der im Ausland ausgeübten Beschäftigung beruhen, während ein Versicherter mit vergleichbaren Einkünften und einer vergleichbaren, aber durchgehend deutschen Versicherungsbiografie die deshalb höheren Hinzuverdienstgrenzen nicht überschreiten würde. Da § 34 Abs 3 Nr 2 SGB VI eine Auslegung zulässt, die dieses europarechtswidrige Ergebnis vermeidet, ist die Vorschrift jedenfalls bei Wanderarbeitnehmern im aufgezeigten Sinne anzuwenden.
Beim Kläger, dessen versicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland im Januar 1964 endete, ist infolgedessen auf die im Kalenderjahr 1963 in der deutschen Rentenversicherung erworbenen EP abzustellen. Dieser Wert ist vom LSG zu ermitteln, wobei auf den mittlerweile vorliegenden Regelaltersrentenbescheid zurückgegriffen werden kann. Die Hinzuverdienstgrenzen für die vorgezogenen Teilrenten wegen Alters sind mit diesem Wert hinsichtlich des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums zu bilden, dh mit jeder Anpassung des aktuellen Rentenwertes neu.
c) Den so ermittelten Hinzuverdienstgrenzen sind die jeweiligen ebenfalls zu ermittelnden niederländischen VUT-Leistungen gegenüberzustellen, wobei ein zweimaliges Überschreiten um einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze im Laufe eines Kalenderjahres die Rente nicht mindert. Die Umrechnung pro rata temporis nach Maßgabe des Art 46c EWGV 1408/71 würde auch hier für beide Vergleichswerte gelten, sodass sich dadurch an deren Verhältnis und somit am Ergebnis nichts ändern würde. Erst dann kann entschieden werden, ob und für welche Zeiträume und mit welcher Quote (1/3, 1/2, 2/3) dem Kläger eine Teilrente wegen Alters bei langjähriger Versicherung zusteht. Da keinesfalls die Vollrente zu gewähren ist, muss zusätzlich eine eventuelle Anrechnungsbeschränkung durch Art 46 Abs 3 Buchstabe d EWGV 1408/71 beachtet werden. Darin wird die Minderung des deutschen Rentenanspruchs auf den Betrag begrenzt, den der Kläger in den Niederlanden bezieht. Allerdings erreicht die Rentenminderung keinesfalls die volle VUT-Leistung, sodass ihr insofern das Europarecht nicht entgegenstehen würde. Sollte sie jedoch den im Verhältnis der deutschen Versicherungszeit pro rata temporis errechneten Teilbetrag der VUT-Leistung überschreiten, wäre zu klären, ob Art 46a Abs 3 Buchstabe d EWGV 1408/71 die Anrechnung des vollen Betrags zulässt oder auf den Pro rata Betrag begrenzt. Da nach dem derzeitigen Stand der Sachaufklärung nicht abzusehen ist, ob der Anspruch des Klägers von dieser Frage abhängt, wird sie erst zu entscheiden sein, wenn die hierfür relevanten Zahlen vorliegen (vgl BSG Urteil vom 24. September 1996 – 1 RK 26/95 – SozR 3-2500 § 30 Nr 8 S 34 f).
Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Fundstellen
NZS 2005, 654 |
SGb 2005, 231 |
RdW 2005, 282 |