Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Berechnung. Einkommensermittlung. selbstständige Erwerbstätigkeit. Art und zeitlicher Umfang der selbstständigen Erwerbstätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Für die Höhe des Elterngelds kann der sich aus dem Steuerbescheid des letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraums ergebende durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn aus selbstständiger Arbeit nur dann zugrunde gelegt werden, wenn die im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes und die im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum durchgängig ausgeübte selbstständige Erwerbstätigkeit ihrer Art nach übereinstimmt und deren zeitlicher Umfang in beiden Zeiträumen um weniger als 20 Prozent voneinander abweicht.
Normenkette
BEEG § 2 Abs. 1, 8, 9 Sätze 1-3; EStG § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 3, § 15 Abs. 2 S. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin begehrt höheres Elterngeld.
Die Klägerin war nach der Geburt ihres ersten Kindes von Ende 2005 bis Ende August 2007 als selbstständige Psychotherapeutin erwerbstätig. Danach bezog sie im Hinblick auf die bevorstehende Geburt ihres zweiten Kindes Mutterschaftsgeld.
Am 10.11.2007 beantragte die Klägerin Elterngeld für das erste Lebensjahr ihres am 10.10.2007 geborenen Sohnes J. Sie legte ua eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 Einkommensteuergesetz (EStG) für das Jahr 2006 in Höhe von 12.801,03 Euro sowie eine von ihr gefertigte Berechnung der voraussichtlichen Einnahmen für die Zeit vom 1.9.2006 bis zum 31.8.2007 in Höhe von 40.195,88 Euro vor.
Das beklagte Land bejahte für das erste Lebensjahr des Kindes die Voraussetzungen eines Anspruches auf Elterngeld. Da er das Einkommen der Klägerin aus Erwerbstätigkeit noch nicht endgültig ermitteln konnte, bewilligte er (unter Anrechnung des Mutterschaftsgeldes) vorläufig Elterngeld in Höhe von 210,93 Euro für den ersten Lebensmonat, von 289,98 Euro für den zweiten Lebensmonat und von 714,73 Euro für den dritten bis zwölften Lebensmonat. Der Berechnung des Elterngeldes legte er die Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG für das Jahr 2006 zugrunde (12.801,03 Euro : 12 = 1.066,76 Euro) und stellte zu gegebener Zeit eine abschließende Festsetzung des Elterngeldes in Aussicht (Bescheid vom 6.2.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.3.2008).
Mit ihrer dagegen zum Sozialgericht Koblenz (SG) erhobenen Klage begehrt die Klägerin - wie schon im Widerspruchsverfahren - höheres Elterngeld unter Zugrundelegung ihrer im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Sohnes erzielten Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Die Einkünfte aus dem Jahre 2006 - dem letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum - seien aufgrund der Praxisneueröffnung im Jahre 2005 deutlich niedriger gewesen.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 25.11.2008) und ausgeführt: Die Ermittlung des maßgeblichen Einkommens für die Berechnung des Elterngeldes bei Selbstständigen werde zwar grundsätzlich nach § 2 Abs 8 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) vorgenommen, wobei auf die letzten 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes abzustellen sei. Unter den Voraussetzungen des § 2 Abs 9 BEEG werde jedoch hiervon abgewichen. Diese Vorschrift fingiere als Einkommen der letzten 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes das Einkommen des letzten abgeschlossenen (steuerlichen) Veranlagungszeitraums. Es werde dabei nicht vorausgesetzt, dass tatsächlich schon ein Steuerbescheid ergangen sei. Sei dies nicht der Fall, sei das Einkommen nach § 8 Abs 3 BEEG vorläufig festzustellen. Nach Vorlage des Steuerbescheides sei die vorläufige Berechnung ggf zu korrigieren. Im Falle der Klägerin seien die Voraussetzungen des § 2 Abs 9 BEEG erfüllt, da sie sowohl in den letzten 12 Kalendermonaten vor der Geburt des Sohnes als auch im gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum (dh im Jahre 2006) durchgehend erwerbstätig gewesen sei.
Die Klägerin hat mit Zustimmung des Beklagten die durch Beschluss des SG vom 13.1.2009 zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt: Das SG habe § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG fehlerhaft angewandt. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien nicht erfüllt. Sie habe wegen der Verlegung der Praxis Einbußen gehabt und sei überdies im Juli/August 2006 nicht - also nicht durchgängig - erwerbstätig gewesen. Nach den Gesetzesmaterialien sei zudem ein Rückgriff auf den zum letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid nur dann möglich, wenn das Einkommen in diesem Zeitraum repräsentativ gewesen sei. Das Jahr 2006 spiegele keineswegs die für ihre selbstständige Arbeit typischen Werte wider. In ihrem Fall sei daher die Grundnorm des § 2 Abs 8 BEEG anzuwenden. Anderenfalls würde sie als selbstständige Mutter benachteiligt. Das Elterngeld stelle nur dann einen Lohnersatz dar, wenn tatsächlich die Einnahmen, die zuvor erzielt worden seien, zu 67 Prozent als Elterngeld gezahlt würden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Koblenz vom 25.11.2008 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 6.2.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.3.2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr höheres Elterngeld unter Zugrundelegung ihres Erwerbseinkommens während des für die Einkommensermittlung vor der Geburt ihres Sohnes J. maßgeblichen Zeitraums zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Unter den engen Voraussetzungen des § 2 Abs 9 Satz 1 und 2 BEEG sei ein Rückgriff auf den zum letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid zwingend vorzunehmen. In der Erklärung zum Einkommen habe die Klägerin angegeben, dass sie die selbstständige Tätigkeit sowohl in dem vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraum als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums ausgeübt habe. Soweit sie nunmehr vortrage, eine selbstständige Erwerbstätigkeit sei im Juni/August 2006 nicht ausgeübt worden, fehle es an einem Ruhensbeschluss des Zulassungsausschusses. Eine vorübergehende urlaubsbedingte Unterbrechung des Praxisbetriebes sei nicht mit einer Unterbrechung der (selbstständigen) Erwerbstätigkeit gleichzusetzen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Sprungrevision der Klägerin (§ 161 SGG) ist im Sinne der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2Satz 2 SGG). Ob das SG die vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG) , die auf Zahlung höheren Elterngeldes unter Zugrundelegung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Sohnes der Klägerin gerichtet ist, zu Recht abgewiesen hat, lässt sich auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des SG nicht abschließend beurteilen. Entgegen der Auffassung des SG und des Beklagten kommt im vorliegenden Fall eine Festsetzung der Höhe des Elterngeldes nach § 2 Abs 1 und 8 BEEG in Betracht.
1. Gegenstand der Revision ist das klageabweisende Urteil des SG. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Zahlung höheren Elterngeldes unter Zugrundelegung ihrer Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (als Psychotherapeutin) im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt ihres Sohnes weiter.
Der Zulässigkeit der Anfechtungsklage steht nicht entgegen, dass es sich bei der vom Beklagten im Bescheid vom 6.2.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.3.2008 getroffenen Entscheidung nur um eine vorläufige Regelung nach § 8 Abs 3 BEEG handelt, denn die vorläufige Festsetzung wurde noch nicht durch eine endgültige ersetzt.
2. Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach dem BEEG idF vom 19.8.2007 (BGBl I 1970).
a) Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Dass die Klägerin diese Voraussetzungen erfüllt und ihr deshalb dem Grunde nach ein Anspruch auf Elterngeld zusteht, hat die Beklagte bejaht. Trotz Fehlens ausdrücklicher Tatsachenfeststellungen des SG ist dies nicht zweifelhaft. Gestritten wird allein über die Höhe des Elterngeldes.
b) Nach § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 Prozent des in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Nach § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG ist als Einkommen aus Erwerbstätigkeit die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe der Abs 7 bis 9 zu berücksichtigen.
Bei Selbstständigen - wie der Klägerin - ist das zu berücksichtigende Einkommen entweder nach Maßgabe des § 2 Abs 8 BEEG oder nach Maßgabe des § 2 Abs 9 BEEG zu ermitteln.
aa) § 2 Abs 8 Satz 1 BEEG enthält den Grundsatz, dass als Einkommen aus selbstständiger Arbeit der (um Steuern, Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung und Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte) Gewinn zu berücksichtigen ist. Nach § 2 Abs 8 Satz 2 BEEG ist Grundlage der Einkommensermittlung der Gewinn, der sich aus einer mindestens den Anforderungen des § 4 Abs 3 EStG entsprechenden Berechnung (Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben) ergibt. Erst wenn der Gewinn danach nicht ermittelt werden kann, ist nach § 2 Abs 8 Satz 3 BEEG von den Einnahmen eine Betriebskostenpauschale in Höhe von 20 Prozent abzuziehen.
Nach § 2 Abs 8 Satz 5 BEEG bleiben auf Antrag der berechtigten Person entsprechend der in § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG für abhängig Beschäftigte getroffenen Regelung Kalendermonate des Bezugs von Elterngeld für ein älteres Kind oder von Mutterschaftsgeld sowie Kalendermonate, in denen wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung die Erwerbstätigkeit nicht ausgeübt werden konnte, bei der Bestimmung des Zwölfmonatszeitraums vor der Geburt des Kindes unberücksichtigt.
bb) Ist die dem zu berücksichtigenden Einkommen ua aus selbstständiger Arbeit zu Grunde liegende Erwerbstätigkeit "sowohl während des gesamten für die Einkommensermittlung vor der Geburt maßgeblichen Zeitraums als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums ausgeübt worden", gilt nach § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG "abweichend von Abs 8" als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus dieser Erwerbstätigkeit der durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn, wie er sich aus dem für den Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt.
Diese Fiktion tritt nach § 2 Abs 9 Satz 2 BEEG nicht ein, wenn im Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen des § 2 Abs 7 Satz 5 oder 6 BEEG vorgelegen haben, also Elterngeld für ein älteres Kind oder Mutterschaftsgeld bezogen worden ist und/oder Einkommen aus Erwerbstätigkeit wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung ganz oder teilweise weggefallen ist (vgl zu § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 als abschließende Regelung: Bundessozialgericht ≪BSG≫, Urteil vom 19.2.2009 - B 10 EG 2/08 R -, juris RdNr 18 ff; BSG, Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R, juris RdNr 29 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
Ist in dem für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraum zusätzlich Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt worden, kann nach § 2 Abs 9 Satz 3 BEEG der (sich aus einem Steuerbescheid ergebende) durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn des letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums iS des Abs 9 Satz 1 nur dann herangezogen werden, wenn auch im Veranlagungszeitraum Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt worden sind. Ist dies der Fall, gilt als monatliches Einkommen iS von Abs 7 Satz 1 das im Veranlagungszeitraum erzielte monatliche Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit.
c) Entgegen der Auffassung des SG (und des Beklagten) kommt im vorliegenden Fall eine Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens der Klägerin aus selbstständiger Arbeit nach § 2 Abs 8 BEEG in Betracht. Für die Anwendung des § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG reicht es nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik, Sinn und Zweck des Elterngeldes sowie unter Beachtung der sich aus Art 3 Abs 1 GG ergebenden Grenzen typisierender Regelungen nicht aus, dass im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum ebenso wie in dem maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt überhaupt eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt worden ist. Vielmehr muss die in beiden Zeiträumen durchgängig ausgeübte Erwerbstätigkeit nach Art und (zeitlichem) Umfang im Wesentlichen übereinstimmen (dazu unter aa bis ee). Weicht der (zeitliche) Umfang in beiden Zeiträumen um mindestens 20 Prozent voneinander ab, kann nicht nach § 2 Abs 9 BEEG vorgegangen werden (dazu unter ff). Vielmehr hat die Einkommensermittlung nach § 2 Abs 8 BEEG zu erfolgen.
aa) Mit der Wortwahl "… die … Erwerbstätigkeit" (und nicht "… eine ... Erwerbstätigkeit") stellt § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG ausdrücklich darauf ab, dass in beiden in dieser Vorschrift genannten Zeiträumen eine der Art nach im Wesentlichen übereinstimmende Erwerbstätigkeit ausgeübt worden ist. Diese muss nach dem Wortlaut "sowohl" während des "gesamten" für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen (Zwölfmonats-)Zeitraums "als auch" während des "gesamten'" letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums - also durchgängig - ausgeübt worden sein (vgl Pauli in Hambüchen, Elterngeld-Elternzeit-Kindergeld, Stand 07/07, § 2 BEEG RdNr 27; Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Elterngeld, RdNr 140 ff; Buchner/Becker, MuschG-BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 46; hierzu auch Richtlinien zum BEEG des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 9.2.2009, Teil I Nr 2.0.3 und Nr 2.9.3, veröffentlicht bei Wiegand, BEEG, Anhang Nr 8) . Dies ist hier der Fall, denn nach den tatsächlichen Feststellungen des SG, die im Rahmen einer Sprungrevision von der Klägerin nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen werden können (§ 161 Abs 4 SGG) und deshalb für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), war die Klägerin während beider Zeiträume - also sowohl im Veranlagungszeitraum 2006 als auch im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt (bis zum Beginn des Mutterschutzes am 1.9.2007) - durchgängig als Psychotherapeutin selbstständig erwerbstätig.
Die Verknüpfung von Erwerbstätigkeit und Einkommen in § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG durch die Wortwahl "die dem zu berücksichtigenden Einkommen … aus selbstständiger Arbeit zugrunde liegende Erwerbstätigkeit" erfordert des Weiteren eine Auslegung, die den (zeitlichen) Umfang der selbstständigen Erwerbstätigkeit berücksichtigt. Denn jede Tätigkeit ist mit einem zeitlichen Arbeitseinsatz verbunden, der sich grundsätzlich auch auf die Einkommenshöhe auswirkt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - eine Abrechnung nach zeitlichen Behandlungseinheiten (Therapiestunden) erfolgt (vgl - bei Privatpatienten - Gebührenordnung für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten iVm Nr 861 ff Anlage zur Gebührenordnung für Ärzte sowie - bei Kassenpatienten - Nr 35200 ff Einheitlicher Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen). Dementsprechend muss der zeitliche Umfang der Tätigkeit in beiden in dieser Vorschrift genannten Zeiträumen im Wesentlichen übereinstimmen. Eine allein auf die durchgängige Ausübung der Erwerbstätigkeit abstellende Auslegung dieser Vorschrift - wie sie hier das SG vorgenommen hat - wird diesen Gegebenheiten nicht gerecht.
bb) Diese am Wortlaut des § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG orientierte Auslegung wird auch durch die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt.
§ 2 Abs 8 und 9 BEEG sind auf Empfehlung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages in das BEEG eingefügt worden (vgl BT-Drucks 16/2785 S 9 f). Damit wurde der Wunsch des Bundesrates nach einem am Steuerrecht orientierten Einkommensbegriff aufgegriffen (vgl BT-Drucks, aaO, S 37) . Mit der Regelung des § 2 Abs 9 BEEG sollte (aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung) für die Ermittlung des Einkommens ua aus selbstständiger Arbeit für den Zeitraum vor der Geburt ein Rückgriff auf den Steuerbescheid des letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraums ermöglicht werden. Damit sollte den Unterschieden zur Einkommensermittlung bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs 7 BEEG Rechnung getragen werden, nämlich dem häufigen zeitlichen Auseinanderfallen von Arbeitseinsatz, Einnahmen und Ausgaben bei selbstständiger Arbeit. In der Begründung der Ausschussempfehlung wurde jedoch zugleich darauf hingewiesen, dass ein Rückgriff auf den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum nicht immer möglich sei. Dieser sei von der Annahme getragen, dass das Einkommen des Veranlagungszeitraums für das Einkommen in den zwölf Kalendermonaten im Regelfall repräsentativ sei. Diese Annahme sei nur gerechtfertigt, wenn in beiden Zeiträumen die dem Einkommen zugrunde liegende Erwerbstätigkeit durchgängig ausgeübt worden sei und es im Veranlagungszeitraum keine nach § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG grundsätzlich zu berücksichtigenden Einkommensausfälle gegeben habe (vgl BT-Drucks, aaO, S 38).
Die in der gesetzlichen Fiktion zum Ausdruck kommende Annahme, dass das Einkommen im Veranlagungszeitraum für das Einkommen im Zwölfmonatszeitraum repräsentativ ist, erscheint auch unter Berücksichtigung typischerweise schwankender Einkommen selbstständig Erwerbstätiger nur dann als gerechtfertigt, wenn das Einkommen von derselben Person mit derselben selbstständigen Erwerbstätigkeit bei etwa gleichem Zeitaufwand erzielt wird.
Aus den Darlegungen in den Gesetzesmaterialien kann nach Auffassung des erkennenden Senats jedoch nicht der Schluss gezogen werden , dass der Gesetzgeber mit § 2 Abs 9 Satz 2 BEEG und dem dortigen Verweis auf § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG selbst abschließend geregelt hat, wann der repräsentative Charakter nicht mehr gegeben ist (so SG Berlin, Gerichtsbescheid vom 20.10.2008 - S 2 EG 87/08 ≪mit Anmerkung von Dau, jurisPR-SozR 8/2009 Anm 5≫ unter Verweis auf Pauli in Hambüchen, Elterngeld-Elternzeit-Kindergeld, Stand 07/07, § 2 BEEG RdNr 27) . § 2 Abs 9 Satz 2 BEEG erfasst durch die Bezugnahme auf § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG Tatbestände, die bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums außer Betracht zu bleiben haben, weil es sich dabei - wie bei bestimmten Anrechnungszeiten iS des § 58 SGB VI - um Zeiten handelt, in denen die Erwerbstätigkeit unterbrochen worden ist. Dies gilt sowohl bei Bezug von Elterngeld für ein älteres Kind oder von Mutterschaftsgeld als auch bei schwangerschaftsbedingten Erkrankungen mit Einkommensausfall. Der Gesetzgeber hat demnach mit der Regelung des § 2 Abs 9 Satz 2 BEEG nur klargestellt, dass es beim Vorliegen der in § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG enthaltenen Tatbestände an einer durchgängigen (ununterbrochenen) Erwerbstätigkeit im Veranlagungszeitraum fehlt (vgl auch: Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Elterngeld, RdNr 143; Buchner/Becker, MuSchG-BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 46; Wiegand, BEEG, § 2 RdNr 40; Richtlinien zum BEEG des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Teil I Nr 2.9.3, veröffentlicht bei Wiegand, aaO, Anhang 8; Lenz, in Rancke, Mutterschutz-Elterngeld-Elternzeit, § 2 BEEG RdNr 25 f). Eine weitergehende Schlussfolgerung lässt diese Regelung nicht zu.
cc) Für die vom Senat vertretene Auslegung des § 2 Abs 9 BEEG spricht auch die Systematik sowohl im BEEG als auch im darin in Bezug genommenen EStG.
§ 2 Abs 8 und 9 BEEG erfassen - wie § 15 Abs 1 Satz 1 SGB IV (hierzu zuletzt BSGE 99, 284 = SozR 4-2400 § 15 Nr 6 jeweils RdNr 19 mwN) - alle typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Einkunftsarten. Das sind nach dem Katalog in § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 3 EStG Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG), Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) und Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG), bei denen sich die Einkünfte aus dem Gewinn ergeben (§ 2 Abs 2 Satz 1 Nr 1 EStG). Nach der Definition in § 15 Abs 2 Satz 1 EStG handelt es sich bei den diesen Einkünften zugrunde liegenden Erwerbstätigkeiten um selbstständige nachhaltige Betätigungen, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen werden und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellen. Dabei können die selbstständig Erwerbstätigen ua den zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeit selbst bestimmen. Dies gilt besonders für freiberufliche Tätigkeiten iS des § 18 Abs 1 Nr 1 EStG, wozu die selbstständig ausgeübte Berufstätigkeit der (psychologischen) Psychotherapeuten gehört - als dem Katalogberuf des Arztes "ähnlicher Beruf" - (vglBFHE 135, 62; Psychotherapeutengesetz vom 16.6.1998 ≪BGBl I 1311≫ - dazu BSGE 87, 158 = SozR 3-2500 § 95 Nr 25; BVerfG NJW 2000, 1779). Bei dieser Berufsgruppe kommt noch hinzu, dass sie zur Einkommenserzielung im Wesentlichen strikt zeitgebundene (psychotherapeutische) Leistungen erbringen (hierzu BSGE 83, 205, 216 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 223; BSGE 84, 235, 238, 244 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 253, 260; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 35 S 276; BSGE 89, 1, 4 = SozR 3-2500 § 85 Nr 41 S 330; BSG, Urteil vom 5.11.2008 - B 6 KA 55/07 R, juris RdNr 16 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) . Sie sind demnach, was den Zeitaufwand der Tätigkeit anbelangt, mit nichtselbstständig Erwerbstätigen mit ua festen Arbeitszeiten vergleichbar (zur Abgrenzung einer selbstständigen von einer nichtselbstständigen Tätigkeit: BFHE 144, 225; BFH/NV 2009, 1814) .
Der Bedeutung des zeitlichen Umfangs einer selbstständigen Erwerbstätigkeit hat der Gesetzgeber in § 2 Abs 9 Satz 3 BEEG ausdrücklich Rechnung getragen. Diese Vorschrift lässt für den Personenkreis, der in dem für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraum teils selbstständig, teils nichtselbständig erwerbstätig gewesen ist, einen Rückgriff auf den sich aus dem Steuerbescheid ergebenden durchschnittlichen monatlichen Gewinn nämlich nur dann zu, wenn auch im Veranlagungszeitraum Einkünfte aus nichtselbstständig ausgeübter Arbeit erzielt worden sind, also in beiden Zeiträumen selbstständige und nichtselbstständige Erwerbstätigkeiten in etwa dem gleichen Umfang ausgeübt worden sind.
dd) Die hier vorgenommene Auslegung des § 2 Abs 9 BEEG entspricht auch dem Sinn und Zweck des Elterngeldes als (teilweiser) Einkommensersatz (zurEinkommensersatzfunktion des Elterngeldes bereits BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1,jeweils RdNr 19; BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 10 EG 2/08 R -, juris RdNr 29 ff; BSG, Urteilvom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R -, juris RdNr 55 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozRvorgesehen; BSG, Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R -, juris RdNr 28 f, zur Veröffentlichungin SozR vorgesehen).
Ziel des Elterngeldes ist es vor allem, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (so die Gesetzesbegründung, vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl Bericht der Bundesregierung vom 30.10.2008 über die Auswirkungen des BEEG, BT-Drucks 16/10770 S 5 f). Mit dem BEEG hat deshalb der Gesetzgeber die familienpolitischen Leistungen neu ausgerichtet und das bedürftigkeitsabhängige Erziehungsgeld durch ein verstärkt Einkommenseinbußen ersetzendes Elterngeld abgelöst.
Wie auch andere Entgeltersatzleistungen (vgl etwa zur Höhe des Krankengeldes eines Selbstständigen: BSGE 98, 43 = SozR 4-2500 § 47 Nr 7, jeweils RdNr 9 ff; BSG SozR 4-2500 § 47 Nr 10 RdNr 13 ff; zur Höhe des Verletztengeldes eines Selbstständigen: BSG SozR 4-2700 § 47 Nr 2 RdNr 16 ff; BSG SozR 4-2700 § 45 Nr 1 RdNr 19) ist das Elterngeld demnach dazu bestimmt, das zuletzt (vor der Geburt des Kindes) dem Lebensunterhalt dienende Einkommen zu ersetzen. Seiner Berechnung müssen deshalb die Einkünfte zugrunde gelegt werden, die während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes den Lebensstandard des Elterngeldberechtigten geprägt haben. Dies sind, wovon der Gesetzgeber auch bei selbstständig Erwerbstätigen in § 2 Abs 1 und Abs 8 BEEG ausgeht, die Einkünfte in den letzten zwölf Monaten vor dem Monat der Geburt (sog Bezugs- und Referenzmethode; hierzu bereits BSGE 25, 69, 70 = SozR Nr 7 zu § 13 MuSchG; BSGE 34, 79, 81 = SozR Nr 4 zu § 200 RVO und jüngst BSGE 96, 246 = SozR 4-2500 § 47 Nr 4, jeweils RdNr 21 ff) . Ein davor liegender Zeitraum - wie der durch die Fiktion in § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG für maßgeblich erklärte, letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum - kann deshalb (selbst wenn man berücksichtigt, dass das Einkommen von Selbstständigen typischerweise Schwankungen unterworfen ist) nur dann als für die Einkommensermittlung maßgebender Bemessungszeitraum herangezogen werden, wenn die dem zu berücksichtigenden Einkommen zugrunde liegende Erwerbstätigkeit und der dafür aufgewandte zeitliche Arbeitseinsatz nicht erheblich von der Tätigkeit und dem Zeitaufwand im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes abweichen.
ee) Die Forderung nach einer hinreichenden Übereinstimmung der in beiden in § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG genannten Zeiträumen ausgeübten Erwerbstätigkeit beachtet auch die sich aus Art 3 Abs 1 GG ergebenden Grenzen typisierender Regelungen. Der Rechtsanwender hat diese Grenzen bei der (verfassungskonformen) Auslegung zu beachten, wenn unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang und Sinn und Zweck der einschlägigen Regelung mehrere Deutungen möglich sind, aber zumindest eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt (zur teleologischen Reduktion einer Norm im Wege der verfassungskonformen Auslegung etwa BVerfGE 88, 145, 166 ff; vgl zur verfassungskonformen Auslegung auch BVerfGE 93, 37, 81; 95, 64, 93; 112, 164, 182 f) . Dies ist hier der Fall.
Bei der gesetzlichen Fiktion des § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG handelt es sich um eine typisierende Regelung, denn es wird dadurch aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bei Selbstständigen ein Rückgriff auf den Steuerbescheid des letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraums ermöglicht. Dabei ist der Gesetzgeber von der Annahme ausgegangen, dass das Einkommen im Veranlagungszeitraum für das Einkommen im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes repräsentativ ist (vgl BT-Drucks 16/2785 S 38). Weicht jedoch die dem zu berücksichtigenden Einkommen zugrunde liegende Erwerbstätigkeit - auch unter Berücksichtigung der bei Selbstständigen typischen Schwankungen - im Veranlagungszeitraum erheblich von der Art und - gemessen am zeitlichen Arbeitseinsatz - dem Umfang der Erwerbstätigkeit im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes ab, ist diese Annahme nicht mehr gerechtfertigt. Vielmehr stellt sich die Frage einer verfassungswidrigen Gleichbehandlung unterschiedlicher Sachverhalte, nämlich unterschiedlicher Einkommensverhältnisse auf Grund unterschiedlicher Erwerbstätigkeit. Werden in einem solchem Fall die Verhältnisse des letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums herangezogen, wird der Elterngeldberechtigte gegenüber denjenigen Personengruppen benachteiligt oder bevorzugt, bei denen - wie im Regelfall (vgl § 2 Abs 7 und 8 BEEG) - auf die Verhältnisse im für die Einkommensermittlung maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes abgestellt wird. Diese an Art 3 Abs 1 GG zu messende Benachteiligung/Bevorzugung kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) durch die Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung gerechtfertigt sein (vgl BVerfGE103, 310, 319; 111, 176, 188 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 36 f). Dies gilt insbesondere für Massenerscheinungen im Sozialrecht. Eine mit der Typisierung verbundene Belastung ist aber nur hinzunehmen, wenn die mit ihr verbundenen Härten nicht besonders schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl BVerfGE 111, 115, 137; 111, 176, 188 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 37).
Diesen Gegebenheiten hat der Gesetzgeber Rechnung getragen, indem er § 2 Abs 9 BEEG von vornherein als Ausnahme zu § 2 Abs 8 BEEG konzipiert hat. Darüber hinaus ist § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG - unabhängig von der Regelung des § 2 Abs 9 Satz 2 BEEG - (verfassungskonform) so auszulegen, dass Ergebnisse vermieden werden, die mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG unvereinbar sind. Die dem zu berücksichtigenden Einkommen zugrunde liegende Erwerbstätigkeit darf daher auch bei durchgängiger Ausübung einer selbstständigen Arbeit nach Art und zeitlichem Umfang nicht erheblich von derjenigen im Zwölfmonatszeitraum vor dem Monat der Geburt des Kindes abweichen, vielmehr muss sie in beiden Zeiträumen im Wesentlichen übereinstimmen.
ff) Eine erhebliche Abweichung, bei der die der typisierenden Fiktion des § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG zugrunde liegende Annahme, das Einkommen im Veranlagungszeitraum sei für das Einkommen im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes repräsentativ, nicht mehr gerechtfertigt ist, liegt nach Auffassung des erkennenden Senats dann vor, wenn der (zeitliche) Umfang der selbstständigen Erwerbstätigkeit in beiden Zeiträumen um mindestens 20 Prozent voneinander abweicht. Auf diesen Prozentsatz hat der Gesetzgeber etwa im Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) abgestellt, als er die bis 31.12.2000 geltende allgemeine Härtefallregelung des § 6 Abs 7 BErzGG idF der Bekanntmachung vom 31.1.1994 (BGBl I 180) betreffend eine erhebliche Abweichung des tatsächlichen vom prognostizierten Einkommen (hierzu BSGE 85, 231, 233 ff = SozR 3-7833 § 6 Nr 20 S 120 ff; BSG SozR 4-7833 § 6 Nr 4 RdNr 14, 20) mit Wirkung ab 1.1.2001 durch einen konkreten Abweichungswert ersetzt hat (Art 1 Nr 6 Buchst e Drittes Gesetz zur Änderung des BErzGG vom 12.10.2000 ≪BGBl I 1426≫; zu den Hintergründen vgl Pauli in Hambüchen, Elterngeld-Elternzeit-Kindergeld, Stand 09/07, § 6 BErzGG RdNr 20, 71 ff). Der Senat hält auch im vorliegenden Zusammenhang die Festlegung eines solchen Grenzwertes für angemessen und aus Gründen der Praktikabilität für angebracht.
3. Ob hier der Zeitaufwand der Klägerin für die selbstständige Erwerbstätigkeit im Veranlagungszeitraum von demjenigen im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes um mindestens 20 Prozent abweicht, hat das SG nicht festgestellt. Da der erkennende Senat die fehlenden Tatsachenfeststellungen im Revisionsverfahren nicht nachholen kann, ist das angefochtene Urteil des SG aufzuheben und die Sache an dieses Gericht zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) . Für eine Zurückverweisung an das zuständige Landessozialgericht (§ 170 Abs 4 Satz 1 SGG) besteht keine Veranlassung.
Das SG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 2308602 |
DB 2010, 1076 |
DStR 2010, 1143 |