Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung. Dialysebehandlung entgegen vertraglicher Verpflichtungen. keine Aufsicht und Leitung durch zugelassenen Nephrologen. ungerechtfertigte Bereicherung. keine Aufspaltung der Dialysebehandlung in ärztliche und andere Leistungen. Zulässigkeit. Sozialrechtsweg
Leitsatz (amtlich)
Für Dialysebehandlungen, die entgegen einer vertraglichen Verpflichtung nicht unter ausreichender ärztlicher Leitung durchgeführt worden sind und deshalb einen vertraglichen Vergütungsanspruch nicht auslösen, steht dem Leistungserbringer ein Vergütungsanspruch auch auf anderer Rechtsgrundlage nicht zu, selbst wenn die Leistungen im übrigen ordnungsgemäß erbracht worden sind.
Orientierungssatz
1. Die Dialysebehandlung läßt sich nicht in der Weise aufspalten, daß nur die ärztlichen Leistungen als nicht vertragsgemäß von der Vergütung ausgeschlossen, die technischen und pflegerischen Leistungen dagegen, weil als solche qualitativ einwandfrei, von der Krankenkasse zu bezahlen sind.
2. Beim Abschluß von Versorgungsverträgen mit Dialyseeinrichtungen geht es nicht allein um die Bereitstellung der technischen und pflegerischen Dialyseleistungen, sondern zugleich um die Gewährleistung der damit notwendigerweise verbundenen ärztlichen Dialysebehandlung und -überwachung. Letztere ist Aufgabe der am Vertragsschluß beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen und richtet sich nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Kassenarztrechts, so daß sich jedenfalls hieraus die Zuordnung von Vereinbarungen über die ärztliche Behandlung von Dialysepatienten zum öffentlichen Recht ergibt.
Normenkette
SGB V § 85 Abs. 1 Fassung: 1992-12-21; SGB X § 53 Abs. 1 Fassung: 1980-08-18; BGB § 812 Abs. 1, § 818 Abs. 1; SGG § 51 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Fassung: 1988-12-20
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin, die ein Dialysezentrum betrieb, führte auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen einerseits mit der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) und den beigeladenen Landesverbänden der gesetzlichen Krankenkassen sowie andererseits mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) und den Verbänden der Ersatzkassen seit 1984 jeweils in Zusammenarbeit mit einem für die ärztliche Behandlung verantwortlichen Kassen- bzw Vertragsarzt Dialysebehandlungen bei Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen und der Ersatzkassen durch. Die Beklagte, der nach den Verträgen die Vergütung der im Rahmen solcher Behandlungen anfallenden Sach- und Dienstleistungen oblag, lehnte die Bezahlung der in der Zeit vom 18. August 1989 bis 30. September 1990 erbrachten Leistungen mit der Begründung ab, die Dialyseeinrichtung der Klägerin habe während der fraglichen Zeit nicht über eine fachlich hinreichend qualifizierte ärztliche Leitung verfügt.
Auf die von der Klägerin im November 1989 erhobene Zahlungsklage und einen damit verbundenen Eilantrag hat das Landessozialgericht (LSG) die Beklagte durch einstweilige Anordnung vom 27. Februar 1990 zunächst verpflichtet, die Dialyse-Sachkosten vorläufig weiter zu tragen. Im Hauptsacheverfahren hat es sodann einen Vergütungsanspruch der Klägerin verneint und mit dem angegriffenen Urteil vom 2. Juli 1991 die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts (SG) vom 1. August 1990 zurückgewiesen.
Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Die für den Primärkassenbereich geschlossene Vereinbarung vom 16. Oktober 1984 sehe vor, daß die ärztliche Behandlung der Dialysepatienten durch einen nach den Dialyse-Richtlinien der Beklagten geeigneten, zur kassenärztlichen Versorgung zugelassenen Arzt vorzunehmen sei, und mache die Abgeltung der von der Klägerin bereitgestellten Sach- und Dienstleistungen ausdrücklich davon abhängig, daß der mit dem Dialyseinstitut zusammenarbeitende Arzt die Qualifikationsanforderungen nach den genannten Richtlinien erfülle. Dies sei bei dem von der Klägerin in der Zeit von August 1989 bis September 1990 mit der ärztlichen Leitung des Dialysebetriebes betrauten Internisten Dr. B. (Beigeladener zu 13) nicht der Fall gewesen, denn dieser verfüge nicht über die in den Dialyse-Richtlinien geforderte zweijährige klinisch-nephrologische Weiterbildung. Auf die Rechtsgültigkeit der Dialyse-Richtlinien komme es nicht an, weil diese nicht unmittelbar kraft Gesetzes, sondern aufgrund vertraglicher Vereinbarung gelten würden. Auch aus der mit der KÄBV und den Ersatzkassenverbänden geschlossenen Vereinbarung vom 14. März 1984, die nicht auf die Dialyse-Richtlinien verweise, ergebe sich nichts anderes. Denn auch danach sei der Vergütungsanspruch davon abhängig, daß ein für die Dialysebehandlung geeigneter Arzt den Dialysebetrieb verantwortlich leite. Da Dr. B. nach eigenen Angaben zwischen 1968 und 1989 keinerlei Dialysen mehr durchgeführt habe, könne von einer über die internistische Grundqualifikation hinausgehenden aktuellen nephrologischen Zusatzqualifikation nicht ausgegangen werden.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Bei der Beurteilung der Eignung des für den Dialysebetrieb verantwortlichen Arztes habe sich das LSG nicht auf die formalen Maßstäbe der von der Beklagten erlassenen Dialyse-Richtlinien stützen dürfen, denn diese Richtlinien seien mangels einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage nichtig. Zumindest seien sie mit dem Inkrafttreten des Gesundheitsreformgesetzes (GRG) am 1. Januar 1989 unwirksam geworden, nachdem der seither geltende § 135 Abs 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) die Kompetenz zum Erlaß qualitätssichernder Richtlinien ausschließlich der KÄBV vorbehalte. Der beigeladene Dr. B. verfüge über eine ausreichende nephrologische Ausbildung. Das LSG habe dies nicht aus eigener Kenntnis verneinen dürfen, sondern hätte ggf zur Frage der Eignung einen Sachverständigen hören müssen. Unabhängig davon habe das Berufungsgericht übersehen, daß bei Ablehnung vertraglicher Vergütungsansprüche jedenfalls ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gegeben sei. Die Beklagte sei um den Wert der in der Zeit vom 18. August 1989 bis 30. September 1990 erbrachten Sach- und Dienstleistungen bereichert. Da deren Qualität unbestritten sei und mit der Frage der Qualifikation des ärztlichen Leiters des Instituts nichts zu tun habe, müsse ihr dieser Wert gemäß §§ 812, 818 Abs 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ersetzt werden.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 2. Juli 1991 und des Sozialgerichts Kiel vom 1. August 1990 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die in der Zeit vom 18. August 1989 bis 30. September 1990 unter der ärztlichen Leitung des Beigeladenen zu 13) erbrachten Dialyse-Leistungen auf der Grundlage der Vereinbarungen vom 14. März 1984 und 16. Oktober 1984 abzurechnen und noch ausstehende Beträge zu zahlen.
Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1), 4), 10), 11), 12) und 15) beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Ohne Verletzung revisiblen Rechts hat das Berufungsgericht einen gegen die Beklagte gerichteten Anspruch auf Bezahlung der von der Klägerin in der Zeit vom 18. August 1989 bis 30. September 1990 erbrachten Dialyseleistungen verneint.
Zutreffend sind beide Vorinstanzen davon ausgegangen, daß für die erhobene Zahlungsklage der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist. Die Rechtswegzuständigkeit, die im Hinblick darauf, daß das erstinstanzliche Urteil vor dem Inkrafttreten der Neufassung des § 17a Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) am 1. Januar 1991 ergangen ist, hier noch der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (BSGE 72, 148, 149 f = SozR 3-2500 § 15 Nr 1), folgt aus § 51 Abs 2 Satz 1 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Klägerin erhebt Forderungen, die ihren Rechtsgrund in den beiden Vereinbarungen vom 14. März und 16. Oktober 1984 haben. Bei diesen Vereinbarungen handelt es sich um öffentlich-rechtliche Verträge iS des § 53 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), durch die verwaltungsrechtliche Rechtsbeziehungen zwischen den beteiligten Krankenkassenverbänden, der beklagten KÄV bzw (im Ersatzkassenbereich) der KÄBV und der Klägerin als Erbringerin von Dialyse-Sachleistungen mit dem Ziel begründet worden sind, die Versorgung der Versicherten mit ambulanten Dialysebehandlungen sicherzustellen. Im Unterschied zu den - von der Rechtsprechung (GmSOGB SozR 1500 § 51 Nrn 39, 47, 48) als privatrechtlich eingestuften - Verträgen der Krankenkassen mit nichtärztlichen Leistungserbringern, deren Zweck sich in der Beschaffung ärztlich verordneter Sachleistungen erschöpft, geht es beim Abschluß von Versorgungsverträgen mit Dialyseeinrichtungen nicht allein um die Bereitstellung der technischen und pflegerischen Dialyseleistungen, sondern zugleich um die Gewährleistung der damit notwendigerweise verbundenen ärztlichen Dialysebehandlung und -überwachung. Letztere ist Aufgabe der am Vertragsschluß beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen und richtet sich nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Kassenarztrechts, so daß sich jedenfalls hieraus die Zuordnung der in Rede stehenden Vereinbarungen zum öffentlichen Recht ergibt. Ob und inwieweit sich die Rechtswegzuweisung in § 51 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGG gegebenenfalls auch auf die angesprochenen privatrechtlichen Leistungsbeschaffungsverträge der Krankenkassen erstreckt, kann angesichts dessen auf sich beruhen.
Für die Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Zwar hat die Beklagte die beanspruchten Dialyse-Sachkosten aufgrund der bis 31. Mai 1990 befristeten einstweiligen Anordnung des LSG vom 27. Februar 1990 und einer nachfolgenden "Zwischenvereinbarung" der Vertragsparteien für die Zeit bis 1. August 1990 zum großen Teil bezahlt. Sie hat damit jedoch nicht den Anspruch der Klägerin materiell anerkannt, sondern nur die einstweilige Anordnung des LSG befolgt bzw zur Vermeidung eines erneuten Anordnungsverfahrens vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache geleistet. Die vorläufige Befriedigung des Gläubigers aufgrund eines im einstweiligen Anordnungsverfahren erlangten Titels läßt das Rechtsschutzbedürfnis für das Hauptsacheverfahren nicht entfallen.
In der Sache selbst ist die Entscheidung, daß der Klägerin kein vertraglicher Anspruch auf Vergütung der umstrittenen Sach- und Dienstleistungen zusteht, frei von Rechtsirrtum. Der Senat ist insoweit auf die Prüfung beschränkt, ob die Vereinbarungen vom 14. März und 16. Oktober 1984 mit dem vom Berufungsgericht festgestellten Inhalt Vorschriften des Bundesrechts verletzen. Das ist nicht der Fall. Beide Verträge sind unter Beachtung des in § 56 SGB X festgelegten Schriftformerfordernisses wirksam abgeschlossen worden. Rechtsvorschriften, die einer vertraglichen Gestaltung der Rechtsbeziehungen zu Dialyseeinrichtungen entgegenstehen oder deren Regelung durch Verwaltungsakt gebieten, sind nicht ersichtlich, so daß gegen die Zulässigkeit und formale Wirksamkeit der getroffenen Vereinbarungen keine Bedenken bestehen.
Auch inhaltlich stehen die genannten Verträge mit dem hier maßgebenden Recht des SGB V idF des GRG vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S 2477) in Einklang.
Nach den Feststellungen des LSG war in der für den Primärkassenbereich geltenden Vereinbarung vom 16. Oktober 1984 festgelegt, daß die Klägerin ihre Leistungen in Zusammenarbeit mit einem nach den Dialyse-Richtlinien der beklagten KÄV Schleswig-Holstein vom 1. Januar 1977 geeigneten, zur kassenärztlichen Versorgung zugelassenen Arzt zu erbringen hatte. Zusätzlich wurde die Vergütung der erbrachten Sach- und Dienstleistungen davon abhängig gemacht, daß der mit dem Dialyseinstitut zusammenarbeitende Arzt die fachlichen Qualifikationsanforderungen nach den genannten Richtlinien erfüllte. Diese Vertragsbestimmungen sind entgegen der Ansicht der Revision nicht deshalb unwirksam, weil sie auf Dialyse-Richtlinien Bezug nehmen, die in anderen KÄV-Bezirken nicht gelten und für deren Erlaß nach dem seit 1. Januar 1989 geltenden Recht (§ 135 Abs 3 SGB V) nicht mehr die Beklagte, sondern die KÄBV zuständig wäre. Die Klägerin läßt außer acht, daß die Verbindlichkeit der in den Richtlinien für die ärztliche Dialysebehandlung festgelegten fachlichen Voraussetzungen vertraglich vereinbart worden ist und es deshalb auf die Rechtsqualität und formalrechtliche Gültigkeit der Richtlinien nicht ankommt.
Allerdings sind die KÄV und die Krankenkassen auch dann, wenn sie sich bei der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben der Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Vertrages bedienen, an den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gebunden und dürfen bei der Gestaltung des Vertragsinhalts nicht gegen zwingende Normen der öffentlich-rechtlichen Rechtsordnung verstoßen (vgl § 58 Abs 2 SGB X; Siewert in GK-SGB X, § 53 RdNr 36; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 4. Aufl, § 54 RdNr 57). Letzteres ist hier jedoch nicht geschehen. Die rechtliche Befugnis der Beklagten und der am Vertragsschluß beteiligten Krankenkassenverbände, die Zusammenarbeit mit der Klägerin von der Erfüllung bestimmter Qualitätsstandards hinsichtlich der ärztlichen Betreuung und Überwachung des Dialysebetriebes abhängig zu machen, leitet sich aus der gesetzlichen Verpflichtung der KÄVen und der Krankenkassen ab, eine ausreichende und zweckmäßige Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse sicherzustellen (§ 70 Abs 1, § 72 Abs 2, § 75 Abs 1 SGB V). Kennzeichnend für die Dialysebehandlung ist die enge Verflechtung der technischen Behandlungsvorgänge mit der notwendigen ärztlichen Betreuung, die von den diagnostischen Maßnahmen zur Klärung des für den Patienten in Frage kommenden Dialyseverfahrens über die Auswahl der geeigneten Geräte und Dialysehilfsstoffe bis hin zur regelmäßigen Untersuchung des Patienten, zur Überwachung des Dialysevorgangs und zur Hilfeleistung bei auftretenden Komplikationen reicht. Zwar sind Grad und Intensität der ärztlichen Tätigkeit je nach Dialyseart verschieden; eine qualifizierte nephrologische Betreuung und Überwachung ist jedoch unabdingbare Voraussetzung jeder Dialysebehandlung (dazu Schulin, Die Rechtsnatur der Dialysesachleistungen im Leistungserbringungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung, Rechtsgutachten 1986, S 8 ff mwN). Unbeschadet der Möglichkeit, ärztliche und nichtärztliche Dialyseleistungen organisatorisch und regelungstechnisch voneinander zu trennen (Schulin, aaO, S 43 ff; zum geltenden Recht vgl § 126 Abs 5 SGB V idF des Gesundheitsstrukturgesetzes ≪GSG≫ vom 21. Dezember 1992 ≪BGBl I S 2266≫), obliegt es den Krankenkassen deshalb, Behandlungsverträge nur mit solchen Dialyseeinrichtungen abzuschließen, bei denen die Gewähr für eine hinreichend fachkundige ärztliche Betreuung der Patienten gegeben ist. Inwieweit sie dabei ggf auch Kenntnisse und Fähigkeiten verlangen dürfen, die über die Qualifikationsanforderungen des allgemeinen ärztlichen Berufsrechts hinausgehen (dazu BSGE 41, 269, 272 f = SozR 5540 § 15 Nr 1), braucht aus Anlaß dieses Rechtsstreits nicht entschieden zu werden; denn die in den Dialyse-Richtlinien der Beklagten aufgestellten Voraussetzungen entsprechen im wesentlichen den berufsrechtlichen Weiterbildungsanforderungen für das Teilgebiet Nephrologie der Inneren Medizin (vgl Teil I Nr 10.6 der Musterweiterbildungsordnung des 90. Deutschen Ärztetages, Deutsches Ärzteblatt 1987, 2349).
Wie das Berufungsgericht festgestellt hat, haben die danach rechtswirksam vereinbarten Voraussetzungen für die Erbringung und Abrechnung von Dialyseleistungen durch die Klägerin in der streitigen Zeit nicht vorgelegen, weil der Beigeladene zu 13) die vorgeschriebene klinisch-nephrologische Weiterbildungszeit von 24 Monaten nicht durchlaufen hat. Mit dem Einwand, nach Sinn und Zweck der Vereinbarung dürfe nicht auf die formalen Maßstäbe der Dialyse-Richtlinien, sondern müsse auf die tatsächlich vorhandene nephrologische Qualifikation des Beigeladenen zu 13) abgestellt werden, greift die Klägerin die Vertragsauslegung durch das LSG an, die indessen als Tatsachenfeststellung mangels entsprechender Verfahrensrügen einer revisionsgerichtlichen Nachprüfung entzogen ist.
Ein Vergütungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus der für den Ersatzkassenbereich geschlossenen Vereinbarung vom 14. März 1984, die zwar nicht auf die Dialyse-Richtlinien der Beklagten verweist, in ihrem § 7 aber ebenfalls vorschreibt, daß der Dialysebetrieb von einem für die Dialysebehandlung geeigneten Arzt verantwortlich geleitet werden muß. Das LSG hat diese Bestimmung dahin verstanden, daß von dem leitenden Arzt eine über die internistische Basisqualifikation hinausgehende, aktuelle nephrologische Zusatzqualifikation gefordert wird. Es hat diese für den konkreten Fall verneint, weil der Beigeladene zu 13) zwar während der Ausbildung gewisse nephrologische Kenntnisse erworben, danach aber mehr als zwanzig Jahre lang keinerlei Dialysen mehr durchgeführt habe. Diese Feststellungen, auch soweit sie den Vertragsinhalt betreffen, sind für den Senat gemäß § 163 SGG bindend; die gegen sie vorgebrachten Verfahrensrügen greifen nicht durch. Die Klägerin macht im wesentlichen geltend, das Berufungsgericht habe die fachliche Eignung des Beigeladenen zu 13) nicht ohne Zuziehung eines Sachverständigen beurteilen dürfen, und rügt damit sinngemäß eine Verletzung der §§ 103, 128 Abs 1 SGG. Indessen hat sie entgegen § 164 Abs 2 Satz 3 SGG in der Revisionsbegründung keine Tatsachen bezeichnet, die den behaupteten Verfahrensmangel ergeben. Die Revision beachtet nicht, daß das LSG als geeignet im Sinne der Vereinbarung nur einen Arzt ansieht, der neben einer speziellen Weiterbildung auf dem Gebiet der Nephrologie auch über zeitnahe praktische Erfahrungen mit Dialysebehandlungen verfügt. Nachdem der Beigeladene zu 13) nach eigenem Bekunden seit 1968 keine Dialysen mehr durchgeführt hat, hätte deshalb dargelegt werden müssen, aus welchen Gründen sich das Berufungsgericht von seinem tatsächlichen und rechtlichen Ausgangspunkt her gleichwohl zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen. Auch für eine Überschreitung der Grenzen freier Beweiswürdigung ist bei dieser Sachlage nichts Hinreichendes dargelegt.
Scheidet nach alledem ein vertraglicher Vergütungsanspruch aus, so kann die Klägerin eine Abgeltung der von ihr erbrachten Dialyseleistungen auch nicht aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten, etwa nach den zivilrechtlichen Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff, 818 Abs 2 BGB), verlangen. Allerdings bestehen entgegen der Auffassung der Beklagten grundsätzlich keine Bedenken, über die Verweisung in § 61 Satz 2 SGB X auch die genannten Vorschriften des BGB für die Abwicklung öffentlich-rechtlicher Verträge mit heranzuziehen. Für die in Rede stehenden Ansprüche ist dies indessen aus Gründen ausgeschlossen, die sich aus den besonderen Erfordernissen des kassenärztlichen (vertragsärztlichen) Versorgungssystems ergeben. Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, haben innerhalb dieses Systems die Funktion, zu gewährleisten, daß sich die Leistungserbringung nach den für die kassenärztliche (vertragsärztliche) Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Das wird dadurch erreicht, daß dem Arzt oder sonstigen Leistungserbringer für Leistungen, die er unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt, auch dann keine Vergütung zusteht, wenn diese Leistungen im übrigen ordnungsgemäß erbracht sind (vgl etwa die Vergütungsausschlüsse in § 85 Abs 2a SGB V idF des GSG; § 135 Abs 2 Satz 2 SGB V; § 21 Nr 6 Arzt-/Ersatzkassen-Vertrag; aus der Rechtsprechung: BSGE 23, 97, 103; 30, 83, 86 f = SozR Nr 33 zu § 368a RVO; BSGE 36, 155, 156 = SozR Nr 37 zu § 368a RVO ≪fachfremde Leistungen≫; BSGE 70, 285, 290 = SozR 3-2500 § 122 Nr 3 ≪Leistungen mit nicht genehmigten Großgeräten≫; BSG USK 84261 ≪Nichterfüllung vorgeschriebener Qualifikationsanforderungen≫; LSG Baden-Württemberg MedR 1989, 209 ≪Auftragsüberschreitung≫). Ihre Steuerungsaufgabe könnten die genannten Regelungen nicht erfüllen, wenn der Arzt oder der mit ihm zusammenarbeitende nichtärztliche Leistungserbringer die gesetz- oder vertragswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekäme.
Entgegen der Ansicht der Revision läßt sich dabei die Dialysebehandlung nicht in der Weise aufspalten, daß nur die ärztlichen Leistungen als nicht vertragsgemäß von der Vergütung ausgeschlossen, die technischen und pflegerischen Leistungen dagegen, weil als solche qualitativ einwandfrei, von der Beklagten zu bezahlen sind. Wie mehrfach ausgeführt, zeichnet sich die Dialysebehandlung dadurch aus, daß die von dem Dialyseinstitut zur Verfügung gestellten Sachleistungen nur unter entsprechender ärztlicher Aufsicht und Überwachung erbracht werden können. Dies sicherzustellen war gerade der Zweck der mit der Klägerin getroffenen vertraglichen Vereinbarungen. War daher die erforderliche qualifizierte ärztliche Dialysebehandlung nicht gewährleistet, so fehlte es an einer ordnungsgemäßen Dialyseversorgung überhaupt mit der Folge, daß auch die nichtärztlichen Leistungen nicht vergütungsfähig sind. Daß sich der Vergütungsausschluß im vorliegenden Fall nicht aus einer Rechtsvorschrift, sondern aus dem zwischen den Beteiligten geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrag ergibt, ist rechtlich ohne Belang.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 913329 |
BSGE, 154 |