Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerüberlassung. Betriebsprüfung. Beitragsnachforderung. equal pay. Lohnanspruch des Leiharbeitnehmers. Beitragspflicht nach dem Entstehungsprinzip. Verletzung der Aufzeichnungspflicht seitens des Arbeitgebers. Entgeltschätzung
Leitsatz (amtlich)
1. Die aus dem Gleichstellungsgrundsatz des Arbeitnehmerüberlassungsrechts ("equal pay") für Leiharbeitnehmer resultierenden Lohnansprüche betreffen nicht einmalig zu zahlendes Arbeitsentgelt und unterliegen nach dem Entstehungsprinzip der Beitragspflicht.
2. Die Aufzeichnungspflicht des Arbeitgebers ist verletzt, wenn er Lohnunterlagen nicht oder unzureichend führt oder seine Dokumentationen im Rahmen der Betriebsführung nicht vorlegt.
3. Die Schätzung der Lohndifferenz zwischen Leiharbeitnehmern und Beschäftigten außerhalb der Leiharbeitsbranche ist nicht zu beanstanden, wenn sie auf sorgfältig ermittelten Tatsachen gründet und nachvollziehbar ist, weil sie insbesondere nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (Anschluss an BSG vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R = BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr 6).
Normenkette
SGB IV § 22 Abs. 1 S. 1 Fassung: 2005-03-21, § 23a Abs. 1 S. 1 Fassung: 1996-12-12, § 25 Abs. 1 S. 1, § 28d S. 1 Fassung: 1997-03-24, S. 2 Fassung: 2004-12-15, § 28e Abs. 1 S. 1 Fassung: 1995-12-15, § 28f Abs. 1 S. 1 Fassung: 1988-12-20, S. 2 Fassung: 1988-12-20, Abs. 2 Fassung: 1995-06-30, § 28p Abs. 1 S. 1 Fassung: 2009-11-12, S. 5 Fassung: 2009-11-12; AÜG § 10 Abs. 4 Fassung: 2002-12-23; AufAG § 10
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Juni 2017 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. Januar 2014 wird insoweit zurückgewiesen, als Gesamtsozialversicherungs- und Umlagebeiträge für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2009 festgesetzt worden sind.
Im Übrigen wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 141 703,14 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Forderung von Gesamtsozialversicherungs- und Umlagebeiträgen sowie von Säumniszuschlägen streitig.
Das BAG bestätigte mit Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302 = AP Nr 6 zu § 2 TVG Tariffähigkeit; Verfassungsbeschwerde verworfen durch Beschluss des BVerfG ≪Kammer≫ vom 10.3.2014 - 1 BvR 1104/11 - NZA 2014, 496) die von den Vorinstanzen (ArbG Berlin Beschluss vom 1.4.2009 - 35 BV 17008/08 - NZA 2009, 740 = ArbuR 2009, 276; LArbG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 7.12.2009 - 23 TaBV 1016/09 - ArbuR 2010, 172 = BB 2010, 1927) getroffene Feststellung der Tarifunfähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalservice-Agenturen (CGZP). Die daraufhin mit Schreiben der Beklagten vom 19.10.2011 für das Jahresende angekündigte Betriebsprüfung lehnte die Klägerin ab. Nach einer turnusgemäß im Februar 2012 in den Geschäftsräumen der Steuerkanzlei K. durchgeführten Betriebsprüfung forderte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund weitere Gesamtsozialversicherungs- und Umlagebeiträge für die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009 in Höhe von 119 169,14 Euro nebst Säumniszuschlägen von 22 534 Euro (insgesamt 141 703,14 Euro). Aufgrund des unwirksamen CGZP-Tarifvertrags ergebe sich für die verliehenen Arbeitnehmer ein höherer Arbeitsentgeltanspruch. Da von der Klägerin weder Unterlagen vorgelegt noch Auskünfte erteilt worden seien, hätten die Arbeitsentgeltdifferenzen auf der Grundlage der Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) "Lohndifferenzial Zeitarbeit" vom 14.4.2011 geschätzt werden können (Bescheid vom 26.9.2012, Widerspruchsbescheid vom 22.4.2013).
Das SG Karlsruhe hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 28.1.2014). Das LSG Baden-Württemberg hat das Urteil des SG sowie die Verwaltungsentscheidungen der Beklagten aufgehoben. Der den Leiharbeitnehmern nach § 10 Abs 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geschuldete Arbeitslohn sei als Differenzvergütung und damit als einmalig zu zahlendes Arbeitsentgelt ausgestaltet, für das nicht das Entstehungs-, sondern das Zuflussprinzip gelte. Infolgedessen entstehe die Beitragspflicht nicht vor der Auszahlung des Arbeitsentgelts (Urteil vom 27.6.2017).
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 23a Abs 1 S 1 iVm § 22 Abs 1 S 2 SGB IV. Die Wertung als einmalig zu zahlendes Arbeitsentgelt lasse sich nicht aus der Rechtsprechung des BAG oder BSG ableiten und würde dem Zweck des § 10 Abs 4 AÜG, eine Schlechterstellung der Leiharbeitnehmer gegenüber Stammarbeitnehmern zu verhindern, zuwider laufen. Auch sei das BSG in seinem Urteil vom 16.12.2015 (B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr 6) vom Entstehungsprinzip ausgegangen. Da die Klägerin der Aufforderung, Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, nicht nachgekommen sei, hätte das Arbeitsentgelt geschätzt werden dürfen. Die Studie des IAB bilde eine sachgerechte Schätzungsgrundlage. Unter Berücksichtigung der vierjährigen Verjährungsfrist seien jedenfalls die Beitragsforderungen für die Jahre 2007 bis 2009 nicht zu beanstanden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Juni 2017 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. Januar 2014 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision hat Erfolg (§ 170 Abs 2 S 1 und 2 SGG). Das LSG hat zu Unrecht das die Klage abweisende Urteil des SG vom 28.1.2014 insgesamt aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 26.9.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.4.2013 ist formal nicht zu beanstanden (dazu 1.). Die Beklagte war befugt, die Beiträge aufgrund der Analyse des IAB anhand geschätzter Arbeitsentgelte zu berechnen und hat dadurch die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (dazu 2.). Allerdings kann der Senat mangels Tatsachenfeststellungen des LSG nicht abschließend darüber befinden, ob der festgestellte Beitragsanspruch für die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2007 verjährt ist (dazu 3.) und Säumniszuschläge zutreffend erhoben worden sind (dazu 4.).
1. Für den Erlass des die Beitragsfestsetzung regelnden Verwaltungsakts war die beklagte DRV Bund sachlich zuständig. Nach § 28p Abs 1 S 1 und 5 SGB IV idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009 (BGBl I 3710) prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen, insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre, und erlassen sie im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern, wobei § 28h Abs 2 SGB IV sowie § 93 iVm § 89 Abs 5 SGB X nicht gelten. Die Beklagte war auch zur Überwachung des Umlageverfahrens nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) und zum Erlass eines entsprechenden Umlagebescheids berechtigt. § 10 AAG stellt die Beiträge zum Ausgleichsverfahren insoweit den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung gleich (BSG Urteil vom 26.9.2017 - B 1 KR 31/16 R - SozR 4-7862 § 7 Nr 1 RdNr 11, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
Der ergangene Prüfbescheid bestimmt die Beitragsnachforderung auch personenbezogen, ein sog Summenbescheid liegt nicht vor (vgl BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr 6, RdNr 18 mwN). Zwar sind die Leiharbeitnehmer im angegriffenen Verwaltungsakt nicht namentlich bezeichnet. In den Anlagen "Berechnung der Beiträge" und "Nachweis der Beiträge" sind aber die auf sie jeweils entfallenden Teilbeträge für sich sowie getrennt nach den Versicherungszweigen und den zuständigen Einzugsstellen ausgewiesen. Die Beklagte hat in ihrem Bescheid auf diese Anlagen unter der Überschrift "Anlagen" ausdrücklich hingewiesen und unter "Zahlungsfrist" zugleich die Zahlung der nachgeforderten Beiträge an die für den jeweiligen Beschäftigten zuständige Einzugsstelle verlangt (vgl BSG aaO RdNr 19).
2. Die Beklagte hat die nachgeforderten Beiträge zutreffend bemessen. Der Beitragserhebung stehen nicht schon die bestandskräftigen Prüfbescheide vom 1.12.2008 und 16.2.2012 entgegen (hierzu a). Die Beitragspflicht richtet sich auch bei aufgrund des "equal pay"-Grundsatzes geschuldeten Entgeltansprüchen nach dem Entstehungsprinzip (hierzu b). Die Beklagte war berechtigt, die der Beitragsbemessung zugrunde liegenden Entgelte zu schätzen und hat die an eine Entgeltschätzung gestellten Anforderungen beachtet (hierzu c). Auch der Höhe nach ist die Beitragsfestsetzung nicht zu beanstanden (hierzu d).
a) Der den Prüfzeitraum 1.1.2004 bis 31.12.2007 betreffende Bescheid vom 1.12.2008 und der hinsichtlich des Prüfzeitraums 1.1.2008 bis 31.3.2011 ergangene Bescheid vom 16.2.2012 entfalten keine Bindungswirkung, die eine Aufhebung nach §§ 44 ff SGB X erfordert hätte. Der Senat hat wiederholt ausgeführt, dass sich eine materielle Bindungswirkung lediglich insoweit ergeben könnte, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht (und Beitragshöhe) in der Vergangenheit im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt wurden. Eine "beanstandungsfrei" verlaufene Betriebsprüfung vermittelt keinen Bestandsschutz gegenüber einer späteren Beitragsforderung, selbst wenn sie auf Stichproben beschränkt war (vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 R 7/14 R - Juris; BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 AL 2/11 R - BSGE 115, 1 = SozR 4-2400 § 27 Nr 5, RdNr 24, 29 ff).
b) Die Beitragsfestsetzung ist nicht schon deshalb rechtswidrig, weil den Leiharbeitnehmern das ihnen über die bereits gewährte Vergütung hinaus zustehende Arbeitsentgelt noch nicht zugeflossen ist.
Arbeitgeber haben für versicherungspflichtig Beschäftigte den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen (§ 28d S 1 SGB IV idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24.3.1997 ≪BGBl I 594≫, § 28d S 2 SGB IV idF des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom 15.12.2004 ≪BGBl I 3445≫, § 28e Abs 1 S 1 SGB IV idF des SGB VI-Änderungsgesetzes vom 15.12.1995 ≪BGBl I 1824≫ und des Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze vom 21.12.2008 ≪BGBl I 2940≫). Der Beitragsbemessung liegt in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung zugrunde (§ 226 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB V, § 162 Nr 1 SGB VI idF der Bekanntmachung vom 19.2.2002 ≪BGBl I 754≫, § 57 Abs 1 S 1 SGB XI idF des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 ≪BGBl I 4607≫ und des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007 ≪BGBl I 378≫, § 342 SGB III). Dabei gilt im Beitragsrecht der Sozialversicherung für laufend gezahltes Arbeitsentgelt das sog Entstehungsprinzip (§ 22 Abs 1 S 1 SGB IV idF des Verwaltungsvereinfachungsgesetzes vom 21.3.2005 ≪BGBl I 818≫ und des Gesetzes vom 21.12.2008 aaO; zur Verfassungskonformität des Prinzips vgl BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 11.9.2008 - 1 BvR 2007/05 - SozR 4-2400 § 22 Nr 3). Danach entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Maßgebend für das Entstehen von Beitragsansprüchen, die an das Arbeitsentgelt Beschäftigter anknüpfen, ist damit allein das Entstehen des arbeitsrechtlich geschuldeten Entgeltanspruchs, ohne Rücksicht darauf, ob, von wem und in welcher Höhe dieser Anspruch im Ergebnis durch Entgeltzahlung erfüllt wird. Der Zufluss von Arbeitsentgelt ist nur entscheidend, soweit der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mehr leistet als unter Beachtung der gesetzlichen, tariflichen oder einzelvertraglichen Regelungen geschuldet ist, also überobligatorische Zahlungen erbracht werden. Unerheblich ist zudem, ob der einmal entstandene Entgeltanspruch vom Arbeitnehmer (möglicherweise) nicht mehr realisiert werden kann (stRspr; vgl zuletzt BSG Urteil vom 18.1.2018 - B 12 R 3/16 R - SozR 4-7815 § 10 Nr 2 RdNr 15, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG Urteil vom 29.6.2016 - B 12 R 8/14 R - BSGE 121, 275 = SozR 4-2400 § 28e Nr 5, RdNr 18 mwN).
Auch der "equal pay"-Arbeitsentgeltanspruch des § 10 Abs 4 AÜG (hier idF des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 ≪BGBl I 4607≫, aF) unterliegt nach dem Entstehungsprinzip der Beitragspflicht (so bereits BSG Urteil vom 18.1.2018 - B 12 R 3/16 R - SozR 4-7815 § 10 Nr 2 RdNr 15 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; vgl auch BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr 6, RdNr 25). Nach dieser Vorschrift (iVm § 9 Nr 2 und § 3 Abs 1 Nr 3 AÜG aF, vgl hierzu BSG Urteil vom 18.1.2018 - B 12 R 3/16 R - SozR 4-7815 § 10 Nr 2 RdNr 16, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) kann der Leiharbeitnehmer von seinem Verleiher die Gewährung der für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts verlangen, es sei denn, ein Tarifvertrag lässt abweichende Regelungen zu. Fehlt es - wie hier - an einem wirksam vereinbarten Tarifvertrag, ist der Verleiher verpflichtet, den Leiharbeitnehmer ebenso wie einen vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Entleihers zu vergüten. Er zahlt aufgrund dieser Gleichstellungspflicht nicht überobligatorisch, sondern in Erfüllung eines die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierenden gesetzlichen Entgeltanspruchs, der bereits mit der Überlassung der Leiharbeitnehmer und nicht erst mit seiner Geltendmachung entsteht (BSG Urteil vom 18.1.2018 - B 12 R 3/16 R - SozR 4-7815 § 10 Nr 2 RdNr 16, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
Entgegen der Ansicht des LSG ist § 22 Abs 1 S 2 SGB IV (idF des Verwaltungsvereinfachungsgesetzes vom 21.3.2005 ≪BGBl I 818≫ und des Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze vom 21.12.2008 ≪BGBl I 2940≫), wonach bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt die Beitragsansprüche entstehen, sobald dieses ausgezahlt worden ist, nicht anzuwenden. Bei der aus dem Gleichstellungsanspruch für Leiharbeitnehmer resultierenden zusätzlichen, der Entlohnung vergleichbarer Stammarbeitnehmer des Entleihers entsprechenden Vergütung handelt es sich nicht um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt sind nach § 23a Abs 1 S 1 SGB IV (idF des Gesetzes zur sozialrechtlichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt vom 12.12.1996 ≪BGBl I 1859≫) Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden. Hierzu hat der Senat wiederholt betont, dass es für die Abgrenzung zwischen laufender und einmaliger Entgeltleistung entscheidend darauf ankommt, ob das gezahlte Entgelt Vergütung für die in einem einzelnen, dh einem bestimmten Abrechnungszeitraum geleistete Arbeit ist (BSG Urteil vom 18.12.2013 - B 12 R 2/11 R - SozR 4-2400 § 23a Nr 7 RdNr 22 mwN). Das ist bei dem infolge des "equal pay"-Grundsatzes zu zahlenden Arbeitsentgelt der Fall. Der Verleiher schuldet den Leiharbeitnehmern für die in den jeweiligen Abrechnungszeiträumen geleistete Arbeit mit deren Überlassung an den Entleiher und nicht erst nach der Beendigung der Überlassung das vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährte Arbeitsentgelt. Diesen Abrechnungszeiträumen ist das "equal pay"-Arbeitsentgelt von Anfang an zugeordnet.
Dem steht nicht das Urteil des Senats vom 3.6.2009 (B 12 R 12/07 R - BSGE 103, 229 = SozR 4-2400 § 23a Nr 5) entgegen. Diese Entscheidung setzt sich mit einem sog variablen Entgelt auseinander, das neben einem monatlichen Grundentgelt gewährt wurde, sich an im Voraus vereinbarten Zielen orientierte und in drei Abschlägen für das jeweils abgelaufene Quartal sowie aufgrund einer Endabrechnung für das laufende Geschäftsjahr nach Ablauf des vierten Quartals ausgezahlt wurde. Zwar trifft es zu, dass sich der Senat ua deshalb außerstande sah, das variable Entgelt bestimmten Entgeltabrechnungszeiträumen zuzuordnen, weil mit der Endabrechnung ein Differenzbetrag gezahlt wurde, der rechnerisch durch Subtraktion der bereits geleisteten Abschläge von dem durch die erreichten Ziele bestimmten geschuldeten Gesamtbetrag zu ermitteln war. Daraus folgt allerdings nicht, dass jede Entgeltzahlung, die sich durch Subtraktion des geleisteten vom zustehenden Entgelt ergibt, als Einmalzahlung zu qualifizieren wäre. Die für in einem bestimmten Abrechnungszeitraum geleistete Arbeit nicht gewährte Vergütung wird nicht allein dadurch zu einmalig gezahltem Arbeitsentgelt, dass sie erst später in Höhe der Differenz zwischen erbrachter und geschuldeter Entlohnung gezahlt wird. Anders als das von Anfang an mit der Überlassung des Leiharbeitnehmers geschuldete und in der Höhe feststehende, der Vergütung eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers entsprechende "equal pay"-Arbeitsentgelt war das sog variable Entgelt dadurch gekennzeichnet, dass es in mehreren Etappen ausgezahlt wurde, die endgültige Höhe erst mit der Endabrechnung feststand, auf das entsprechende Geschäftsjahr bezogen und es nicht möglich war, eine Beziehung des beurteilten Endabrechnungsbetrags zu bestimmten Arbeiten in einzelnen Lohnabrechnungsmonaten herzustellen.
c) Die Beklagte hat das der Beitragsfestsetzung zugrunde gelegte Arbeitsentgelt in nicht zu beanstandender Weise geschätzt. Nach § 28f Abs 2 SGB IV (idF des Dritten Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuchs vom 30.6.1995 ≪BGBl I 890≫; aF) kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Bundesanstalt für Arbeit von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn der Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat (hierzu aa) und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden kann (S 1); lässt sich die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln (hierzu bb), ist sie zu schätzen (S 3; hierzu cc). Das gilt nicht nur, wenn die Lohnsumme für den Erlass eines Summenbescheids nicht festgestellt werden kann, sondern auch, wenn zwar eine personenbezogene Zuordnung, nicht aber die genaue Bestimmung der Entgelthöhe möglich ist (BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr 6, RdNr 52).
aa) Die Klägerin hat ihre Aufzeichnungspflicht verletzt. Arbeitgeber haben nach § 28f Abs 1 S 1 und 2 SGB IV (idF des Gesetzes zur Einordnung der Vorschriften über die Meldepflichten des Arbeitgebers in der Kranken- und Rentenversicherung sowie im Arbeitsförderungsrecht und über den Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags in das Vierte Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung vom 20.12.1988 ≪BGBl I 2330≫) für jeden Beschäftigten außerhalb privater Haushalte, getrennt nach Kalenderjahren, Lohnunterlagen im Geltungsbereich des SGB in deutscher Sprache zu führen. Diese Pflicht ist verletzt, wenn der Arbeitgeber die erforderlichen Aufzeichnungen ganz oder teilweise unterlässt, wobei es nicht darauf ankommt, ob ihn ein Verschulden trifft (BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr 6, RdNr 55 mwN).
Ob die Klägerin die ihre Leiharbeitnehmer betreffenden Lohnunterlagen nur unzureichend oder überhaupt nicht geführt hat, ist zwar unklar. Allerdings steht einer unzureichenden oder fehlenden Dokumentation sowohl die Nichtvorlage gegebenenfalls ordnungsgemäß geführter Aufzeichnungen als auch eine unterbliebene Mitwirkung des Verleihers gleich, ohne die eine Feststellung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts nicht möglich ist. Das ergibt sich zum einen aus dem Zweck der Aufzeichnungspflicht, Fragen der Versicherungs- und Beitragspflicht rückwirkend prüfen zu können und die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung im Interesse sowohl der Versicherungsträger als auch der Versicherten sicherzustellen (vgl BT-Drucks 11/2221 S 23 zu § 28f; BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr 6, RdNr 55 mwN). Diese Prüfung ist dem Rentenversicherungsträger auch dann nicht möglich, wenn vorhandene Aufzeichnungen nicht überlassen werden oder die zur Ermittlung der beitragspflichtigen Arbeitsentgelte erforderlichen Angaben unterbleiben. Zum anderen folgt die Gleichstellung mit fehlenden oder unvollständigen Aufzeichnungen aus der Systematik des § 28f Abs 2 SGB IV aF, der in S 5 vorsieht, dass der prüfende Träger der Rentenversicherung einen aufgrund der Sätze 1, 3 und 4 ergangenen Bescheid insoweit zu widerrufen hat, als nachträglich Versicherungs- oder Beitragspflicht oder Versicherungsfreiheit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgelts nachgewiesen werden. Besteht auf der einen Seite die Pflicht zum Widerruf des auf einer Schätzung beruhenden Beitragsbescheids, sobald der Rentenversicherungsträger nach einer Verletzung der Aufzeichnungspflicht zu einem späteren Zeitpunkt in die Lage versetzt wird, Beiträge anhand nachgewiesener Arbeitsentgelte zu berechnen, muss auf der anderen Seite die Schätzung möglich sein, solange eine Prüfung des Arbeitsentgelts ausscheidet.
bb) Die für die Beitragsbemessung maßgebenden Entgeltansprüche der Leiharbeitnehmer waren für die Beklagte "nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand" iS des § 28f Abs 2 S 3 SGB IV aF zu ermitteln. Insoweit ist bei einer personenbezogenen Entgeltschätzung vorrangiger Prüfungsmaßstab eine Abwägung zwischen dem im Einzelfall zu erwartenden Verwaltungsaufwand und den Interessen des Versicherten wie auch des Arbeitgebers (BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr 6, RdNr 58 mwN). Im Rahmen dieser Abwägung ist sowohl die Amtsermittlungspflicht des prüfenden Trägers (§§ 20 ff SGB X), der sich sämtlicher in Betracht kommender Beweismittel zu bedienen hat, als auch die Mitwirkungspflicht des zu prüfenden Arbeitgebers, der über die konkrete Aufzeichnungspflicht hinaus allgemein angemessene Prüfhilfen zu leisten hat (§ 28p Abs 5 S 1 SGB IV), zu berücksichtigen. Gemessen daran war der Beklagten die Ermittlung des den Leiharbeitnehmern zustehenden Arbeitsentgelts nicht mit vertret- und zumutbarem Aufwand möglich. Die von der Steuerkanzlei K. vorgelegten Unterlagen erlaubten nicht die Prüfung eventueller "equal pay"-Ansprüche. Die Klägerin hat sich der mit Blick auf die Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP angekündigten Betriebsprüfung widersetzt und ist der Aufforderung der Beklagten, zumindest die genauen Verleihzeiträume, die Namen der Entleiher sowie die konkreten Tätigkeiten der verliehenen Arbeitnehmer mitzuteilen, nicht nachgekommen. Die Beklagte war damit außerstande, von den Entleihern notwendige Auskünfte einzuholen. Dass sie über andere Stellen und Behörden oder die Leiharbeitnehmer mit zumutbarem Verwaltungsaufwand die Höhe des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts hätte ermitteln können, ist nicht zu erkennen.
cc) Auch die Schätzung an sich begegnet keinen Bedenken. Sie ist so exakt vorzunehmen, wie dies bei noch verhältnismäßigem Verwaltungsaufwand möglich ist, und nicht zu beanstanden, wenn sie - wie hier - auf sorgfältig ermittelten Tatsachen gründet und nachvollziehbar ist, weil sie insbesondere nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr 6, RdNr 60 mwN). Nach der herangezogenen Untersuchung "Lohndifferenzial Zeitarbeit" des IAB vom 14.4.2011 bestand zum Stichtag 30.6.2008 zwischen Leiharbeitnehmern von Betrieben mit Hauptzweck Arbeitnehmerüberlassung und anderen Vollzeitbeschäftigten zwischen 18 und 65 Jahren unter Berücksichtigung einzelner sozio-ökonomischer Merkmale und Tätigkeiten sowie bestimmter Erwerbsbiographien eine Lohndifferenz von 22 vH. Zwar ist die Beklagte von einer Lohndifferenz von 24 vH ausgegangen. Diese Einschätzung ist aber ungeachtet der letztlich zugrunde gelegten, um bestimmte Faktoren bereinigten Lohnsumme sachgerecht, weil bei der Klassifikation von Personen als Leiharbeitnehmer durch das IAB auch Disponenten der Zeitarbeitsagenturen berücksichtigt worden sind, deren Verdienst über demjenigen der überlassenen Leiharbeitnehmer liegt.
Die Untersuchung "Lohndifferenzial Zeitarbeit" entspricht im Wesentlichen einer weiteren Analyse des IAB aus dem Jahr 2011, wonach zwischen Leiharbeitnehmern und Beschäftigten außerhalb der Leiharbeitsbranche eine Lohndifferenz von 40 vH bestehe (vgl Dokumentation der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags WD 6 - 3000 - 079/17, Einzelfragen zur Leiharbeit in Deutschland, Statistiken und Studien, S 6 Nr 4 mit Hinweis auf Jahn, Entlohnung in der Zeitarbeit, Auch auf die Mischung kommt es an, IAB-Forum 1/2011). Der im Juli 2018 veröffentlichte Bericht der Bundesagentur für Arbeit "Aktuelle Entwicklungen in der Zeitarbeit" nimmt vergleichbare Entlohnungsunterschiede an. Danach ist der mittlere Verdienst der Leiharbeitnehmer gegenüber anderen Vollzeitbeschäftigten um 42 vH niedriger. Beide Erhebungen gehen davon aus, dass sich Leiharbeitnehmer und Beschäftigte in anderen Branchen in ihren soziodemographischen Eigenschaften oder in der Stabilität ihrer individuellen Erwerbsbiographien teils erheblich voneinander unterscheiden und sich bei Berücksichtigung dieser systematischen Unterschiede die Lohndifferenz deutlich verringert. Aufgrund einer Gesamtschau dieser Analysen ist die Schätzung der Beklagten nachvollziehbar und gerechtfertigt.
d) Für Fehler bei der konkreten Berechnung der nachgeforderten Beiträge bestehen keine Anhaltspunkte. Die Klägerin hat insoweit auch keine Einwände erhoben.
3. Wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des LSG vermag der Senat nicht abschließend zu entscheiden, ob die von der Klägerin erhobene Verjährungseinrede der Beitragsforderung für die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2007 entgegensteht.
Nach § 25 Abs 1 S 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, werden gemäß § 23 Abs 1 S 2 SGB IV in der bis zum 31.12.2005 gültigen Fassung des 21. Rentenanpassungsgesetzes vom 25.7.1978 (BGBl I 1089) spätestens am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt. Nach § 23 Abs 1 S 2 SGB IV in der ab 1.1.2006 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 23.1.2006 (BGBl I 86) sind Beiträge in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt; ein verbleibender Restbeitrag wird zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats fällig. Dementsprechend waren die Beiträge für die Monate Dezember 2005 bis November 2007 mit Ablauf der Kalenderjahre 2010/2011 verjährt, es sei denn, es gilt die dreißigjährige Verjährungsfrist für vorsätzlich vorenthaltene Beiträge. Vorsatz in diesem Sinn liegt zwar auch dann vor, wenn der Beitragsschuldner seine Beitragspflicht nur für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat. Allerdings steht das Wissen um die (bloße) Möglichkeit einer Beitragserhebung nicht dem vorsatzindizierenden sicheren Wissen um die rechtliche und tatsächliche Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge gleich (BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr 6, RdNr 64 und 68).
Die damit erforderliche hinreichende Kenntnis von der Beitragspflicht kann nach der Rechtsprechung des Senats nicht bereits aufgrund des Beschlusses des BAG vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302 = AP Nr 6 zu § 2 TVG Tariffähigkeit; zum Informationsschreiben der Beklagten hierzu an bekannte Arbeitgeber vgl Schlegel, Arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen des CGZP-Beschlusses, NZA 2011, 380) unterstellt werden. Denn angesichts der unsicheren Rechtslage bezüglich der zeitlichen Wirkung dieser Entscheidung kann nicht angenommen werden, dass ab deren Vorliegen mit der nicht nachgeholten Beitragszahlung eine Verletzung der Beitragsabführungspflicht billigend in Kauf genommen wurde (BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr 6, RdNr 64 ff). Auch das an die Klägerin gerichtete Schreiben der Beklagten vom 19.10.2011, wonach die CGZP von Anfang an nicht tariffähig gewesen sei, war nicht geeignet, die fortbestehende Unsicherheit bezüglich der rückwirkenden Folgen der Entscheidung des BAG zu beseitigen.
Die Verjährung war auch nicht wegen einer bis spätestens 31.12.2011 begonnenen oder beabsichtigten Betriebsprüfung gehemmt. Die Hemmung beginnt nach § 25 Abs 2 S 4 und 5 SGB IV mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle; kommt es aus Gründen, die die prüfende Stelle nicht zu vertreten hat, zu einem späteren Beginn der Prüfung, tritt die Hemmung mit dem von dem Versicherungsträger in seiner Prüfungsankündigung ursprünglich bestimmten Tag ein. Mit der Erklärung der Beklagten im Schreiben vom 19.10.2011, "zum Jahresende" eine Betriebsprüfung zu beabsichtigen, ist indes mangels konkret bezeichneten Prüfungstags keine die Verjährungshemmung auslösende Prüfungsankündigung ausgesprochen worden. Die Arbeitgeberprüfung nach § 28p SGB IV erfolgt grundsätzlich nach vorheriger Ankündigung durch die Versicherungsträger (§ 7 Abs 1 S 1 Beitragsverfahrensverordnung ≪BVV≫). Diese Ankündigung soll möglichst einen Monat, muss jedoch spätestens 14 Tage vor der Prüfung erfolgen (§ 7 Abs 1 S 2 BVV). Ob diese Monats- oder 14-Tage-Frist eingehalten ist, lässt sich nicht bei einer lediglich "zum Jahresende" geplanten Betriebsprüfung, sondern nur beurteilen, wenn ein bestimmter Prüfungstag oder Prüfungszeitraum bezeichnet ist.
Das angefochtene Urteil enthält - vom Standpunkt des LSG aus konsequent - keine Feststellungen zum Vorsatz der Klägerin. Das Berufungsgericht muss daher unter Berücksichtigung vorstehender Erwägungen klären, ob konkrete Tatsachen festzustellen sind, die aus anderen Gründen auf ein der Klägerin selbst vorwerfbares oder ihr zurechenbares vorsätzliches Vorenthalten von Beiträgen schließen lassen. In diesem Zusammenhang ist auch zu prüfen, ob der Beitragsanspruch für Dezember 2007 vollständig erfasst und nicht als "verbleibender Restbeitrag" iS des § 23 Abs 1 S 2 Halbs 2 SGB IV erst im Januar 2008 fällig geworden ist.
4. Notwendige Feststellungen fehlen auch für die Entscheidung des Senats darüber, ob die Beklagte auf die Beitragsforderungen entfallende Säumniszuschläge erheben durfte. Nach § 24 SGB IV idF des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21.12.2000 (BGBl I 1983) ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 vH des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrags zu zahlen (Abs 1 S 1); wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (Abs 2). Auch die notwendigen tatsächlichen Feststellungen zur unverschuldeten oder vorwerfbaren Unkenntnis der Klägerin von ihrer Zahlungspflicht hinsichtlich der nicht verjährten Beiträge hat das LSG nachzuholen.
5. Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.
6. Der Streitwert war nach § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 52 Abs 1 und 3 S 1, § 47 Abs 1 S 1 und § 63 Abs 2 S 1 GKG in Höhe der streitigen Beitragsforderung festzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 12409373 |
BSGE 2019, 226 |