Verfahrensgang
SG Duisburg (Urteil vom 11.12.1990) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 11. Dezember 1990 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darum, ob eine Rente einer Zusatzrentenkasse in der Krankenversicherung beitragspflichtig ist.
Die Klägerin wurde im Jahre 1951 Mitglied der „Altershilfe”-Zusatzrentenkasse der Caritas-Schwesternschaft, der alle Caritas-Schwestern beitreten konnten, die das 50. Lebensjahr nicht überschritten hatten. Sie vereinbarte einen Rentenbeginn zum 1. März 1978. Zu diesem Zeitpunkt bezog die Klägerin auch eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung; sie war krankenversicherungspflichtig und Mitglied bei der beklagten Ersatzkasse. Zum 1. Januar 1986 übernahm die „Selbsthilfe”-Zusatzrentenkasse der Deutschen Caritas alle Verträge der „Altershilfe”-Zusatzrentenkasse. Mit Bescheid vom 27. Juli 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 1990 erklärte die Beklagte die Zusatzrente für beitragspflichtig nach dem vor 1989 und dem seit 1989 geltenden Recht.
Das Sozialgericht (SG) Duisburg hat der Klage mit Urteil vom 11. Dezember 1990 stattgegeben. Die Zusatzrente sei nicht beitragspflichtig, weil ein enger Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistung und der früheren Beschäftigung der Klägerin nicht gegeben sei. In die Schwesternschaft habe bis zu einer Altersgrenze jede katholische, ledige oder verwitwete, kinderlose Frau eintreten können, die sich als Kranken-, Säuglingsschwester oder auf anderen caritativen Gebieten beruflich habe betätigen wollen. Die Mitgliedschaft habe durch Austritt oder Ausschluß geendet, sei aber durch eine Aufgabe der Berufstätigkeit oder die Aufnahme einer Tätigkeit außerhalb des sozialen Bereichs nicht beeinflußt worden. Deshalb habe auch eine nicht mehr als Schwester tätige Frau, die inzwischen verheiratet gewesen sei, Mitglied der Schwesternschaft bleiben und damit in die „Altershilfe” aufgenommen werden können. Dann liege jedoch keine berufsständische Versorgung mehr vor. Denn zumindest beim Zugang zu einer betrieblichen Altersversorgung müsse die verbindende Berufstätigkeit noch bestehen. Da sie bei der „Altershilfe”
nicht mehr habe vorzuliegen brauchen, handele es sich im Ergebnis nicht um eine berufsspezifische Versorgung, sondern um eine solche von Menschen einer bestimmten Glaubensrichtung oder eines bestimmten sittlichen Bekenntnisses.
Gegen das Urteil richtet sich die Sprungrevision der Beklagten. Sie rügt die Verletzung des § 180 Abs 8 Satz 2 Nrn 3, 5 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und des § 229 Abs 1 Satz 1 Nrn 3, 5 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG vom 11. Dezember 1990 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist iS einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und einer Zurückverweisung begründet. Die tatsächlichen Feststellungen des SG reichen für eine abschließende Entscheidung nicht aus.
Bis Ende 1988 war die Erhebung von Beiträgen bei versicherungspflichtigen Rentnern wie der Klägerin in der RVO geregelt. Nach § 180 Abs 5 RVO galt bei diesen Rentnern als Grundlohn, von dem die Beiträge zu erheben waren, außer dem Zahlbetrag der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Nr 1) auch der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge, Nr 2). Als Versorgungsbezüge wiederum galten nach § 180 Abs 8 Satz 2 RVO, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung gewährt wurden, ua Renten der Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen für Berufsgruppen (Nr 3) und Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst (Nr 5). Diese Regelung war auch anzuwenden, wenn der versicherungspflichtige Rentner Mitglied einer Ersatzkasse war (BSGE 58, 10, 11 = SozR 2200 § 180 Nr 25; BSG SozR aaO Nr 47). Durch das Inkrafttreten des SGB V am 1. Januar 1989 hat sich in der Sache nichts Wesentliches geändert. Zwischen Ersatzkassen und den sogenannten RVO-Kassen wird danach grundsätzlich nicht mehr unterschieden. Bei versicherungspflichtigen Rentnern aller Kassen wird der Beitragsbemessung neben dem Zahlbetrag der Rente auch der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen zugrunde gelegt, wobei § 229 SGB V entsprechend gilt (§ 237 Satz 1 Nrn 1, 2, Satz 2). Nach § 229 Abs 1 Satz 1 SGB V gehören zu den Versorgungsbezügen weiterhin Renten der Versicherungs-und Versorgungseinrichtungen, die für Angehörige bestimmter Berufsgruppen errichtet sind (Nr 3), sowie Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst (Nr 5).
Zu den Renten der vom SG erwähnten sogenannten berufsständischen Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen (§ 180 Abs 8 Satz 2 Nr 3 RVO, § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V) liegt bereits Rechtsprechung des erkennenden Senats vor (SozR 2200 § 180 Nrn 29, 34; BSGE 62, 136 = SozR 2200 § 180 Nr 37; SozR aaO Nrn 42, 43). Gleiches gilt für die Renten der betrieblichen Altersversorgung (BSGE 58, 10 = SozR 2200 § 180 Nr 25; SozR aaO Nrn 38, 40, 47). Mit Urteil vom heutigen Tage (6. Februar 1992 – 12 RK 37/91, zur Veröffentlichung bestimmt) hat der Senat außerdem entschieden, daß die „Selbsthilfe”-Zusatzrentenkasse des Deutschen Caritas-Verbandes eine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung ist. Eine von ihr gezahlte Rente ist nach dieser Entscheidung auch dann beitragspflichtig, wenn ein freiwilliger Beitritt zur „Selbsthilfe” nur wegen einer bestimmten früheren Berufstätigkeit zulässig gewesen war, auch wenn der Versicherte während der Mitgliedschaft eine Berufstätigkeit nicht mehr ausgeübt und die Beiträge allein getragen hatte.
Dieses besagt allerdings noch nicht, daß auch die von der Klägerin des vorliegenden Verfahrens bezogene Rente aus der „Altershilfe” der Caritas-Schwesternschaft eine Rente der betrieblichen Altersversorgung ist, auch wenn diese Rente seit der Übernahme der Verträge der „Altershilfe” durch die „Selbsthilfe” ausgezahlt wird. Vielmehr ist dieses für die „Altershilfe” gesondert zu prüfen. Dabei kann die Eigenschaft einer Rente der betrieblichen Altersversorgung mit der vom SG gegebenen Begründung allein nicht verneint werden. Anscheinend geht auch das SG davon aus, daß mit der Zugehörigkeit zur Caritas-Schwesternschaft, die grundsätzlich Voraussetzung für den Beitritt zur „Altershilfe” war, in der Regel die Ausübung einer caritativen Berufstätigkeit einherging. Dann aber scheint zwischen einer solchen Berufstätigkeit und der Begründung einer Mitgliedschaft in der „Altershilfe” in der Regel ein Zusammenhang bestanden zu haben. Wenn Frauen auch nach Aufgabe einer caritativen Berufstätigkeit oder nach einer Eheschließung Mitglieder der Schwesternschaft und der „Altershilfe” bleiben oder sogar erst werden konnten, so kann das jedenfalls ohne nähere Feststellungen nicht als typisch angesehen werden. Mit der vom SG gegebenen Begründung allein läßt sich daher der „Altershilfe” insgesamt der Charakter einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung oder – was ferner liegt – einer berufsständischen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung nicht von vornherein absprechen. Um abschließend entscheiden zu können, ob die Rente der „Altershilfe” beitragspflichtig ist, bedarf es weiterer Feststellungen zur „Altershilfe”. Diese können sich etwa auf ihre Entwicklung, ihren Mitgliederkreis, ihre Leistungen, ihre Beiträge und eine etwaige sonstige Finanzierung beziehen. Sie sollten sich auch auf das Berufsleben der Klägerin und ihre Versicherung bei der „Altershilfe” in beitrags- und leistungsmäßiger Hinsicht erstrecken.
Der Senat hat von seinem Ermessen nach § 170 Abs 4 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gebrauch gemacht und die Sache statt an das SG an das zuständige Landessozialgericht (LSG) zurückverwiesen, damit die für eine rechtskräftige Entscheidung erforderlichen tatsächlichen Feststellungen in ausreichendem Umfang getroffen werden. Das LSG wird bei seiner abschließenden Entscheidung auch darüber zu befinden haben, ob der Klägerin außergerichtliche Kosten des Revisonsverfahrens zu erstatten sind.
Fundstellen