Verfahrensgang
Sächsisches LSG (Urteil vom 24.06.1993) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Chemnitz vom 24. Juni 1993 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt höheres Altersübergangsgeld (Alüg).
Der am 29. Juni 1934 geborene Kläger war nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) von April 1960 bis Ende 1989 Mitglied der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) Wendishain bzw Gersdorf und zugleich in der LPG als Viehpfleger tätig. Nach Auflösung der LPG arbeitete er bis Ende Juni 1991 als Meister in der Schweinezucht des Nachfolgebetriebes. Wie das LSG ferner festgestellt hat, betrug seine Arbeitszeit nach einer zwischen der früheren LPG ab 1. Januar 1990 bzw ab 1. Januar 1991 zwischen dem Nachfolgebetrieb „Landwirtschaftsbetrieb Wendishain” und dem Kläger abgeschlossenen Arbeitsvereinbarung wöchentlich 55 bis 60 Stunden.
Am 2. Juli 1991 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alüg. Mit Bescheid vom 9. September 1991 bewilligte die Beklagte ihm nach Darstellung des LSG die Leistung vorläufig iHv 168,60 DM wöchentlich (richtig wohl 183,60 DM) ab 1. Juli 1991. Die Berechnung erfolgte nach einem wöchentlichen Bruttoentgelt von 350,00 DM, bei dem nach Angaben des LSG eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden zugrunde gelegt worden ist, und der Leistungsgruppe (Lgr) C. Nach den mit der Arbeitsbescheinigung vom 28. Juli 1991 übereinstimmenden Arbeitszeitansätzen in den Lohnabrechnungen habe der Kläger im Monat April 1991 271 Stunden, im Monat Mai 202 Stunden (neben 61,25 Stunden bezahltem Urlaub) und im Monat Juni 265 Stunden gearbeitet.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch. Während des Vorverfahrens erließ die Beklagte folgende weitere Bescheide, die jeweils zu einer Änderung des wöchentlichen Leistungssatzes führten:
- Bescheid vom 27. September 1991: Alüg ab 1. Juli 1991 iHv 168,60 DM (Neufeststellung wegen geänderter Berechnung nach Lgr A anstelle von bisher Lgr C),
- Bescheid vom 13. Januar 1992: Alüg ab 31. Dezember 1991 iHv 201,60 DM (berechnet nach Lgr A und einem dynamisierten Bemessungsentgelt von 430,00 DM),
- Bescheid vom 16. Juni 1992: Teilweise Rücknahme des Bescheides vom 9. September 1991; für die Zeit vom 1. Juli bis 22. September 1991 erfolgte die Leistungsberechnung nach Lgr C, für die anschließende Zeit ab 23. September 1991 nach Lgr A.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, daß die Leistungsberechnung durchgehend nach der Lgr C zu erfolgen habe. Im übrigen sei bei der Festsetzung des Bemessungsentgeltes nicht berücksichtigt worden, daß seine Arbeitszeit 60 Stunden und mehr betragen habe.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Bescheid vom 24. Juni 1992 zurück. Zur Begründung führte sie aus, daß der Kläger in dem Bemessungszeitraum vom 1. April bis 30. Juni 1991 ein Bruttoarbeitsentgelt von 6.855,01 DM in 738 bezahlten Arbeitsstunden erzielt habe. Der Stundenlohn von 9,29 DM sei mit der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden zu vervielfachen. Berechnungsgrundlage sei ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 370,00 DM, das ab 31. Dezember 1991 auf 450,00 DM zu dynamisieren sei.
Nach Erlaß des Widerspruchsbescheides, aber noch vor Klageerhebung (21. Juli 1992), nahm die Beklagte mit Bescheid vom 13. Juli 1992 eine Neufeststellung ab 30. Juni 1992 vor. Unter Zugrundelegung eines dynamisierten Bemessungsentgeltes von wöchentlich 490,00 DM und der Lgr A ergab sich ein Leistungssatz von 223,20 DM.
Im anschließenden Klageverfahren führte die Beklagte mit Bescheid vom 15. September 1992 eine Neuberechnung des Alüg für die Zeit vom 1. Juli 1991 bis zum 29. Juni 1992 durch. Für die Zeit vom 1. Juli 1991 bis 22. September 1991 bewilligte sie dem Kläger unter Zugrundelegung eines Bemessungsentgeltes von 370,00 DM und der Lgr C ein wöchentliches Alüg von 192,60 DM, vom 23. September bis 30. Dezember 1991 unter Zugrundelegung eines Bemessungsentgeltes von 370,00 DM und der Lgr A von 177,00 DM und vom 31. Dezember 1991 bis 29. Juni 1992 unter Zugrundelegung eines Bemessungsentgeltes von 450,00 DM und der Lgr A von 208,80 DM. Die Differenznachzahlung betrug 414,20 DM.
Mit seiner Klageschrift machte der Kläger geltend, daß er die Leistungsberechnung unter Zugrundelegung der Lgr A akzeptiere. Er beanstande nur noch die Höhe des Bemessungsentgeltes.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, bei der Berechnung des Alüg eine wöchentliche Arbeitszeit von 56 Stunden zugrunde zu legen (Urteil vom 17. November 1992). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 24. Juni 1993). Die Entscheidungsgründe stützen sich darauf, daß weder für die Beschäftigung des Klägers noch für gleiche oder ähnliche Beschäftigungen eine tarifliche Arbeitszeitregelung bestanden habe. Insbesondere scheide eine Anwendung der ab 1. März 1991 geltenden Arbeitszeit nach dem Manteltarifvertrag (MTV) zwischen dem Genossenschaftsverband der LPG und GPG eV und der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft vom 28. Januar 1991 aus. Der MTV erfasse nicht die in einer LPG tätigen Mitglieder, sondern nur die dort beschäftigten Nicht-Mitglieder. Aufgrund der durchgeführten Ermittlungen sei eine übliche Arbeitszeit von 56 Wochenstunden zu berücksichtigen.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 112 Abs 4 Nr 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Sie macht geltend, daß zwar unmittelbar für die Beschäftigung des Klägers keine tarifliche Arbeitszeit gegolten habe. Das LSG habe jedoch zu Unrecht nicht den genannten MTV herangezogen. LPG-Mitglieder seien gemäß § 168 Abs 1a AFG-DDR Arbeitnehmer gewesen. Nach Inkrafttreten des Einigungsvertrages habe § 249c Abs 22 AFG eine Beschäftigung als Arbeitnehmer dieser Genossenschaft nicht ausgeschlossen. Da der Anspruch auf Alüg vom Kläger in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer erworben sei, müßten die Besonderheiten seiner LPG-Mitgliedschaft außer Betracht bleiben. Bei der Leistungsbemessung seien die für Arbeitnehmer der Genossenschaft geltenden tariflichen Arbeitszeiten heranzuziehen. Nach jenem MTV sei eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Chemnitz vom 24. Juni 1993 und des Sozialgerichts Leipzig vom 17. November 1992 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, daß die angefochtenen Entscheidungen nicht zu beanstanden seien.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist iS der Zurückverweisung begründet.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nicht nur der Ausgangsbescheid vom 9. September 1991 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 1992; es sind vielmehr alle nachfolgend ergangenen, im erstinstanzlichen Urteilstenor im einzelnen aufgeführten Bescheide. Diese sind gemäß den §§ 86 Abs 1, 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Vor- bzw Klageverfahrens geworden. Sie haben jeweils Bestandteile der vorhergehenden Bescheide übernommen, diese also nicht vollständig ersetzt, sondern abgeändert. Vorrangig ist auf die Bescheide vom 13. Juli 1992 und 15. September 1992 abzustellen, die – mit Ausnahme der Zeit vom 23. September bis 30. Dezember 1991 – Änderungen zugunsten des Klägers rückwirkend für die Zeit ab Leistungsbeginn (1. Juli 1991) verfügt haben. Von ihrer Rechtmäßigkeit hängt ab, ob aus früheren Bescheiden noch Ansprüche hergeleitet werden können. Das LSG hat die Bescheide vom 13. Juli 1992 und 15. September 1992 – ebenso wie den Dynamisierungsbescheid vom 13. Januar 1992 – nicht ausdrücklich im angefochtenen Urteil benannt. Sie sind jedoch im Tenor des erstinstanzlichen Urteils aufgeführt worden. Da das LSG die Berufung gegen dieses Urteil insgesamt zurückgewiesen hat, hat es auch über die letztgenannten Bescheide mit entschieden.
Verfahrenshindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Insbesondere war die Berufung zulässig. Sie betraf wiederkehrende Leistungen, nämlich Ansprüche auf Gewährung eines höheren Alüg, für mehr als ein Jahr (Anl I Kap VIII Sachgebiet D Abschn III Nr 4 des Einigungsvertrages ≪EinigVtr≫ vom 31. August 1990 ≪BGBl II 889, 1032≫, Art 1 des Einigungsvertragsgesetzes vom 23. September 1990 ≪BGBl II 885≫ und Art 2 § 4 Abs 1 Satz 2 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 ≪BGBl I 446≫). Insoweit sind die Höhe der Leistung und der Beschwerdewert unerheblich (Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl, 1993, § 144 Rz 21).
In der Sache selbst kann der Senat mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden. Die Sache ist deshalb zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Für den Ausgang des Rechtsstreits kommt es zum einen darauf an, ob die Beklagte den Ausgangsbescheid vom 9. September 1991 zum Nachteil des Klägers abändern konnte, und zum anderen, ob der Kläger über die bisherigen Leistungsfeststellungen hinaus ein höheres Alüg beanspruchen kann.
Auf welcher Rechtsgrundlage die Beklagte den Ausgangsbescheid vom 9. September 1991 evtl zu Lasten des Klägers abändern konnte, läßt sich aufgrund der bisherigen Feststellungen des LSG nicht beurteilen. Soweit der Bescheid vom 15. September 1992 für die Zeit vom 1. Juli 1991 bis 29. Juni 1992 und der Bescheid vom 13. Juli 1992 für die Zeit ab 30. Juni 1992 Änderungen zugunsten des Klägers vorgenommen haben, erübrigt sich eine Rechtsprüfung – etwa unter dem Aspekt des § 44 Abs 1 Zehntes Buch – Verwaltungsverfahren – (SGB X). Gegenüber dem Ausgangsbescheid vom 9. September 1991 und den nachfolgenden Bescheiden vom 27. September 1991, 13. Januar 1992 und 16. Juni 1992 sind in dem Bescheid vom 15. September 1992 höhere Leistungen für die Zeit vom 1. Juli bis 22. September 1991 und ab 31. Dezember 1991 (bis 29. Juni 1992) verfügt worden.
Dagegen hat der Bescheid vom 15. September 1992 für die Zeit vom 23. September bis 30. Dezember 1991 mit wöchentlich 177,00 DM offenbar einen etwas geringeren Leistungssatz als der Ausgangsbescheid festgesetzt. In dem Bescheid vom 9. September 1991 dürfte die Beklagte entgegen den Feststellungen des LSG nicht ein wöchentliches Alüg von 168,60 DM, sondern von 183,60 DM für die Zeit ab 1. Juli 1991 und damit auch für den letztgenannten Zeitraum bewilligt haben. Dieser Bescheid ist weder in der Leistungsakte der Beklagten noch in den Akten des SG und LSG auffindbar. Das LSG wird ggf ein Bescheidexemplar von der Beklagten oder dem Kläger anzufordern haben, um zur Leistungshöhe eine korrekte Aussage treffen zu können. Für eine wöchentliche Leistung von 183,60 DM sprechen bereits jetzt der in der Leistungsakte vorgeheftete entsprechende Zahlungsnachweis sowie die Berechnungsfaktoren in der behördeninternen Bewilligungsverfügung vom 3. September 1991.
Einen Leistungssatz von 183,60 DM unterstellt, hat die Beklagte mit Bescheid vom 27. September 1991 eine erste Abänderung des Ausgangsbescheides vorgenommen. Unter Zugrundelegung der Lgr A anstelle der Lgr C hat sie rückwirkend ab 1. Juli 1991 ein wöchentliches Alüg von 168,60 DM festgesetzt. Eine weitere Neuberechnung hat sie mit Bescheid vom 16. Juni 1992 vorgenommen. Für die Zeit vom 1. Juli bis 22. September 1991 hat sie das Alüg nach der Lgr C berechnet und insoweit den Ausgangsbescheid vom 9. September 1991 wiederhergestellt. Im Ergebnis hat sie dem Kläger für diese Zeit eine wöchentliche Leistung von – vermutlich – 183,60 DM zuerkannt, die in dem Bescheid vom 15. September 1992 auf 192,60 DM erhöht worden ist.
Für die Zeit ab 23. September 1991 hat die Beklagte in dem Bescheid vom 16. Juni 1992 an einer Berechnung nach der Lgr A und damit insoweit an dem Änderungsbescheid vom 27. September 1991 und der darin bewilligten Leistungshöhe von 168,60 DM festgehalten. Zwar liegt das mit dem weiteren Bescheid vom 15. September 1992 für die Zeit vom 23. September bis 30. Dezember 1991 mit wöchentlich 177,00 DM festgesetzte Alüg über dem letztgenannten, jedoch – vermutlich – unter dem mit dem Ausgangsbescheid vom 9. September 1991 bewilligten Leistungssatz (183,60 DM).
Nach den Feststellungen des LSG läßt sich nicht entscheiden, nach welcher Rechtsgrundlage die – vermutliche – Abänderung des Ausgangsbescheides für die Zeit vom 23. September bis 30. Dezember 1991 und damit insoweit die Rechtmäßigkeit der Änderungsbescheide vom 27. September 1991 und 16. Juni 1992, insbesondere aber des Bescheides vom 15. September 1992 zu beurteilen ist. Wie dargelegt, befindet sich der Ausgangsbescheid nicht in den Leistungsakten der Beklagten oder in den Prozeßakten. Ohne Kenntnis des Bescheidinhaltes läßt sich jedoch nicht bewerten, ob die Beklagte mit ihm etwa eine nur vorläufige, jederzeit abänderbare oder eine sie grundsätzlich bindende Entscheidung getroffen hat, die für den aufgezeigten Zeitraum nur unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X abgeändert werden könnte (vgl zur Auslegung eines evtl nur vorläufigen Bescheides BSG SozR 3-1300 § 32 Nrn 2 und 4). Zwar könnten die Vorbehalte „unverändert vorläufig” in den Bescheiden vom 27. September 1991 und 13. Januar 1992 ein Indiz dafür sein, daß auch der Ausgangsbescheid vom 9. September 1991 als vorläufiger ergangen ist, eine abschließende Entscheidung läßt sich jedoch nur treffen, wenn der Inhalt dieses Bescheides in vollem Umfange bekannt ist.
Ob der Kläger im übrigen materiell-rechtlich Anspruch auf ein höheres Alüg ab 1. Juli 1991 hat, läßt sich nach den bisherigen Feststellungen des LSG gleichfalls nicht abschließend beurteilen. Auch wenn der Kläger seine Einwendungen auf die Nichtberücksichtigung einer höheren wöchentlichen Arbeitszeit als Berechnungsfaktor beschränkt hat, ist sein Anspruch unter jeglichem rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkt zu prüfen. An sein Vorbringen ist das Gericht nicht gebunden. Vielmehr hat es alle für den Anspruch maßgeblichen Tatsachen zu ermitteln und alle rechtlich relevanten Aspekte einzubeziehen. Nur so kann beurteilt werden, ob und ggf in welchem Umfang die Klage begründet ist (BSGE 67, 20, 21 = SozR 3-4100 § 138 Nr 3; BSG SozR 4100 § 136 Nr 5; BSG, Urteile vom 10. März 1994 – 7 RAr 56/93 und 7 RAr 38/93). Demzufolge hat das Gericht bei einem Streit über die Leistungshöhe grundsätzlich auch die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach zu überprüfen. Fehlt eine solche Voraussetzung, kann zwar die Leistung wegen des Verbotes einer reformatio in peius (Verböserungsverbot) nicht gemindert oder entzogen werden, jedoch könnte die Klage auf höhere Leistung bereits aus diesem Grunde keinen Erfolg haben.
Rechtlicher Ausgangspunkt für die Begehren des Klägers auf höheres Alüg ist § 249e AFG idF der Anl I Kap VIII Sachgebiet E Abschn II Nr 1 Buchst e des EinigVtr und des Art 1 Nr 16 des Gesetzes zur Änderung arbeitsförderungs- und anderer sozialrechtlicher Vorschriften (AFG ua ÄndG) vom 21. Juni 1991 (BGBl I 1306). Ob der Kläger alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach erfüllt, läßt sich nicht abschließend beurteilen.
Die Ausführungen des LSG zu den Voraussetzungen des § 249e Abs 1 und 2 AFG sind teilweise widersprüchlich. So hat das LSG in tatsächlicher Hinsicht zum einen festgestellt, daß der Kläger sich am 2. Juli 1991 arbeitslos gemeldet und Alüg beantragt habe. Zum anderen hat es in rechtlicher Hinsicht angenommen, daß der Kläger die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung dem Grunde nach bereits ab 1. Juli 1991 erfüllt habe. Demgegenüber besteht nach § 249e Abs 2 Nr 1 AFG in der hier maßgeblichen Fassung Anspruch nur vom Tage der Arbeitslosmeldung und Antragstellung an, hier also ab Dienstag, dem 2. Juli 1991. Zugleich folgt hieraus, daß die Klage auf höheres Alüg für den 1. Juli 1991 von vornherein keinen Erfolg haben kann. Insoweit verbleibt es für diesen Tag bei der zuletzt im Bescheid vom 15. September 1992 festgesetzten Leistungshöhe (192,60 DM: 6 = 32,10 DM). Dies wird das LSG bei der erneuten Entscheidung über die Berufung zu berücksichtigen haben. Wegen der ohnehin erforderlichen Zurückverweisung hat der Senat davon abgesehen, bezüglich dieses Tages durch Teilurteil der Revision der Beklagten stattzugeben (§ 202 SGG iVm § 301 Abs 2 Zivilprozeßordnung).
Die weiteren Voraussetzungen des § 249e Abs 2 AFG hat das LSG bis auf eine Ausnahme, nämlich die gemäß § 249e Abs 2 Nr 3 Buchst a) AFG notwendige versicherungsrechtliche Voraussetzung, zutreffend als erfüllt angesehen. Auf die genannte Ausnahme ist später einzugehen. Ob auch die Voraussetzungen des Abs 1 dieser Norm insgesamt gegeben sind, läßt sich dagegen wiederum nicht abschließend beurteilen.
Gemäß § 249e Abs 1 AFG idF durch das AFG ua ÄndG gewährt die Bundesanstalt Arbeitnehmern, die in der Zeit vom 3. Oktober 1990 bis 31. Dezember 1991 nach Vollendung des 55. Lebensjahres aus einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung von mindestens 90 Tagen im Beitrittsgebiet ausgeschieden sind und in diesem Gebiet während der letzten 90 Tage der Beschäftigung ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatten, ein Alüg nach Maßgabe der folgenden Absätze. Diese Voraussetzungen sind nach dem bislang vom LSG festgestellten Sachverhalt wiederum mit einer Ausnahme als erfüllt anzusehen. Die Tatsachenfeststellungen des LSG erlauben keine Schlußfolgerung, welche Tätigkeit die hier maßgebliche, die Beitragspflicht begründende Beschäftigung des Klägers gewesen sein könnte, und damit auch nicht die Feststellung, wann er aus einer solchen Beschäftigung ausgeschieden ist.
Im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen des Urteils hat das LSG zum einen geäußert, daß der Kläger bis Ende 1989 in der ehemaligen LPG Wendishain bzw Gersdorf und anschließend ab Januar 1990 im Nachfolgebetrieb „Landwirtschaftsbetrieb Wendishain” gearbeitet habe. Zum anderen wird im Tatbestand vom LSG auf eine zwischen der früheren LPG Gersdorf bzw ab 1. Januar 1991 zwischen dem Nachfolgebetrieb „Landwirtschaftsbetrieb Wendishain” und dem Kläger abgeschlossene Arbeitsvereinbarung hingewiesen. Die vom LSG in Bezug genommene Arbeitsvereinbarung datiert vom 1. Januar 1990. Sollte die LPG Gersdorf zum 31. Dezember 1989 aufgelöst worden sein, konnte sie nicht am 1. Januar 1990 mit dem Kläger eine Arbeitsvereinbarung schließen. Auch der Hinweis in dieser Vereinbarung, der Arbeitsvertrag werde ab 1. Januar 1991 von dem „neu entstehenden” – dh noch nicht entstandenen – Landwirtschaftsbetrieb Wendishain übernommen, spricht für eine Auflösung erst zum 31. Dezember 1990, nicht aber 1989. Eine Beseitigung dieser Widersprüche ist aus folgenden rechtlichen Gründen geboten:
Mit Ablauf des 30. Juni 1991 ist der Kläger eindeutig aus dem Nachfolgebetrieb „Landwirtschaftsbetrieb Wendishain” ausgeschieden. Ob er damit aus einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung ausgeschieden ist, läßt sich nicht beantworten. Insoweit wird das LSG zunächst zu klären haben, in welcher Rechtsform dieser Betrieb geführt worden ist. Das LSG ist offensichtlich davon ausgegangen, daß der Nachfolgebetrieb – wie sein Vorgänger – in Form einer LPG weiter betrieben worden ist. Hierfür könnten ua die vom LSG in Bezug genommenen Lohnabrechnungen für die Monate April bis Juni 1991 sprechen. Diese weisen in der Kopfzeile eine „LPG Wendishain” aus. Dazu im Widerspruch könnten die Feststellungen in einem Außendienstbericht der Beklagten vom 19. Mai 1992 (Bl 32 Rs der Leistungsakte) stehen. Hier wird einerseits über einen Besuch in der „LPG” Wendishain am 13. Mai 1992 berichtet, andererseits aber darauf hingewiesen, daß die LPG in eine „GbR”, also Gesellschaft bürgerlichen Rechts, umgewandelt worden sei. Das Datum dieser Umwandlung wird, obwohl sachlich relevant, nicht mitgeteilt.
Sollte die Umwandlung vor dem 1. Juli 1991 erfolgt sein, wäre der Kläger aus einer GbR ausgeschieden. In diesem Fall müßte das LSG feststellen, ob der Kläger am Nachfolgebetrieb als Gesellschafter beteiligt gewesen ist, ob er seine Arbeitsleistung als Meister in der Schweinezucht nur in Erfüllung gesellschaftsrechtlicher Verpflichtungen erbracht oder neben einer solchen rechtlichen Position zugleich auch in einem Beschäftigungsverhältnis zur GbR gestanden hat oder ob er evtl ausschließlich als Arbeitnehmer in diesem Betrieb beschäftigt gewesen ist. Erst danach ließe sich – sofern der Betrieb als GbR geführt worden ist – die Frage beantworten, ob der Kläger mit Ablauf des 30. Juni 1991 aus einer beitragspflichtigen Beschäftigung ausgeschieden ist.
Sollte der Nachfolgebetrieb bis zum 30. Juni 1991 als LPG weitergeführt worden sein oder die Beschäftigung des Klägers in der GbR vom Zeitpunkt einer möglichen Umwandlung an nicht 90 Tage umfaßt haben, würde auf die Tätigkeit des Klägers in der „Nachfolge-LPG” abzustellen sein. Das gleiche würde gelten, wenn der Kläger vom Zeitpunkt einer evtl Umwandlung an als Selbständiger in der GbR tätig gewesen wäre. Auch bei einer solchen Konstellation könnte evtl nur durch eine Tätigkeit in der „Nachfolge-LPG” die Anspruchsvoraussetzung des § 249e Abs 1 AFG erfüllt werden. Allerdings wäre in diesem Fall die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung von vornherein zweifelhaft, wenn das Ausscheiden aus der Beschäftigung die Arbeitslosigkeit bewirkt haben, also für ihren Eintritt ursächlich gewesen sein müßte (so Gemeinschaftskomm zum AFG, Stand September 1993, § 249e Rz 47). Bei einer Umwandlung in eine GbR vor dem 1. Juli 1991 wäre nicht ein Ausscheiden aus der vorangegangenen LPG ursächlich für die Arbeitslosigkeit ab 1. Juli 1991, sondern ein Ausscheiden aus der GbR. Wegen der vielfältigen möglichen Konstellationen sieht der Senat davon ab, zu dieser Rechtsfrage abschließend Stellung zu nehmen. Die Frage wird ggf vom LSG zu beantworten sein.
Sollte es rechtlich auf eine Tätigkeit des Klägers in der Nachfolge-LPG ankommen, wird das LSG zu klären haben, ob der Kläger auch Mitglied dieser LPG oder in ihr ausschließlich als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen ist. Bislang hat das LSG eine Mitgliedschaft nur in bezug auf die Vorgängerin, nämlich die LPG Gersdorf, festgestellt. Sollte der Kläger auch Mitglied der Nachfolge-LPG gewesen sein, kann er dennoch eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt haben.
Wie der Senat in dem Urteil vom 10. März 1994 – 7 RAr 20/93 – dargelegt hat, ergibt sich dies für die Zeit vor dem 3. Oktober 1990 aus § 168 Abs 1a AFG-DDR und für die Zeit ab 3. Oktober 1990 aus § 249c Abs 22 AFG. Durch die letztgenannte Bestimmung ist klargestellt worden, daß die Mitglieder einer LPG, die Arbeitsleistungen wie Arbeitnehmer der LPG erbrachten, mit ihrem Ausscheiden in der Zeit vom 3. Oktober 1990 bis 31. Dezember 1991 einen Anspruch auf Alüg erwerben konnten. Insoweit ist im Einzelfall zu prüfen, ob die betreffende Tätigkeit ihrem Zuschnitt nach tatsächlich einer abhängigen Beschäftigung entsprach (Urteil des Senats vom 10. März 1994, aaO, mwN). Diesem Aspekt hat das LSG bislang nicht Rechnung getragen.
Sollte der Kläger im Nachfolgebetrieb – gleichgültig in welcher Rechtsform er betrieben worden ist – nicht in einem die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis gestanden haben, wäre zu prüfen, ob durch das Ausscheiden aus der früheren LPG Gersdorf ein Anspruch auf Alüg begründet werden könnte. Dies wäre von vornherein zu verneinen, falls diese LPG zum 31. Dezember 1989 aufgelöst worden und der Kläger zu diesem Zeitpunkt ausgeschieden wäre. Gemäß § 249e Abs 1 AFG kann ein Ausscheiden aus einer Beschäftigung vor dem 3. Oktober 1990 nicht einen Anspruch auf Alüg begründen.
Sollte der Kläger mit dem 31. Dezember 1990 aus der LPG Gersdorf ausgeschieden sein, würde die Frage, ob er insoweit in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat, nach den zuvor aufgezeigten Kriterien zu bewerten sein.
Unabhängig davon, ob der Kläger mit einem Ausscheiden aus der LPG Gersdorf die entsprechende Anspruchsvoraussetzung des § 249e Abs 1 AFG erfüllte, wird das LSG der Frage nachzugehen haben, ob es sich bei der Tätigkeit des Klägers in dieser LPG bis zum 31. Dezember 1989 oder 1990 um eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung bzw um eine gleichgestellte Beschäftigung (vgl hierzu § 249c Abs 8 Nr 2 AFG) gehandelt hat. Dies ist unerläßlich, um beurteilen zu können, ob der Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 249e Abs 2 Nr 3 Buchst a) AFG verwirklicht hat.
Sollten die Anspruchsvoraussetzungen des § 249e Abs 1 und 2 AFG insgesamt gegeben sein, erlauben die bisherigen Feststellungen des LSG keine Entscheidung, in welcher Höhe der Kläger Anspruch auf Alüg hat. Die Leistungshöhe richtet sich aufgrund der Generalverweisung des § 249e Abs 3 AFG nach den §§ 112 und 111 AFG iVm den Leistungssätzen, die der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung jeweils für ein Kalenderjahr durch Rechtsverordnung bestimmt hat. Für die Jahre 1991 und 1992 ist insoweit auf die Leistungssätze für das Unterhaltsgeld (Uhg) nach § 44 Abs 2 Nr 2 AFG zurückzugreifen. Der 11. Senat hat dies in seinen Urteilen vom 10. November 1993 – 11 RAr 35/93 und 11 RAr 47/93 -(zur Veröffentlichung vorgesehen) näher begründet. Der erkennende Senat hat sich dieser Auffassung angeschlossen (vgl hierzu auch Urteil vom 10. März 1994 aaO).
Für die Höhe des Alüg ab 1. Juli 1991 kommt es zunächst auf die Feststellung des Bemessungsentgeltes an. Dieses könnte hier gemäß § 112 AFG idF des Gesetzes zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes und anderer Vorschriften vom 30. Juni 1989 (BGBl I 1297) zu ermitteln sein. Danach ist das Arbeitsentgelt maßgebend, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Woche erzielt hat. Mehrarbeitszuschläge, Arbeitsentgelte, die der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhält, sowie einmalige und wiederkehrende Zuwendungen bleiben außer Betracht; dies gilt auch für Zuwendungen, die anteilig gezahlt werden, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Fälligkeitstermin endet (Abs 1). Der Bemessungszeitraum umfaßt die beim Ausscheiden des Arbeitnehmers abgerechneten Lohnabrechnungszeiträume der letzten drei Monate der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungen vor der Entstehung des Anspruches, in denen der Arbeitslose Arbeitsentgelt erzielt hat (Abs 2 Satz 1). Enthalten die Lohnabrechnungszeiträume weniger als 60 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt, verlängert sich der Bemessungszeitraum um weitere Lohnabrechnungszeiträume, bis 60 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt erreicht sind (Abs 2 Satz 3). Für die Berechnung des in der Woche durchschnittlich erzielten Arbeitsentgelts wird das im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Arbeitsstunde erzielte Arbeitsentgelt mit der Zahl der Arbeitsstunden vervielfacht, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt. Arbeitsentgelt, das nach Monaten bemessen ist, gilt als in der Zahl von Arbeitsstunden erzielt, die sich ergibt, wenn die Zahl der vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden mit 13 vervielfacht und durch drei geteilt wird (Abs 3).
Wegen der fehlenden Feststellungen des LSG zur hier maßgeblichen Beschäftigung läßt sich nicht der nach § 112 Abs 2 Satz 1 maßgebende Bemessungszeitraum und damit auch nicht das in diesem Zeitraum erzielte Arbeitsentgelt ermitteln. Sollte die Tätigkeit des Klägers in dem Landwirtschaftsbetrieb Wendishain eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung darstellen, würde sich der Bemessungszeitraum nach den bei Ausscheiden aus dieser Beschäftigung abgerechneten Lohnabrechnungszeiträume der letzten drei Monate bestimmen. Die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil deuten darauf hin, daß es sich hierbei um die Monate April, Mai und Juni 1991 handeln könnte. Allerdings ist nicht angegeben worden, ob dieser Zeitraum 60 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (vgl dazu § 112 Abs 2 Satz 3 AFG). Dies wird ggf nachzuholen sein.
Darüber hinaus müßte das LSG ggf das durchschnittlich in der Arbeitsstunde erzielte Arbeitsentgelt (Lohnfaktor) ermitteln. Bislang hat das LSG nur die in den Monaten April, Mai und Juni 1991 geleisteten Arbeitsstunden, nicht aber den in diesem Zeitraum erzielten Gesamt-Verdienst benannt. Im Tatbestand des angefochtenen Urteils ist lediglich angemerkt worden, daß die Beklagte in dem Bescheid vom 9. September 1991 ua ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 350,00 DM zugrunde gelegt habe, während im Bescheid vom 15. September 1992 ein solches von 370,00 DM Berechnungsgrundlage ist. Ob die Beklagte für die Zeit ab 1. Juli 1991 zutreffend von einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 370,00 DM ausgehen konnte, läßt sich damit nicht überprüfen. Aufgrund der vom LSG in bezug genommenen Unterlagen spricht viel dafür, daß die Beklagte zugunsten des Klägers einen zu hohen Durchschnittsstundenlohn zugrunde gelegt hat.
Wie die Ausführungen in der Begründung des Widerspruchsbescheides, die zugleich Grundlage für die Feststellungen in dem Bescheid vom 15. September 1992 waren, zeigen, ist die Beklagte allein von den Angaben in der Arbeitsbescheinigung vom 28. Juli 1991 ausgegangen. Sie hat einen in 738 Arbeitsstunden (271 im April, 202 im Mai und 265 im Juni 1991) erzielten Gesamtverdienst von 6.855,01 DM zugrunde gelegt. Daraus würde sich ein Stundenlohn von 9,29 DM errechnen. Entgegen der Darstellung des LSG stimmen die Arbeitszeitansätze in der Arbeitsbescheinigung mit den Lohnabrechnungen für die Monate April, Mai und Juni 1991 nicht überein. In dem Gesamtverdienst sind auch Urlaubsentgelte für die Monate Mai und Juni 1991 enthalten. Die diesen Entgelten zugrundeliegenden Arbeitsstunden von zusätzlich 61,25 im Mai 1991 und 26,25 im Juni 1991 sind in der Arbeitsbescheinigung nicht mitaufgeführt worden. Demzufolge dürfte die Beklagte von einer zu niedrigen Stundenzahl ausgegangen sein, was vom LSG nachzuprüfen sein wird.
Darüber hinaus bestehen Zweifel, ob ein Gesamtverdienst iHv 6.855,01 DM zugrunde gelegt werden könnte. Manches spricht dafür, daß in den Abrechnungen für alle drei Monate lohnsteuerfreie Zulagen für Sonn- und Feiertagsarbeiten enthalten sind. Die Abrechnungen, insbesondere die aufgeführte Summe der Arbeitsstunden, zeigen, daß die an Sonn- und Feiertagen geleisteten Arbeitsstunden bereits in der allgemeinen Stundenabrechnung mit dem Grundlohn enthalten sind (Effektiv-Stundenlohn von 7,50 DM). Denn diese Stunden werden nochmals bei der Ermittlung des Sonn- und Feiertagszuschlages gesondert aufgeführt, ohne daß sie eine höhere Gesamt-Stundenzahl zur Folge hätten. Nach den Abrechnungen für die Sonntagsarbeit dürfte ein Zuschlag von 50 vH und für die Feiertagsarbeit von 100 vH gewährt worden sein. Solche lohnsteuer- und beitragsfreien Zulagen sind aber bei dem erzielten Arbeitsentgelt nicht zu berücksichtigen, es sei denn, sie werden für nicht geleistete Arbeit steuer- und beitragspflichtig gezahlt, zB als Urlaubsentgelt (BSG SozR 4100 § 112 Nr 40). Die vom Kläger vorgelegten Abrechnungen deuten nicht darauf hin, daß die Zulagen auch während des Urlaubs gezahlt worden sind.
Gewichtige Gründe weisen in die Richtung, daß als Lohnfaktor im Ergebnis nicht der von der Beklagten angenommene Stundenlohn von 9,29 DM, sondern der Effektiv-Lohn von 7,50 DM zugrunde zu legen ist, sofern auf einen Bemessungszeitraum von April bis Juni 1991 abzustellen ist. Auch wenn das Verböserungsverbot eine Herabsetzung der bewilligten Leistungen im gerichtlichen Verfahren nicht zuläßt, können derartige Berechnungsfehler den Anspruch auf höhere Leistungen ausschließen bzw mindern, also die vollständige oder teilweise Klageabweisung tragen.
Schließlich läßt sich bei der Bestimmung eines Bemessungsentgeltes auf der Grundlage einer Beschäftigung in dem Landwirtschaftsbetrieb Wendishain nicht feststellen, ob die Beklagte den Durchschnittsstundenlohn (Lohnfaktor) mit der nach § 112 Abs 3 Satz 1 oder Abs 4 Nr 2 AFG zu beachtenden tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (Zeitfaktor) vervielfacht hat. Das LSG hat seine Schlußfolgerung, es sei ein Zeitfaktor von 56 Stunden zugrunde zu legen, unter dem Aspekt einer LPG-Mitgliedschaft des Klägers getroffen. Ob dieser Ausgangspunkt zutreffend ist, hat das LSG – wie dargelegt – für den Nachfolgebetrieb, also den Landwirtschaftsbetrieb Wendishain, noch zu überprüfen. Sollte dieser Nachfolgebetrieb als LPG weitergeführt worden und der Kläger weiterhin ihr Mitglied gewesen sein, wäre eine Anwendung des MTV zwischen dem Genossenschaftsverband der LPG und GPG eV – Zentralverband – und der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft vom 28. Januar 1991 (MTV II), der den MTV zwischen dem Verband der Staatsgüter der DDR eV und der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft vom 30. August 1990 (MTV I) abgelöst hat, nicht ausgeschlossen. In persönlicher Hinsicht gilt der MTV II lediglich für die in Genossenschaften und deren kooperativen Einrichtungen beschäftigten Nicht-Mitglieder, Arbeiter/Arbeiterinnen und Angestellte iS des § 6 Betriebsverfassungsgesetz (§ 1 Nr 3 Satz 1 MTV II). Sollte der Nachfolgebetrieb eine eingetragene Genossenschaft sein, könnte diese nach ihrer Satzung bzw in Arbeitsverträgen darüber entscheiden, ob dieser Tarifvertrag für beschäftigte Mitglieder ebenfalls Gültigkeit hat (§ 1 Nr 3 Satz 2). Nach den Feststellungen des LSG, die sich auf eine – wenn auch nicht näher bezeichnete – Auskunft des ehemaligen Arbeitgebers an die Beklagte (gemeint sein könnte der Außendienstbericht vom 19. Mai 1992), ferner auf die vorliegende Arbeitsvereinbarung vom 1. Januar 1990 sowie auf ein Musterstatut der LPG Tierproduktion vom 28. Juli 1977 gestützt haben, hat weder aufgrund von Satzung noch Arbeitsvertrag eine tarifliche Arbeitszeit bestanden, so daß sich der Zeitfaktor nicht auf § 112 Abs 3 Satz 1 AFG stützen läßt.
Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des LSG kann ferner eine tarifliche Arbeitszeit für gleiche Beschäftigungen nicht zugrunde gelegt werden (§ 112 Abs 4 Nr 2 Alt 1 Fallgruppe 1 AFG). Eine „gleiche” Beschäftigung wäre nur gegeben, wenn in anderen LPGen solche Regelungen in Satzung oder Einzelarbeitsverträgen für Mitglieder vorgenommen worden sind. Dies hat das LSG verneint. Das LSG wird jedoch zu prüfen haben, ob der MTV II für eine der Tätigkeit des Klägers „ähnliche” Beschäftigung gegolten hat (§ 112 Abs 4 Nr 2 Alt 1 Fallgruppe 2 AFG). Sofern Tätigkeiten, wie sie der Kläger in der Schweinezucht ausgeübt hat, in den Fällen der Ausübung durch Nicht-Mitglieder, Arbeiter/Arbeiterinnen bzw Angestellte vom Anwendungsbereich des MTV II erfaßt werden, würde es sich um eine tarifvertraglich erfaßte ähnliche Beschäftigung iS des § 112 Abs 4 Nr 2 Alt 1 Fallgruppe 2 AFG handeln. Das LSG wird sich mit dieser Frage ggf auseinanderzusetzen haben. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann insoweit auf die Entscheidung des Senats vom 10. März 1994 (aaO) verwiesen werden.
Erst wenn sich für die Tätigkeit des Klägers weder aus der ersten noch aus der zweiten Fallgruppe der genannten Norm eine tarifliche Arbeitszeit herleiten ließe, wäre gemäß § 112 Abs 4 Nr 2 Alt 2 AFG auf die für gleiche oder ähnliche Beschäftigungen übliche Arbeitszeit abzustellen. Allein in diesem Fall könnte der vom LSG angenommene Zeitfaktor von 56 Stunden möglicherweise Bestand behalten.
Sollte dagegen der Nachfolgebetrieb nicht in Form einer LPG, sondern in einer anderen Rechtsform fortgeführt worden sein, wäre zwar aufgrund der bisher vom LSG getroffenen Feststellungen wiederum eine bestehende tarifliche Arbeitszeitregelung iS von § 112 Abs 3 Satz 1 AFG zu verneinen. In diesem Fall müßte das LSG jedoch ermitteln, ob die Tätigkeit des Klägers in Tarifverträgen mit Nicht-LPG-Betrieben, aber auch ggf wiederum in jenem MTV II erfaßt worden ist. Erst wenn dies zu verneinen ist, stellt sich die Frage, ob bei Tätigkeit in einer Nicht-LPG eine tarifliche Arbeitszeit für gleiche oder ähnliche Beschäftigungen gegolten hat.
Sofern der Kläger im Nachfolgebetrieb nicht als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen sein sollte, wäre der Alüg-Anspruch nach der Tätigkeit in der LPG Gersdorf allenfalls zu beurteilen, wenn der Kläger aus dieser LPG mit dem 31. Dezember 1990 ausgeschieden wäre. Wegen der rechtlichen Problematik wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Eine Überprüfung, in welcher Höhe dem Kläger in diesem Fall ein Alüg zu gewähren wäre, wäre allerdings wiederum nicht möglich. Das maßgebliche Bemessungsentgelt für die Zeit bis zum 31. Dezember 1990 wäre gemäß § 249c Abs 11 Satz 2 AFG nach § 112 AFG-DDR zu bestimmen.
Zusammenfassend ist festzustellen, daß keine abschließende Entscheidung darüber möglich ist, ob der Kläger ab 1. Juli 1991 die Anspruchsvoraussetzungen des § 249e AFG dem Grunde nach erfüllt hat. Des weiteren läßt sich nicht die dem Kläger zustehende Höhe der Leistung ermitteln, da nicht feststeht, welches Bemessungsentgelt zugrunde zu legen ist.
Schließlich ist nicht auszuschließen, daß das LSG zu prüfen haben wird, nach welcher Lgr das Alüg für die Zeit ab 23. September 1991 zu berechnen ist. Hierbei läßt der Senat nicht außer acht, daß der Kläger in seiner Klageschrift ausdrücklich erklärt hat, daß er die angefochtenen Bescheide nicht beanstande, soweit die Beklagte die Leistungsberechnung unter Zugrundelegung der Lgr A anstelle der Lgr C durchgeführt habe.
Wie oben dargelegt, hat das Gericht auch bei einem Höhenstreit alle rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte zu beachten. Der Kläger hat kein Dispositionsrecht darüber, welche Rechtsvorschriften und damit auch welche Berechnungsfaktoren das Gericht anzuwenden bzw zu berücksichtigen hat. Allerdings wird das LSG zu prüfen haben, ob der Kläger die Höhe des geltend gemachten Alüg in jedem Fall auf den Betrag beschränken wollte, der sich aus einer Zugrundelegung der Lgr A ab 23. September 1991 ergibt, und zwar auch für den Fall, daß er mit seinem Begehren, ein höheres Bemessungsentgelt zu berücksichtigen, nicht durchdringt. Nur wenn sein Wille insoweit eindeutig ist, kann davon ausgegangen werden, daß er sein Recht auf Anfechtung der Bescheide teilweise aufgeben wollte (vgl zu dieser Problematik BSG SozR Nr 1 zu § 514 ZPO mwN; BSG in Breithaupt 1964, 531, 532 ff mwN; BSG, Urteil vom 10. März 1994 – 7 RAr 38/93). Dies läßt sich bislang nicht feststellen.
Aus den angegebenen Gründen ist die Sache zwecks erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im Rahmen dieser Entscheidung wird das LSG auch die noch nicht berücksichtigten Änderungsbescheide (darunter den in der Prozeßakte des LSG auf S 24 abgehefteten Änderungsbescheid vom 11. Januar 1993) zu beachten und über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen