Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestandsrentner des Betrittsgebiets. Dynamisierung. Zahlbetragsgarantie. Sonderversorgungssystem der Nationalen Volksarmee
Leitsatz (amtlich)
- Für eine Dynamisierung des durch den Einigungsvertrag besitzgeschützten Zahlbetrags einer Versorgungsrente aus dem Sonderversorgungssystem der Nationalen Volksarmee nach einem aktuellen Rentenwert Ost ab 01.01.1992 fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Dies ist nicht verfassungswidrig.
- Der über dem Wert des jeweiligen SGB VI-Rente liegende Teil des “besitzgeschützten Zahlbetrages” beruht auf nicht versicherten und deshalb vom Schutz der Rentenversicherung schlechthin nicht erfassten Entgelten. Der Höhe nach handelt es sich nicht um ein eigenständiges Recht, das auf einen Tatbestand in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgeführt werden kann und insbesondere nicht auf dem “aktuellen Rentenwert Ost” beruht. Eine Anwendung der rentenversicherungsrechtlichen, übergangsrechtlichen Anpassungsvorschriften “Ost” entsprechend der auf versicherten Entgelten und auf dem “aktuellen Rentenwert Ost” fußenden SGB VI-Rente ist daher weder vom Einigungsvertrag, der diese Sonderregelungen noch nicht kannte, vorgeschrieben noch verfassungsrechtlich geboten.
Normenkette
SGB VI § 307b; EinigungsV Nr. 9b Sätze 4-5; GG Art. 3, 14
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 15. Mai 2003 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist der Wert des Rechts des Klägers auf Regelaltersrente (RAR) für Bezugszeiten ab 1. Januar 1992. Der Kläger begehrt die Festsetzung eines höheren Werts ausschließlich auf der Grundlage einer Dynamisierung des durch den Einigungsvertrag (EinigVtr/EV) besitzgeschützten Zahlbetrags entsprechend den Vorschriften über die Veränderung des “aktuellen Rentenwerts Ost”.
Der Kläger bezog am 1. Juli 1990 Versorgungsleistungen aus dem Sonderversorgungssystem der Nationalen Volksarmee der DDR in Höhe von 2.010,00 DM. Seit dem 1. Januar 1992 gewährt die Beklagte ihm eine Regelaltersrente.
Im Bescheid vom 10. Januar 2001 stellte die Beklagte den bislang festgestellten Wert des Rentenrechts neu fest. Hierbei dynamisierte sie für Zeiten ab 1. Juli 1992 den durch den EinigVtr besitzgeschützten Zahlbetrag entsprechend den Vorschriften über die Veränderung des aktuellen Rentenwerts West. Diese Werte waren bis zum 30. Juni 1995 höher als die Werte der entsprechenden SGB VI-Rente.
Mit seinem Widerspruch beanstandete der Kläger die von der Beklagten vorgenommene Dynamisierung des besitzgeschützten Zahlbetrags; er begehrte eine Dynamisierung entsprechend den Vorschriften über die Veränderung des aktuellen Rentenwerts Ost. Während des Widerspruchsverfahrens nahm die Beklagte weitere Neufeststellungen in den Bescheiden vom 16. Oktober 2001 und 22. Oktober 2001 vor. Im Übrigen wies sie den Widerspruch des Klägers zurück, soweit sie ihm nicht durch die während des Vorverfahrens ergangenen Bescheide abgeholfen hatte (Widerspruchsbescheid vom 6. März 2002).
Die hiergegen erhobene Klage hat das SG abgewiesen (Urteil vom 15. Mai 2003). Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe die Dynamisierung des besitzgeschützten Zahlbetrags zutreffend gemäß § 307b SGB VI durchgeführt. Dessen Regelungen seien, wie das BSG im Urteil vom 30. Juli 2002 (B 4 RA 24/01 R) dargelegt habe, nicht verfassungswidrig.
Der Kläger hat mit Zustimmung der Beklagten die vom SG zugelassene Revision eingelegt. Er ist der Auffassung, dass § 307b SGB VI, bei dessen Ausgestaltung sich der Gesetzgeber im Wesentlichen an den Ausführungen im Urteil des BSG vom 3. August 1999 (B 4 RA 24/98 R) orientiert habe, nicht den Vorgaben im Urteil des BVerfG vom 28. April 1999 (BVerfGE 100, 1) entspreche und deshalb verfassungswidrig sei. Verglichen mit dem ursprünglichen Realwert des bestandsgeschützten Zahlbetrages würde eine nach Maßgabe des aktuellen Rentenwertes “West” angepasste Rentenleistung zwar der Lohn- und Gehaltsentwicklung im gesamten Bundesgebiet (tatsächlich im Bundesgebiet ohne das Beitrittsgebiet) entsprechen, nicht aber für Bürger der neuen Bundesländer die Kaufkraft dieser Leistung sichern und die relative Position der Berechtigten innerhalb der Rentengeneration “Ost” wahren. Die Erhöhung der Lebenshaltungskosten im Osten allein in den Jahren 1992 bis 2001 um 47 vH habe den Realwert der besitzgeschützten Zahlbeträge auf 68 vH abgesenkt. Dies werde im gleichen Zeitraum durch die Erhöhung des aktuellen Rentenwerts “West” nur auf einen Wert in Höhe von 81 vH ausgeglichen. Es sei also tatsächlich zu einer massiven Absenkung des Realwertes der besitzgeschützten Zahlbeträge gekommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 15. Mai 2003 aufzuheben und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 16. Oktober 2001 und 22. Oktober 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2002 zu verpflichten, den durch den Einigungsvertrag besitzgeschützten Zahlbetrag seit dem 1. Januar 1992 entsprechend den Vorschriften über die Veränderung des aktuellen Rentenwerts Ost anzupassen, und die Beklagte zu verurteilen, ihm entsprechend höhere monatliche Geldbeträge unter Anrechnung der bereits erbrachten Leistungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass der Gesetzestext des § 307b Abs 5 und 6 SGB VI unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung das Begehren des Klägers nicht trägt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist unbegründet.
Gegenstand der Revision ist das Begehren des Klägers, die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der angefochtenen Bescheide und des Urteils des SG zu verpflichten, den Wert seines Rentenrechts für Bezugszeiten ab 1. Januar 1992 unter Zugrundelegung eines nach den Vorschriften für den aktuellen Rentenwert Ost dynamisierbaren besitzgeschützten Zahlbetrags neu festzustellen und die Beklagte zu entsprechend höheren monatlichen Geldzahlungen zu verurteilen. Der Kläger verfolgt sein Begehren zulässig (vgl zum teilbaren Streitgegenstand: Urteil des Senats vom 30. Juli 2002, B 4 RA 24/01 R, BSGE 90, 27, 30 = SozR 3-2600 § 307b Nr 9) in Kombination von Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (sog unechte Leistungsklage, § 54 Abs 4 SGG).
Der Kläger stützt den geltend gemachten Anspruch ausschließlich auf eine für ihn günstigere Dynamisierung des besitzgeschützten Zahlbetrags. Das SG hat die Klagen zu Recht als unbegründet abgewiesen.
Nach § 307b SGB VI idF des 2. AAÜG-ÄndG ergibt sich für Bestandsrentner des Beitrittsgebiets, also für solche, für die am 31. Dezember 1991 Anspruch auf eine nach dem AAÜG überführte Rente des Beitrittsgebiets bestand (§ 307b Abs 1 Satz 1 SGB VI), der monatliche Wert des Rechts auf Rente auf Grund eines Vergleichs zwischen vier jeweils eigenständig festgesetzten Entgeltwerten, von denen der höchste dieser Werte im jeweiligen Bezugsmonat maßgeblich ist (vgl dazu Urteil des Senats vom 30. Juli 2002, B 4 RA 24/01 R, BSGE 90, 27 = SozR 3-2600 § 307b Nr 9). Im vorliegenden Fall ist allein streitig, ob auf Grund des dynamisierbaren besitzgeschützten Zahlbetrags (hier: Wert des Rechts auf Versorgung für Juli 1990) ein höherer monatlicher Rentenwert ab 1. Januar 1992 festzusetzen ist. Der Kläger beanstandet nicht, dass dieser Zahlbetrag von der Beklagten mit 2.010,00 DM eingestellt worden ist. Für die von ihm begehrte Dynamisierung nach einem aktuellen Rentenwert Ost ab 1. Januar 1992 fehlt jedoch eine gesetzliche Grundlage; der insoweit einschlägige § 307b Abs 5 SGB VI, dessen Umsetzung durch die Beklagte der Kläger nicht beanstandet, ist nicht verfassungswidrig.
Hierzu hat der Senat im Urteil vom 30. Juli 2002 (B 4 RA 24/01 R; vgl BSGE 90, 27, 35 ff = SozR 3-2600 § 307b Nr 9 S 100 ff) wie folgt ausgeführt:
“Gegen die Verfassungsmäßigkeit von § 307b SGB VI (und § 4 Abs 4 AAÜG jeweils) idF des 2. AAÜG-ÄndG und der danach vorzunehmenden Dynamisierung entsprechend den Anpassungsvorschriften für den aktuellen Rentenwert (§§ 63 Abs 7, 68 SGB VI) bestehen keine Bedenken. Die Vorschriften sind gültiges Recht. Sie sind auf Grund der Vorgaben des BVerfG in der Entscheidung vom 28. April 1999 (BVerfGE 100, 1 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3) und der verfassungskonformen Auslegung durch den Senat im Urteil vom 3. August 1999 (BSGE 84, 180 = SozR 3-2600 § 307b Nr 8) normiert worden (vgl BT-Drucks 14/5640, S 13/14). Danach ist der durch den EinigVtr besitzgeschützte Zahlbetrag, dh der – gemessen am (widerspruchsfrei auszulegenden) EinigVtr – rechtmäßige Gesamtanspruch auf Sozialversicherungs- und Zusatzversorgungsrente zum 1. Juli 1990, ab 1. Januar 1992 entsprechend den Vorschriften über die Anpassung des aktuellen Rentenwertes zu dynamisieren. Gegen diese verfassungskonforme Umsetzung der Vorgaben bestehen sowohl formell- als auch materiell-rechtlich keine Bedenken. Die Gesetzgebung ist im Übrigen allein an die verfassungsmäßige Ordnung und an die Grundrechte gebunden (Art 20 Abs 3 und Art 1 Abs 3 GG). Der parlamentarische Gesetzgeber entscheidet eigenverantwortlich darüber, auf welchen Sachverhalt er abstellen will und wie ein verfassungsrechtlich vorgegebener Regelungsrahmen ausgefüllt werden soll. Die Entscheidungen des BVerfG vom 28. April 1999 (BVerfGE 100, 1 ff; 59 ff; 104 ff; 138 ff), die als in sich widerspruchsfrei zu verstehen sind, lassen dem Deutschen Bundestag einen Gestaltungsspielraum, welchen das “Fachgericht” bei einer verfassungskonformen Auslegung, die stets Auslegung gesetzten Rechts bleiben muss, nicht hat.
Die in § 307b Abs 5 SGB VI getroffene Regelung über die Dynamisierung des durch den EV bestandsgeschützten Zahlbetrags verstößt insbesondere nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 GG. Denn sie gewährleistet den Erhalt der geschützten Rechtsposition. Sie greift in diese nicht einmal ein.
Der Gesetzgeber hat in Wahrnehmung seiner Aufgabe nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG, der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die Zahlbetragsgarantie in EV Nr 9 Buchst b Satz 4 und 5 für Bestandsrentner und rentennahe Jahrgänge des Beitrittsgebiets unter Eigentumsschutz gestellt (BVerfGE 100, 1, 51 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3). Ihr kommt, wie das BVerfG ausgeführt hat, eine zentrale Schutzfunktion zu; sie gleicht Nachteile aus, die sich aus der so genannten Systementscheidung ergeben, der Überleitung von Ansprüchen und Anwartschaften aus der Sozialversicherung und aus den zuvor zum 31. Dezember 1991 in das Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebietes überführten Versorgungssystemen in eine SGB VI-Rente (BVerfGE 100, 1, 51 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3); der besitzgeschützte Zahlbetrag soll eine unverhältnismäßige Verminderung der Alterssicherung verhindern, die wertmäßigen durch die Überführung verursachten Einbußen der Betroffenen ausgleichen und darüber hinaus gewährleisten, dass er sich nicht inflationsbedingt fortlaufend verringert. Dieser in EV Nr 9 Buchst b Satz 4 und 5 als statischer Betrag ausgestaltete, jedoch wegen der Überleitungszusage in EV Nr 9 Buchst b Satz 1 iVm Art 30 Abs 5 Satz 1 EV ab 1. Januar 1992 dynamisierbare eigentumsgeschützte Zahlbetrag wird aus staatlichen Haushaltsmitteln, also im Gegensatz zu den Leistungen aus der Sozialversicherung (vgl Art 20, 25 des Staatsvertrags vom 18. Mai 1990 ≪BGBl II S 537≫, EV Anlage I… Abschnitt II Nr 1, zu §§ 5 und 6) nicht durch Beiträge finanziert, beruht auf keiner Vorleistung für die Rentenversicherung und ist somit keine “echte” Versicherungsleistung (vgl EV Nr 9 Buchst d, § 15 AAÜG). Er ist im SGB VI, in § 307b SGB VI, entsprechend dem og Anliegen, für Bestandsrentner die Systementscheidung sozialverträglich zu gestalten, fortgeführt und konkretisiert worden.
Die fortgeschriebene Inhaltsbestimmung enthält auch einen ausgewogenen Ausgleich zwischen den Belangen der Allgemeinheit und den Individualinteressen. Denn sie berücksichtigt einerseits die Interessen der Bestandsrentner des Beitrittsgebietes, die nicht mehr in der Lage waren, selbst noch Vorsorge für ihre Altersversorgung zu treffen; andererseits wird berücksichtigt, dass es sich bei dem Zahlbetrag um eine nicht auf Beiträgen beruhende Rechtsposition handelt, sondern um eine steuerfinanzierte Leistung (s oben § 15 AAÜG). Infolgedessen ist auch mit Rücksicht auf die insoweit in Anspruch genommenen Steuerzahler in der gesamten Bundesrepublik, die (typischerweise) zusätzlich durch ihre Beiträge zur Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung beitragen, eine Anpassung – entsprechend den für diese Personen geltenden Vorschriften – an die Lohn- und Einkommensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet angemessen.
Der über dem Wert der jeweiligen SGB VI-Rente liegende Teil des “besitzgeschützten Zahlbetrages” beruht auf nicht versicherten und deshalb vom Schutz der Rentenversicherung schlechthin nicht erfassten Entgelten; insoweit, dh der Höhe nach, handelt es sich also um ein eigenständiges Recht, das sich nicht aus der Systematik der gesetzlichen Rentenversicherung herleiten lässt, ihr vielmehr fremd ist, auf keinen Tatbestand in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgeführt werden kann und insbesondere nicht auf dem “aktuellen Rentenwert Ost” beruht. Eine Anwendung der rentenversicherungsrechtlichen, übergangsrechtlichen Anpassungsvorschriften “Ost” entsprechend der auf versicherten Entgelten und auf dem “aktuellen Rentenwert Ost” fußenden SGB VI-Rente ist daher weder vom EinigVtr, der diese Sonderregelungen noch nicht kannte, vorgeschrieben noch verfassungsrechtlich geboten.
Im Gegenteil wäre dies mit EV Nr 9 Buchst b Satz 4 und 5 unvereinbar. Würde nämlich in jedem Einzelfall der zahlbetragsgeschützte Wert entsprechend den allgemeinen Veränderungen des Nettodurchschnittseinkommens der Arbeitnehmer des Beitrittsgebietes angehoben werden, würde er entsprechend dynamisch über dem jeweils individuell durch Vorleistung erlangten Wert der SGB VI-Rente liegen, der selbst uneingeschränkt an die Lohn- und Einkommensentwicklung des Beitrittsgebiets und demgemäß nach den besonderen und höheren Anpassungsfaktoren “Ost” angepasst wird. Der wertmäßige Abstand zwischen diesen Beträgen würde sich – entgegen dem EinigVtr – mithin nicht verringern, sondern vergrößern. Dies hätte zur Folge, dass aus der aus Gründen des Vertrauensschutzes geschaffenen Zahlbetragsgarantie, welche die Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus den Versorgungssystemen in die Rentenversicherung des Beitrittsgebiets – zum 31. Dezember 1991 – (lediglich) sozialverträglich gestalten sollte, auf Dauer eine aus dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung nicht begründbare, expansiv ansteigende Zusatzrente neben der SGB VI-Rente geschaffen würde, welche der EV gerade nicht bewilligt, sondern abgeschafft hat. Allen früher Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigten, deren “besitzgeschützter Zahlbetrag” am 1. Januar 1992 (bei rentennahen Anwartschaftsberechtigten: bei Entstehung des Vollrechts) höher war als die durch Vorleistung erlangte SGB VI-Rente, würde kraft Richterrechts dauerhaft eine eigenständig und in demselben Rhythmus dynamisierbare Versorgungsrente zuzüglich zur SGB VI-Rente zuerkannt, deren Grundlage gerade nicht die während des gesamten Erwerbslebens kalenderjährlich erbrachten Leistungen im Generationenvertrag “Ost”, sondern in der Regel nur ein bestimmter Vomhundertsatz des in den letzten Jahren vor Versorgungsbeginn erzielten Verdienstes wäre (vgl hierzu Rombach, Umsetzung der Vorgaben des BVerfG, SGb 2001, 474, 478 f; Mutz, Aufstieg und Fall eines Konzepts, Die Angestellten Versicherung 1999, 509, 516). Genau dies wollte der EinigVtr durch Überführung der Versorgung in die Rentenversicherung und durch die Überleitung des SGB VI grundsätzlich abschaffen. Nur ausnahmsweise (“Zahlbetragsgarantie”) sollten Beträge über der höchstmöglichen SGB VI-Rente gezahlt werden dürfen. Für diese Ausnahmen sah Art 30 Abs 5 EinigVtr gerade nicht vor, dass besondere “Anpassungsregeln Ost” geschaffen werden sollten. Fraglich wäre dann auch, ob solche außerordentlichen Vergünstigungen – im Vergleich mit allen anderen Rentnern im Bundesgebiet – den anderen früher in der DDR versorgungsberechtigt gewesenen Rentnern verfassungsgemäß vorenthalten bleiben dürften. In jedem Falle wäre die Überführungsschranke “Zahlbetragsgarantie”, ein Mindestbetrag, vertragswidrig zu einer Grundlage für ein bundesrechtlich neues Zusatzversorgungssystem permutiert.
Die objektive Schutzfunktion der Eigentumsgarantie für den bestandsgeschützten Zahlbetrag erfordert eine solche Versorgungsrente zuzüglich zur SGB VI-Rente nicht. Durch die Art 30 Abs 5 EV genügende Normierung der Zahlbetragsgarantie im AAÜG, die der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus den Versorgungssystemen in die gesetzliche Rentenversicherung des Beitrittsgebiets zum 31. Dezember 1991 diente, ist der Zahlbetrag ein – wenn auch rechtlich “wesensfremder” – Bestandteil des durch die Überleitung des SGB VI am 1. Januar 1992 entstandenen einheitlichen Systems und der in diesem Rahmen zu schützenden Rechtspositionen geworden. Der Zahlbetrag unterliegt somit den im Bundesrecht geltenden allgemeinen Regeln; der Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts ist auch bei derartigen Rechtspositionen jedoch – lediglich – auf wertmäßigen (wirtschaftlichen) Erhalt, auf die Erhaltung der Substanz (vgl BVerfG NJW 1998, 3264 f) ausgerichtet, nicht jedoch beinhaltet er ein Grundrecht gegen den Staat auf stetige Wertsteigerung. Infolgedessen erstreckt sich der (wert- und existenzsichernde) Eigentumsschutz derartiger Positionen grundsätzlich nur auf einen Ausgleich der inflationsbedingten Minderung des Wertes; in diesen Schutzbereich darf nur aus schwerwiegenden bereichsspezifischen Gründen eingegriffen werden (vgl hierzu zuletzt Urteil des Senats vom 30. Juli 2002 – B 4 RA 120/00 R, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Wegen seiner vertraglich festgelegten Vertrauensschutzfunktion ist aber auch dieser rentenversicherungsfremde “Zahlbetrag” an die Lohn- und Einkommensentwicklung im gesamten Bundesgebiet anzupassen. Erst hierdurch wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt, der Ausgleichsfunktion und dem Abstandsgebot genügt (vgl BVerfGE 100, 1, 41 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 3). Denn der relative Wert der Position zum Zeitpunkt der Überführung in die gesetzliche Rentenversicherung des Beitrittsgebiets (zum 31. Dezember 1991) bleibt gemessen an der Kaufkraft in der gesamten Bundesrepublik erhalten; auch bleibt bei Teilnahme der früher höherverdienenden Zusatzversorgungsberechtigten an der Entwicklung der Nettoeinkommen der aktiven Arbeitnehmer in der gesamten Bundesrepublik der Abstand zwischen denjenigen mit einem besitzgeschützten Zahlbetrag und denjenigen mit der höchstmöglichen SGB VI-Rente und damit die relative Position des Berechtigten innerhalb der Rentnergeneration gewahrt. Die entsprechende Anwendung der allgemeinen Dynamisierungsvorschriften auf den bestandsgeschützten Wert sichert mithin die Aufrechterhaltung des an die berufliche Stellung und an die bisherige Lebensleistung anknüpfenden Lebensstandards der Betroffenen.
Der bestandsgeschützte Zahlbetrag gibt jedoch dem Einzelnen kein Recht darauf, die Gesamtleistung (oder der Zusatzbetrag) müsse stets denselben absoluten oder sogar einen sich vergrößernden Abstand gerade von der individuell eigenen SGB VI-Rente haben oder sogar im selben Prozentsatz erhöht werden. Das Abstandsgebot bezieht sich vielmehr auf das Verhältnis zur Gruppe der Rentner, die früher im Beitrittsgebiet nur Ansprüche aus der Sozialpflichtversicherung und aus der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung hatten und die je nach ihrer Vorleistung jetzt unterschiedlich hohe SGB VI-Renten beziehen. Ein Gebot, von der Vorleistung abzusehen, enthält es nicht. Die allgemeine Rentenanpassung verhindert ein Absinken des “besitzgeschützten Zahlbetrages” auf das Niveau der Renten dieser Vergleichsgruppe gerade auch dann, wenn der früher Versorgungsberechtigte auf Grund seiner Vorleistung die höchstmögliche SGB VI-Rente erhält, die stets nur auf den allgemeinen Vorschriften (“West”) des 1. Kapitels SGB VI, nicht aber auf dem Übergangsrecht “Ost” des 5. Kapitels des SGB VI beruhen kann. Das Abstandsgebot bezieht sich aber gerade nicht auf die früheren “West-Rentner” und auf die heutigen Beitrags- und Steuerzahler, die nur die höchstmögliche SGB VI-Rente erlangen können. Jedoch wird es auch insoweit strikt und auf Dauer gewahrt, ohne dass sich der Abstand zwischen einer denkbar höchstmöglichen SGB VI-Rente und einem am 1. Januar 1992 höheren besitzgeschützten Betrag jemals verringern kann.
Die Regelung verstößt auch nicht gegen Art 3 Abs 1 GG (vgl hierzu jedoch – entsprechend – Thiessen, Zahlbetragsgarantie und Rentendynamisierung, NJ 2000, S 456 ff). Der Gesetzgeber hat weder den ihm bei der Überführung der im Beitrittsgebiet erlangten zusätzlichen Versorgungsansprüche und -anwartschaften in das Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebiets zum 31. Dezember 1991 im AAÜG noch den ihm bei der durch Art 30 Abs 5 Satz 1 EinigVtr vorgeschriebenen gesetzlichen Überleitung des bereits beschlossenen SGB VI unter entsprechender Ersetzung sämtlichen Beitrittsgebietsrechts ab 1. Januar 1992 zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten (vgl hierzu BVerfGE 100, 1, 37 f = SozR 3-8570 § 10 Nr 3). Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Gruppe von SGB VI-Rentnern ohne Zusatzversorgung im Beitrittsgebiet mit den (höherverdienenden) früheren Zusatzversorgungsberechtigten, denen die Zahlbetragsgarantie ab 1. Januar 1992 zugute kommt, liegt nicht vor. Um eine solche würde es sich nur handeln, wenn der inhaltsbestimmende Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten im Verhältnis zu anderen Normadressaten anders behandelt hätte, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen (BVerfGE 55, 72, 88; 84, 133, 157). Unabhängig von dem og Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt ein hinreichender sachlicher Grund für die verschiedene Behandlung der og Personengruppen vor; denn die unterschiedlichen Anpassungsfaktoren kommen in den neuen Ländern für unterschiedliche Personengruppen und für verschiedenartige Rechte zur Anwendung. Zum einen erhalten alle Personen entsprechend ihrer Vorleistung und der dadurch erlangten Rangstelle die auf dem “aktuellen Rentenwert Ost” beruhende und deshalb mit dem Anpassungsfaktor “Ost” zu dynamisierende SGB VI-Rente. Zum anderen erhalten die SGB VI-Rentner, die für Juli 1990 beitrittsgebietsrechtlich einen Gesamtanspruch mit höherem Zahlbetrag hatten oder rechtmäßig gehabt hätten, diesen statt des SGB VI-Wertes als einen entsprechend den Vorschriften für den aktuellen Rentenwert zu dynamisierenden Zahlbetrag.
Der EinigVtr-Gesetzgeber hat die Vorgaben hierfür bereits festgelegt. Er hat die Zahlbetragsgarantie für die nach dem EinigVtr für Juli 1990 rechtmäßigen Gesamtansprüche (und Anwartschaften) als Schranke der Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung geschaffen, die er ermächtigt hatte, das Nähere der Überführung der Versorgungsansprüche in das Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebiets zum 31. Dezember 1991 zu bestimmen. Dabei hat er zugleich die Überleitung des von ihm bereits beschlossenen SGB VI auf das Beitrittsgebiet zugesagt. Weil dieses (fast) nur Rentenwerte kennt, die dynamisierbar sind, hat er – jedenfalls bei verfassungskonformer Auslegung – auch die Ersetzung der Rechte auf Renten aus der Rentenversicherung des Beitrittsgebietes ab Überleitung des SGB VI (ab 1. Januar 1992) durch Rechte hieraus mit dynamisierbaren Werten zugesagt. Ferner hatte er selbst angeordnet, die Ansprüche und Anwartschaften aus den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets zuvor, nämlich zum 31. Dezember 1991, in das allgemeine Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebiets (durch Rechtsverordnung) zu überführen. Mit Beginn des 31. Dezember 1991 gab es daher im Beitrittsgebiet keine eigenständigen Versorgungsansprüche oder Versorgungsanwartschaften (wegen Invalidität, Alters oder Todes) mehr (§§ 2, 4 AAÜG), sondern nur noch ein einheitliches, partiell-bundesrechtliches Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebietes. Daher erstreckte sich das “Dynamisierungsversprechen”, das durch Art 30 Abs 5 Satz 1 EinigVtr gegeben wurde, nämlich das bereits als Rentenreformgesetz 1992 vorliegende SGB VI auf das Beitrittsgebiet überzuleiten, auch auf den “besitzgeschützten Zahlbetrag”, der den durch EV Nr 9 Buchst b Satz 4 und 5 mittels Verordnungsschranke als (wenn auch rechtlich “wesensfremder”) Teil des jetzt (am 31. Dezember 1991) einheitlichen Rentenversicherungsrechts des Beitrittsgebiets geschützt wurde.
Der EinigVtr-Gesetzgeber konnte damals als erster inhaltsbestimmender Gesetzgeber (dazu BVerfGE 29, 22, 33 ff; 53, 164, 172 ff; 71, 66, 80) für die konkrete inhaltbestimmende Zusage einer “Dynamisierung” des “Zahlbetrages” nur die im SGB VI bereits vorgesehenen Veränderungen des aktuellen Rentenwertes (§§ 68, 69 SGB VI) vor Augen haben. Eine andere Veränderung des “Zahlbetrages” als die entsprechend der SGB VI-Rente durch Anpassung des aktuellen Rentenwertes konnte er bei der notwendigen Abwägung der Kosten und Belastungen, die für die Funktionsnachfolger, für die Wirtschaft und für die Allgemeinheit durch diese Zusage nach der Wiedervereinigung entstehen würden, nicht berücksichtigen.
Daneben hat er in Art 30 Abs 5 Satz 3 EinigVtr als Zielsetzung für das Überleitungsgesetz (nicht für die vorgreifliche Überführung von Versorgungsberechtigungen in das Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebiets) als “Soll-Vorschrift” nur für die weitere Gesetzgebung die Angleichung der SGB VI-Renten “Ost” an die SGB VI-Renten “West” vorgesehen. Mit der Angleichung der Löhne und Gehälter im Beitrittsgebiet (nach der Überleitung des SGB VI am 1. Januar 1992) an die Löhne und Gehälter in den übrigen (“alten”) Bundesländern sollten auch die durch die SGB VI-Überleitung erlangten SGB VI-Renten im Beitrittsgebiet an die SGB VI-Renten in den übrigen (“alten”) Ländern angeglichen werden, um den Gleichklang zwischen dem Lohn der aktiven Beitragsträger “Ost” und dem “Rentnerlohn Ost” zu wahren. In diesem Sinne sollte also eine Angleichung der SGB VI-Renten “Ost” an die SGB VI-Renten “West” bis zur höchstmöglichen SGB VI-Rente “West” eingeführt werden (aber nicht darüber hinaus). Dies ist für alle “Ost-Rentner” gesichert, auch für die früher Zusatz- oder Sonderversorgten.
Unter diesen – lediglich rechtsreflexiven – Begünstigungsgehalt dieser Selbstvorgabe des Gesetzgebers fallen folgende drei Gruppen von vornherein nicht: a) Die (große) Gruppe, die im Zeitpunkt der Überleitung am 1. Januar 1992 auf Grund der “Zahlbetragsgarantie” einen höheren, aber unterhalb der höchstmöglichen SGB VI-Rente liegenden Zahlbetrag als den Wert der (anzugleichenden) SGB VI-Rente (“Ost”) verlangen konnte; b) die Gruppe der früheren Inhaber einer Versorgungsanwartschaft, die vor dem 1. Juli 1995 ein Vollrecht auf (anzugleichende) SGB VI-Rente (“Ost”) erlangte und deren “besitzgeschützter Zahlbetrag” höher als die SGB VI-Rente war; c) die (kleine) Gruppe derjenigen, deren “besitzgeschützter Zahlbetrag” einen höheren Wert hatte, als er “in den übrigen ‘alten’ Ländern” auf Grund des SGB VI jemals erlangt werden kann, der also über der höchstmöglichen SGB VI-Rente (“West”) lag. Diese drei Gruppen durften damals auf Grund der Überleitungszusage des Art 30 Abs 5 Satz 1 EinigVtr auf eine Veränderung des “besitzgeschützten Zahlbetrages” nur entsprechend der damals allein bekannten Veränderung der höchstmöglichen SGB VI-Rente gemäß derjenigen des aktuellen Rentenwertes des 1. Kapitels des SGB VI vertrauen, nicht aber auf jene erst später und nur für die anfänglich notwendig niedrigen echten SGB VI-Renten (“Ost”) zu schaffenden Sonderbestimmungen, welche die Angleichungsvorgabe des Art 30 Abs 5 Satz 3 EinigVtr konkretisierten.
Im Zusammenhang mit der Dynamisierung spricht somit auch das BVerfG zutreffend nicht davon, dass ein “Unterbleiben der Ostdynamisierung”, sondern dass ein “Unterbleiben der Dynamisierung” der Beseitigung einer versorgungsrechtlichen Position gleichkomme. Auch aus Art 3 Abs 1 GG lässt sich somit nicht begründen, dass der EinigVtr eine sich im Verhältnis zum Rentenniveau in der gesamten Bundesrepublik nach bloß übergangsrechtlichen rentenversicherungsrechtlichen Anpassungsfaktoren (“Ost”) fortlaufend expansiv erhöhende Zusatzversorgungsrente neben der SGB VI-Rente verlangt.”
An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Der Kläger hat keine entscheidungserheblichen Aspekte aufgezeigt, die vom Senat nicht bereits erwogen worden sind. Im Hinblick darauf, dass nach der Rechtsprechung des Senats der besitzgeschützte Zahlbetrag an die Lohn- und Einkommensentwicklung im gesamten Bundesgebiet anzupassen ist, besteht auch kein Anspruch auf einen Inflationsausgleich, der sich an den Lebenshaltungskosten des Beitrittsgebiets orientiert. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des SG erweist sich damit als unbegründet, sodass sie zurückzuweisen war (§ 170 Abs 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen