Entscheidungsstichwort (Thema)
Arzt
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Zulässigkeit und Begründetheit der Klage eines Arztes auf Feststellung, daß die Kassenärztliche Vereinigung die mit einem vor dem 1. 1. 1989 angeschafften Großgerät erbrachten Leistungen eines anderen Arztes nicht vergüten dürfe.
Normenkette
SGG § 54; RVO § 368n
Gründe
I. Die Kläger verlangen von der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV), daß sie den beigeladenen in Ulm niedergelassenen Ärzten für Radiologie die Zustimmung zur Ausführung ärztlicher Sachleistungen mit einem Computertomographen (CT) versagt und Leistungen mit diesen Geräten nicht vergütet.
Die Kläger betreiben in ihrer Praxis in N. U. zwei CT-Geräte, die 1983 und 1985 angeschafft worden sind. Am 15. Juli 1985 teilte der Beigeladene zu 1) der Beklagten mit, er wolle zusammen mit dem Beigeladenen zu 2) eine Gemeinschaftspraxis bilden und dafür ein CT-Gerät anschaffen. Zur ambulanten Versorgung der Bevölkerung des Stadt- und Landkreises U. bestehe Bedarf für einen weiteren CT neben dem Gerät, das in der Universitätsklinik in U. stehe. Die im Rahmen des Abstimmungsverfahrens nach § 368n Abs. 8 Satz 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu diesem Vorhaben gehörten Krankenkassenverbände sowie das für die Krankenhausbedarfsplanung zuständige Ministerium für Arbeit, Gesundheit, Familie und Sozialordnung Baden-Württemberg und die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft sprachen sich einhellig gegen die Aufstellung eines weiteren CT im Raum U. aus, da die Region bereits ausreichend mit derartigen Geräten versorgt sei. Gleichwohl entschied der Vorstand der Beklagten, der Bedarf für das Gerät sei gegeben. Dies gab die Beklagte dem Beigeladenen zu 1) mit Schreiben vom 17. Dezember 1985 bekannt. Unter dem 11. Juni 1986 teilte sie dem Beigeladenen zu 1) mit, die Einstufung seines CT-Geräts als bedarfsgerecht bedeute, daß er jetzt und in Zukunft CT-Leistungen an Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen dürfe. Die seit dem 28. März 1986 geltenden Großgeräte-Richtlinien (GGRl) seien auf seinen Fall nicht anwendbar.
Als die Kläger im Sommer 1986 von der beabsichtigten Inbetriebnahme des CT durch die Beigeladenen Kenntnis erhielten, erhoben sie gegen die Genehmigung dieses Vorhabens Widerspruch. Der Vorstand der Beklagten wies den Widerspruch als unzulässig zurück. Die dagegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) Reutlingen wegen fehlender Klagebefugnis abgewiesen (Urteil vom 25. Februar 1987 - Se 1 Ka 1903/86 -) . Auch mit ihrem Begehren auf Aufhebung des "Bescheids" vom 11. Juni 1986 und dem Antrag, den Beigeladenen die Beteiligung am kassenärztlichen Überweisungsverkehr für CT-Leistungen zu versagen, haben die Kläger keinen Erfolg gehabt (Bescheide vom 27. Mai 1987 und 28. Juli 1987; Urteil des SG Reutlingen vom 6. Juli 1988 - S 1 Ka 1110/87 -) . Die Berufung gegen beide Urteile hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen.
Das Landessozialgericht (LSG) hat ausgeführt, die Klagen seien wegen fehlender Klagebefugnis unzulässig. Die Bestimmung des § 368n Abs. 8 Reichsversicherungsordnung (RVO) und die Vorschriften der GGRl hätten ausschließlich den Schutz der Versichertengemeinschaft und die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des kassenärztlichen Systems und nicht irgendwelche Individualinteressen der betroffenen Ärzte im Auge. Soweit die Kläger durch diese Vorschriften begünstigt würden, handele es sich um bloße unbeabsichtigte Reflexwirkungen. Es gehe im vorliegenden Fall um einen Streit zwischen Kassenärzten über die Anwendung der zur Durchführung der kassenärztlichen Versorgung im einzelnen erlassenen Rechtsvorschriften; durch die Entscheidung hierüber werde die Rechtsstellung des Kassenarztes nicht berührt. Dem einzelnen Kassenarzt sei kein generelles Klagerecht zuzubilligen, gegen Entscheidungen seiner oder einer anderen KÄV, die ihn lediglich mittelbar (wirtschaftlich) berühren.
Mit der Revision machen die Kläger geltend, durch das Gesetz und die GGRl würden individuelle Rechte der Kläger begründet, denn danach sollten die wirtschaftlichen Interessen der niedergelassenen Ärzte und deren wirtschaftliche Absicherung allgemein sichergestellt werden. Ihnen stehe ein Anspruch auf angemessene Vergütung ihrer ärztlichen Leistungen zu, die aber angesichts der evidenten Überversorgung mit CT-Leistungen im Einzugsgebiet nicht mehr gewährleistet sei.
Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. September 1988 1 Ka 1647/88 - und des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. Februar 1987 und vom 6. Juli 1988 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 17. Dezember 1985, 11. Juni 1986 und 27. Mai 1987 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. September 1986, 27. Mai 1987 und 28. Juli 1987 zu verurteilen, den Beigeladenen die Zustimmung zur Ausführung ärztlicher Sachleistungen mit einem Computertomographen zu versagen und sie von der Teilhabe am kassenärztlichen Überweisungsverkehr auszuschließen,
hilfsweise,
festzustellen, daß die Aufstellung des CT-Geräts durch die Beigeladenen von der Beklagten als Neufall zu behandeln ist und demzufolge die Beklagte CT-Leistungen der Beigeladenen nicht vergüten darf.
Die Beklagte und die Beigeladenen beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist iS der Zurückverweisung begründet.
1. Mit ihrem Hauptantrag erheben die Kläger eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Sie sind dafür klagebefugt. Für den Hilfsantrag gilt dies - wie später darzulegen sein wird - aus den im wesentlichen gleichen Gründen. Die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage setzt voraus, daß der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung eines Verwaltungsaktes beschwert zu sein (§ 54 Abs 1 Satz 2 SGG). Insbesondere wenn der angefochtene Verwaltungsakt die Rechte dritter Personen regelt, muß der Kläger geltend machen, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl § 42 Abs 2 VwGO). Die Anforderungen an die prozessuale Klagebefugnis dürfen indes nicht überspannt werden. Durch die Zulässigkeitsvoraussetzung der Beschwer sollen Popularklagen und solche Klagen, mit denen der Kläger seine außerrechtlichen, zB politischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder religiösen Interessen verfolgt, ausgeschlossen werden. Die subjektive Beschwer ist nur dann nicht gegeben, wenn unter Zugrundelegung des Klagevorbringens offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein (BVerwG NJW 1982, 2513, 2514), dh die geltend gemachten Rechte bestehen oder dem Kläger zustehen können. Die Möglichkeit einer Verletzung von Rechten des Klägers darf nicht ausgeschlossen werden können (BSG SozR 1500 § 54 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Nr 67; BSGE 43, 134, 141; vgl auch BSG SozR 2200 § 368b Reichsversicherungsordnung (RVO) Nr 4).
Rechte in diesem Sinn sind rechtlich geschützte Interessen (BSG SozR 2200 § 368b Reichsversicherungsordnung (RVO) Nr 4; BSG SozR 5503 Art 2 § 6 Krankenversicherungs-Weiterentwicklungsgesetz - KVWG); die Interessen müssen vom Schutzzweck der dem Bescheid zugrundeliegenden Norm erfaßt sein (vgl BSG SozR Sozialgerichtsgesetz (SGG) § 54 Nr 115). Die Klagebefugnis ist gegeben, wenn dieser Norm ein Rechtssatz zu entnehmen ist, der zumindest auch den Individualinteressen des Klägers zu dienen bestimmt ist (vgl BVerfGE 27, 297, 307).
Die Kläger können durch die behauptete Genehmigung des Vorhabens der Beigeladenen und durch die Ablehnung des Antrags, den Beigeladenen die Beteiligung am kassenärztlichen Überweisungsverkehr für CT-Leistungen zu versagen, in ihren rechtlich geschützten Interessen verletzt sein.
Die Vorschriften der §§ 368 Abs 1 und 3, 368n Abs 8 Satz 3 und 4 RVO, auf die sich die Klage stützt, sind dazu bestimmt, auch den Individualinteressen derjenigen Ärzte, die ein bei der Standortplanung zu berücksichtigendes Gerät betreiben, zu dienen. Wenn nach § 368n Abs 8 Satz 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) die KÄV auf die Sicherung eines wirtschaftlichen Einsatzes der Geräte hinzuwirken hatte, so ging es dabei nicht nur um den wirtschaftlichen Einsatz des neu anzuschaffenden Gerätes. Die KÄV hatte vielmehr den wirtschaftlichen Einsatz auch der schon installierten Geräte zu sichern. Bei Anschaffung eines nicht bedarfsgerechten Gerätes wird der wirtschaftliche Einsatz aller Geräte im Versorgungsbereich beeinträchtigt. Die Zahl der notwendigen Leistungen verteilt sich rein rechnerisch auf mehr Geräte. Es besteht die Gefahr, daß die bereits vorher installierten Geräte weniger ausgelastet und wirtschaftlich genutzt (vgl § 122 Abs 1 SGB V) werden und die Ärzte damit unter die Schwelle des wirtschaftlichen Einsatzes geraten. Beim Begriff des wirtschaftlichen Einsatzes in § 368n Abs 8 Satz 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) geht es nicht unmittelbar um die wirtschaftliche und ausreichende Versorgung der Kranken (§§ 368g Abs 1 RVO, 72 Abs 2 SGB V). Zweck der Regelung sind allerdings der Schutz der Versichertengemeinschaft und die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des kassenärztlichen Systems, wozu die Wirtschaftlichkeit der Behandlung und die ausreichende Versorgung gehören. Diese wird aber durch eine Überzahl von Geräten ebenfalls beeinträchtigt, weil die schlechte Auslastung der teuren Geräte den Arzt zur Erbringung von nicht notwendigen Leistungen führen kann, um das Verhältnis zwischen Kosten und Honorareinnahmen zu verbessern (vgl Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. August 1989 - L 11 Ka 37/89 - S 17). Um als Endzweck die Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung gegen die genannten Gefahren zu sichern, ist unmittelbares Ziel der Regelung auch der Schutz der Ärzte mit installierten Geräten. Dieser Schutz liegt im Rahmen der Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung, zu der auch die angemessene Vergütung der ärztlichen Leistungen gehört (§ 368g Abs 1 RVO/§ 72 Abs 2 SGB V). Insbesondere erscheint die Zubilligung der Klagebefugnis geboten für diejenigen Ärzte, die ihr Gerät im Vertrauen auf eine Prüfung ihres Antrags und Genehmigung der Installation aufgrund der Übereinstimmung mit der Standortplanung angeschafft haben. Ihnen müssen aber solche Ärzte gleichgestellt werden, die ihr Gerät vor Inkrafttreten der GGRl angeschafft hatten und dafür zumindest möglicherweise auch nach diesem Zeitpunkt keiner Genehmigung bedurften (vgl Urteil des Senats vom 26. Oktober 1989 - BSGE 66, 24 = SozR 1500 § 75 Nr 79).
Die Einstufung des Geräts der Beigeladenen als bedarfsgerecht mit der Folge der Berechtigung zur Leistung an Versicherte berührt rechtlich geschützte Interessen der Kläger. Dafür ist nicht erforderlich, daß die Geräte im selben Planungsbereich betrieben werden. Es ist ausreichend, daß die Geräte der Kläger in unmittelbarer Nachbarschaft zum Standort des Geräts der Beigeladenen installiert sind.
Der Zweck des Schutzes individueller Interessen beschränkt sich auch nicht etwa zwingend auf den Bereich der jeweiligen KÄV. Vielmehr genügt es für die Klageberechtigung, daß der KÄV in § 368n Abs 8 Satz 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) nicht nur die Sicherung des wirtschaftlichen Einsatzes der Geräte im eigenen Bereich aufgegeben ist. Die Versicherten dürfen die KÄV-Grenzen überschreiten und die KÄV muß die Versorgungsbelange im benachbarten Bereich berücksichtigen (Abschn C Ziff 1 der GGRl) - wie es im vorliegenden Fall im Verwaltungsverfahren auch durchaus geschehen ist -.
2. Die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist unzulässig, soweit die Kläger die "Bescheide" vom 17. Dezember 1985 und 11. Juni 1986 anfechten. Es handelt sich dabei nicht um Verwaltungsakte. ... (von der weiteren Darstellung wird abgesehen)
Für die mit der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 11. Juni 1986 (Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 1987) und die damit verbundene Verpflichtungsklage auf Versagung der Zustimmung zur Ausführung ärztlicher Sachleistungen mit einem CT fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. ... (wird ausgeführt).
Dagegen enthält das Schreiben vom 27. Mai 1987 einen Verwaltungsakt insoweit, als die Beklagte damit den Antrag der Kläger ablehnt, den Beigeladenen die Beteiligung an der kassenärztlichen Überweisungspraxis zu versagen. Die Klage ist insoweit unbegründet. Die Beklagte hat die Ablehnung des Antrags im Bescheid vom 27. Mai 1987 zu Recht damit begründet, das Kassenarztrecht sehe eine solche einschränkende Versagung nicht vor; die Beigeladenen seien zur kassenärztlichen Tätigkeit zugelassen. Die beantragte Versagung der Beteiligung an der kassenärztlichen Überweisungspraxis könne daher mangels rechtlicher Grundlage nicht in Betracht kommen. Es ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich, aus der einem als Röntgenologen zugelassenen Kassen- oder Vertragsarzt die Beteiligung an der kassenärztlichen Überweisungspraxis versagt werden könnte.
3.1. Die Klage auf Feststellung, daß die Beklagte CT-Leistungen der Beigeladenen nicht vergüten dürfe, ist zulässig. Mit der Klage nach § 55 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann auch die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses zwischen einem Beteiligten und einem Dritten begehrt werden. Insoweit genügt es, daß der Rechtsbereich der Kläger durch das Bestehen oder Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und den Beigeladenen jedenfalls mittelbar berührt wird (vgl BSG SozR 1500 § 55 Nr 22). Die hier verlangte Berührung des Rechtsbereichs entspricht der Beschwer iS § 54 Abs 1 Satz 2 SGG. In der insoweit maßgebenden Bestimmung des § 54 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kommt nur ein allgemeiner Rechtsgrundsatz zum Ausdruck, der für alle Klagen gilt (BSG SozR 1500 § 54 Nr 67); die Regelung der Feststellungsklage (§ 55 SGG) enthält keine konkrete Ausnahme. Wie bei der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage genügt die Geltendmachung rechtlich geschützter Interessen. Die Kläger begehren Feststellung, daß die Beklagte CT-Leistungen der Beigeladenen nicht vergüten darf. Für Zulässigkeit und Begründetheit dieser Klage kommt es auf die gegenwärtige Rechtslage an.
Die Vergütung für Leistungen der Beigeladenen mit Großgeräten berührt nach der Behauptung der Kläger ihre rechtlich geschützten Interessen. Nach der gemäß Art 67 des Gesundheitsreformgesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) für die vor dem 1. Januar 1989 angeschafften Geräte sowohl der Kläger wie der Beigeladenen fortgeltenden Bestimmung des § 368n Abs 8 Satz 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) haben die KÄVen auf die Sicherung eines wirtschaftlichen Einsatzes der Geräte hinzuwirken. Dies bedeutet, wie dargelegt, daß eine Vergütung von Leistungen mit nicht bedarfsgerechten CT-Geräten in rechtlich geschützte Interessen anderer Ärzte, die solche Geräte betreiben, eingreifen kann.
3.2. Über die Begründetheit der Feststellungsklage kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Sie setzt voraus, daß die Beigeladenen - wie die Kläger behaupten - keinen Vergütungsanspruch für Leistungen mit dem CT-Gerät haben. Dazu kommt als weitere Voraussetzung, daß sich die Behauptung, die Beklagte verletze durch die streitigen Zahlungen die rechtlich geschützten Interessen der Kläger, als zutreffend erweist. Aus der Zulässigkeit der Klage ergibt sich nicht, daß sie etwa schon dann begründet wäre, wenn der Zahlungsanspruch der Beigeladenen gegen die Beklagte nicht gegeben wäre. Die Klage auf Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und den Beigeladenen kann vielmehr nur begründet sein, wenn rechtlich geschützte Interessen der Kläger verletzt sind.
Hinsichtlich der Verletzung rechtlich geschützter Interessen der Kläger bedarf es weiterer Ermittlungen. Rechtlich geschützte Interessen werden nicht schon durch jede der Standortplanung zuwiderlaufende Genehmigung verletzt und auch nicht durch die laufende Vergütung von Leistungen, die mit einem solchen nicht bedarfsgerechten Gerät erbracht werden. Hinzukommen muß eine tatsächliche Verschlechterung des Kosten/Honorarverhältnisses beim klagenden Arzt in der Weise, daß ein wirtschaftlicher Einsatz seines Gerätes nicht nur vorübergehend ausgeschlossen ist. Dies ist eine notwendige Voraussetzung für Eingriffe des klagenden Arztes in das Rechtsverhältnis zwischen der KÄV und dem Kollegen, der ein neues Gerät installieren will oder installiert hat. Nach den kassenarztrechtlichen Vorschriften ergibt sich kein weitergehender Anspruch auf Schutz der Position aus der Standortplanung. Mit dem Kassenarztrecht wäre es grundsätzlich nicht vereinbar, wenn die Standortplanung als Zuweisung eines festen, von der KÄV zu sichernden Patientenkreises angesehen würde. Der Versicherte hat auch unter den Ärzten mit Großgeräten die freie Wahl (§ 76 SGB V). Bei der Durchführung von CT-Leistungen ist der Arzt freiberuflich tätig und muß sich gegen die Konkurrenz anderer Ärzte behaupten. Die Zulassung als Kassenarzt verschafft ihm nicht die Garantie eines bestimmten Einkommens. Wenn nach § 72 Abs 2 SGB V die kassenärztliche Versorgung so zu regeln ist, daß die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden, so ist damit zwar die Sicherstellung der Einkünfte der Ärzte in den Zweck des Gesetzes einbezogen. Es geht aber unmittelbar nur um die Vergütung der von den Kassenärzten erbrachten Leistungen und nicht um die Garantie einer Menge von Leistungen oder eines Gesamteinkommens der Ärzte, die den Anspruch der Kläger begründen könnte. Aus der Pflicht der KÄV darauf hinzuwirken, daß bei der Anschaffung, Nutzung oder Mitbenutzung medizinisch-technischer Großgeräte die regionalen Versorgungsbedürfnisse berücksichtigt werden (§ 368n Abs 8 Satz 3 RVO), folgt jedenfalls kein Schutz der Konkurrenten vor der Zulassung nicht bedarfsgerechter Geräte. Zu der der KÄV nach § 368n Abs 8 Satz 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) aufgegebenen Sicherung des wirtschaftlichen Einsatzes der Großgeräte gehört allerdings die Sorge für ihre möglichst volle Auslastung. Zweck dieser gesetzlich normierten Aufgabe der KÄV ist aber - wie dargelegt - die ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Kranken. Nur soweit es dafür erforderlich ist, sind auch die Interessen der Konkurrenten geschützt. Das Gemeinschaftsgut einer den gesetzlichen Erfordernissen entsprechenden funktionierenden kassenärztlichen Versorgung wird durch die Zulassung von Großgeräten nicht schon dann berührt, wenn das neue Gerät nicht bedarfsgerecht ist und die volle Auslastung der stehenden Geräte beeinträchtigt. Vielmehr ist ein Abwehranspruch gegen die Zulassung neuer Geräte nur dann gerechtfertigt, wenn durch die Zulassung längerfristig die Existenz einer eingerichteten Praxis mit Großgeräten ernsthaft gefährdet ist in der Weise, daß der Arzt das Großgerät aus wirtschaftlichen Gründen nicht weiter betreibt oder daß er zur besseren Auslastung nicht notwendige Leistungen erbringen müßte. Diese Unterscheidung zwischen nicht bedarfsgerechter und existenzgefährdender Zulassung ist auch verfassungsrechtlich geboten (vgl BVerfGE 11, 168, 190 f). Die Gefährdung ist jedenfalls dann gegeben, wenn nicht nur vorübergehend die unvermeidlichen fixen Kosten eines CT-Geräts - einschließlich Personalkosten - nicht gedeckt sind. Im vorliegenden Fall ist die Existenzgefährdung nach dem eigenen Vorbringen der Kläger zur Streitwertfestsetzung unwahrscheinlich. Es bedarf aber insoweit noch der Feststellung des LSG.
Ohne diese Feststellung kann der Senat nicht abschließend in der Sache entscheiden. Die Revision ist nicht unbegründet (§ 170 Abs 1 SGG). Insbesondere kann der Senat sie nicht mit der Begründung zurückweisen, der Vorschrift des § 25 Abs 4 Bundesmantelvertrag f. Ärzte (BMV-Ä) fehle eine hinreichende Grundlage. Wenn für die Unvereinbarkeit Gründe sprächen, wären die Partner des Bundesmantelvertrages notwendig beizuladen (Urteil des Senats vom 26. Oktober 1989 aaO). Die Beiladung ist aber im Revisionsverfahren unzulässig (§ 168 SGG).
Fundstellen
Haufe-Index 1455747 |
BSGE, 30 |