Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revisionen des Klägers und der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 13. September 1996 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für die Zeit von November 1988 bis November 1992.
Der am 6. Februar 1928 geborene Kläger erlernte von 1942 bis 1945 das Metzgerhandwerk und arbeitete bis 1956 im väterlichen Betrieb, zu dem auch eine Landwirtschaft gehörte. Diese – nicht rentenversicherte – Tätigkeit gab er aus familiären Gründen auf und arbeitete von 1956 bis 1961 bei der Deutschen Bundesbahn als Betriebsarbeiter (Heizer), wobei insgesamt 58 Monate mit Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung der Arbeiter belegt wurden. Nachdem er bereits vorher nebenher landwirtschaftlich tätig gewesen war, machte er sich 1962 als Vollerwerbslandwirt und Pferdezüchter selbständig. Vom 12. Februar bis 31. Dezember 1979 wurden für den Kläger als landwirtschaftlicher Arbeitnehmer seiner Ehefrau Pflichtbeiträge zur Beklagten nach einem Arbeitsentgelt von insgesamt 10.647,– DM entrichtet. Für die Zeiten von Januar 1977 bis Februar 1979 und ab Januar 1980 entrichtete der Kläger freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung. Am 31. August 1988 gab er seine selbständige Tätigkeit auf.
Den im Oktober 1988 gestellten Rentenantrag des Klägers lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 15. Februar 1989 mit der Begründung ab, der Kläger könne unter Berücksichtigung der festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen noch leichte, zeitweise mittelschwere Arbeiten, zB wie bisher als Landwirt, verrichten.
Das vom Kläger angerufene Sozialgericht Darmstadt (SG) hat die Beklagte nach weiterer medizinischer Sachaufklärung durch Urteil vom 13. März 1993 verpflichtet, dem Kläger unter Zugrundelegung eines im Oktober 1988 eingetretenen Versicherungsfalles Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) ab November 1988 zu gewähren. Während des anschließenden Berufungsverfahrens hat die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 20. Oktober 1993 Regelaltersrente ab 1. August 1993 sowie – in Ausführung eines Teilanerkenntnisses – mit Bescheid vom 18. Mai 1994 für die Zeit von Dezember 1992 bis Juli 1993 Rente wegen EU bewilligt. Durch Urteil vom 13. September 1996 hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) die erstinstanzliche Entscheidung sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Februar 1989 abgeändert und diese unter Abweisung der weitergehenden Klage verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 1. November 1988 bis zum 30. November 1988 Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) zu gewähren. Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe für den noch streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf EU-Rente. Zwar sei sein Leistungsvermögen bereits durch verschiedene Gesundheitsbeeinträchtigungen herabgemindert gewesen, doch habe er noch leichte, zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (in wechselnder Körperhaltung, ohne Über-Kopf-Arbeiten, ohne Absturzgefahr, ohne Wechselschicht, ohne Nachschicht sowie ohne besonderen Zeitdruck) vollschichtig verrichten können. Abgesehen von den organisch faßbaren Gesundheitsbeeinträchtigungen ergäben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine weitergehende Leistungsminderung. Die von dem Diplom-Psychologen (Dipl.-Psych.) W. … in seinem Gutachten vom 13. März 1993 beim Kläger festgestellte nachhaltige Beeinträchtigung der für jede Erwerbstätigkeit erforderlichen Umstellungs-, Anpassungs- und Eingliederungsfähigkeit könne nur für die Zeit ab der gutachterlichen Untersuchung am 30. November 1992 als nachgewiesen angesehen werden. Dieser Sachverständige habe auch in seiner Stellungnahme vom 4. September 1993 nicht mit überzeugender Begründung darzulegen vermocht, weshalb die ermittelte Leistungsbeeinträchtigung bereits annähernd vier Jahre vor der Untersuchung in gleicher Weise bestanden haben solle. Mit seinem Restleistungsvermögen habe der Kläger ohne Schaden für seine Gesundheit noch bis Ende November 1992 einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen und auf diese Weise mehr als nur geringfügige Erwerbseinkünfte erzielen können.
Dagegen sei der Kläger in der Zeit vom 1. November 1988 bis 30. November 1992 bereits iS von § 1246 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) berufsunfähig gewesen, weil er seiner bisher hauptsächlich ausgeübten oder einer anderen ihm unter Berücksichtigung seiner Gesundheitsbeeinträchtigung und seines beruflichen Werdegangs noch zumutbaren Tätigkeit nicht mehr habe nachgehen können. Nach den von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) aufgestellten Grundsätzen müsse als bisheriger Beruf des Klägers die Tätigkeit eines angestellten Landwirtschaftsgehilfen angesehen werden. Zwar habe die Bestimmung des Hauptberufes ungeachtet der vom Kläger verrichteten Tätigkeit als selbständiger Landwirt zu erfolgen, doch sei er in der Zeit vom 12. Februar 1979 bis 31. Dezember 1979 arbeiterrentenversicherungspflichtig erwerbstätig gewesen, und zwar als landwirtschaftlicher Gehilfe im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Ehefrau. Aus welchen Gründen der Kläger diese Tätigkeit nicht als Selbständiger, sondern als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer verrichtet habe, sei für die Bestimmung des Hauptberufes ebenso unbeachtlich wie die Frage, ob der Kläger für die von ihm erbrachten Leistungen eine angemessene Entschädigung erhalten habe oder nicht.
Nachdem der Kläger seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen schon ab 1988 nicht mehr habe ausüben können, stehe ihm bei der Suche nach Verweisungstätigkeiten entsprechend dem Stufenschema des BSG sog Berufsschutz als Facharbeiter zu, denn er habe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die zum Berufsbild eines landwirtschaftlichen Gehilfen gehörenden Facharbeitertätigkeiten verrichtet und trotz des fehlenden förmlichen Ausbildungsabschlusses die theoretischen und praktischen Fähigkeiten eines voll ausgebildeten landwirtschaftlichen Gehilfen besessen. Der Zuordnung zur Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters stehe nicht entgegen, daß der Kläger für die verrichtete Tätigkeit nur ein Bruttoentgelt in Höhe von etwa 900,– DM monatlich erhalten habe. Es müsse davon ausgegangen werden, daß seine unterwertige Entlohnung nicht etwa im Hinblick auf eine entsprechend unterwertige Arbeitsleistung, sondern aus betrieblichen Gründen erfolgt sei. Ausgehend von einem derartigen Berufsschutz seien für den Kläger sozial zumutbare Verweisungstätigkeiten, die er auch objektiv bewältigen könne, nicht ersichtlich.
Auf die Beschwerde der Beklagten hat der erkennende Senat die Revision zugelassen. Beide Beklagten haben daraufhin Revision eingelegt.
Zur Begründung seiner Revision trägt der Kläger vor: Das LSG habe § 1247 RVO verletzt. Das SG sei unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG zu dem Ergebnis gekommen, daß der Arbeitsmarkt als verschlossen angesehen werden müsse. Dieser Rechtsauffassung des SG sei das LSG nicht gefolgt und sei insoweit von der Rechtsprechung des BSG abgewichen, ohne sich damit überhaupt auseinanderzusetzen. Außerdem sei zu berücksichtigen, daß er nach dem Ergebnis des psychologischen Gutachtens „keiner wie auch immer gearteten Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr gewachsen sei” und nach der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit” davon auszugehen sei, daß er bereits zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung über nicht bedeutsam bessere Leistungsvoraussetzungen verfügt habe als zum Zeitpunkt der Untersuchung. Die Rente wegen EU sei daher ab dem Zeitpunkt der Antragstellung zuzusprechen.
Der Kläger beantragt,
unter Zurückverweisung der Revision der Beklagten das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 13. September 1996 aufzuheben, soweit es das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. März 1992 abgeändert hat und die Berufung der Beklagten gegen die genannte erstinstanzliche Entscheidung in vollem Umfange zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
unter Verwerfung der Revision des Klägers das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 13. September 1996, soweit es die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit betrifft, sowie das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. März 1992 ganz aufzuheben und die Klage in vollem Umfange abzuweisen.
Die Beklagte macht zunächst geltend, daß die Revision des Klägers nicht den Anforderungen entspreche, die in § 164 Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) aufgestellt würden. Im übrigen rügt sie eine Verletzung des § 1246 RVO. Hierzu führt sie im wesentlichen aus: Es sei unerträglich, wenn der Berufsschutz eines Facharbeiters durch eine kurzfristig ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit „erkauft” werden könne, obwohl nahezu das gesamte Berufsleben von der selbständigen Tätigkeit geprägt gewesen sei. Vom Kläger seien während seiner fast 25-jährigen selbständigen Tätigkeit – mit Unterbrechungen – lediglich freiwillige Mindestbeiträge sowie für elf Monate Pflichtbeiträge unter Zugrundelegung eines Entgelts entrichtet worden, das unter dem Hilfsarbeiterniveau gelegen habe. Da auf Fälle der vorliegenden Art die Rechtsgrundsätze zur Bewertung des bisherigen Berufs bei sog Selbstversicherten übertragbar seien, entfalle im Hinblick auf die geringe Beitragsleistung ein Berufsschutz des Klägers.
Darüber hinaus sei ein Versicherter – wie hier der Kläger – der Gruppe der Facharbeiter dann nicht zuzuordnen, wenn er einen anerkannten Ausbildungsberuf, ohne die erforderliche Ausbildung durchlaufen zu haben, nur elf Monate lang wettbewerbsfähig für ein geringes Entgelt versicherungspflichtig ausgeübt und die dafür erforderlichen theoretischen und praktischen Kenntnisse zuvor durch eine langjährige selbständige Tätigkeit erworben habe, während der keine oder nur freiwillige Mindestbeiträge entrichtet worden seien. Andernfalls könne ein Versicherter auch bei einer kurzzeitigen pflichtversicherten Tätigkeit Berufsschutz durch Entrichtung weniger geringer Pflichtbeiträge erlangen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist zulässig.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Revision iS von § 164 Abs 2 Satz 3 SGG ordnungsgemäß begründet worden. Nach dieser Vorschrift muß die Begründung der Revision einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Es sind jeweils die Gründe aufzuzeigen, die nach Auffassung des Revisionsklägers das Urteil in den verbleibenden Streitpunkten als unrichtig erscheinen lassen. Hierzu bedarf es einer zumindest kurzen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung (vgl BSG SozR 1500 § 164 Nrn 5, 12).
Diesen Anforderungen hat der Kläger hinreichend Rechnung getragen. Er hat sich mit dem angefochtenen Urteil auseinandergesetzt und insoweit eine Verletzung des § 1247 RVO substantiiert gerügt. Ob die von ihm geltend gemachte Verschlossenheit des Arbeitsmarktes tatsächlich vorliegt, ist eine Frage der Begründetheit der Revision.
Die Revision des Klägers ist iS einer Zurückverweisung der Sache begründet. Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob beim Kläger bereits im streitigen Zeitraum von November 1988 bis November 1992 EU vorlag.
Der Anspruch des Klägers auf Versichertenrente wegen EU richtet sich noch nach § 1247 RVO, da der Rentenantrag bereits im Jahre 1988 gestellt worden ist und er sich auch auf die Zeit vor dem 1. Januar 1992 bezieht (vgl § 300 Abs 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ≪SGB VI≫).
Nach § 1247 Abs 1 RVO erhält Rente wegen EU der Versicherte, der erwerbsunfähig ist und zuletzt vor Eintritt der EU eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat, wenn die Wartezeit erfüllt ist. Erwerbsunfähig ist gemäß § 1247 Abs 2 Satz 1 RVO der Versicherte, der infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder von Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann. Geringfügige Einkünfte iS des Satzes 1 sind monatliche Einkünfte in Höhe eines Siebtels der monatlichen Bezugsgröße (§ 1247 Abs 2 Satz 2 RVO). Nicht erwerbsunfähig ist, wer eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt (§ 1247 Abs 2 Satz 3 RVO).
Bei der Prüfung von EU ist ein Versicherter zwar (anders als im Rahmen des § 1246 RVO) mangels eines gesetzlich verankerten Berufsschutzes ohne subjektive Zumutbarkeitsbeschränkungen auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar; ob der Kläger jedoch mit seinem Restleistungsvermögen – gemessen an den tatsächlichen Anforderungen der Arbeitswelt – noch in ausreichendem Umfang erwerbstätig sein kann (vgl dazu BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr 8), vermag der erkennende Senat auf der Grundlage der berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen nicht zu beurteilen.
Das LSG hat festgestellt, der Kläger könne noch leichte, zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (in wechselnder Körperhaltung, ohne Über-Kopf-Arbeiten, ohne Absturzgefahr, ohne Wechselschicht, ohne Nachtschicht sowie ohne besonderen Zeitdruck) vollschichtig verrichten. An diese Feststellungen ist der Senat gemäß § 163 SGG gebunden, weil vom Kläger insoweit keine zulässigen und begründeten Rügen vorgebracht worden sind. Er wendet sich zwar dagegen, daß das LSG aus den Aussagen des psychologischen Gutachtens, er sei „keiner wie auch immer gearteten Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gewachsen” und es sei „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen …, daß der Kläger ca 3 Monate nach Vollendung des 60. Lebensjahres (Zeitpunkt der Rentenantragstellung) über nicht bedeutsam bessere intellektuelle Leistungsvoraussetzungen verfügte als zum Zeitpunkt der Untersuchung”, nicht den Schluß gezogen habe, es liege bereits ab Antragstellung EU vor. Die darin möglicherweise liegende Rüge einer Verletzung des Grundsatzes freier richterlicher Beweiswürdigung (vgl § 128 Abs 1 Satz 1 SGG) ist jedoch nicht ordnungsgemäß erhoben worden. Insbesondere fehlt eine genaue Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel des Verfahrens ergeben sollen (vgl § 164 Abs 2 Satz 3 SGG). Eine formgerechte Verfahrensrüge liegt insoweit nicht bereits dann vor, wenn die Revision lediglich – wie hier – ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des LSG setzt (vgl BSG SozR 1500 § 164 Nr 31).
Ausgehend von dem festgestellten Restleistungsvermögen ist jeweils weiter zu prüfen, inwieweit der Versicherte dieses noch auf dem allgemeinen Arbeitsfeld verwerten kann. Zur Klärung dieser Fragen ist zwar grundsätzlich die konkrete Benennung einer geeigneten Verweisungstätigkeit dann nicht erforderlich, wenn der Versicherte vollschichtig jedenfalls zu körperlich leichten Arbeiten in der Lage und auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist (Großer Senat in BSGE 80, 24, 31 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Jedoch sind dabei auch die Auswirkungen weiterer qualitativer Leistungseinschränkungen in Betracht zu ziehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese über das Erfordernis, die Arbeit müsse körperlich leicht sein, hinausgehen (vgl dazu BSG SozR 2200 § 1246 Nr 30; BSGE 81, 15 = SozR 3-2200 § 1247 Nr 23). Allerdings genügt insoweit zunächst eine Beurteilung, ob das Restleistungsvermögen dem Versicherten körperliche Verrichtungen (zB Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw) erlaubt, die in ungelernten Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen (vgl BSGE 80, 24, 32 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 25). Erst wenn sich dabei Zweifel hinsichtlich der betrieblichen Einsatzfähigkeit des Versicherten ergeben, ist zu untersuchen, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, welche die Benennung zumindest einer Verweisungstätigkeit verlangt (vgl BSGE 80, 24, 33 f = SozR 3-2600 § 44 Nr 8; dazu auch BSGE 81, 15, 17 ff = SozR 3-2200 § 1247 Nr 23).
Diesen Anforderungen genügen die tatrichterlichen Feststellungen des LSG nicht. Es hat sich darauf beschränkt auszuführen, der Kläger habe ohne Schaden für seine Gesundheit noch bis Ende November 1992 einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen und auf diese Weise mehr als nur geringfügiges Erwerbseinkommen erzielen können. Die Verwertbarkeit des Restleistungsvermögens des Klägers hätte indes schon deshalb näher erörtert werden müssen, weil die bei ihm bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen seine Einsetzbarkeit für körperlich leichte Tätigkeiten weiter einengen. Von diesem Begriff wird jedenfalls der Ausschluß von Arbeiten ohne Wechsel- oder Nachtschicht sowie ohne besonderen Zeitruck nicht mitumfaßt.
Da der erkennende Senat die mithin noch erforderliche Sachaufklärung im Revisionsverfahren nicht selbst nachholen kann (vgl § 163 SGG), ist die Sache insoweit gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Auch die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt ebenfalls zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz. Unter Zugrundelegung der bisherigen Tatsachenfeststellungen des LSG läßt sich eine Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von BU-Rente für die Zeit von November 1988 bis November 1992 nicht halten.
Ebenso wie bei der Frage einer EU-Rentengewährung sind auch für den Anspruch des Klägers auf BU-Rente noch die Vorschriften der RVO maßgebend, hier also § 1246 RVO (vgl § 300 Abs 2 SGB VI).
Nach § 1246 Abs 1 RVO erhält Rente wegen BU der Versicherte, der berufsunfähig ist und zuletzt vor Eintritt der BU eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat, wenn die Wartezeit erfüllt ist. Nach § 1246 Abs 2 RVO ist ein Versicherter berufsunfähig, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlichen und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Ausgangspunkt für die Prüfung der BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der „bisherige Beruf”, den der Versicherte ausgeübt hat (vgl BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 15; BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 107, 169). Dieser Beruf ist nicht schematisch mit der vom Versicherten zuletzt bekleideten Position gleichzusetzen, vielmehr muß er aus dem Gesamtbild des beruflichen Werdeganges ermittelt werden (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 63). Insofern gilt eine wertende Betrachtungsweise; entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles (vgl zB BSG SozR 2200 § 1246 Nr 164).
Bei der danach erforderlichen Beurteilung des Erwerbslebens des Klägers hat das LSG die mit freiwilligen Beiträgen belegten Zeiten einer selbständigen Tätigkeit zu Recht als für die Bestimmung des bisherigen Berufs unbeachtlich ausgeschieden. Sind nämlich von einem freiwilligen Versicherten – wie hier – auch Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt worden, so sind im vorliegenden Zusammenhang allein diese in Betracht zu ziehen. Denn das versicherte Risiko der BU wird in solchen Fällen durch die versicherungspflichtig ausgeübten Berufstätigkeiten bestimmt (vgl dazu BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 34 mwN).
Soweit das LSG allerdings beim Kläger im Hinblick auf seine von Februar bis Dezember 1979 mit Pflichtbeiträgen belegte Tätigkeit einen bisherigen Beruf als landwirtschaftlicher Gehilfe angenommen hat, reichen die berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen für eine Bestätigung dieser Auffassung nicht aus. Selbst wenn zweifelhaft sein könnte, ob der Kläger in der betreffenden Zeit in einem die Versicherungspflicht begründenden abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat, ist diese Tätigkeit zwar bei der Ermittlung des bisherigen Berufs des Klägers allgemein zu berücksichtigen; denn die insoweit entrichteten Pflichtbeiträge sind von der Beklagten nicht (rechtzeitig) beanstandet worden (vgl BSGE 53, 269, 270 = SozR 2600 § 46 Nr 6; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 115). Unklar ist jedoch, ob die fragliche Erwerbstätigkeit nach den Gesamtumständen des vorliegenden Falles den bisherigen Beruf des Klägers iS von § 1246 Abs 2 RVO ausmacht.
Nach der Rechtsprechung des BSG muß sich der Versicherte der in Frage stehenden beruflichen Tätigkeit auf gewisse Dauer zugewandt und sie auch in solchem Umfange ausgeübt haben, daß sie seiner Person im wirtschaftlichen Leben das Gepräge geben konnte (vgl BSGE 19, 217, 219 = SozR Nr 8 zu § 46 RKG; dazu auch BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 63, 158). Allerdings hat das BSG auch eine kurzzeitige Berufsausübung ausreichen lassen, wenn die letzte Tätigkeit im Rahmen eines von Versicherungspflicht bestimmten Werdeganges zugleich die qualitativ höchste war (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 53, 62, 63, 66, 116). Eine nur vorübergehende Tätigkeit – iS einer beruflichen „Durchgangsstation” (vgl dazu BSG, Urteil vom 26. November 1981 – 4 RJ 115/80 –) reicht hingegen zur Begründung eines „bisherigen Berufs” nicht aus (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 130, 158; SozR 3-2200 § 1246 Nr 15).
Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Kriterien hätte das LSG insbesondere ermitteln müssen, aus welchen Gründen und mit welcher (auch zeitlichen) Zielvorstellung der Kläger im Februar 1979 die betreffende versicherungspflichtige Tätigkeit aufgenommen hat. Dies ist jedoch nicht geschehen.
Auf eine genaue Bestimmung des bisherigen Berufs des Klägers kann auch nicht verzichtet werden. Könnte nämlich insoweit mit dem LSG auf die von Februar bis Dezember 1979 ausgeübte Tätigkeit abgestellt werden, wäre ein BU-Rentenanspruch des Klägers zu bejahen, anderenfalls jedoch nicht. Da der Kläger schon 1988 nicht mehr als Landwirt arbeiten konnte, müßte eine passende Verweisungstätigkeit gesucht werden. Deren soziale Zumutbarkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen des LSG wäre der Kläger der Arbeitergruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen. Denn er hat nach den Feststellungen des LSG den Beruf eines landwirtschaftlichen Gehilfen wettbewerbsfähig ausgeübt (vgl zB BSGE 65, 169 = SozR 2200 § 1246 Nr 168). Seine aus betrieblich-familiären Gründen unterwertige Entlohnung wäre entgegen der Ansicht der Beklagten in diesem Zusammenhang grundsätzlich unschädlich (vgl BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 34 S 129). Für den Fall eines Berufsschutzes des Klägers als Facharbeiter hat das LSG – insoweit von der Beklagten unangegriffen – festgestellt, daß es keine Verweisungsmöglichkeiten gebe. Sollte hingegen die 1979 verrichtete versicherungspflichtige Tätigkeit als bisheriger Beruf ausscheiden, dürfte der Kläger keinen Berufsschutz genießen, zumal er die Arbeit als Heizer offenbar vor Erfüllung der Wartezeit aufgegeben hat (vgl BSGE 53, 269, 270 = SozR 2600 § 46 Nr 6; BSGE 57, 291, 293 = SozR 2200 § 1246 Nr 126; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 155).
Nach alledem sind weitere berufungsgerichtliche Ermittlungen erforderlich, die auch hinsichtlich dieses Streitpunktes eine Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz als geboten erscheinen lassen.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 1175313 |
DStR 1999, 815 |