Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 23.04.1991) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. April 1991 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Eingliederungsbeihilfe (EB) nach § 54 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG).
Die Klägerin übernahm als Auffanggesellschaft am 1. Juli 1983 die Arbeitnehmer der früheren Firma „T. I. K. GmbH & Co. KG” in L., eines Unternehmens der Holz- und Spanplattenbranche. Über das Vermögen dieser Firma war am 8. November 1982 der Konkurs eröffnet worden. Der Konkursverwalter hatte am 18. November 1982 den Angestellten und am 29. November 1982 den gewerblichen Arbeitnehmern gekündigt. Die Klägerin hatte sich nach ihren eigenen Angaben hinsichtlich des Kaufs des Anlagevermögens der in Konkurs gegangenen Firma ein Rücktrittsrecht ua für den Fall vorbehalten, daß EB nicht rechtzeitig gewährt werde.
Am 6. Juni 1983 beantragte die Klägerin bei der Beklagten für 370 Arbeitnehmer EB als Zuschuß für die Dauer von sechs Monaten in Höhe von 50 vH des für die Bemessung maßgeblichen Arbeitsentgelts. Beigefügt war dem Antrag eine Zusammenstellung der zu übernehmenden 96 kaufmännischen und technischen Angestellten und 274 gewerblichen Arbeitnehmer sowie die alphabetische Auflistung der Arbeitnehmer einschließlich Angaben über Berufsbezeichnung, Geburtsdatum und Anschriften. Eine darüber hinausgehende Abgrenzung besonderer Personengruppen erfolgte nicht. Mit Bescheid vom 27. Juni 1983 lehnte die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (BA) den Antrag unter Hinweis auf § 54 AFG iVm § 31 Abs 2 der Anordnung des Verwaltungsrats der BA zur Förderung der Arbeitsaufnahme idF vom 16. März 1982 (FdA-A) mit der Begründung ab, nach den vom Präsidenten der BA mit Zustimmung des Vorstandes festgelegten Kriterien könnten die begehrten Leistungen nur in Regionen bewilligt werden, die einen im Vergleich zum Bundesgebiet besonders ungünstigen Arbeitsmarkt aufwiesen. Die Region L. gehöre danach nicht zu den Förderungsgebieten. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 3. April 1984).
Das Sozialgericht (SG) wies die am 7. Mai 1984 erhobene Klage unter Zulassung der Berufung ab (Urteil vom 10. Februar 1988). Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Im Urteil vom 23. April 1991 hat das Landessozialgericht (LSG) zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Der von der Klägerin bis zuletzt aufrechterhaltene pauschale Antrag für sämtliche übernommenen Mitarbeiter widerspreche dem Wesen der EB, bei der es sich im Kern um eine Individualhilfe für schwer vermittelbare Arbeitnehmer handele. Auf nähere Ermittlungen zur Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von EB für einzelne Arbeitnehmer komme es jedoch nicht an, weil auch im Fall der Benennung solcher Arbeitnehmer die begehrte Förderung hätte versagt werden dürfen. Der Verwaltungsrat der BA habe in § 31 Abs 2 FdA-A die „Entscheidung” über die Festlegung der „bestimmten Gebiete” in Satz 1 der Vorschrift dem Präsidenten der BA übertragen. Der Begriff der bestimmten Gebiete sei kein auslegungsfähiger unbestimmter Rechtsbegriff. Eine Normsetzung könne in der Festlegung der „bestimmten Gebiete” ebenfalls nicht erblickt werden, denn dem Verwaltungsrat der BA, der die Anordnungen und Verwaltungsvorschriften nach dem AFG erlasse (§ 191 Abs 3 Satz 1 AFG), sei eine „Subdelegation” der Regelungsbefugnis auf den Präsidenten verwehrt. Bei der „Entscheidung über die Festlegung der Gebiete” iS von § 31 Abs 2 Satz 2 FdA-A handele es sich vielmehr um einen vom Normgeber (Verwaltungsrat) der Verwaltungsspitze (Präsident) vorbehaltenen Teil der von der BA zu treffenden, sich im Rahmen der Ermächtigung nach § 54 Abs 2 AFG, § 31 Abs 2 Satz 1 FdA-A haltenden Ermessensentscheidung, die rechtlich nur auf Ermessensfehler überprüfbar sei. Das Arbeitsamt habe sich über die in diesem Verfahren erfolgte Festlegung der Förderungsgebiete bei der Entscheidung des Einzelfalles nicht hinwegsetzen können. Mit der Festlegung längerfristig beobachteter „Gebiete” habe die Beklagte ermessensgerecht auf ein von ihr zu bekämpfendes Risiko (längerfristig ungünstiger Arbeitsmarkt) Bezug genommen. Das Vorbringen der Klägerin ziele hingegen für den Fall, daß die Arbeitslosenzahl einer Region für die Zukunft anzusteigen drohe, auf eine einzelfallbezogene Bestimmung des Förderungsgebietes hin. Eine an einmaligen wirtschaftlichen Abläufen (drohende Insolvenz eines Großunternehmens) orientierte Ermessensentscheidung könne auf einen Beitrag zur Wirtschaftsförderung hinauslaufen. Gerade das habe die vorherige Festlegung von „Gebieten” vermeiden sollen.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts, insbesondere der §§ 191 Abs 3 Satz 1, 54 Abs 2 AFG, 31 Abs 1 und Abs 2 Satz 2 FdA-A und § 39 des Sozialgesetzbuchs – Allgemeiner Teil – (SGB I). Sie ist der Auffassung, die Festlegung der „bestimmten Gebiete” iS von § 31 Abs 2 Satz 2 FdA-A gehöre zu den Voraussetzungen der Gewährung von EB. Entgegen der Ansicht des LSG enthalte § 31 Abs 2 Satz 2 FdA-A eine unzulässige „Subdelegation” der nach § 54 Abs 2 AFG dem Verwaltungsrat eingeräumten Regelungsbefugnis auf den Präsidenten der BA. Die Festlegung der Gebiete, in denen EB gewährt werden könne, sei ein untrennbarer Teil der ausschließlich dem Verwaltungsrat der BA eingeräumten Satzungskompetenz, weshalb die Bestimmung des § 31 Abs 2 Satz 2 FdA-A nichtig sei. Daraus folge, daß die Arbeitsverwaltung in bezug auf die regionalen Voraussetzungen für die Gewährung von EB mangels einer wirksamen Regelung Ermessen nach § 39 SGB I auszuüben habe. Entgegen der Auffassung des LSG handele es sich bei dem Tatbestandsmerkmal „bestimmte Gebiete” in § 31 Abs 2 Satz 1 FdA-A um einen sozialgerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff, der nach § 54 Abs 1 AFG iVm §§ 1 und 2 Nrn 1 und 7 AFG nach seinem Sinn und Zweck auszulegen sei. Dabei komme es vorrangig darauf an, Arbeitslosigkeit zu vermeiden und die Beschäftigungsstruktur zu verbessern. Auch in einem bisher nicht von hoher Arbeitslosigkeit belasteten Gebiet, könne, wenn diese drohe, Arbeitslosigkeit durch Gewährung von EB vermieden werden. Überdies ergebe sich der geltend gemachte Anspruch auch aus § 31 Abs 1 FdA-A. Die Klägerin habe im Zuge der Übernahme die bisherigen Arbeitsplätze belassen und unbefristete Arbeitsverhältnisse mit den gekündigten Arbeitnehmern begründet. Damit seien die dort vorausgesetzen Tatbestandsmerkmale erfüllt.
Die Klägerin beantragt,
- die Urteile der Vorinstanzen – Sozialgericht Konstanz vom 10. Februar 1988 und Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 23. April 1991 – sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Juni 1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 1984 aufzuheben,
- die Beklagte zu verpflichten, den Antrag der Klägerin neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie verweist in vollem Umfang auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und führt ergänzend aus, der Anspruch bestehe selbst dann nicht, wenn es sich bei den „bestimmten Gebieten” iS des § 31 Abs 2 Satz 1 FdA-A um einen unbestimmten Rechtsbegriff handeln sollte. Dann nämlich sei dieser Begriff durch die hier in Rede stehende Festlegung des Präsidenten der BA in hinreichender und ermächtigungskonformer Weise konkretisiert worden. Selbst bei einer erneut zu treffenden Ermessensentscheidung könne die Klägerin weder auf der Grundlage des § 54 Abs 1 AFG allein, noch im Zusammenhang mit § 31 FdA-A mit ihrem Pauschalantrag auf Förderung von 370 Arbeitnehmer Erfolg haben. Eine Förderungsmöglichkeit zur Erhaltung von Arbeitsplätzen sei allein unter den Voraussetzungen des § 31 Abs 2 FdA-A möglich.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist iS der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet. Aufgrund der vom LSG getroffenen Feststellungen läßt sich nicht abschließend entscheiden, ob die Klägerin für alle oder wenigstens einen Teil der von ihr übernommenen Arbeitnehmer EB gemäß § 54 AFG iVm § 31 Abs 1 oder Abs 2 der FdA-A vom 18. Dezember 1969 (ANBA 1970 S 90) idF der Änderungsanordnung vom 16. März 1982 (ANBA 1982 S 541) beanspruchen kann.
- Verfahrenshindernisse stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Insbesondere ist die Klage nicht verspätet erhoben worden. Zwar findet sich in den Akten einschließlich denen der BA kein Nachweis über die gemäß § 85 Abs 3 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erforderliche Zustellung des Widerspruchsbescheides (§ 63 Abs 2 SGG iVm dem Verwaltungszustellungsgesetz ≪VwZG≫), sondern lediglich der Hinweis, daß die Zustellung mittels Postzustellungsurkunde erfolgen sollte. Die Klägerin hat dem Senat das Original des Widerspruchsbescheides vom 3. April 1984 vorgelegt. Der Eingangsstempel der Klägerin vom 5. April 1984 belegt hier nach Auffassung des Senats, daß an diesem Tage die vorgesehene Zustellung formgerecht erfolgt ist. Die am Montag, dem 7. Mai 1984, beim SG eingegangene Klage ist demgemäß rechtzeitig erhoben worden.
- Nach § 54 Abs 1 Satz 1 AFG in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I S 1497) kann die BA Arbeitgebern zur beruflichen Eingliederung von Arbeitslosen und von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedrohten Arbeitsuchenden, deren Unterbringung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes erschwert ist, Darlehen oder Zuschüsse gewähren. Hierbei handelt es sich um eine in das Ermessen der BA gestellte Leistung (stRspr, vgl zB BSG SozR 4100 § 54 Nr 1; BSG Urteil vom 15. Juni 1988 – 7 RAr 79/86 – DBlR 3373 AFG § 54).
Der Gesetzgeber hat mit der Vorschrift des § 54 Abs 1 AFG die Voraussetzungen der EB indes nur „rudimentär” selbst geregelt und gemäß § 54 Abs 2 AFG (in der hier maßgeblichen bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Fassung) die weitere rechtssatzmäßige Ausgestaltung weitgehend dem Rechtssetzungsermessen der BA überlassen (vgl zB BSG Urteile vom 15. Juni 1988 – 7 RAr 79/86 – DBlR 3373 AFG § 54 und 22. Februar 1984 – 7 RAr 31/83 – DBlR 2930 AFG § 54). Danach ist die Beklagte ermächtigt, zur Durchführung des Abs 1 der Vorschrift das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der Förderung durch Anordnung zu bestimmen.Von diesem Recht hat die Beklagte durch die FdA-A vom 18. Dezember 1969 (aa0) hier idF der 7. Änderungsanordnung vom 16. März 1982 (aa0) Gebrauch gemacht. Die Anordnung enthält als autonomes Satzungsrecht Rechtsnormen, die den durch § 54 Abs 1 AFG eingeräumten Spielraum konkretisieren. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob die entsprechenden Satzungsbestimmungen von der Ermächtigung im Gesetz gedeckt sind (vgl zB BSG SozR 4100 § 54 Nrn 1 und 3). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diesen dem Selbstverwaltungsträger eingeräumten Spielraum bestehen nicht (vgl BVerfG SozR 4495 Allg Nr 1 mwN sowie Urteile des Senats vom 9. August 1990 SozR 3 – 4100 § 53 Nrn 1 und 2).
Die Voraussetzungen für die Gewährung von EB sind in § 31 FdA-A in der genannten Fassung angeführt. Die Vorschrift lautet: 1. Eingliederungsbeihilfe nach § 54 Abs 1 AFG kann einem Arbeitgeber gewährt werden, der bereit und voraussichtlich in der Lage ist, dem Arbeitslosen oder von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedrohten Arbeitsuchenden einen seinem Leistungsvermögen angemessenen Dauerarbeitsplatz zu bieten und mit ihm ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet. 2. Die Leistung kann in bestimmten Gebieten auch zur Erhaltung von Arbeitsverhältnissen schwer vermittelbarer Arbeitnehmer nach Abs 3 gewährt werden, wenn die Beendigung der Arbeitsverhältnisse nach Antragstellung auf Eröffnung des Konkursverfahrens droht und ein neuer Arbeitgeber den Betrieb übernimmt. Die Entscheidung über die Festlegung der Gebiete trifft der Präsident der Bundesanstalt mit Zustimmung des Vorstandes der Bundesanstalt. Der Verwaltungsrat der Bundesanstalt ist zu unterrichten. Die Entscheidung über das Vorliegen der betrieblichen Voraussetzungen trifft der Präsident des Landesarbeitsamts nach Anhörung des Verwaltungsauschusses des Landesarbeitsamtes. … 3. Die Unterbringung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes (§ 54 Abs 1 AFG) ist insbesondere dann erschwert, wenn Arbeitnehmer aus in ihrer Person liegenden Gründen ohne Eingliederungsbeihilfe in absehbarer Zeit nicht vermittelt werden können. 4. Das Arbeitsamt kann verlangen, daß dem Antrag auf Eingliederungsbeihilfe eine Stellungnahme des Betriebs- oder Personalrates beizufügen ist.
Nach den vom LSG bindend getroffenen Feststellungen läßt sich die von der BA und den Vorinstanzen vertretene Auffassung, für die von der Klägerin begehrten Leistungen komme ausschließlich § 54 AFG iVm § 31 Abs 2 Satz 1 FdA-A als Anspruchsgrundlage in Betracht, nicht halten. Als Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin kommt auch § 54 AFG iVm § 31 Abs 1 und 3 FdA-A in Betracht.
Nach den vom LSG getroffenen Feststellungen hat die Klägerin die Arbeitnehmer der früheren Firma T. … KG zum 1. Juli 1983 übernommen. Außerdem war der Kauf des Anlagevermögens dieser Firma mit der Klägerin vereinbart worden, allerdings unter dem Vorbehalt des Rücktrittsrechts, ua für den Fall, daß EB nicht rechtzeitig bewilligt werden würde. Weiter ist festgestellt worden, daß der Konkursverwalter den Angestellten der Firma am 18. November und den gewerblichen Arbeitnehmern am 29. November 1982 gekündigt hatte.
Diese Tatsachen reichen nicht aus, um eine Betriebsübernahme iS des § 31 Abs 2 FdA-A, die zur Erhaltung von Arbeitsplätzen geführt hat, feststellen zu können. Bei einer solchen Betriebsübernahme kann es sich um eine zu einem Arbeitgeberwechsel führende nach § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) handeln (dazu vgl BSG SozR 4100 § 54 Nr 1), möglicherweise aber auch um eine unspezifische iS des § 31 Abs 2 FdA-A. Voraussetzung ist in jedem Fall, daß zwischen dem bisherigen und dem neuen Arbeitgeber ein Kaufvertrag über die Übernahme des gesamten Betriebes abgeschlossen worden ist. Der Kauf nur des Anlagevermögens und die Übernahme von Arbeitnehmern einer in Konkurs gefallenen Firma reicht dafür auch nach Auffassung der BA nicht aus (Dienstblatt-Runderlaß ≪DBlRdErl≫ 107/82 unter 1.31.22 Abs 2). Insoweit bedarf es noch ergänzender Feststellungen.
Ob sich ggf die Betriebsübernahme als ein Fall der „Erhaltung von Arbeitsplätzen” erweist, hängt – insbesondere nach der Auffassung der BA (vgl DBlRdErl aa0 unter 1.31.22 Abs 1 sowie DBlRdErl idF vom August 1987 ebenda) – auch davon ab, ob bei der insoweit gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Zusammenhang zwischen Entlassung und Wiedereinstellung dazu führt, daß die neuen Arbeitsverhältnisse als Fortsetzung der alten anzusehen sind. Ein wesentliches Indiz dafür ist, daß die Einstellung innerhalb eines halben Jahres nach Entlassung erfolgt (DBlRdErl 107/82 aa0 unter 1.31.12; vgl auch Fassung 8/87 für Wieder(Neu)Einstellung im selben Betrieb unter 1.31.12 Abs 1 mit Hinweis auf 1.31.20 Abs 2).
Nach den vom LSG getroffenen Feststellungen läßt sich dieses nicht entscheiden. Insbesondere steht nicht fest, ob nicht jedenfalls für einen Teil der (gewerblichen) Arbeitnehmer nach Wirksamwerden ihrer Kündigungen Arbeitslosigkeit eingetreten ist und sie erst nach mehr als einem halben Jahr von der Klägerin neu eingestellt worden sind. Dazu bedarf es Feststellungen dazu, wann die Kündigungen der 370 übernommenen Arbeitnehmer jeweils wirksam geworden sind, wann und ob sie arbeitslos waren und wann sie im einzelnen von der Klägerin übernommen worden sind.
Sollten sich die erörterten Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs 2 FdA-A nicht feststellen lassen, kommt die Gewährung von EB an die Klägerin auch nach Abs 1 und 3 der Vorschrift in Betracht, denn wenn kein Fall der Erhaltung von Arbeitsplätzen vorliegen sollte, ist die Anwendung der Abs 1 und 3 der Vorschrift nicht ausgeschlossen. Dazu bedarf es in erster Linie Feststellungen zur Schwervermittelbarkeit jedes einzelnen der 370 übernommenen Arbeitnehmer und dazu, ob der Entschluß der Klägerin für die Übernahme jedes einzelnen dieser 370 Arbeitnehmer jedenfalls auch wesentlich mitursächlich iS der sozialrechtlichen Kausallehre darauf beruhte, EB zu erlangen (vgl BSG SozR 4100 § 54 Nr 1). War der neue Arbeitgeber nämlich entschlossen, einzelne oder alle Arbeitnehmer auch ohne EB zu übernehmen – dafür könnte der nicht erfolgte Rücktritt vom Kaufvertrag über das Anlagevermögen ein Indiz sein –, oder sah er sich hierzu aufgrund von Rechtsvorschriften – etwa dem Kündigungsverbot in § 613a Abs 4 BGB – verpflichtet, kommt die Leistung nicht in Betracht, denn dann würde der Zweck der Leistung verfehlt. Die Beklagte dürfte EB in diesem Fall schon in Hinblick auf § 7 Abs 1 FdA-A nicht gewähren (vgl BSG SozR 4100 § 54 Nr 1 S 4; BSG Urteil vom 23. September 1980 – 7 RAr 67/79 –).
Sollte sich danach herausstellen, daß ausschließlich eine Förderung nach § 31 Abs 2 FdA-A in Betracht kommt, weil sämtliche Voraussetzungen bis auf das Merkmal „in bestimmten Gebieten” vorliegen, stellt sich die weitere Frage, ob die Beschränkung der Förderung auf bestimmte Gebiete nach der hier anzuwendenden FdA-A vom 16. März 1982 (aaO) mit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 54 AFG zu vereinbaren ist. Der erkennende Senat hat erhebliche Bedenken, ob das der Fall ist. Die BA hat – wie oben bereits ausgeführt – von der Ermächtigung des § 54 Abs 2 AFG Gebrauch gemacht. Die gerichtliche Überprüfung des autonomen Satzungsrechts beschränkt sich hier darauf, ob die jeweiligen Satzungsbestimmungen von der Ermächtigung im Gesetz gedeckt sind. Das ist dann nicht der Fall, wenn § 31 Abs 2 FdA-A nicht mit den Zielvorstellungen und Leitlinien des Gesetzes im Einklang stehen sollte. § 54 AFG zielt auf die individuelle Förderung von Arbeitslosen oder von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedrohten Arbeitsuchenden, die im Wettbewerb am Arbeitsmarkt nur geringe Aussichten haben, einen Arbeitsplatz zu finden und daher schwer vermittelbar sind. Arbeitgebern soll ein finanzieller Anreiz geboten werden, solche Arbeitskräfte einzustellen (vgl zB BSG SozR 4100 § 54 Nr 1 und Nr 3, BSGE 65, 40, 44). Für die Frage, ob der Arbeitsuchende schwer vermittelbar ist, kommt es nicht auf die jeweilige Arbeitsmarktlage an, entscheidend ist vielmehr, ob der Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedrohte Arbeitsuchende im Verhältnis zu seinen Mitkonkurrenten auf dem Arbeitsmarkt durch in seiner Person begründete Defizite, zB Alter, Gesundheitszustand oder berufliche Einschränkungen (vgl BT-Drucks 11/2990 S 20) in seiner Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt ist (vgl BSG SozR 4100 § 54 Nr 3). Daraus folgt, daß EB nicht als Instrument zur Wirtschaftsförderung und damit der Subventionierung von Arbeitgebern gedacht ist (vgl zB BSG SozR § 54 Nr 1 S 4).
Dem muß die der BA erlaubte Konkretisierung des Gesetzes entsprechen. Wo das Gesetz keine eigenständige Regelung trifft, ist die BA zur sachgerechten Bestimmung befugt (BSG SozR 4460 § 8 Nr 7 mwH). Der Zweck der Ermächtigung bestimmt zugleich aber auch die Grenzen der Regelungsbefugnis. Er erlaubt es nicht, die Entscheidung des Gesetzgebers entgegen dem Gesetzeszweck inhaltlich so zu verändern, daß die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Anspruch – etwa durch Aufstellen zusätzlicher Voraussetzungen – eingeschränkt oder erweitert werden (vgl dazu BSGE 37, 163, 169 f; BSG SozR 4460 § 2 Nr 4). Das aber – der Senat muß die Frage in diesem Zusammenhang nicht abschließend entscheiden – könnte hier der Fall sein.
Zwar darf die BA die in §§ 1 bis 3 Abs 1 – hier insbesondere § 2 Nr 7 – AFG enthaltenen Zielsetzungen grundsätzlich auch im Rahmen von gesetzeskonkretisierenden Anordnungen berücksichtigen. Das darf aber nicht dazu führen, daß entgegen dem wesentlichen Zweck der jeweiligen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage – hier § 54 Abs 1 AFG – die arbeitsmarktpolitischen Zwecke ein derartiges Gewicht erhalten, daß in solchen Gebieten, in denen die arbeitsmarktpolitischen Voraussetzungen, die die BA aufstellt, nicht gegeben sind, überhaupt keine Förderung erfolgen kann. Das würde jedenfalls dann gelten, wenn man – wie die BA – § 31 Abs 2 FdA-A gegenüber Abs 1 der Anordnung als „abschließende Regelung” ansieht (vgl DBlRdErl 107/82 unter: zu § 31 Abs 1).
Ob es sich bei der Festlegung der bestimmten Gebiete iS des § 31 Abs 2 FdA-A entsprechend der Auffassung des LSG um eine die Arbeitsämter bindende Teil-Ermessensentscheidung des Präsidenten der BA handelt oder ob hier die Konkretisierung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Abs 1 AFG durch den unbestimmten Rechtsbegriff „in bestimmten Gebieten” für Fälle der „Erhaltung von Arbeitsplätzen” vorgenommen wird, kann an dieser Stelle offenbleiben, denn entweder kann in der geschehenen Festlegung der bestimmten Gebiete durch die BA eine Ermessensüberschreitung oder eine unzulässige Veränderung der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen liegen, wenn man der hier angedeuteten Auffassung folgt. Das Ergebnis entspräche im übrigen der derzeitigen Anordnungslage. In der FdA-A vom 19. Mai 1989 (ANBA S 997) ist eine dem § 31 Abs 2 FdA-A entsprechende Vorschrift nicht mehr enthalten.
Die Revision führt somit gemäß § 170 Abs 2 SGG zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG. Dieses wird bei seiner erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu bestimmen haben.
Fundstellen