Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. August 1990 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger ist mit der Berechnung des Knappschaftsruhegeldes, welches er seit dem 1. April 1988 bezieht, nicht einverstanden. Nach seiner Meinung müssen die Monate November 1952, März 1955 und August 1983 als Ausfallzeiten und nicht, wie dies in den angefochtenen Bescheiden der Beklagten vom 25. August 1987 bzw 25. März 1988 geschah, als Beitragszeiten angerechnet werden. Sowohl in den Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheide vom 10. November 1987 und vom 12. September 1988) als auch im sozialgerichtlichen Verfahren (Urteile des Sozialgerichts ≪SG≫ Gelsenkirchen vom 16. Januar 1990 und vom 19. April 1989; Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ≪LSG≫ vom 27. August 1990) ist er ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat die Revision zugelassen.
Der Kläger besuchte in der Zeit vom 3./4. November 1952 bis zum 30. März 1955 die Bergschule. Für den 1. November 1952 (Allerheiligentag) und den 31. März 1955 wurden für ihn Pflichtbeiträge entrichtet. Dasselbe geschah am 1. und 2. August 1983, weil für diese Tage und den vorangegangenen Monat Urlaubsabgeltung gezahlt wurde. Ab Juli 1983 war der Kläger arbeitslos gemeldet. Das Begehren des Klägers erklärt sich aus der Tatsache, daß er bei Berücksichtigung der genannten drei Monate als Ausfallzeit eine höhere Rente erhielte, als ihm durch den angefochtenen Bescheid bewilligt wurde. Er verlangt eine Vergleichsberechnung gemäß § 54 Abs 7 Satz 2 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG).
In dem angefochtenen Urteil des LSG heißt es, § 54 Abs 7 Satz 2 RKG sei im vorliegenden Falle nicht anwendbar, weil die erwähnten Pflichtbeiträge in den drei Monaten nicht „während einer anzurechnenden Ausfallzeit” entrichtet worden seien. Vielmehr schlössen Beitragszeit und Ausfallzeit bzw umgekehrt Ausfallzeit und Beitragszeit in diesen Monaten jeweils aneinander an. Damit komme auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eine Vergleichsberechnung nicht in Betracht. Die Vorschrift des § 56 Abs 5 RKG, wonach Kalendermonate, die nur teilweise mit Ausfallzeiten belegt sind, voll angerechnet werden müssen, sei hier nicht anwendbar. Die Vorschrift gelte nur, wenn die Restzeit eines Kalendermonats nicht mit einer Beitragszeit belegt sei und ferner nur für die zeitliche Anrechnung, nicht jedoch für die Bewertung der Zeit bei bestehender Konkurrenz zwischen Ausfallzeit und Beitragszeit während desselben Monats. Für Beitragszeiten besage § 49 Abs 5 RKG nichts anderes als § 56 Abs 5 RKG für Ausfallzeiten. Der Schutz des § 54 Abs 7 Satz 2 RKG solle nur denjenigen Versicherten zugute kommen, welche während einer Ausfallzeit niedrige Beiträge entrichtet hätten und für die daher die Berücksichtigung einer Ausfallzeit bei der Rentenberechnung günstiger sei. Dagegen umfasse der Schutz der Norm von seinem Sinn und Zweck her nicht auch Beiträge, die für Zeiten vor Beginn oder nach dem Ende einer Ausfallzeit entrichtet worden seien. Dies ergebe sich nicht zuletzt auch aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 10/3243 S 24).
Nach Auffassung der Revision muß das Günstigkeitsprinzip des § 54 Abs 7 Nr 2 RKG auch im vorliegenden Falle gelten. Dieses werde durch die angefochtene Entscheidung unterlaufen. Es sei nicht einzusehen, warum die Vergleichsberechnung nach § 54 Abs 7 Satz 2 RKG dann nicht stattfinden solle, wenn Kalendermonate nur teilweise mit Beitragsmonaten und Ausfallzeiten ausgefüllt seien. Im übrigen habe der Bergschulbesuch damals 29 volle Monate umfaßt. Hierfür sei Beweis angetreten worden, welchen das LSG unter Verletzung von § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht erhoben habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. 8. 1990 teilweise aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 19. 4.1989 (S 18 Kn 83/88) zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 25. 3. 1988 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. 9. 1988 zu verurteilen, die Monate November 1952, März 1955 und August 1983 bei der Berechnung des Knappschaftsruhegeldes als Ausfallzeiten mit entsprechenden Werteinheiten zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend, weil die Pflichtbeiträge in den drei interessierenden Monaten nicht ausschließlich während einer anzurechnenden Ausfallzeit entrichtet worden seien. Die Vorschrift des § 56 Abs 5 RKG spiele bei einer Aufeinanderfolge von Beitragszeiten und Ausfallzeiten in demselben Kalendermonat keine Rolle.
Entscheidungsgründe
II
Der Senat hatte im Revisionsverfahren nur noch über den Antrag des Revisionsklägers, nämlich über die Bewertung der Monate November 1952, März 1955 und August 1983 bei der Berechnung seines Knappschaftsruhegeldes zu entscheiden. Bezüglich der während des Berufungsverfahrens noch streitigen Knappschaftsausgleichsleistung haben die Beteiligten den Rechtsstreit durch übereinstimmende Erklärung während der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 27. August 1990 erledigt.
Die Revision ist nicht begründet. Eine Vergleichsberechnung gemäß § 54 Abs 7 Satz 2 RKG kommt wegen der hierfür fehlenden rechtlichen Voraussetzungen nicht in Betracht.
Der 11a-Senat des BSG hat bereits in seinem Urteil vom 9. September 1986 (BSGE 60, 242, 244) entschieden, daß Beiträge für einen nur teilweise mit einer Ausfallzeit belegten Kalendermonat eine Vergleichsberechnung nach § 32 Abs 7 Satz 2 Angestelltenversicherungsgesetz ≪AVG≫ (= § 54 Abs 7 Satz 2 RKG) nicht rechtfertigen. Diese Entscheidung hält der erkennende Senat für zutreffend. Er schließt sich ihr vollinhaltlich an. Danach ist vor allem darauf hinzuweisen, daß schon der Gesetzeswortlaut des § 54 Abs 7 Satz 2 RKG eine andere Handhabung nicht erlaubt. Die Vorschrift dient der Beseitigung von Härten bei der Bewertung an sich beitragsloser und zugleich mit Beiträgen belegter Zeiten. Die Vorschrift unterscheidet zwischen zwei Alternativen. Und zwar sollen in dem Falle des Buchst a bei Beitragsentrichtungen „während einer anzurechnenden Ausfallzeit” und im Falle des Buchst b bei Kalendermonaten, die „auch mit einer anzurechnenden Ausfallzeit belegt sind”, Vergleichsberechnungen durchgeführt werden. Das BSG hat bereits in der genannten Entscheidung darauf hingewiesen, daß es überflüssig gewesen wäre, die beiden Möglichkeiten zu unterscheiden, wenn auch bei der Alternative Buchst a jede Aufeinanderfolge von Beitragszeit und Ausfallzeit zu einer Vergleichsberechnung führen sollte. BSG und LSG folgen damit im übrigen auch dem Anliegen des Gesetzgebers, wonach die im Jahre 1985 in Kraft getretene „geänderte Fassung des § 1255 Abs 7 Satz 2 der RVO … verdeutlicht, daß bei einer Aufeinanderfolge von Beitragszeiten und Ausfallzeiten in einem Kalendermonat – entsprechend der durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bestätigten Praxis der Rentenversicherungsträger – für diesen Kalendermonat grundsätzlich keine Vergleichsberechnung durchzuführen ist”. Damit nahm der Gesetzgeber ua Bezug auf das Urteil des BSG vom 28. September 1978 SozR 2200 § 1255 Nr 9. Darin hatte das BSG bereits dargelegt, daß die Vorschrift des § 1255 Abs 7 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫ (= § 54 Abs 7 Satz 2 RKG) eine Ausnahme von der Rangfolge der für die Rentenberechnung relevanten Zeiten enthält. Er schreibt nämlich ausnahmsweise eine Vergleichsberechnung vor, obwohl die Versicherungszeiten in der Regel als gegenüber den Ausfallzeiten stärkere Momente bei der Rentengewährung diese verdrängen. Die damit eng auszulegende Vorschrift dient dem Schutz der Versicherten, die während einer Ausfallzeit, bedingt durch die in der Ausfallzeit gegebenen Verhältnisse, nur niedrige Beiträge entrichtet haben. Diese mit der Ausfallzeit verknüpfte typische Situation ist nur auf die Dauer der Ausfallzeit begrenzt. Der Gesetzgeber wollte durch die Vorschrift insbesondere Arbeitslose ermutigen, eine kurzzeitige gering bezahlte Beschäftigung anzunehmen und verhindern, daß dadurch Nachteile eintreten.
Angesichts der geschilderten Gesetzeslage kann der Senat im vorliegenden Falle offenlassen, ob die Zeit der Urlaubsabgeltung (1. Juli bis 2. August 1983) angesichts der Arbeitslosmeldung des Klägers als Ausfallzeit iS von § 57 RKG anzusehen oder ob nicht vielmehr das Entstehen einer Ausfallzeit wegen § 29 Abs 1 Satz 3 RKG in der damals geltenden Fassung ausgeschlossen ist. Die geringere Beitragsleistung im Monat August 1983 ist darauf zurückzuführen, daß lediglich ein kurzer Abschnitt des Monats mit Beiträgen belegt ist. Dieser steht zudem in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Beitragszahlung im Vormonat, so daß sie hiervon nicht getrennt betrachtet werden darf. Es handelt sich vielmehr – ebenso wie bei der Fortführung des Beschäftigungsverhältnisses – um Beiträge, welche einerseits an die vorhergehenden anschließen und die nicht deshalb niedriger sind, weil der Kläger eine geringer bezahlte Tätigkeit während einer laufenden Ausfallzeit angenommen hat.
Der Rechtsauffassung des Senats steht § 56 Abs 5 RKG nicht entgegen. Hiernach werden Kalendermonate, die nur teilweise mit Ausfallzeiten belegt sind, voll angerechnet. Sinn dieser Vorschrift ist es, teilweise mit einer Ausfallzeit belegte Kalendermonate bei der Ermittlung der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre dennoch voll zu berücksichtigen. Gleiches gilt, worauf das LSG bereits hingewiesen hat, gemäß § 49 Abs 5 RKG für Kalendermonate, die nur teilweise mit Versicherungszeiten belegt sind. Auch sie rechnen im Rahmen der Ermittlung der Versicherungsjahre wie voll belegte Kalendermonate. Zweck dieser Vorschriften ist es, die Zahl der anrechnungsfähigen Versicherungsmonate aufzurunden, wenn einzelne Monate nur teilweise belegt sind. Damit werden jedoch, wovon die Revision offensichtlich ausgeht, die nicht belegten Teile der Kalendermonate weder zu Ausfallzeiten noch zu Beitragszeiten. Dies hat der Gesetzgeber durch den Wortlaut von § 56 Abs 5 bzw § 49 Abs 5 RKG zum Ausdruck gebracht. Er hat nicht etwa bestimmt, daß auch die nicht belegten Teile der Kalendermonate als Ausfall- bzw Versicherungszeiten gelten oder anzusehen sind. Vielmehr hat er vorgeschrieben, daß diese Kalendermonate „voll angerechnet” werden. Damit ist zum Ausdruck gebracht worden, daß nur der belegte Teil des Kalendermonats Ausfallzeit bzw Versicherungszeit ist, daß aber dennoch eine volle Anrechnung der Kalendermonate bei der Ermittlung der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre zu erfolgen hat. Auch hieraus ergibt sich, daß die im vorliegenden Rechtsstreit streitigen drei Kalendermonate nicht als volle Ausfallzeitmonate anzusehen sind. Sie bleiben auch nach § 56 Abs 5 RKG nur insoweit Ausfallzeiten, als die Voraussetzungen des § 57 RKG vorliegen.
Der weitere Einwand des Klägers, daß seine Bergschulzeit 29 Kalendermonate gedauert habe, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Zeiten einer Schul- oder Fachschulausbildung sind nach § 57 Abs 1 Nr 4 RKG nur insoweit Ausfallzeiten, als eine Ausbildung tatsächlich stattgefunden hat. Das ist für den 31. März 1955 zu verneinen. An diesem Tage hatte der Kläger nach den Feststellungen des LSG bereits wieder eine versicherungspflichtige Beschäftigung angenommen (s BSG SozR 2200 § 1259 Nr 17). Unerheblich ist also, ob in den Ausbildungsvorschriften eine Ausbildung über eine bestimmte Anzahl von Monaten vorgeschrieben ist. Aus diesem Grunde waren nicht auch die Monate November 1952 und März 1955 als mit einer Ausfallzeit voll belegt anzusehen. Der behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen