Beteiligte
Klägerin und Revisionsklägerin |
Beklagter und Revisionsbeklagter |
Tatbestand
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, inwieweit die Klägerin als Anästhesistin zu schmerztherapeutischen Behandlungen berechtigt ist und ob ihre Beschränkung auf Fälle der Überweisung zu Recht erfolgte.
Die Klägerin ist Ärztin für Anästhesie. Sie beantragte im Frühjahr 1985 die kassenärztliche Zulassung als Anästhesistin in K. mit dem Vorbringen, daß sie eine schmerztherapeutische Praxis führen wolle. Durch Bescheid vom 6. März 1985 hat der Zulassungsausschuß die Zulassung ausgesprochen, sie jedoch auf Überweisungsfälle beschränkt. Der beklagte Berufungsausschuß hat den Widerspruch der Ärztin zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 1985). Zur Begründung wurde ausgeführt: Das Gebiet Anästhesie umfasse die allgemeine und lokale Anästhesie einschließlich deren Vor- und Nachbehandlung, die Aufrechterhaltung der vitalen Funktionen während operativer Eingriffe, die Wiederbelebung und die Intensivtherapie in Zusammenarbeit mit den für das Grundleiden zuständigen Ärzten. Schon aus dieser Definition werde erkennbar, daß es sich bei der Tätigkeit des Anästhesisten immer nur um eine sekundäre Auftragsleistung handele und daß die Diagnostik und die Therapie des den Schmerz verursachenden Grundleidens nicht zu seinen Aufgaben gehöre.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) als unbegründet abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Zur Urteilsbegründung hat das Landessozialgericht (LSG) ausgeführt: Die Gebiets-Definition in der Anlage zur Weiterbildungsordnung (WBO) weise den Anästhesisten eine typische Hilfstätigkeit zu. Eine Schmerzbehandlung durch den Anästhesisten komme als kassenärztliche Leistung nur dann in Frage, wenn sie zusammen mit einem Narkoseverfahren, einer Lokal- oder Leitungsanästhesie durchgeführt werde. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob es eine eigenständige Schmerztherapie überhaupt geben könne. Daß ein Anästhesist mit den für das Grundleiden zuständigen Kassenärzten zusammenarbeiten müsse, ergebe sich nicht nur aus der genannten Definition, sondern auch aus der Natur der Sache. Die Beschränkung der Zulassung auf Überweisungsfälle verstoße daher nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Freiheit der Berufsausübung. Die den Fachärzten in der Berufsordnung auferlegte Pflicht, ihre Tätigkeit grundsätzlich auf das jeweilige Fachgebiet zu beschränken, sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) mit Art 12 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) vereinbar.
Die Klägerin hat - die vom Senat zugelassene - Revision eingelegt. Sie ist der Ansicht, die streitige Beschränkung habe keine Rechtsgrundlage und sei jedenfalls verfassungswidrig.
Die Klägerin beantragt,
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1. |
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. April 1988 und des Sozialgerichts München vom 11. Dezember 1986 aufzuheben; |
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2. |
den Bescheid des Zulassungsausschusses Ärzte - Schwaben - vom 6. März 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 29. Oktober 1985 insoweit aufzuheben, als er die kassenärztliche Tätigkeit der Klägerin bezüglich der Schmerztherapie auf Überweisungsfälle beschränkt hat; |
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3. |
festzustellen, daß die Klägerin im Rahmen ihrer Zulassung als Anästhesistin auch zu schmerztherapeutischen Behandlungen berechtigt ist. |
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Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) bis 4) beantragen,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Die Beigeladene zu 5) hat sich nicht geäußert.
II
Die Revision der Klägerin ist begründet.
1. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Unrecht abgewiesen. Sie haben sich dabei an den äußeren Wortlaut des (bisherigen) Klagantrags gehalten und nicht festgestellt, auf welches Prozeßziel der Wille der Klägerin gerichtet ist. Auch für die Auslegung von Prozeßhandlungen einschließlich der Klaganträge ist die Auslegungsregel des § 133 BGB entsprechend anzuwenden (BSGE 63, 93, 94 mwH = SozR 2200 § 205 Nr. 65). Danach ist nicht an dem Wortlaut der Erklärung zu haften, sondern der wirkliche Wille zu erforschen und zu berücksichtigen, soweit er für das Gericht und die Beteiligten erkennbar ist. Die Klägerin hat im Januar 1985 beantragt, sie als Anästhesistin mit einer Praxis für Schmerztherapie zuzulassen. Damit hatte sie deutlich gemacht, daß sie eine anästhesiologische Tätigkeit einschließlich einer eigenständigen Schmerztherapie anstrebte. In der Begründung des Widerspruchsbescheides hat der Beklagte ausgeführt, es handele sich "beim Tätigwerden des Anästhesisten immer um eine sekundäre Auftragsleistung", während "Diagnostik und Therapie eines den Schmerz verursachenden Grundleidens nicht zu den Aufgaben des Anästhesisten" gehöre. Mit dieser Begründung geht der Beklagte zwar nicht auf die (mit-) beantragte Schmerzbehandlung ein. Gleichwohl legt der Senat den angefochtenen Verwaltungsakt dahin aus, daß die Klägerin im Rahmen der vom Beklagten zitierten Gebiets-Definition der Anlage zur Bayerischen WBO als Anästhesistin, also grundsätzlich ohne Schmerztherapie zugelassen und ihre Tätigkeit insoweit auf Überweisungsfälle beschränkt wurde, daß die Zulassung darüber hinaus aber auch Fälle der (grundleidenunabhängigen) Schmerztherapie insoweit erfaßte, als dieser (schmerztherapeutischen) Behandlung eine Überweisung durch einen Arzt vorausging, der zuvor das Grundleiden behandelte bzw. zu behandeln versuchte. Der Beklagte wollte demnach das Sonderbegehren der Klägerin ausschließlich mit dem Instrument der Beschränkung auf Überweisungsfälle angehen, wobei er den Bereich der Schmerztherapie in der Begründung offenließ, im Ergebnis aber die Zulassung insoweit grundsätzlich versagte. In dem Verfügungssatz des angefochtenen Verwaltungsaktes: "Frau Dr. med. J. kann nur auf Überweisungsschein kassenärztlich tätig werden", wird daher das Streitverhältnis nur unzureichend erfaßt. Demnach entspricht der bisherige Antrag der Klägerin, den angefochtenen Verwaltungsakt hinsichtlich seiner Beschränkung auf Überweisungsfälle aufzuheben, nicht dem ganzen Umfang ihres eigentlichen Klagebegehrens. Mit der vom Senat angeregten Klarstellung ihres Antrages, auf die hinzuwirken schon die Vorinstanzen verpflichtet gewesen wären (§ 106 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), ist keine Klagänderung verbunden.
Das LSG ist der Art und Weise, wie der Beklagte den Streitgegenstand behandelte, weitgehend gefolgt. Es geht von dem sich aus der WBO ergebenden Umfang des Fachgebiets aus, folgert daraus die Rechtmäßigkeit der Beschränkung auf Überweisungsfälle, geht aber nicht auf die rechtliche Zulässigkeit der konkret-streitigen Gebietsabgrenzung ein. Zwar wird auf Seite 16 des Urteils gesagt, die Einschränkung der Klägerin auf Überweisungsfälle verstoße "nach alledem" weder gegen Art 3 noch gegen Art 12 GG. Tatsächlich war aber die Beschränkung der Klägerin zuvor an keiner Stelle des Urteils unter einem verfassungsrechtlichen Aspekt, insbesondere dem der Freiheit der Berufsausübung betrachtet worden. Soweit in dem Urteil etwas später ausgeführt wird, die Beschränkung der Fachärzte auf ihr Fachgebiet sei mit Art 12 GG vereinbar, geht das LSG dann auch nicht mehr auf die Frage ein, ob die Klägerin überhaupt auf einem anderen Fachgebiet tätig sein wolle oder nicht vielmehr bloß auf dem eigenen, dies aber in dem verfassungsrechtlich gebotenen Umfang.
2. Wie schon sowohl vom BVerfG als auch vom Senat zum Ausdruck gebracht wurde, stellt der ärztliche Beruf - unbeschadet der Spezialisierung auf einzelne Fachgebiete - eine Einheit dar (BVerfGE 33, 125 ff., 161, Beschluß vom 9. Mai 1972 - sogenannter Facharztbeschluß -; BSG, Urteil vom 27. Oktober 1987, 6 RKa 34/86, BSGE 62, 224, 228 f. = SozR 2200 § 368a Nr. 19). Diese Einheit liegt in der Natur der ärztlichen Tätigkeit, die zum Zwecke der Heilung des individuellen Patienten auf eigenverantwortliche und umfassende Anwendung der ärztlichen Kunst als einem Ganzen auch dort gerichtet sein muß, wo der Arzt sich eines spezialisierten Kollegen bedient, um einzelne - dem Ganzen untergeordnete -Leistungen von diesem erbringen zu lassen.
Nach Art 12 Abs. 1 GG haben alle Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. Dieser sogenannte Regelungsvorbehalt des Art 12 Abs. 1 Satz 2 GG bezieht sich nicht nur auf die Freiheit der Berufsausübung, sondern auch auf die Freiheit der Berufswahl (BVerfGE 7, 377, 400). Einschränkungen bedürfen der Legitimation nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Gesetzgeber ist um so freier, je mehr die Einschränkung sich auf dem Gebiet der bloßen Berufsausübung bewegt, und er ist um so stärker dem Eingriffsverbot unterworfen, je mehr es sich um die freie Berufswahl handelt (BVerfGE a.a.O., S. 405 ff.). Beschränkungen der Berufsausübung können durch "vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls" im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG legitimiert sein; in die Freiheit der Berufswahl darf aber nur zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter eingegriffen werden.
Bei der genannten Einheit des Arztberufs ist eine Einschränkung der freien Berufsausübung durch Fachgebietsbeschränkungen daher nur möglich, soweit durch die damit verbundene Spezialisierung eine zweckmäßige ärztliche Versorgung verbessert wird (BSGE a.a.O., S. 228 f.). Das BVerfG hat ausgeführt, daß dieser Gesichtspunkt durchaus geeignet sei, die Einschränkung grundsätzlich zu rechtfertigen, und daß sie dem Arzt auch zuzumuten sei, "wenn die Facharztbereiche vom fachlich-medizinischen Standpunkt aus sachgerecht abgegrenzt sind" (BVerfGE 33, 125, 167). Jedoch ist nicht zu übersehen, daß dieser Beschränkung gerade unter dem Gesichtspunkt der Einheit des Arztberufes Elemente der Berufswahl - nicht nur der Berufsausübung - innewohnen (vgl. BVerfGE a.a.O., S. 161). Dieser Gesichtspunkt schlägt sich auch darin nieder, daß das BVerfG in der genannten Entscheidung von der Möglichkeit spricht, die Anerkennung als Facharzt für mehr als eine Fachrichtung zu erwerben und mehrere Fachgebiete wissenschaftlich und praktisch zu beherrschen (S 169 f.). Er bedeutet, daß jede die Einheit des Arztberufes beeinträchtigende Restriktion nicht nur durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls zu rechtfertigen, sondern auch jede hierauf basierende Eingriffsregelung eng auszulegen ist. Aus den vorgenannten Gründen hat der Senat im Urteil vom 27. Oktober 1987 (BSGE a.a.O., S. 229) es für rechtlich unzulässig erklärt, einen Kassenarzt, der sich für ein Therapie-Gebiet qualifiziert hat, ohne Legitimationsgründe von den erforderlichen und fachlich ohne weiteres beherrschten Diagnoseleistungen gegen seinen Willen abzuschneiden; das schließt die Bildung eigener diagnostischer Fachbereiche nicht aus. Diese Gründe haben zur Folge, daß die Klägerin zur Erbringung von Leistungen der Schmerztherapie berechtigt ist, wenn (erstens) es sich insoweit überhaupt um Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung handelt, sie also als solche nicht ausgeschlossen sind, wenn (zweitens) die Klägerin zur Erbringung dieser Leistungen ausgebildet ist und (drittens) es sich insoweit nicht um Leistungen handelt, die (unter dem Gesichtspunkt sachgerechter Abgrenzung) als Randbereich zu einem Fachgebiet gehören, für dessen Kernbereich die Klägerin nicht qualifiziert ist.
3. Daß es sich bei der Schmerztherapie um Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung handelt, liegt schon deshalb nahe, weil unstreitig in anderen Bundesländern Anästhesisten zur Schmerztheapie zugelassen werden, ergibt sich aber auch daraus, daß schon in dem auf Grund des § 368g Abs. 4 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) von den Vertragspartnern des Bundesmantelvertrages vereinbarten Einheitlichen Bewertungsmaßstab 1978 (E-BMÄ'78) Anästhesieleistungen aufgeführt waren, nämlich die Leistungen nach den Nrn. 469 bis 479, die nach der Ersatzkassen-Gebührenordnung (E-GO) als selbständige Leistungen auch zur Schmerztherapie abrechnungsfähig waren (Brück, Komm E-BMÄ, Stand: 1.4.1986, S. 579), und nach dem E-BMÄ'87 die Anästhesieleistungen nach den Nrn. 410 und 415 speziell als Schmerztherapie und die übrigen Leistungen des Kapitels D (Anästhesieleistungen) für Leistungen in beiden Bereichen (- Anästhesieleistungen einschließlich Schmerztherapie -) berechnungsfähig sind (Kölner Komm zum EBM, Stand: Juli 1990, S. 209 f.). Unstreitig ist auch, daß die Klägerin zur Erbringung dieser Leistungen ausgebildet und spezialisiert ist. Und es ist schließlich evident, daß das Gebiet der Schmerztherapie (vgl. dazu W. Weissauer und H. W. Opderbocke: Fachgebietsgrenzen und interdisziplinäre Zusammenarbeit am Beispiel der Anästhesiologie sowie H. Kamps: Der Anästhesist in der kassenärztlichen Versorgung, beide Aufsätze in: Arzt- und Kassenarztrecht im Wandel, Festschrift für H. Narr, 1988, Hrsg. H. Kamps, A. Laufs, Seiten 103 ff. und 230 ff.) sachlich nicht ausschließlich als Randbereich zu einem anderen Fachgebiet als dem der Anästhesiologie gehört.
4. Der grundsätzliche Ausschluß der Klägerin von den Leistungen der Schmerztherapie war demnach verfassungswidrig. War die Klägerin aber (von Anfang an) berechtigt, als Anästhesistin auch diese schmerztherapeutischen Leistungen zu erbringen, dann ist damit eine Beschränkung auf Überweisungsfälle nicht zu vereinbaren. Die Frage, ob der Kassenarzt unmittelbar (auf Krankenschein) oder nur aufgrund einer Überweisung tätig werden darf, betrifft die Voraussetzungen, unter denen er an der kassenärztlichen Versorgung teilnimmt, und damit seinen Zulassungsstatus (BSGE 58, 18, 21 = SozR 2.000 § 368g Nr. 13). Eine Beschränkung auf Überweisungsfälle bedarf daher aus den vorgenannten Gründen der besonderen Rechtfertigung, die sich nur aus fachspezifischen Umständen ergeben kann. Hinsichtlich der Ausübung der Schmerztherapie durch Anästhesisten liegen solche Umstände nicht vor. Der Schmerztherapeut ist nicht - wie etwa der Radiologe oder der Laborarzt - auf eine Hilfstätigkeit beschränkt. Im § 12 Abs. 4 des seit dem 1. Oktober 1990 in Kraft befindlichen (neuen) Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) werden bei der Aufzählung derjenigen Gebiete, deren Ärzte nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden können, demnach in Übereinstimmung mit der (ungeschriebenen) Gesetzeslage nur solche Fachgebietsbehandlungen genannt, die eine Hilfstätigkeit in diesem Sinne darstellen, nämlich eine Tätigkeit, die ihrer Natur nach, wenn sie der entsprechenden Fachgebietsbeschränkung unterliegt, nur in Abhängigkeit von einem für die übergreifende Krankheit verantwortlichen Arzt ausgeübt werden kann. Es mag daher auch dahingestellt bleiben, ob der genannten Vorschrift (durch Umkehrschluß) entnommen werden soll, daß Schmerztherapeuten (ebenso wie die anderen nicht genannten Ärzte) nicht auf Überweisungen beschränkt werden können, oder ob die Anästhesisten schlechthin gerade wegen der hier anstehenden Rechtsfragen unerwähnt bleiben. Fest steht jedenfalls, daß der grundleidenunabhängigen Schmerztherapie dieses Kriterium bloßer Hilfstätigkeit nicht zukommt. Es wird zwar nach den Regeln der ärztlichen Kunst geboten sein, eine Schmerztherapie erst dann zu beginnen, wenn eine an einem in Betracht kommenden Grundleiden orientierte Behandlung nicht zur Schmerzfreiheit führte. Diese gegenüber dem Primärarzt bestehende "Abhängigkeit" des Schmerztherapeuten ist jedoch anderer Art als jene genannten Hilfstätigkeiten. Während es dort nur um ein Nacheinander zweier verschiedener und insoweit selbständiger Leistungen geht, handelt es sich hier - bei den Hilfstätigkeiten - um solche Leistungen, die mit denen des überweisenden Arztes in einer umgreifenden (diagnostischen bzw. therapeutischen) Behandlungseinheit eng verwoben sind. Läßt sich aber eine Beschränkung auf Überweisungsfälle nicht aus der Natur des Arztgebietes - hier: der Schmerztherapie - legitimieren,
dann verstößt eine solche Beschränkung nicht nur, wie oben dargelegt, gegen den Anspruch des Arztes auf eine verfassungsgemäß unbeschränkte Zulassung, sondern auch gegen das Recht des Versicherten, seinen Arzt frei zu wählen (§ 368d RVO; § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V; § 12 Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä). Der Versicherte hat daher auch dann, wenn seine an einem Grundleiden orientierte Behandlung nicht zur Schmerzfreiheit führte, das Recht, selbst gegen den Willen seines bisher behandelnden Arztes einen Schmerztherapeuten zu wählen, um sich einer grundleidenunabhängigen Schmerzbehandlung zu unterziehen. Die Bestimmung des regionalen Gesamtvertrages, die die streitige Beschränkung auf Überweisungsfälle vorschreibt, widerspricht damit jedenfalls insoweit vorrangigem Recht, als der Anästhesist Leistungen der Schmerztherapie erbringen will. Die Beschränkung auf Überweisungsfälle im übrigen ist nicht im Streit.
5. Unter Aufhebung der Urteile zweiter und erster Instanz war der angefochtene Verwaltungsakt daher insoweit aufzuheben, als er die kassenärztliche Tätigkeit der Klägerin bezüglich der Schmerztherapie auf Überweisungsfälle beschränkt hat. Gleichzeitig war festzustellen, daß die Klägerin im Rahmen ihrer Zulassung als Anästhesistin auch zur Vornahme schmerztherapeutischer Behandlungen berechtigt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 193, 194 SGG, § 100 Zivilprozeßordnung.6 RKa 20/89
BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen
Haufe-Index 518829 |
BSGE, 190 |
NJW 1992, 780 |