Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Sonderbedarf. Wohnungs- und Bekleidungserstausstattung. Bemessung der Geldleistungen und Nachvollziehbarkeit der Pauschalbeträge. verfassungskonforme Auslegung
Leitsatz (amtlich)
Pauschale Geldbeträge für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten und für Bekleidung sind so zu bemessen, dass der Hilfebedürftige mit dem gewährten Betrag einfache und grundlegende Wohnbedürfnisse in vollem Umfang befriedigen bzw sich in menschenwürdiger Weise kleiden kann. Die Höhe der Pauschalen muss auf der Grundlage von Bezugsquellen, Preislisten etc nachvollziehbar sein.
Normenkette
SGB 2 § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Fassung: 2006-07-20, Nr. 2 Fassung: 2006-07-20, S. 5 Fassung: 2006-07-20, S. 6 Fassung: 2006-07-20; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe eines Anspruchs des Klägers auf Erstausstattung seiner Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten und auf Erstausstattung für Bekleidung.
Der 1945 geborene Kläger war von 1985 bis zum 24.1.2007 in der Justizvollzugsanstalt D inhaftiert. Am 7.12.2006 beantragte er bei dem Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Dem Antrag fügte er einen Mietvertrag bei, der zwischen ihm und seiner Tochter für die Zeit ab 24.1.2007 abgeschlossen worden war. Mit Bescheid vom 30.1.2007 wurden dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 24. bis zum 31.1.2007 in Höhe von 208 Euro und vom 1.2. bis zum 30.6.2007 in Höhe von 780 Euro monatlich bewilligt.
Am 31.1.2007 beantragte der Kläger sowohl eine Wohnungserstausstattung als auch eine Bekleidungserstausstattung. Nach 21 Jahren Haft stünden ihm keine Möbel zur Verfügung. Die angemietete Wohnung sei lediglich mit einer Einbauküche ausgestattet. An Bekleidung verfüge er über eine Garnitur Unterwäsche, Oberbekleidung und ein Paar Schuhe.
Mit Bescheid vom 31.1.2007 bewilligte der Beklagte eine einmalige Beihilfe in Höhe von 730 Euro für die Wohnungserstausstattung, wobei ein Bedarf für einen Herd, Küchenschränke, einen Kühlschrank und eine Spüle nicht anerkannt wurde, da nach dem abgeschlossenen Mietvertrag die leihweise Überlassung der Kücheneinrichtung vereinbart sei. Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tage wurde eine weitere einmalige Beihilfe in Höhe von 230 Euro für die Erstausstattung mit Bekleidung gewährt.
Gegen beide Bescheide erhob der Kläger Widerspruch, der mit Bescheid vom 30.8.2007 im Hinblick auf die Wohnungserstausstattung und mit Bescheid vom 31.8.2007 im Hinblick auf die Bekleidungserstausstattung jeweils zurückgewiesen wurde.
Mit seiner Klage beim Sozialgericht (SG) hat der Kläger die Höhe der gewährten Beihilfen für die Erstausstattung einer Wohnung (730 Euro statt beantragter 10 274,79 Euro) und für die Bekleidungserstausstattung (230 Euro statt beantragter 876 Euro) beanstandet. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21.11.2008 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte habe zu Recht einen Betrag von 730 Euro für die Erstausstattung einer Wohnung bewilligt. Es sei nachvollziehbar dargelegt worden, dass grundsätzlich von einem Pauschalbetrag in Höhe von 1120 Euro ausgegangen werde, dies sei durch eine detaillierte Preisaufstellung mit Bezugsquellen belegt. Die vom Kläger vorgelegte Aufstellung, die einen weitaus höheren Betrag ergebe, berücksichtige nicht, dass lediglich notwendige Möbel und Geräte erfasst werden sollten und dass es einem Leistungsempfänger zuzumuten sei, auch gebrauchte Gegenstände für seine Wohnungserstausstattung zu erwerben. Zu Recht seien von dem Pauschalhöchstbetrag auch die Positionen für die Kücheneinrichtung abgezogen worden, da diese in der vom Kläger gemieteten Wohnung laut Mietvertrag vorhanden seien. Dafür, dass der Kläger die Küche nur zeitlich begrenzt nutzen könne, finde sich kein Anhaltspunkt im Mietvertrag. Ebenso wenig sei die pauschale Bewilligung von 230 Euro für Kleidung zu beanstanden. Auch hier habe der Beklagte nachvollziehbar dargelegt, wie sich der Betrag zusammensetze und insoweit eine Preisliste des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) sowie eine weitere Aufstellung vorgelegt. Die Bekleidungsliste des Klägers berücksichtige nicht, dass nur die wirklich notwendigen Bekleidungsstücke von dem Erstausstattungsanspruch erfasst seien und grundsätzlich auch auf gebrauchte Artikel (außer Unterwäsche) verwiesen werden könne.
Die dagegen eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) mit dem angegriffenen Beschluss vom 30.6.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung wird im Wesentlichen auf das Urteil des SG verwiesen und im Übrigen ausgeführt, der nach dem SGB II Hilfebedürftige habe nur einen Anspruch darauf, seinen Grundbedarf zu befriedigen, nicht aber auf eine optimale, bestmögliche Versorgung. Zusätzlich hat das LSG darauf hingewiesen, dass die einmalige Beihilfe für die Wohnungserstausstattung in Höhe von 730 Euro der Höhe nach auch dann nicht zu beanstanden sei, wenn man davon ausgehe, dass der in der Wohnung des Klägers befindliche Herd defekt sei, es bestehe ohnehin nur ein Anspruch auf eine Kochgelegenheit. Außerdem ergäben sich beim Vergleich der Neupreisliste mit den angesetzten Preisen große Einsparpotenziale, die das LSG im Einzelnen dargelegt hat. Die Differenz könne für die Anschaffung zusätzlicher Gegenstände verwendet werden. Ein Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten oder Liefer- bzw Versandkosten, die im Zusammenhang mit der Beschaffung von Einrichtungsgegenständen oder Bekleidung anfielen, sei im SGB II nicht vorgesehen.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen Revision.
Zur Begründung führt er aus, es sei noch nicht höchstrichterlich entschieden, was alles zum Erstausstattungsbedarf für eine Wohnung zähle. Er habe eine umfassende Bedarfsliste aufgestellt, in der alle seiner Ansicht nach erforderlichen Gegenstände unter Aufführung eines durchschnittlichen Einkaufspreises angegeben seien. Dabei sei zu berücksichtigen, dass er im ländlichen Raum wohne und nicht auf Preisgestaltungen großer Kaufhäuser bzw Gebrauchtmöbelläden in den Städten verwiesen werden könne. Ohnehin sei er nicht verpflichtet, nur Gebrauchtmöbel zu kaufen. Für die Küchenausstattung, eine Kompaktküche zuzüglich Aufbau, verschiedene Küchenmaschinen, Tische, Stühle, Eckbank, Gardinen, Lampen etc errechne sich ein Bedarf von 2955,08 Euro, für das Badezimmer einschließlich Waschmaschine, Badezimmerschrank, Spiegelschrank, Heizölradiator, Dusch- und Badetücher ein Bedarf von 1156,24 Euro, für das Schlafzimmer einschließlich eines Komplettbetts mit Rahmen und Matratze, eines Kleiderschranks, Lampen, Gardinen, Kissen und Bettbezügen, ein Bedarf von 2288,63 Euro, für das Wohnzimmer einschließlich einer Schrankwand, Polsterecke, Couchtisch, Sessel, Fernseher, Receiver sowie Gardinen und Lampen 2771,17 Euro sowie für Sonstiges wie Staubsauger, Bügeleisen, Briefkasten, weitere Lampen, Rasierapparat, Wäschespinne, Nähmaschine, Schuhregal etc 1109,67 Euro.
Gleiches gelte für die Erstausstattung für Bekleidung, auch hier liege weder eine Entscheidung des BSG vor, welche Bekleidungsstücke eine Vollausstattung umfassen müsse, noch welcher Pauschalbetrag zur Erstausstattung mit Bekleidung mindestens erforderlich sei. Der Kläger vertritt insoweit die Auffassung, der Erwerb gebrauchter Artikel sei ihm in diesem Zusammenhang nicht zumutbar. Im Übrigen sei es für ihn im ländlichen Raum auch nicht möglich, auf die erforderlichen Konfektionsgrößen bei gebrauchter Kleidung zurückzugreifen. Die von ihm aufgestellte Erstausstattungsliste ergebe einen Gesamtbedarf von 876 Euro unter Einbeziehung der unterschiedlichen Witterungs- und Klimabedingungen für alle vier Jahreszeiten.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Juni 2009 und das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 21. November 2008 sowie die Bescheide des Beklagten vom 31. Januar 2007 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30. August 2007 und 31. August 2007 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung in Höhe von insgesamt 10 274,79 Euro abzüglich bereits bewilligter 730 Euro sowie Leistungen für die Erstausstattung für Bekleidung in Höhe von 876 Euro abzüglich bereits bewilligter 230 Euro zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet und war deshalb zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫). Das LSG hat unter Bezugnahme auf die Gründe des SG zutreffend entschieden, dass der Beklagte sowohl für die Wohnungserstausstattung als auch für die Erstausstattung mit Bekleidung ausreichende pauschale Geldbeträge zur Verfügung gestellt hat.
1. Auf Beklagtenseite ist das Jobcenter gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Bei dem Jobcenter (§ 6d SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I 1112) handelt es sich um eine gemeinsame Einrichtung (§ 44b Abs 1 Satz 1 SGB II ebenfalls idF des Gesetzes vom 3.8.2010), die mit Wirkung vom 1.1.2011 kraft Gesetzes entstanden ist (vgl Luik, juris PR-SozR 24/2010 Anm 1). Die gemeinsame Einrichtung tritt im laufenden gerichtlichen Verfahren als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisher beklagten Arbeitsgemeinschaft (≪ARGE≫; vgl § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II). Das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen (vgl dazu insgesamt BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 99/10 R -).
2. Bei den vom Kläger geltend gemachten Ansprüchen auf Erstausstattung seiner Wohnung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II und auf Bekleidungserstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II (idF des Gesetzes vom 20.7.2006, BGBl I 1706) handelt es sich um eigenständige, abtrennbare Streitgegenstände, über die isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen entschieden werden kann (vgl nur BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 12; zuletzt Urteile des Senats vom 19.8.2010 - B 14 AS 10/09 R - und - B 14 AS 36/09 R - sowie Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 75/10 R -).
Der Kläger verfolgt sein Begehren auf höhere als die bereits gewährten Leistungen für die Erstausstattungen zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG), da es vorliegend nicht um den Rechtsanspruch auf die Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 und 2 SGB II geht und der Beklagte zudem sein Auswahlermessen in Bezug auf die Form der Leistungsgewährung (Sach- oder Geldleistung) bereits ausgeübt hat, ohne dass dies vom Kläger angegriffen wird. Der Kläger wendet sich allein gegen die Höhe der vom Beklagten festgesetzten pauschalen Leistungen, die der gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 10 und 19).
3. Die Grundvoraussetzung für die Bewilligung einer Erstausstattung für die Wohnung gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ist nach den Feststellungen des LSG erfüllt, denn nach seiner Inhaftierung von 1985 bis zum 23.1.2007 verfügte der Kläger nicht über eine Wohnung und Haushaltsgegenstände. Insofern entspricht er auch dem vom Gesetzgeber ins Auge gefassten Personenkreis (vgl BT-Drucks 15/1514 S 60 zu Art 1 § 32 zum gleichlautenden § 31 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch ≪SGB XII≫ mit den Beispielen Wohnungsbrand und Haftentlassung). Dem gewährten Betrag in Höhe von 730 Euro für die Wohnungserstausstattung liegt auch ein ausreichender Ausstattungsumfang zugrunde (dazu unter a), ebenso ist die Ermittlung der gewährten Pauschale nicht zu beanstanden (dazu unter b).
a) Für die Höhe des Anspruchs auf Wohnungserstausstattung ist zunächst der Leistungsumfang maßgeblich. Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II sind - wie die zuständigen Senate des BSG übereinstimmend mehrfach entschieden haben - für die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen (vgl BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 19; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 23 mwN; zuletzt BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 75/10 R -). Der Anspruch auf Erstausstattung einer Wohnung ist wie alle Leistungen des SGB II bedarfsbezogen zu verstehen (BSG, aaO). Die Wohnung soll nicht nur die Bedürfnisse nach Schutz vor Witterung und einer Gelegenheit zum Schlafen befriedigen, sondern auch die Unterbringung von Gegenständen aus dem persönlichen Lebensbereich (vgl BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 14 RdNr 16) sowie die Führung eines Haushalts ermöglichen. Dabei wird aber - in Anlehnung an die Vorschrift des § 22 SGB II zur Unterkunft - nur eine angemessene Ausstattung berücksichtigt, die den grundlegenden Bedürfnissen genügt und im unteren Segment des Einrichtungsniveaus liegt (vgl BSG Urteile vom 19.8.2010 - B 14 AS 10/09 R - RdNr 21 und - B 14 AS 36/09 R - RdNr 20).
Unter Anwendung der genannten Grundsätze haben die Vorinstanzen zutreffend entschieden, dass die von dem Beklagten vorgelegte Liste hinsichtlich der zu gewährenden Erstausstattung der Befriedigung von einfachen und grundlegenden Wohnbedürfnissen (Essen, Schlafen, Aufenthalt, vgl Urteil des Senats vom 24.2.2011 - B 14 AS 75/10 R -) genügt. Zu Recht haben SG und LSG ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine bestmögliche Versorgung hat und es daher grundsätzlich unerheblich ist, dass er mit den bewilligten Beträgen nicht alle seiner Ansicht nach erforderlichen Gegenstände erwerben kann. Soweit der Senat in der Vergangenheit in Einzelfällen über einen Anspruch auf bestimmte Gegenstände entschieden hat, so zB auf eine neue Matratze (vgl BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 16), so ist dem vom Beklagten Rechnung getragen worden. Die Einrichtungsliste weist die Position "Einzelbett, komplett" auf, aus dem Vergleich des dafür angesetzten Betrags mit den Preisen der Bezugsquellen ergibt sich, dass Spielraum für den Kauf einer neuen, einfachen Matratze besteht.
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass im Ausstattungsumfang berücksichtigt wurde, dass laut Mietvertrag bereits eine Küchenausstattung in Form von Küchenschränken, Herd, Kühlschrank und Spüle vorhanden ist und diese Positionen somit nicht mehr gesondert angesetzt wurden.
b) Die für die Erstausstattung der Wohnung gewährte Geldleistung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.
Wird - wie hier - zur Erfüllung des Erstausstattungsanspruchs vom Grundsicherungsträger die Leistungsart "Geldleistung" gewählt, so kann er diese auch in Form von Pauschalbeträgen erbringen (§ 23 Abs 3 Satz 5 SGB II). Die Festsetzung der Höhe der Pauschalen unterliegt der richterlichen Kontrolle (vgl bereits BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 20 f). Die Pauschale muss so bemessen sein, dass der Hilfebedürftige mit dem gewährten Betrag seinen Bedarf auf Erstausstattung (ausgehend von einfachen und grundlegenden Wohnbedürfnissen) in vollem Umfang befriedigen kann, denn die Gewährung von Pauschalbeträgen führt nicht zu einer Verkürzung des Leistungsanspruchs gegenüber der Gewährung durch Sachleistung oder der individuell bestimmten Geldleistung (vgl Urteil des Senats vom 19.8.2010 - B 14 AS 10/09 R - RdNr 21); insoweit ist zu prüfen, ob die Pauschalen auf nachvollziehbaren Erfahrungswerten beruhen.
Die genannten Voraussetzungen sind vorliegend dadurch erfüllt, dass der Beklagte für alle von ihm bewilligten Einrichtungs- bzw Haushaltsgegenstände eine Bezugsquelle angibt und jeweils den tatsächlichen Preis für einen Neuerwerb bei verschiedenen Versandhäusern aufführt. Diese Vorgehensweise ist im Hinblick auf § 23 Abs 3 Satz 5 iVm Satz 6 SGB II nicht zu beanstanden, da insoweit nachvollziehbar ersichtlich ist, dass die für eine Einzelperson zugrunde gelegten Ausstattungsgegenstände auch tatsächlich zu den angegebenen Preisen erhältlich sind. Der Beklagte hat sodann die Versandhauspreise zum Teil erheblich aufgerundet, sodass sich in der Tat die vom LSG im Einzelnen aufgeführten Einsparpotenziale ergeben, die für den Erwerb anderer, nicht auf der Liste befindlichen Einrichtungsgegenstände benutzt werden können. Im Übrigen hat der Beklagte noch für den individuellen Bedarf einen weiteren Pauschalbetrag in Höhe von 50 Euro hinzugefügt, sodass genügend Spielraum besteht, alle notwendigen Gegenstände einer einfachen Grundausstattung zu erwerben.
Zu Recht hat das LSG auch entschieden, dass der Einwand des Klägers nicht durchgreift, er könne wegen der anfallenden Lieferkosten nicht auf den Kauf von Einrichtungsgegenständen bei Versandhäusern zurückgreifen. Zweck der Beihilfe für die Erstausstattung ist es nicht, jedwede Kosten, die normalerweise aus dem Regelsatz zu finanzieren wären, von einem Hilfebedürftigen fernzuhalten. Vielmehr dient der nur bei Vorliegen besonderer Umstände bestehende Erstausstattungsanspruch dazu, den Hilfebedürftigen davor zu bewahren, gleich zu Beginn einer (Neu-)Existenz einen Schuldenberg anzuhäufen.
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf höhere Leistungen für die Erstausstattung für Bekleidung gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II. Die Grundvoraussetzungen für den Leistungsanspruch liegen nach den Feststellungen des LSG auch hier vor. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass außergewöhnliche Umstände wie Obdachlosigkeit, langjährige Inhaftierung und ggf erhebliche Gewichtsschwankungen auch insoweit einen besonderen Bedarf begründen, weil so gut wie keine brauchbaren Kleidungsstücke mehr vorhanden sind (vgl BT-Drucks 15/1514 S 60 zu Art 1 § 32; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2007, § 23 RdNr 364). Für die Höhe der Leistungen ist hier ebenfalls einerseits der Umfang der Erstausstattung maßgeblich (dazu unter a) und andererseits - bei Geldleistungen in Form von Pauschalen - die Nachvollziehbarkeit der zugrunde gelegten Beträge (dazu unter b).
a) Hinsichtlich des Leistungsumfangs hat das LSG unter Berufung auf die Entscheidungsgründe im Urteil des SG zutreffend festgestellt, dass die vom Beklagten aufgestellte Liste "Grundausstattung Bekleidung" nicht zu beanstanden ist. Richtigerweise war davon auszugehen, dass nur die wirklich notwendigen Bekleidungsstücke von § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II erfasst werden. Entgegen der Ansicht des Klägers ist aufgrund des Umfangs der in der Liste zugrunde gelegten Kleidungsstücke gewährleistet, dass sich der Kläger in menschenwürdiger Weise kleiden kann. Insbesondere sind auch Bedarfe für verschiedene Jahreszeiten berücksichtigt worden sowie sogar die Möglichkeit, in geeigneter Kleidung Sport zu betreiben (Sportanzug, Sportschuhe, Badehose). Auch ist grundlegenden Hygienebedürfnissen Rechnung getragen worden; so ist durch die Anzahl der jeweils gewährten Kleidungsstücke die Notwendigkeit berücksichtigt, diese zu waschen und zu trocknen. Die Liste genügt einfachen und grundlegenden Bedürfnissen und ist insbesondere vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010 (BVerfGE 125, 175 ff) nicht evident unzureichend.
b) Der zur Beschaffung einer Erstausstattung mit Bekleidung zur Verfügung gestellte pauschale Geldbetrag erfüllt auch die Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit iS von § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II. Auch hier hat der Beklagte anhand der vorgelegten Preislisten verifiziert, dass alle benötigten Kleidungsstücke auch tatsächlich zu bestimmten Preisen erworben werden können und hat diese ermittelten Preise sozusagen als "Gegenprobe" der Preisliste des DRK gegenübergestellt. Dadurch wird deutlich, dass sich für bestimmte Einzelposten wiederum erhebliche Einsparpotenziale ergeben. Dabei sind die Preise so kalkuliert worden, dass neben dem Kauf von gebrauchten Waren auch der Kauf von Neuwaren möglich ist. Für Leibwäsche und Strümpfe sind ohnehin von vornherein Neupreise angesetzt worden, bei dem Kauf der übrigen Artikel hängt es letztlich von der Entscheidung des Klägers ab, ob dieser zB einzelne sehr günstige Angebote von Discountern in Anspruch nimmt und auf diese Weise auch neue Kleidungsstücke erwirbt. Zu Recht haben die Vorinstanzen aber dargelegt, dass ein Leistungsempfänger grundsätzlich auch auf den Kauf von gebrauchten Artikeln verwiesen werden kann und dass dies nicht gegen die Menschenwürde verstößt. Zutreffend ist insoweit darauf hingewiesen worden, dass der Kauf in so genannten "Secondhand-Läden" in weiten Bevölkerungskreisen allgemein üblich ist. Schließlich hat der Beklagte den von ihm ermittelten Gesamtbetrag in Höhe von 205 Euro auch noch auf pauschal 230 Euro aufgerundet, sodass auch hier noch Reserven für eine individuelle Ausgestaltung der Anschaffungsliste bleiben.
Eine Erhöhung der Pauschale unter dem Gesichtspunkt, dass der Kläger zur Beschaffung der Kleidung entweder ein Versandhaus in Anspruch nehmen oder sich in die nächste Stadt begeben müsste, um die Angebote von Discountern oder dem DRK wahrzunehmen, ergibt sich hier ebenso wenig wie bei der Wohnungserstausstattung. Insbesondere die Fahrtkosten kann der Kläger ohne Weiteres aus dem im Regelsatz vorgesehenen Satz für Mobilitätskosten bestreiten.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Fundstellen