Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 17.05.1991) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17. Mai 1991 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob dem Kläger ein Anspruch auf vorgezogenes Altersruhegeld (ARG) wegen Arbeitslosigkeit zusteht.
Der am 9. Januar 1926 geborene Kläger war als Dreher von 1940 bis 1956 in der Rentenversicherung der Arbeiter und sodann als Industriemeister in der Rentenversicherung der Angestellten versicherungspflichtig beschäftigt. Bis Mai 1965 legte er insgesamt 303 auf die Wartezeit anzurechnende Versicherungsmonate zurück. Ab 1. Juli 1965 war er gemäß Art 2 § 1 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) von der Versicherungspflicht befreit und bezahlte Prämien für eine befreiende Lebensversicherung. Wegen Arbeitslosigkeit bezog er vom 1. Oktober 1981 bis Juni 1983 Arbeitslosengeld (Alg) bzw Arbeitslosenhilfe (Alhi). Im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) nach § 97 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) war er sodann bis zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zum 7. März 1984 als Industriemeister beschäftigt. Nach Auflösung des Arbeitsvertrages erhielt der Kläger Alhi bis zur Auszahlung der Lebensversicherungssumme im April 1986. Mit Wirkung vom 1. Februar 1991 gewährte ihm die Beklagte – im Verlaufe des Berufungsverfahrens – ARG wegen Vollendung des 65. Lebensjahres (Bescheid vom 23. November 1990).
Den 1987 gestellten Antrag des Klägers auf vorgezogenes ARG wegen Arbeitslosigkeit hatte die Beklagte – zwischenzeitlich – mit der Begründung abgelehnt, der Kläger erfülle nicht die Tatbestandsvoraussetzungen der zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Fassung des § 25 Abs 2 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG; Bescheid vom 8. Oktober 1987). Den Widerspruch wies die Beklagte unter Hinweis darauf zurück, daß auch die Voraussetzungen der Übergangsregelung des Art 2 § 7a Abs 2 AnVNG nicht gegeben seien (Bescheid vom 30. März 1988).
Das Sozialgericht (SG) Dortmund hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 20. Februar 1990). Das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG) hat die Berufung mit Urteil vom 17. Mai 1991 zurückgewiesen und im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger erfülle weder die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 25 Abs 2 AVG noch die der Übergangsregelung des Art 2 § 7a Abs 2 AnVNG. § 25 Abs 2 AVG greife nicht ein, weil der Kläger in den letzten zehn Jahren vor Vollendung des 60. Lebensjahres keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe; denn er sei seit Juli 1965 von der Versicherungspflicht befreit gewesen. Die Voraussetzungen der Übergangsregelung des Art 2 § 7a Abs 2 AnVNG lägen ebenfalls nicht vor, weil die bei Vollendung des 60. Lebensjahres vorliegende Arbeitslosigkeit nicht bereits am 1. Januar 1982 oder aufgrund einer bis zum 2. September 1981 erfolgten Kündigung oder Vereinbarung eingetreten sei. Die am 1. Oktober 1981 bestehende Arbeitslosigkeit sei durch die Beschäftigung im Jahre 1983/84 beendet gewesen. Unerheblich sei, daß diese Beschäftigung im Rahmen einer ABM erfolgt sei. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Neufassung des § 25 Abs 2 AVG bzw gegen die Übergangsregelung in Art 2 § 7a Abs 2 AnVNG bestünden nicht. Ausgehend von einem einzigen Anspruch auf ARG handele es sich bei der Neuregelung des vorgezogenen ARG lediglich um die Modifikation einer Anwartschaft auf Rente. Da der Kläger aus eigenem Entschluß aus der Solidargemeinschaft der Versicherten ausgeschieden sei, habe er seine Daseinsvorsorge über eine befreiende Lebensversicherung gestaltet. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei es gerechtfertigt, diesen Personenkreis, der seit langem keine Beziehung mehr zur gesetzlichen Rentenversicherung gehabt habe, vom Bezug des vorzeitigen ARG auszuschließen.
Mit der gegen das Urteil zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 25 Abs 2 AVG, Art 2 § 7a Abs 2 AnVNG, § 2 Abs 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) sowie von Art 20 Abs 1, Art 14 und Art 3 Grundgesetz (GG) und trägt vor:
Die Ansicht des LSG, ein Anspruch nach § 25 Abs 2 AVG in der bis zum 31. Dezember 1981 geltenden Fassung hätte ihm dann zugestanden, wenn er die im Rahmen einer ABM vermittelte Beschäftigung nicht angenommen hätte, sei unzutreffend. Denn die seit 1. Oktober 1981 bestehende Arbeitslosigkeit sei durch die ABM nicht unterbrochen worden. Eine systemgerechte Auslegung des Begriffs Arbeitslosigkeit iS des AFG ergebe, daß nur eine solche Beschäftigung zur Beendigung der Arbeitslosigkeit führen könne, die einen – neuen – Anspruch auf Alg entstehen lasse. Dies sei bei ihm jedoch nicht der Fall gewesen, da er nach der Kündigung lediglich Alhi erhalten habe. Darüber hinaus spreche auch die Änderung der Übergangsregelung, die den zeitlichen Geltungsbereich erweitert habe, um offenbare Härten zu vermeiden, für eine weite Auslegung des Begriffs „diese” Arbeitslosigkeit in Art 2 § 7a Abs 2 Satz 2 AnVNG. Eine mit der Neuregelung verbundene Härte werde entgegen der Ansicht des LSG auch nicht dadurch behoben, daß er durch seine private Lebensversicherung abgesichert sei. Dabei werde verkannt, daß er insoweit ganz erhebliche eigene Leistungen erbracht habe. Schließlich sei Anlaß für die im Oktober 1981 erfolgte Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gewesen, daß er altersbedingt Anpassungsschwierigkeiten an die fortgeschrittene Technik gehabt habe und den Anforderungen seines Arbeitgebers nicht mehr gerecht geworden sei. Aus diesem Grunde sei er offenbar auch nicht mehr vermittelbar gewesen. Neben gesundheitlichen Gründen sei dies auch der Anlaß für die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses im Jahre 1984 gewesen. Mithin sei die Arbeitslosigkeit am 8. März 1984 dieselbe gewesen wie diejenige vor Juni 1983. Die Teilnahme an der ABM habe „diese” Arbeitslosigkeit mithin nicht unterbrochen. Schließlich verstoße die vom LSG vorgenommene Auslegung des § 25 Abs 2 AVG gegen das GG. Die Anwartschaften auf Versichertenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung seien nämlich gemäß Art 14 GG geschützt. Es sei auch nicht mit dem Sozialstaatsprinzip zu vereinbaren, wenn er nur deshalb keinen Anspruch auf vorgezogenes ARG habe, weil er zur Vermeidung wirtschaftlicher Nachteile verpflichtet gewesen sei, die ihm im Rahmen einer ABM angebotene Beschäftigung anzunehmen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Urteile des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17. Mai 1991 und des SG Dortmund vom 20. Februar 1990 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Oktober 1987 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 1988 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vorgezogenes Altersruhegeld für die Zeit vom 1. August 1987 bis 31. Januar 1991 zu gewähren,
hilfsweise,
das Verfahren gemäß Art 100 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob § 25 Abs 2 Satz 2 AVG idF des Art 6 § 1 Nr 9 des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes (AFKG) iVm Art 2 § 7a AnVNG mit dem GG vereinbar ist.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor:
Entgegen der Auffassung des Klägers trete grundsätzlich während der Dauer einer Beschäftigung keine Arbeitslosigkeit ein. Einzige Ausnahme sei die „kurzzeitige” Beschäftigung nach § 102 AFG. Im Hinblick auf die wöchentliche Arbeitszeit von weniger als 18 Stunden sei diese Art der Beschäftigung ihrer Natur nach beschränkt, begründe keine Beitragspflicht und beende somit auch nicht die Arbeitslosigkeit. Nach nahezu neunmonatiger Beschäftigung des Klägers sei demnach eine erneute Arbeitslosigkeit eingetreten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht haben SG und LSG einen Anspruch des Klägers auf vorgezogenes ARG für die Zeit vom 1. August 1987 bis 31. Januar 1991 verneint.
Rechtsgrundlage für einen derartigen Anspruch des Klägers auf ARG könnten § 25 Abs 2 Satz 1 AVG (idF des Art 1 § 2 Nr 7 des Rentenreformgesetzes vom 16. Oktober 1972 ≪BGBl I S 1965≫ RRG 1972) und Satz 2 aaO in der mit Wirkung ab 1. Januar 1982 in Kraft getretenen Fassung des Art 6 § 1 Nr 9 AFKG sein oder § 25 Abs 2 in der og Fassung iVm Art 2 § 7a Abs 2 AnVNG (idF des Art 5 Nr 4 des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 ≪BGBl 1983 I S 1532≫). § 38 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) findet im Hinblick auf § 300 Abs 2 SGB VI keine Anwendung, da der Kläger vor Inkrafttreten des Gesetzes, bereits im August 1987, einen Antrag auf ARG gestellt hatte.
Der Kläger erfüllt jedoch die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der vorgenannten Bestimmungen nicht.
Nach § 25 Abs 2 AVG erhält auf Antrag vorgezogenes Altersruhegeld der Versicherte, der nach Erfüllung der Wartezeit das 60. Lebensjahr vollendet, nach einer Arbeitslosigkeit von mindestens 52 Wochen innerhalb der letzten eineinhalb Jahre arbeitslos war (§ 25 Abs 2 Satz 1 AVG) und in den letzten zehn Jahren mindestens acht Jahre eine rentenversicherungspflichtige Bechäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat (§ 25 Abs 2 Satz 2 AVG). Der Kläger hatte zwar im August 1987 bei Antragstellung sein 60. Lebensjahr vollendet. Er hat jedoch in den letzten zehn Jahren nicht mindestens acht Jahre „eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt”. Gemäß §§ 2 ff, 4 f, 7 ff AVG wird nämlich nur dann eine „versicherungspflichtige” Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt, wenn sie ihrer Art nach von der Versicherungspflicht nach § 2 AVG erfaßt wird und der Beschäftigte/Erwerbstätige weder kraft Gesetzes versicherungsfrei (§§ 4 f AVG) noch auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit ist (§§ 7 ff AVG). Da der Kläger seit 1. Juli 1965 auf seinen Antrag gemäß Art 2 § 1 AnVNG von der Versicherungspflicht befreit war, konnte er bereits aus diesem Grunde in der Folgezeit keine angestelltenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit mehr ausüben. Ein Anspruch des Klägers nach § 25 Abs 2 AVG entfällt mithin.
Ein derartiger Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 25 Abs 2 AVG iVm der Übergangsregelung des Art 2 § 7a Abs 2 AnVNG. Danach ist zwar § 25 Abs 2 AVG in der bis 31. Dezember 1981 geltenden Fassung weiter anzuwenden für Versicherte, die spätestens am 1. Januar 1982 arbeitslos geworden sind oder deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer spätestens am 2. September 1981 erfolgten Kündigung oder Vereinbarung beendet worden ist und die daran anschließend arbeitslos geworden sind. Die Übergangsregelung gilt somit im Gegensatz zu der durch das AFKG abgeänderten Bestimmung auch für die Versicherten, die – wie der Kläger – vor Eintritt der Arbeitslosigkeit zwar abhängig beschäftigt, jedoch nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden haben. Voraussetzung ist jedoch in diesem Falle, daß eine am 1. Januar 1982 bereits vorliegende Arbeitslosigkeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten ununterbrochen fortbestanden hat. Dies ergibt sich einmal aus dem Gesetzestext. Art 2 § 7a Abs 2 Satz 2 AnVNG lautet: „… dies gilt jedoch nur, wenn durch diese Arbeitslosigkeit die Voraussetzungen des § 25 Abs 2 AVG in der am 31. Dezember 1981 geltenden Fassung erfüllt sind”. Zum anderen folgt eine derartige Auslegung aus Sinn und Zweck des Art 2 § 7a Abs 4 idF des Art 7 Nr 1 AFKG vom 22. Dezember 1981 (BGBl 1981 I S 1497) sowie aus dem durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983 vom 20. Dezember 1982 (Art 23 Nr 3 ≪BGBl I S 1857) geänderten Abs 4 (= Abs 2 nF) der Übergangsbestimmung. Mit der zunächst geltenden Regelung sollte sichergestellt werden, daß diejenigen Versicherten keine Rechtsnachteile erleiden, die am 31. Dezember 1981 bereits arbeitslos waren, das 59. Lebensjahr vollendet hatten und nach dem vorhergehenden Recht die Voraussetzungen für das vorgezogene ARG wegen Arbeitslosigkeit bei weiterer Arbeitslosigkeit erfüllt hätten (vgl hierzu Koch/Hartmann/Kaltenbach/Maier, Komm zum AVG, § 25 Anm C II). Durch die Änderung der Übergangsregelung im Haushaltsbegleitgesetz 1983 (aaO) sollten darüber hinaus auch diejenigen Versicherten noch in die Übergangsregelung miteinbezogen werden, die sich auf die neue Regelung des § 25 Abs 2 AVG nicht einstellen konnten, spätestens am 1. Januar 1982 arbeitslos waren (BT-Drucks 9/2074, S 106 f; vgl hierzu BSG SozR 5750 Art 2 § 7 ArVNG) und trotz Arbeitswilligkeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres keinen Arbeitsplatz finden konnten. Hieraus folgt, daß eine darüber hinausgehende Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises nicht in Betracht kommt. Denn die Übergangsregelung sollte im wesentlichen der Bestandssicherung der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes anspruchsberechtigten Versicherten dienen; ihrem Sinn und Zweck entsprechend sollte ihre Anwendung demnach nur in einem engen zeitlichen Rahmen möglich sein.
An einem derartigen zeitlichen Zusammenhang fehlt es hier. Denn mit Aufnahme der Beschäftigung von Juni 1983 bis März 1984 war die seit Oktober 1981 bestehende Arbeitslosigkeit des Klägers beendet. Im März 1984 schloß sich eine neue Arbeitslosigkeit an, die nicht mehr von der Übergangsregelung erfaßt wurde.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist ohne Bedeutung, daß dieses Beschäftigungsverhältnis im Rahmen einer ABM (§ 97 AFG) zustande kam. Denn auch ein durch eine ABM vermitteltes Beschäftigungsverhältnis ist ein echtes Arbeitsverhältnis, das durch einen Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer begründet wird (§ 97 Abs 2 Satz 5 iVm § 93 Abs 2 AFG) und auf das die Bestimmungen des Arbeitsrechts Anwendung finden. Demgemäß unterliegt das Arbeitsverhältnis auch den Beteiligungsrechten eines im Betrieb bestehenden Betriebsrates (vgl hierzu Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock, Kommentar zum AFG, 2. Aufl, § 97 Rdnr 20, § 93 Rdnr 20; Koch/Hartmann/Kaltenbach/Maier, aaO, § 25 Anm C III, 3.1.12).
Der Ansicht des Klägers, der Begriff Arbeitslosigkeit sei vom LSG nicht systemgerecht iS des AFG ausgelegt worden, kann nicht gefolgt werden. Der im Rentenrecht nicht definierte Begriff der Arbeitslosigkeit ist unter Berücksichtigung der besonderen Erfordernisse des Rentenversicherungsrechts grundsätzlich dem Recht der Arbeitslosenversicherung zu entnehmen (vgl hierzu BSG SozR 2200 § 1248 Nr 11). Danach gilt als arbeitslos iS des Rentenversicherungsrechts ua, wer vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis und der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (§§ 101, 103 AFG). Ein Versicherter, der etwa wegen einer Rehabilitationsmaßnahme der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung steht, ist demnach nicht arbeitslos (vgl hierzu BSG SozR 2200 § 1248 Nr 17). Arbeitslos iS des AFG war somit auch nicht der Kläger, da er der Arbeitsverrmittlung für die Dauer seiner Tätigkeit von Juni 1983 bis März 1984 nicht zur Verfügung gestanden hatte. Erst nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im März 1984 wurde er – erneut – arbeitslos. Es würde im übrigen gerade der Systematik des AFG widersprechen, wenn man – wie der Kläger meint – die Frage, wann Arbeitslosigkeit vorliegt, vermischen würde mit der weiteren Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Alg bzw Alhi begründet ist.
Entgegen der Auffassung des Klägers kommt auch eine Aussetzung des Verfahrens nach Art 100 Abs 1 GG nicht in Betracht. Der Senat hat sich im wesentlichen aus folgenden Gründen iS von Art 100 Abs 1 GG nicht davon überzeugen können, daß § 25 Abs 2 Satz 2 AVG allein oder in Verbindung mit Art 2 § 7a AnVNG gegen Art 14 Abs 1 oder gegen andere Vorschriften des GG verstößt:
Keiner Darlegung bedarf, daß
- Ansprüche (Vollrechte) auf ARG nach § 25 Abs 1 bis 3 und Abs 5 AVG, die dem Kläger im Jahre 1981 freilich noch nicht zustanden, als auf eigene Beitragsleistung beruhende, privatnützige und der Existenzsicherung der Versicherten dienende vermögenswerte Rechtspositionen „Eigentum” iS von Art 14 Abs 1 Satz 1 GG sind,
- die Einfügung von ua Satz 2 in § 25 Abs 2 AVG mit Wirkung vom 1. Januar 1982 eine Inhalts- und Schrankenbestimmung iS von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG, jedoch keine Enteignung iS von Art 14 Abs 3 Satz 1 GG enthielt (zur Abgrenzung BVerfGE 70, 191, 199 f mwN), da sie auf eine generelle Änderung des objektiven Rechts, nicht auf die Beseitigung bestehender Rechte abzielte,
- diese neue Inhaltsbestimmung im Blick auf – aus damaliger Sicht -zukünftige Versicherungsverhältnisse keinen eigentumsrechtlichen Bedenken unterliegt,
- das in § 25 AVG ausgestaltete Recht auf ARG – für damals bereits Versicherte – zwar in einem Teilbezirk eingeengt (Begrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 25 Abs 2 AVG auf bestimmte Pflichtversicherte), aber nicht grundlegend eingeschränkt oder total entzogen worden ist,
- die Übergangsregelung in § 7a Abs 2 AnVNG auch alle Versicherten vor Rechtsverlust schützt, die beim Inkrafttreten der neuen Inhaltsbestimmung bereits arbeitslos oder (stichtagsabhängig) rechtsverbindlich von Arbeitslosigkeit bedroht waren, so daß die Entstehung des Vollrechts auf ARG nach § 25 Abs 2 AVG aF damals in Gang gesetzt war.
Bei dieser Sachlage stünde Art 14 Abs 1 Satz 1 GG im Blick auf Fälle der vorliegenden Art (ua von der Versicherungspflicht befreite Versicherte mit erfüllter Wartezeit vor Erreichen der Altersgrenze) der neuen Inhaltsbestimmung nebst Übergangsregelung nur entgegen, wenn ein dem Kläger (schon 1981) individual-grundrechtlich als Eigentum zugeordnetes „Anwartschaftsrecht” auf Arbeitslosenruhegeld ohne hinreichende Gründe des öffentlichen Interesses, unverhältnismäßig oder unzumutbar eingeschränkt oder entzogen worden wäre (zum vorstehenden sowie zum Meinungsstand: BVerfGE 53, 257, 289 ff; 58, 81, 109 ff; 64, 87, 97 ff; 69, 272, 298 ff; 71, 1, 11 ff; 72, 9, 18 ff; 72, 141, 152 ff; 75, 78, 96 ff; 76, 220, 235 ff; BVerfG SozR 2200 § 1303 Nr 34; SozR 5755 Art 2 § 7a Nr 2; vgl dazu und zum folgenden stellvertretend: Söllner, Zum Eigentumsschutz sozialrechtlicher Positionen, in: Verantwortlichkeit und Freiheit, Festschrift für Willi Geiger zum 80. Geburtstag, 1989, S 262 ff; Stober, Verfassungsrechtlicher Eigentumsschutz sozialer Rechtspositionen, Schriftenreihe des deutschen Sozialrechtsverbandes Band XXIII, 1982, S 12 ff; Rüfner, Die Differenziertheit sozialrechtlicher Positionen und der Anspruch der Eigentumsgarantie, Schriftenreihe des deutschen Sozialrechtsverbandes Band XXIII, S 169 ff; Papier, Korreferat zu Rüfner, ebendort, S 193; Grimm, Eigentumsschutz sozialpolitischer Positionen und rechtlichpolitisches System, ebendort, S 226 ff; Unger ZfS 1985, 225 ff; Michaelis DAngVers 1988, 218 ff; Wallerath, Rentenversicherung und Verfassungsrecht, in: VdR/Ruland, Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung, 1990, S 281 ff; jeweils mwN). Dies ist jedoch nicht der Fall:
Nach der bis Ende 1981 gültigen Gesetzeslage unterliegt schon erheblichen Zweifeln, ob der Kläger damals eine ihm ausschließlich zustehende Rechtsposition im Sinne einer „Anwartschaft” auf Arbeitslosenruhegeld erworben hatte, die (erst) dann vorliegt, wenn die subjektive Berechtigung allein durch Erfüllung weiterer Voraussetzungen, etwa Ablauf einer Wartezeit und Eintritt des Versicherungsfalles, zum Vollrecht erstarken kann (vgl zur Abgrenzung einer „Anwartschaft” von einer Erwerbsaussicht stellvertretend: BVerfGE 69, 272, 300 f, 307 f; E 72, 141, 153 f mwN). Bei Inkrafttreten der Gesetzesänderung war nämlich die Entstehung eines Anspruchs auf Arbeitslosenruhegeld für den Kläger ungewiß, weil nicht abzusehen war, für welchen Zeitraum er arbeitslos bleiben würde. Ferner konnte seine Rechtsposition – trotz erfüllter Wartezeit und Arbeitslosigkeit zum damaligen Zeitpunkt – nicht zum Vollrecht erstarken, weil die Zeitgrenze (Vollendung des 60. Lebensjahres) für die frühestmögliche Entstehung eines Anspruchs auf ARG, die den Beginn des Versicherungsschutzes der rentenversicherungsrechtlichen Alterssicherung markiert, noch nicht überschritten war. Anders als bei Anwartschaften auf Renten wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, die nach – uU vorzeitiger – Erfüllung der Wartezeit durch Eintritt des Versicherungsfalles zum Vollrecht erwachsen können, ist nämlich die Entstehung eines auf konkrete Leistungsansprüche bezogenen subjektiven Rechts auf ARG (in einer der Ausprägungen von § 25 AVG) vor Erreichen der Altersgrenze sogar bei erfüllter Wartezeit gesetzlich unmöglich; erst nach diesem Zeitpunkt kann überhaupt der Versicherungsfall eintreten. Schließlich gibt es nach dem Regelungskonzept von § 25 AVG (dazu: BSG SozR 2200 § 1248 Nr 48 mwN) nur einen (einzigen) Versicherungsfall, der dann eingetreten ist, wenn dem Versicherten eine seinen Lebensunterhalt sicherstellende Erwerbstätigkeit aus Altersgründen nicht mehr zugemutet wird; dabei gestaltet § 25 Abs 1 bis 3 und Abs 5 und 6 AVG die Frage dieser Zumutbarkeit differenzierend aus (vgl BSG aaO). Auch dies spricht dafür, daß dem Kläger damals gesetzlich kein subjektives Recht darauf zugeordnet war, Arbeitslosenruhegeld nach der 1981 gültigen Gesetzeslage zu erhalten, falls er nach erneuter Beschäftigung vor bzw nach Vollendung des 60. Lebensjahres innerhalb der Rahmenfrist für 52 Wochen – erneut – arbeitslos werden würde. Vielmehr bestand damals seine gesetzlich ausgestaltete und nur insoweit vertrauensschutzwürdige Rechtsstellung allein darin, nach Erreichen der Altersgrenze nach Maßgabe der dann gültigen gesetzlichen Bestimmungen bei Eintritt des Versicherungsfalls einen (iS der Globaläquivalenz und unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes) angemessenen Versicherungsschutz zu erhalten. Daß § 25 AVG in der im Jahre 1987, bei Antragstellung, maßgeblichen Fassung einen solchen Schutz nicht bietet, ist weder dargetan noch ersichtlich.
Aber auch dann, wenn die vorgenannte, vom Kläger bereits 1981 erworbene Rechtsstellung als eine dem individual-grundrechtlichen Eigentumsschutz unterliegende „Anwartschaft” auf – sogar speziell – Arbeitslosenruhegeld zu qualifizieren und die neue Inhaltsbestimmung auch unter diesem Blickwinkel an Art 14 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 GG, der den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes als speziellere Norm verdrängt, zu messen wäre, hat der Senat hiergegen keine ihn von der Verfassungswidrigkeit der Neuregelung überzeugenden Bedenken:
Zweck der Begrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs von § 25 Abs 2 AVG auf bestimmte Pflichtversicherte war und ist es, in einer erheblich angespannten finanziellen Lage sowohl in der gesetzlichen Rentenversicherung als auch in der Arbeitslosenversicherung die sozialrechtlichen Instrumente effektiver auszugestalten, sie an die aktuelle Finanzsituation anzupassen und als „Leistungsmißbrauch” (vgl dazu stellvertretend Eichenhofer SGb 1982, 182, 137, 139 mwN) beurteilte Inanspruchnahmen von ua Versicherungsschutz einzudämmen. Gegen diese Zielsetzungen sprechen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. § 25 Abs 2 (jetzt: § 25 Abs 2 Satz 1) AVG in der 1981 gültigen Fassung bezweckte nämlich immer schon den Schutz derjenigen älteren Versicherten, die am Ende ihres Versicherungslebens „schicksalhaft” arbeitslos geworden waren und – trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit -wegen der Eigenarten des Arbeitsmarktes im Blick auf ihr Alter nur noch schwer vermittelbar waren (vgl Ludwig DVZ 1967, 188 ff, 189); jedoch ermöglichte die Ausgestaltung der gesetzlichen Voraussetzungen eine mit dem Zweck der Vorschrift (und dem Gedanken des Versicherungs-”Risikos”) kaum vereinbare individuell geplante „gewillkürte” Inanspruchnahme des Arbeitslosenruhegeldes. Schon deshalb lag eine Korrektur nahe. Nicht darzulegen ist, daß § 25 Abs 2 Satz 2 AVG geeignet ist, der individuell-geplanten Arbeitslosigkeit (mit Bezug von Alg) zwecks möglichst frühzeitiger Inanspruchnahme des Arbeitslosenruhegeldes entgegenzuwirken und diese Leistung stärker auf die schicksalhaft arbeitslosen und – auch unter Beachtung von Art 2 § 7a Abs 4 Satz 1 AnVNG -arbeitswilligen Versicherten zu konzentrieren, die bis in die Nähe der Altersgrenze durch stetige und für die Versichertengemeinschaft verläßliche Pflichtbeiträge zu den Lasten auch der Alterssicherung zeitnah beigetragen haben. Eine gleich zweckmäßige, jedoch die Betroffenen weniger belastende Begrenzung dieser Teilübernahme von Arbeitsmarktrisiken in die rentenversicherungsrechtliche Alterssicherung ist nicht ersichtlich.
Die bis 1981 bestehende Aussicht des Klägers mit Vollendung des 60. Lebensjahres – grundsätzlich – unter weiteren Voraussetzungen ARG erhalten zu können, ist nach Auffassung des Senats auch unter Berücksichtigung der für die Lebensplanung des Klägers und seine Disposition für die Alterssicherung erforderlichen Verläßlichkeit und Berechenbarkeit des Rentenversicherungsrechts nicht derart gewichtig, daß das öffentliche Interesse an einer zweckmäßigen und finanziell tragbaren Konkretisierung des Alterssicherungsschutzes demgegenüber zurücktreten müßte. Denn der „Grundanspruch” auf ARG blieb weiterhin bestehen. Auf einen konstanten Anspruchsrahmen konnte der Kläger nicht vertrauen. Denn der Gesetzgeber muß gerade im Bereich der Rentenversicherung aus Gründen des Allgemeinwohls neue Regelungen treffen können, die im Interesse der Solidargemeinschaft aller Versicherten liegen (vgl BVerfGE 69, 272, 309).
Hingegen verlangt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz keine über Art 2 § 7a Abs 2 AnVNG hinausgehende, Fälle der vorliegenden Art erfassende Übergangsregelung. Diese Vorschrift vermeidet von vornherein den Entzug eines Vollrechts oder eines Anwartschaftsrechts auf ARG bei (arbeitslosen) Versicherten, die bereits das 60. Lebensjahr vollendet hatten und schützt sogar die Erwerbsaussicht von damals im og Sinn bereits arbeitslosen Versicherten, die trotz Arbeitswilligkeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres keinen Arbeitsplatz mehr finden (bzw finden können). Zwar wäre es denkbar gewesen, ua für die vom Kläger repräsentierte Gruppe der Versicherten einen befristeten „Verzicht” auf die Befreiung von der Versicherungspflicht vorzusehen (vgl Art 2 § 1 Abs 4 AnVNG). Dies war aber verfassungsrechtlich nicht geboten. Es lag nämlich 1965 in der freien Disposition des Klägers, an den Veränderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung nach Maßgabe der für die Pflichtversicherten geltenden Bestimmungen teilzunehmen. Er hat sich damals endgültig gegen die Teilhabe an den mit einer Pflichtversicherung verbundenen Lasten entschieden. Vor diesem Hintergrund verlangt Art 14 Abs 1 Satz 2 GG nicht, daß ihm dann die Rechtsmacht eröffnet wird, sich erneut den Pflichtversicherten zuzureihen.
Schließlich verletzen die gesetzlichen Regelungen weder Art 3 GG noch Art 20 Abs 1 GG iVm § 2 Abs 2 SGB I.
Denn der Gesetzgeber hat – worauf bereits hingewiesen – in vertretbarer Weise zwischen den Rechten der Pflichtversicherten und den vor Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht – bzw freiwillig – Versicherten differenziert. Anhaltspunkte für eine willkürliche Regelung sind demnach nicht erkennbar (vgl hierzu entsprechend BVerfGE 75, 78, 107). Daß bei dieser Regelung im übrigen im Einzelfall – wie auch möglicherweise bei dem Kläger – Unbilligkeiten auftreten können, berührt nicht das Sozialstaatsgebot, weil dieses nicht der Korrektur jeglicher hart oder unbillig erscheinender Einzelregelungen dient. Zwar begründet das Sozialstaatsprinzip die Pflicht des Staates, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen; die Erfüllung der Verpflichtung obliegt jedoch der eigenverantwortlichen Gestaltung des Gesetzgebers (vgl hierzu BVerfGE 69, aaO, S 314 f).
Die Revision ist nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 und Abs 4 SGG.
Fundstellen