Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragspflichtige Einnahmen von Arbeitslosenhilfebeziehern. Übergang vom Bemessungsentgelt zum Zahlbetrag der Arbeitslosenhilfe. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
- Die am 1.1.2000 in Kraft getretene, allein zukunftsgerichtete niedrigere Bewertung der Beitragszeiten wegen Arbeitslosigkeit bei Bezug von Arbeitslosenhilfe (§ 166 Abs 1 Nr 2a SGB 6 idF des HSanG) beeinträchtigt kein subjektiv-öffentliches Recht der Versicherten (Abgrenzung zu BSG vom 8.12.2005 – B 13 RJ 49/04 R = SozR 4-2600 § 166 Nr 1).
- Das aus Billigkeit geschaffene Recht zur Zahlung von Aufstockungsbeiträgen nach § 276a SGB 6 idF des HSanG war nicht gleichheitswidrig ausgestaltet.
Normenkette
SGB VI § 166 Abs. 1 Nr. 2a Fassung: 1999-12-22, § 3 S. 1 Nr. 3, § 54 Abs. 1 Nr. 1, § 55 Abs. 1 S. 1, § 63 Abs. 4; SGB 6 § 64; SGB VI § 70 Abs. 1 S. 1, § 161 Abs. 1, § 170 Abs. 1 Nr. 1, § 173 S. 2, § 276a Fassung: 1999-12-22; SGG § 54 Abs. 1 S. 2; HSanG Art. 22 Nr. 2 Buchst. b; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. September 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt die Feststellung eines höheren Geldwerts seines Rechts auf Altersrente (wegen Arbeitslosigkeit). Er meint, ihm müssten von Verfassungs wegen höhere Rangstellenwerte für seine Beitragszeiten wegen Arbeitslosigkeit bei Bezug von Arbeitslosenhilfe (Alhi) vom 1. Januar 2000 bis 30. September 2000 angerechnet werden. Er beanstandet, dass diese Beitragszeiten, für die der Bund Beiträge an den Rentenversicherungsträger gezahlt habe, nach der Höhe der gezahlten Alhi und nicht, wie bis dahin, im Grundsatz nach 80 vH des der Alhi zu Grunde liegenden Arbeitsentgelts bewertet wurden. Er hält die ab 1. Januar 2000 geltende Neuregelung des § 166 Abs 1 Nr 2a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und die dazu ergangene “Übergangsregelung” des § 276a SGB VI für verfassungswidrig.
Der am 18. September 1940 geborene Kläger war vom 1. April 1957 bis 31. Dezember 1993 entgeltlich beschäftigt. Ab dem 1. Januar 1994 war er arbeitslos. Er bezog bis zum 30. September 2000 Arbeitslosengeld und Alhi von der Bundesanstalt für Arbeit, und zwar jedenfalls ab 2. Januar 1999 Alhi. Außerdem hatte er ein Recht auf eine Unfallrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 vH.
Die Beklagte erkannte dem Kläger ab 1. Oktober 2000 ein Recht auf Altersrente (wegen Arbeitslosigkeit) zu (Bescheid vom 5. Oktober 2000). Dessen Wert bei Rentenbeginn setzte sie auf der Grundlage von insgesamt 61,6239 Entgeltpunkten (EP) auf 2.993,69 DM fest. Für die Beitragszeiten vom 1. Januar bis 30. September 2000 wurde als Entgelt die gezahlte Alhi in Höhe von insgesamt 9.192,00 DM berücksichtigt. Auf die Beitragszeiten entfielen insgesamt 59,5140 EP, davon 0,1685 EP auf die Zeiten des Alhi-Bezugs vom 1. Januar bis 30. September 2000. Für die bis zum 31. Dezember 1999 zurückgelegten Beitragszeiten wurden demnach 59,3455 EP (59,5140 EP ./. 0,1685 EP) zu Grunde gelegt.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe Anspruch auf Fortführung seiner Rentenanwartschaften auf der Grundlage des bei seinem Ausscheiden bescheinigten Bruttoarbeitsentgelts. Durch gesetzliche Änderungen habe sich sein Rentenanspruch um ca 160,00 DM pro Monat vermindert. Die Beklagte wies diesen Widerspruch mit dem Hinweis auf die Gesetzeslage zurück (Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 2001).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 16. Juli 2003). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 6. September 2004). Es hat ua ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf höhere Altersrente. Die Beklagte habe der Rentenberechnung für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 30. September 2000 zu Recht ein beitragspflichtiges Entgelt entsprechend der in dieser Zeit gezahlten Alhi zu Grunde gelegt. Denn seit 1. Januar 2000 sei gemäß § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI bei Bezug von Alhi Beitragsbemessungsgrundlage der Zahlbetrag dieser Leistung, während davor im Grundsatz 80 vH des der Alhi zu Grunde gelegten Arbeitsentgelts maßgebend gewesen sei. Die Beitragstragung durch den Bund sei beibehalten worden. Beziehern von Alhi, die vor dem 1. Januar 2000 das 55. Lebensjahr erreicht hätten und vor dem 1. Januar 2000 arbeitslos geworden seien, sei aus Vertrauensschutzgründen die Möglichkeit eingeräumt worden, die vom Januar 2000 an zu zahlenden Beiträge durch eigene Beitragszahlungen aufzustocken (§ 276a SGB VI). Der Kläger habe keinen “Aufstockungsbeitrag” geleistet. Die Bestimmungen seien nicht verfassungswidrig. Der 4. Senat des LSG (Nordrhein-Westfalen) habe dazu bereits in seiner Entscheidung vom 18. Juli 2003 – L 4 RA 63/02 – ausführlich Stellung genommen. Diesen Ausführungen schließe sich der (3.) Senat an. Die Übergangsregelung sei angemessen. Es sei auch nicht in bereits erworbene Anwartschaftsrechte eingegriffen worden, denn die Bewertung einer rentenrechtlichen Zeit, die in der Vergangenheit liege, sei nicht geändert worden. Die Änderung habe lediglich zur Folge, dass die Höhe der Altersrente geringer ausfalle als erwartet.
Der Kläger hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Er rügt, die ab 1. Januar 2000 geltende Regelung des § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI iVm § 276a SGB VI idF des Haushaltssanierungsgesetzes (HSanG) vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 2534) verstoße gegen Art 3, 14 und 20 Grundgesetz (GG). Für Bezieher von Alhi sei ab diesem Zeitpunkt als beitragspflichtige Einnahme nur die tatsächlich gezahlte Alhi maßgebend. Dies gelte auch für rentennahe Jahrgänge ab dem 55. Lebensjahr. Durch die Neuregelung des § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI werde in rentenversicherungsrechtliche Positionen eingegriffen. Zwar seien die bis Ende 1999 erworbenen “Anwartschaften” nicht verringert worden. Es gehe aber letztlich darum, ob das Gesetz verfassungsgemäß ohne eine angemessene Übergangsregelung in künftige Anwartschaftsrechte habe eingreifen können. Das Vertrauen des Klägers in den Fortbestand der alten Rechtslage sei erheblich enttäuscht worden. § 276a SGB VI sei keine angemessene Übergangsregelung. Dadurch würden die wegen anderer Einkünfte nur teilweise der Alhi Bedürftigen schlechter gestellt als Vollbedürftige. Derjenige, der kein anrechenbares Einkommen erziele, erhalte volle Alhi, während die andere Personengruppe niedrige Alhi erhalte und von ihrem Einkommen nach der Übergangsregelung noch die “Aufstockungsbeiträge” zur Rentenversicherung zahlen solle. Es habe auch durchaus denkbare weniger belastende Maßnahmen gegeben, mit denen das gleiche Ziel der Einsparung hätte erreicht werden können. Vor allem für die mindestens 55 Jahre alten Versicherten hätte eine Abwägung erfolgen müssen. Für sie hätte eine echte Übergangsregelung eingeführt werden müssen. Die dadurch für den Bund verbundene Last wäre vertretbar gewesen. Rentennahe Jahrgänge vertrauten besonders auf die bestehende Rechtslage. Sie benötigten eine verlässliche Ausgangsbasis für eine solide Lebensgestaltung im Alter, denn sie hätten regelmäßig keine Möglichkeit mehr, anderweitig für das Alter vorzusorgen. Das Gleichheitsgebot sei auch dadurch verletzt, dass er wegen des Bezugs einer Verletztenrente aus der Unfallversicherung, die nicht gegen die Ansprüche aus der Rentenversicherung angerechnet würden, eine geringere Alhi erhalten habe. So habe sich die Unfallrente ab 2000 entgeltpunktmindernd auf seine spätere Rente ausgewirkt, obwohl er die gleichen Vorleistungen bereits erbracht habe “(Beiträge zur Arbeitslosenversicherung als Anspruchsvoraussetzung für die Anschluss-Alhi)”. Nun müsse er für die Unfallrente, die auf die Alhi angerechnet werde, rentenversicherungsrechtliche “Aufstockungsbeiträge” zahlen. Demgemäß werde angeregt, den Rechtsstreit auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art 100 GG vorzulegen.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. September 2004 und das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 16. Juli 2003 sowie die Rentenhöchstwertfestsetzung im Bescheid vom 5. Oktober 2000 idF des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2001 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verpflichten, ab 1. Oktober 2000 einen höheren Wert seines Rechts auf Altersrente unter Berücksichtigung höherer Rangstellenwerte für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis 30. September 2000 nach den bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Vorschriften festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Entscheidung des LSG zutreffend sei. Sie habe das ab 1. Januar 2000 geltende Recht richtig angewandt. Die Bestimmungen des § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI iVm § 276a SGB VI idF des HSanG vom 22. Dezember 1999 seien nicht verfassungswidrig. Das mit dem HSanG verfolgte Ziel, den Bundeshaushalt um jährlich ca 4 Milliarden DM zu entlasten, habe im öffentlichen Interesse gelegen. Die Änderung der Bemessungsgrundlage für Bezieher von Alhi sei zumutbar gewesen. Die Zeiten des Bezugs von Alhi würden weiterhin als Pflichtbeitragszeiten berücksichtigt, allerdings mit einer geringeren Bewertung. Dies sei jedoch wegen der fehlenden Beitragsbezogenheit der Alhi zulässig. Diese Leistung werde aus Steuermitteln finanziert und sei somit eine Fürsorgeleistung des Staates. Die Folgen seien durch eine Übergangsregelung abgemildert worden. Auf den Bestand der (bisherigen) ab 1. Januar 1997 geltenden Regelung habe nicht vertraut werden können.
Der Senat hat die Beklagte um eine Vergleichsberechnung gebeten. Diese hat mitgeteilt, dass auf der Grundlage der von der Agentur für Arbeit (Schwerte) bescheinigten Beitragsbemessungsgrundlage für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2000 in Höhe von 22.401,00 DM sich unter Zugrundelegung von insgesamt 61,8867 EP ein Monatsbetrag von 3.006,46 DM ergeben hätte, der um 12,77 DM höher gewesen wäre als der im Bescheid vom 5. Oktober 2000 festgesetzte Wert. Auf die Beitragszeiten (ohne beitragsgeminderte Zeiten) wären insgesamt 59,7564 EP entfallen, davon 0,4109 EP auf die Zeiten des Alhi-Bezugs vom 1. Januar bis 30. September 2000. An der Rangstellenbewertung der bis zum 31. Dezember 1999 zurückgelegten Beitragszeiten (ohne beitragsgeminderte Zeiten) habe sich nichts geändert. Auch nach der Vergleichsberechnung wären für diese Zeiten 59,3455 EP (59,7564 EP ./. 0,4109 EP) berücksichtigt worden. Damit liege kein Eingriff in das eigentumsgeschützte Anwartschaftsrecht vor, es werde lediglich um “enttäuschte Erwartungen” gestritten.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.
1. Gegenstand der Revision ist das Urteil des LSG vom 6. September 2004, mit dem die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG vom 16. Juli 2003 zurückgewiesen wurde. Dieser verfolgt sein Begehren, das Streitgegenstand vor dem SG und dem LSG gewesen ist, im Revisionsverfahren weiter. Mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) wendet sich der Kläger gegen die Rentenhöchstwertfestsetzung im Bescheid vom 5. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2001 und zwar beschränkt auf den Rangstellenwert, gemessen in EP, der sich aus den Beitragszeiten wegen Arbeitslosigkeit bei Bezug von Alhi vom 1. Januar bis 30. September 2000 ergibt. Mit der Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) begehrt er die Feststellung eines höheren Werts seines Rechts auf Altersrente unter Berufung auf die bis zum 31. Dezember 1999 gültig gewesenen Rechtsvorschriften. Eine die Verpflichtungsklage konsumierende (unechte) Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG), gerichtet auf die Zahlung entsprechend höherer monatlicher Geldbeträge für Bezugszeiten ab Rentenbeginn (1. Oktober 2000), hat der Kläger – zulässigerweise – nicht erhoben.
2. Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Der Kläger ist auch hinsichtlich der Anfechtungsklage klagebefugt iS des § 54 Abs 1 Satz 2 SGG, denn er behauptet, durch die angefochtene Rentenhöchstwertfestsetzung möglicherweise in seinen Grundrechten verletzt zu sein. Es ist hier nicht von vornherein auszuschließen, dass durch die nach dem Vorbringen des Klägers zu niedrige Feststellung des Geldwerts seines Rechts auf Altersrente dieser in einem seiner Grundrechte verletzt sein könnte (vgl BSGE 92, 113 RdNr 10 = SozR 4-2600 § 46 Nr 1 RdNr 10).
3. Die Anfechtungsklage ist jedoch unbegründet. Denn der Kläger ist nicht materiell beschwert (§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG), weil kein ihm wirklich zustehendes Recht beeinträchtigt, also erst recht nicht verletzt ist. Die Festsetzung des Rentenhöchstwerts im Bescheid vom 5. Oktober 2000 beeinträchtigt auch keine verfassungsrechtlich geschützten Rechte des Klägers (vgl unter 4. bis 7.). Sein Recht auf zutreffende Feststellung des Geldwerts seines Stammrechts auf Altersrente wurde vielmehr erfüllt. Der Kläger stellt die Gesetzmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts letztlich auch nicht in Frage. Soweit er die Verfassungswidrigkeit der Neuregelung des Gesetzes rügt, ist ihm nicht zu folgen.
4. Die neue Regelung der “beitragspflichtigen Einnahmen” in § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI hat bei ihrem Inkrafttreten am 1. Januar 2000 weder den Schutzbereich des Renteneigentums des Klägers aus Art 14 Abs 1 Satz 2 GG noch den Schutzbereich des Grundrechts der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art 2 Abs 1 GG noch ein sonstiges subjektives Recht des Klägers noch sein Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz beeinträchtigt, sondern ausschließlich bloße, dh durch subjektive Rechte nicht geschützte Erwartungen in den Fortbestand einer objektiven Rechtslage enttäuscht (so im Ergebnis wohl auch BSG Urteil vom 8. Dezember 2005 – B 13 RJ 49/04 R –, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen, Juris, RdNr 19 ff).
a) Der Wert des Rechts auf Altersrente (sog Monatsbetrag der Rente – §§ 63 Abs 6, 64 SGB VI) ergibt sich (für den Regelfall) als Produkt aus dem Rangwert (= Summe der EP aus Beitrags- und “beitragsfreien” Zeiten), dem Zugangsfaktor, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert, die jeweils mit ihrem Wert, den sie bei Rentenbeginn haben, in die Rentenformel einzustellen sind. Der – hier allein umstrittene – Rangwert bei Rentenbeginn folgt gesetzesunmittelbar aus der Summe der einzelnen Rangstellenwerte, die der Rechtsinhaber durch seine “rentenrechtlichen Zeiten” erworben hat. Er wächst im Laufe des Versicherungslebens mit jedem Rangstellenwert an, den der Versicherte mittels einer “rentenrechtlichen” Zeit hinzuerwirbt. Der Mindest-Gesamtbetrag des Rangwerts (eines rein relativen Wertes) steht in jedem Zeitpunkt des Versicherungslebens objektiv fest. Hierfür ist lediglich davon auszugehen, bis zum Rentenbeginn werde der Versicherte keine “rentenrechtlichen” Zeiten mehr zurücklegen. “Rentenrechtliche” Zeiten sind Beitragszeiten, Berücksichtigungszeiten und “beitragsfreie” Zeiten (§ 54 SGB VI). Hat der Versicherte Tatbestände von Beitragszeiten erfüllt (vgl zB § 55 SGB VI), erlangt er dadurch jeweils zeitgleich einen Rangstellenwert; dieser ergibt sich aus dem Verhältnis seiner in dieser Zeit versicherten (oder als versichert geltenden realen oder fiktiven) Einnahmen (zB Arbeitsverdienst) zum jeweiligen Durchschnittsentgelt der Arbeitnehmer (Anlage 1) für dasselbe Kalenderjahr (§ 70 Abs 1 Satz 1 SGB VI iVm § 161 Abs 1 SGB VI).
Streit besteht hier allein bezüglich des Rangwerts über den anteiligen Rangstellenwert, der sich aus den “Beitragszeiten wegen Arbeitslosigkeit bei Bezug von Alhi” im Jahre 2000 ergibt. Deren gesetzliche Bewertung wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2000 geändert.
Zeiten der Arbeitslosigkeit bei Bezug von Alhi erfüllten Tatbestände von Beitragszeiten (§ 3 Satz 1 Nr 3 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung iVm §§ 54 Abs 1 Nr 1 SGB VI, 55 Satz 1 Fall 1 SGB VI idF des Rentenreformgesetzes ≪RRG≫ 1992 bzw § 55 Abs 1 Satz 1 Fall 1 SGB VI idF des RRG 1999), weil dafür vom Bund Beiträge an den Rentenversicherungsträger zu zahlen waren (§§ 170 Abs 1 Nr 1, 173 Satz 2 SGB VI). Durch die Erfüllung der Tatbestände solcher Zeiten erlangt der Versicherte zugleich Rangstellenwerte (vgl dazu BSG SozR 4-2600 § 247 Nr 1 RdNr 9). Die Rangstellenwerte, gemessen in EP, aus diesen Beitragszeiten werden im Rahmen der Rentenformel (§§ 63 Abs 6, 64 SGB VI) dadurch ermittelt, dass das fiktive versicherte Entgelt des Beziehers von Alhi durch das Durchschnittsentgelt (Anlage 1 zum SGB VI) der Arbeitnehmer für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird (§ 70 Abs 1 Satz 1 SGB VI iVm § 161 Abs 1 SGB VI idF des RRG 1992). Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2000 wurde für Beitragszeiten pflichtversicherter Alhi-Bezieher – in beitragsrechtlicher Sprache – die Beitragsbemessungsgrundlage ihrer “beitragspflichtigen” Alhi, also – in leistungsrechtlicher Sprache – ihr als versichert geltendes fiktives Arbeitsentgelt geändert. Während nach den bis zum 31. Dezember 1999 geltenden gesetzlichen Bestimmungen als versichertes fiktives Arbeitsentgelt im Grundsatz 80 vH des der Alhi zu Grunde liegenden Arbeitsentgelts galten (§ 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI idF des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25. September 1996, BGBl I 1461), wurde für Zeiten ab 1. Januar 2000 die rechtmäßig zustehende Alhi als versichertes fiktives Entgelt eingesetzt (§ 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI idF des Art 22 Nr 2 Buchst b des HSanG vom 22. Dezember 1999, BGBl I 2534).
b) Die am 1. Januar 2000 in Kraft getretene niedrigere Bewertung der nach diesem Zeitpunkt zurückgelegten “Beitragszeiten wegen Arbeitslosigkeit bei Bezug von Alhi” durch die Neufassung des § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI idF des Art 22 Nr 2 Buchst b HSanG beeinträchtigt schon rentenversicherungsrechtlich kein bereits erworbenes subjektiv-öffentliches Recht des Klägers. Es wird weder der Schutzbereich der Rentenanwartschaft (dazu unter c und d), also die bis dahin erworbene Rangstelle (Summe der EP) und das Systemversprechen, noch das dem Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits zustehende, als grundrechtliches Eigentum geschützte Anwartschaftsrecht (dazu unter c und e) noch sein Recht aus Art 2 Abs 1 GG auf Abwehr von verfassungswidrigen Beeinträchtigungen seiner einfachen subjektiven Rechte (dazu unter 5.) noch sein Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz (dazu unter 6.) beeinträchtigt. Das Bundessozialgericht (BSG) ist ohne eine konkret festgestellte Beeinträchtigung eines dem Kläger wirklich zustehenden subjektiven Rechts nicht befugt, im Wege einer “abstrakten Normenkontrolle” über die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Regelung des Parlamentsgesetzes zu entscheiden (Art 100 Abs 1 GG; vgl BSG Teilurteil und Vorlagebeschluss vom 23. August 2005 – B 4 RA 28/03 R, Umdruck S 28 f), weil dies schlechthin nicht entscheidungserheblich ist (dazu unter 7.). Zu einem “obiter dictum” hierüber besteht kein ausreichender Sachgrund.
c) Ein (einfachgesetzlich gewährtes) subjektiv-öffentliches Recht des Klägers aus der Altersrentenversicherung des SGB VI wurde durch das Gesetz nicht beeinträchtigt. Er war zu Beginn des 1. Januar 2000 Inhaber eines Anwartschaftsrechts auf Altersrente, dessen Schutzbereich ebenso wenig berührt wurde wie derjenige der ihm vorgelagerten subjektiv-öffentlichen, aber nicht konkret vermögenswerten Rechte des Anrechts und der ≪Renten-≫Anwartschaft.
Dem Erwerb eines individualgrundrechtlich als Eigentum geschützten (vermögenswerten) Vollrechts auf Altersrente sind systematisch drei Stufen von subjektiv-öffentlichen Rechten vorgelagert (Anrecht, ≪Renten-≫Anwartschaft und – mit einem konkreten Vermögenswert versehen und deshalb bereits wie das Vollrecht eigentumsgeschützt – Anwartschaftsrecht).
Eine Person muss (in der Altersrentenversicherung) im Regelfall zunächst (erster Schritt) den Status eines (materiell) Versicherten und damit ein sog Anrecht erlangen. Mit der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (zweiter Schritt) entsteht eine Rentenanwartschaft, die für den Versicherten noch keinen real abschätzbaren konkreten Vermögenswert hat. Diese Rentenanwartschaft erlangt jedenfalls ab Vollendung des 54. Lebensjahres (dritter Schritt) einen gesetzlich anerkannten, hinreichend schätzbaren konkreten, wenn auch fiktiven Vermögenswert und reift dadurch erstmals zu einem konkret vermögenswerten Recht, also zu einem als Grundrecht iS von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG geschützten Anwartschaftsrecht. Dieses erstarkt bei Eintritt des Versicherungsfalls des Alters (vierter Schritt) zum individualgrundrechtlich als Eigentum geschützten Vollrecht. Aus dem Vollrecht (= Stammrecht) entsteht als dessen Rechtsfrucht zu Beginn eines jeden Monats ein Anspruch (§ 194 Bürgerliches Gesetzbuch) gegen den Rentenversicherungsträger auf Zahlung eines Betrags in Höhe des Geldwerts des Stammrechts (= eigentumsgeschützter Einzelanspruch; stellv dazu jeweils mwN, BSG Vorlagebeschlüsse vom 16. Dezember 1999 – B 4 RA 49/98 R, B 4 RA 18/99 R, B 4 RA 49/99 R, vom 16. November 2000 – B 4 RA 3/00 R und vom 30. März 2004 – B 4 RA 24/02 R; BSG SozR 3-2600 § 149 Nr 6 S 18 f; BSGE 92, 113 RdNr 56 ff = SozR 4-2600 § 46 Nr 1 RdNr 56 ff; BSG SozR 4-2600 § 149 Nr 1 RdNr 21 f; dazu auch: BSG Vorlagebeschlüsse vom 28. Oktober 2004 – B 4 RA 42/02 R, B 4 RA 64/02 R, B 4 RA 3/03 R, B 4 RA 7/03 R und B 4 RA 50/03 R sowie zuletzt Teilurteil und Vorlagebeschluss vom 23. August 2005 – B 4 RA 28/03 R). Das bloße Anrecht (1. Stufe) schützt nur das Recht auf Fortsetzung der Versicherung und ist ggf Auslöser des Anspruchs auf Erstattung rechtmäßig getragener Beiträge (§ 210 SGB VI). Es hat keinen konkreten Vermögenswert. Aus ihm kann in der Sparte der Altersrentenversicherung kein Vollrecht entstehen.
d) Das subjektiv-öffentliche Recht der Rentenanwartschaft (nach Erfüllung der Wartezeit) des Klägers, das ebenfalls noch keinen vom Gesetz zugewiesenen konkreten Vermögenswert hat, wurde nicht beeinträchtigt. Denn sein Zuweisungsgehalt (Gewährleistungsgehalt) wurde durch die Rechtsänderung nicht berührt. Die (Renten-)Anwartschaft schützt die erworbene Rangstelle und den Versicherten vor einer Verletzung des Systemversprechens. Die am 31. Dezember 1999 kraft Gesetzes vom Kläger erlangte Rangstelle (Summe der EP) wurde durch die am 1. Januar 2000 in Kraft getretene Rechtsänderung nicht nachträglich verringert. Dem parlamentarischen Gesetzgeber ist es vorbehalten zu bestimmen, was Vorleistungen für die gesetzliche Rentenversicherung sind und welchen Wert diese im Blick auf spätere Versicherungsleistungen haben. Er ist an sozialversicherungsfremde Vorstellungen aus dem Bereich der privaten Individualversicherung nicht gebunden. Insbesondere steht ihm auch gegenüber Inhabern von (Anwartschaftsrechten und) Anwartschaften die nur durch das Willkürverbot begrenzte Rechtsmacht zu, Art und Wert erst in der Zukunft zu erbringender Vorleistungen neu zu regeln.
aa) Im Kernsystem der gesetzlichen Rentenversicherung bewertet das Gesetz kalenderjährlich die Vorleistung des Versicherten in ihrem relativen Wert zur durchschnittlichen Vorleistung der pflichtversicherten Arbeitnehmer, und zwar gemessen in EP. Diese stehen in jedem Jahr mit ihrem Mindestwert fest und werden Jahr für Jahr addiert. Die Summe dieser Vorleistungswerte drückt das Verhältnis aus, in dem der Versicherte im Vergleich zum Durchschnitt der Arbeitnehmer zur Erwirtschaftung der Erträge der Unternehmen beigetragen hat, aus denen in jedem Jahr die Renten an die Rentner gezahlt werden. Im Rahmen des Systemversprechens wird dem Versicherten garantiert, dass seine bisher erbrachte Vorleistung nach Eintritt des Versicherungsfalls nach denselben Grundsätzen berücksichtigt wird, die während der Vorleistungsphase galten.
Dazu gehört ua in der Altersrentenversicherung ein Ausgleich des durch den Versicherungsfall des Alters, also durch die altersbedingte Unzumutbarkeit des weiteren Einsatzes vorhandener Erwerbsfähigkeit, ausgefallenen Erwerbseinkommens nach Maßgabe des (1957 eingeführten) Rentnerlohnprinzips, das dem Rentner eine Rentenhöhe “in der Nähe” des Entgelts der aktiven Versicherten gewährleistet, die aber im Wesentlichen von seinen eigenen Vorleistungswerten abhängt. In diesem Sinne wird den Versicherten ein Teilhaberecht zugeordnet, dessen Wert in EP bemessen ist. Dieses durch eigene Vorleistungen erwobene Teilhaberecht schützt den Versicherten vor nachträglichen Entwertungen der bereits kraft Gesetzes erlangten Rangstelle (vgl BSG Teilurteil und Vorlagebeschluss vom 23. August 2005 – B 4 RA 28/03 R, Umdruck S 33 f).
Das durch die ≪Renten-≫Anwartschaft gleichfalls geschützte Systemversprechen (nicht: Versprechen bestimmter Leistungsarten und Leistungshöhen) gewährleistet ihm, dass er für die Versicherungsfälle des Alters, der Minderung der Erwerbsfähigkeit und des Todes später nach den Grundsätzen Versicherungsschutz entsprechend seiner Vorleistung erhalten wird, die in der Vorleistungsphase galten, sodass er insoweit keine private Vorsorge treffen muss. Es schützt aber nicht vor rein zukunftsbezogenen Änderungen des Rechts der Versicherungsvorleistungen. Dasselbe gilt für die Änderungen der künftigen Versicherungsleistungen, soweit dabei die Systemgrundsätze effektiv beachtet werden.
bb) Die am 1. Januar 2000 erlangte Rangstelle (Summe der EP) wurde durch die Rechtsänderung nicht nachträglich verringert. Denn das zu Grunde zu legende fiktive Entgelt wurde nicht rückwirkend zum Nachteil des Klägers verändert, sondern betraf lediglich zukunftsgerichtet die ab 1. Januar 2000 erbrachte Vorleistung der “Beitragszeit wegen Arbeitslosigkeit bei Bezug von Alhi”. Sie hat die vom Kläger bis zum 31. Dezember 1999 erworbenen EP nicht berührt. Insoweit hatte der Kläger aus Beitragszeiten 59,3455 EP erlangt. Durch die streitigen Beitragszeiten aus dem Jahr 2000 hat er weitere 0,1685 EP erworben. Hätte die bis zum 31. Dezember 1999 geltende Fassung über diesen Zeitpunkt fortbestanden, wären es nach der Vergleichsberechnung der Beklagten allerdings 0,4109 EP gewesen. Das subjektive Recht der (Renten-)Anwartschaft schützt aber insoweit nur die jeweils bereits vor einer Gesetzesänderung kraft Gesetzes erworbene Rangstelle; eine Beeinträchtigung des Systemversprechens, also eine Durchbrechung der von ihm gewährleisteten Grundsätze, liegt augenfällig nicht vor.
e) Durch die lediglich zukunftsgerichtete Gesetzesänderung ist auch nicht der Schutzbereich des subjektiven vermögenswerten Anwartschaftsrechts des Klägers (Rangstelle und fiktiver Vermögenswert einer Regelaltersrente) beeinträchtigt worden. Insbesondere wurde der geschützte fiktive (Mindest-)Vermögenswert des zu diesem Zeitpunkt vom 59-jährigen Kläger, der die Wartezeit erfüllt hatte, bereits innegehabten und von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG geschützten Anwartschaftsrechts nicht verändert. Denn die Faktoren, die diesen Wert ergeben, insbesondere die Summe der EP und der aktuelle Rentenwert, wurden nicht rückwirkend verändert.
Nach Vollendung des 54. Lebensjahres muss der Versicherungsträger dem Versicherten gemäß § 109 SGB VI den Geldwert eines auf den Auskunftszeitpunkt bezogenen fiktiven Stammrechts auf Regelaltersrente mitteilen, damit dieser beurteilen und entscheiden kann, ob er zB Beiträge von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung an den Träger zahlt, um “Rentenabschläge” zu verhindern, oder ob er in der gesetzlichen Rentenversicherung oder zB in der Privatversicherung (“Riester”-, “Rürup”-Renten oder Ähnliches) oder auf geeignete Weise anders vorsorgen will. Damit weist das Gesetz der bis dahin nur abstrakt vermögenswerten Rentenanwartschaft einen konkreten, wenn auch hypothetischen (Mindest-)Vermögenswert als Grundlage von Vermögensverfügungen von erheblichem wirtschaftlichen Wert zu. Dadurch wird die Rentenanwartschaft zu einem subjektiv-öffentlichen Anwartschaftsrecht mit konkretem Vermögenswert und zu individual-grundrechtlich geschütztem Eigentum iS des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG. Denn dieses Grundrecht schützt nur solche subjektiv-öffentlichen Rechte (unter weiteren Voraussetzungen), die für den Rechtsinhaber einen konkreten Vermögenswert begründen, der ihm einen Freiraum zu vermögensrechtlicher Gestaltung gibt. Als zum Zeitpunkt der Rechtsänderung 59-Jähriger hatte der Kläger, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hatte, zwar ein solches Anwartschaftsrecht erlangt; in den hypothetischen (Mindest-)Vermögenswert ist aber durch die allein zukunftsgerichtete Gesetzesänderung nicht eingegriffen worden. Denn der hypothetische Wert seines Rechts auf Regelaltersrente hatte sich nicht verringert.
f) Das neue Gesetz hat auch den Schutzgehalt des zum 1. Oktober 2000 entstandenen Vollrechts (Stammrecht) auf Altersrente nicht beeinträchtigt, weil dieses Vollrecht erst unter Geltung des neuen Rechts entstanden ist. Das erste den Inhalt eines subjektiven Rechts bei dessen Entstehung bestimmende Gesetz kann nicht in den von ihm zugewiesenen Rechtsinhalt eingreifen.
5. Auch der Schutzbereich des Art 2 Abs 1 GG ist schon mangels Beeinträchtigung subjektiver Rechte des Klägers nicht berührt. Dieses Grundrecht schützt nicht nur die – hier ohnehin unberührte – natürliche Handlungsfreiheit, sondern ua auch die einfachgesetzlichen subjektiven Rechte des Bürgers vor verfassungswidrigen Beeinträchtigungen durch Parlamentsgesetze (Art 1 Abs 3 GG). Es gibt aber kein subjektives Recht des Einzelnen gegen die gesetzgebende Gewalt, auf den Fortbestand einer bloß objektiv-rechtlichen Gesetzeslage zu vertrauen, die ihm günstig ist und ihm Aussichten auf den künftigen Erwerb von Rechten vermittelt.
Der rechtsstaatliche Vertrauensschutz gibt – entgegen der Ansicht des Klägers – allein aus sich selbst dem Einzelnen weder ein subjektives Recht auf den Fortbestand einer objektiven Gesetzeslage noch ein subjektives Recht darauf, dass der Gesetzgeber eine bestimmte Regelung unterlässt. Ebenso wenig gebietet er dem parlamentarischen Gesetzgeber, die von einer bestimmten Rechtslage Begünstigten, die jedoch kein subjektives Recht auf diese Begünstigung haben, vor Enttäuschung zu bewahren. Anderenfalls würde der Widerstreit zwischen der allgemeinen, nicht in subjektiven Rechten des Einzelnen konkretisierten Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Blick auf den Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung gelöst. Grundsätzlich muss jedes Rechtsgebiet im Rahmen der verfassungsrechtlichen Gegebenheiten zur Disposition des Gesetzgebers stehen (vgl BVerfGE 71, 255, 272 f; dazu auch: BSG Vorlagebeschlüsse vom 28. Oktober 2004 – B 4 RA 42/02 R; B 4 RA 64/02 R, B 4 RA 3/03 R, B 4 RA 7/03 R und B 4 RA 50/03 R und zuletzt Teilurteil und Vorlagebeschluss vom 23. August 2005 – B 4 RA 28/03 R, Umdruck S 36 f). Dies gilt auch – entgegen der Ansicht des Klägers – für Versicherte, die älter als 54 Jahre sind.
Anderes gilt nur für subjektive Rechte und darunter insbesondere für die Grundrechte, deren Schutzbereiche grundsätzlich nur im Rahmen erlaubter Schranken beeinträchtigt werden dürfen. Im Übrigen ist der (rechtsstaatlich oder grundrechtlich begründete) Vertrauensschutz nebst Rückwirkungsverbot nur eine sog Schranken-Schranke, also eine Begrenzung jeder Befugnis des Gesetzgebers, subjektive Rechte des Bürgers zu beeinträchtigen, setzt also solche Rechte und deren Beeinträchtigung voraus. Die angegriffene Rechtsänderung betrifft nur Rangstellenwerte, die nach Verkündung des Gesetzes erworben werden. Sie gilt also nicht für Zeiten vor der Verkündung dieses Gesetzes und greift deshalb nicht nachträglich ändernd in bereits zugeordnete Rechte im Sinne einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen bzw einer echten Rückwirkung ein (vgl BVerfGE 68, 287, 306; 72, 175, 196; 97, 67, 78 f; 101, 239, 263); sie wirkt auch nicht im Sinne einer (im Regelfall zulässigen) tatbestandlichen Rückanknüpfung bzw einer unechten Rückwirkung auf bereits bestehende Rechte für die Zukunft nachträglich entwertend ein (vgl BVerfGE 69, 272, 309; 72, 141, 154; 97, 67, 78 f; 101, 239, 263;105, 17, 37 f; 109, 133, 180 f). Sie enttäuscht lediglich subjektiv-rechtlich nicht geschützte Erwartungen in den Fortbestand der bisherigen objektiven Gesetzeslage. Der Einführung des Rechts, “Aufstockungsbeiträge” zu entrichten, in § 276a SGB VI idF des Art 22 Nr 6 HSanG (dazu sogleich) hätte es demnach von Verfassungs wegen etwa zwecks Sicherung der Verhältnismäßigkeit eines (nicht erfolgten) Eingriffs nicht bedurft (anders als zB bei der Beitragsnachzahlung wegen einer nachträglichen gesetzlichen Entziehung von erworbenen Rangstellenwerten aus Zeiten schulischer Ausbildung in § 207 SGB VI).
6. Das aus Billigkeit geschaffene Recht aus § 276a SGB VI idF des Art 22 Nr 6 HSanG ist nicht unter Verstoß gegen das Grundrecht des Klägers auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art 3 Abs 1 GG) gleichheitswidrig zugewiesen oder ausgestaltet worden. Es liegt schon keine normative Beeinträchtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vor, sodass eine Rechtfertigung nicht zu prüfen ist.
a) Nach der Billigkeitsregelung des § 276a SGB VI idF des HSanG galten auch nach dem 1. Januar 2000 im Grundsatz 80 vH des der Alhi zu Grunde liegenden Arbeitsentgelts als fiktives Entgelt der “Beitragszeiten wegen Arbeitslosigkeit bei Bezug von Alhi”, wenn der Bezieher entsprechend hohe zusätzliche Beiträge bis zum 30. Juni des nachfolgenden Kalenderjahres selbst zahlte (vgl BT-Drucks 14/2036 S 15; Löns in Kreikebohm, SGB VI, 2. Aufl, § 276a RdNr 3 ff). Diese Billigkeitsregelung war – wie bereits ausgeführt – aus Gründen des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes von Verfassungs wegen nicht geboten, weil die Rechtsänderung in § 166 Abs 1 Nr 2a SGB VI nicht in bestehende subjektive Rechte der Betroffenen eingegriffen hat. Der Gesetzgeber hat sich lediglich aus Billigkeit und aus Gründen des politischen “Vertrauensschutzes”, der die allgemeine Akzeptanz einer künftig wirksam werdenden Änderung fördern soll, für diese Billigkeitsregelung entschieden. Gleichwohl muss diese selbst den Anforderungen der Verfassung genügen, insbesondere mit dem Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gesetz (allgemeiner Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG) vereinbar sein.
b) Art 3 Abs 1 GG iVm Art 1 Abs 3 GG bindet die gesetzgebende Gewalt auch bei der erstmaligen Schaffung subjektiver Rechte (hier: Recht auf wirksame Zahlung von “Aufstockungsbeiträgen”). In seiner Ausprägung als Verbot der ungerechtfertigten Gleich- oder Verschiedenbehandlung von Personengruppen ist er dann beeinträchtigt, wenn die Rechte verschiedener Personengruppen, bezogen auf den jeweiligen Regelungsgegenstand des Gesetzes und gemessen an dem materiellen Differenzierungskriterium, nämlich der Aufgabe des Gesetzes, ungleich oder aufgabenwidrig gleich behandelt werden (so schon BSGE 63, 282, 290 f = SozR 2200 § 1251a Nr 2 S 10 f). Er ist insoweit dann verletzt, wenn diese Gleich- oder Ungleichbehandlung nicht durch einen (vertretbaren) vernünftigen Grund (Willkürverbot oder nach Grundsätzen der “neuen Formel” ≪BVerfGE 55, 72, 88; 88, 87, 96 f; 99, 367, 388; 100, 138, 174; 103, 172, 193≫) gerechtfertigt ist. Aufgabe des aus Gründen der Billigkeit und des politischen Vertrauensschutzes geschaffenen § 276a SGB VI war es, allen im Zeitpunkt des Inkrafttretens über 55-Jährigen das Recht einzuräumen, zusätzlich zur Beitragszahlung durch den Bund (§ 3 Satz 1 Nr 3 iVm § 170 Abs 1 Nr 1 SGB VI), die auf der Grundlage der zustehenden Alhi (§ 276a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI idF des HSanG) erfolgte, die Vorleistung durch eine freiwillige – in fiktives versichertes Arbeitsentgelt umzurechnende – Zahlung aufzustocken, damit für sie als zu Grunde zu legendes fiktives Entgelt ein Betrag entsprechend grundsätzlich 80 vH des der Alhi zu Grunde liegenden Arbeitsentgelts für die ab 1. Januar 2000 erworbenen Rangstellenwerte maßgebend würde; dadurch konnten die Bezieher von Alhi im Blick auf die rentenrechtlichen Zeiten nach dem 31. Dezember 1999 erreichen, dass sie keine niedrigere Rente erhalten, als sie auf Grund der bis Ende 1999 geltenden objektiven Gesetzeslage erwartet hatten. Die Vorschrift enthält also keine die Regelungsadressaten ungleich behandelnde Regelung des Rechts auf Zahlung eines “Aufstockungsbeitrags”.
c) Soweit der Kläger rügt, das Gesetz habe keine sachangemessene Ungleichbehandlung eingeführt, obwohl Bezieher von Alhi finanziell oftmals nicht in der Lage sind, die für die Aufstockung erforderlichen Gelder aufzubringen, macht er in der Sache ein Recht auf Gesetzgebung geltend, für das schon mangels “Rechtsstreitigkeit” der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet ist (vgl BSGE 72, 50, 52 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 4). Er begehrt nämlich sinngemäß, dass der Gesetzgeber das Recht aus § 276a SGB VI durch sozialpolitisch motivierte Abstufungen verändert oder es durch die unterschiedliche Finanzkraft ausgleichende Regelungen ergänzt. Der einzelne Bürger hat aber keinen Anspruch auf ein bestimmtes Handeln des Gesetzgebers (vgl BVerfGE 1, 97, 100; 12, 139, 142) – auch nicht auf der Grundlage des Art 3 Abs 1 GG. Zudem ergibt sich aus Art 3 Abs 1 GG keine Pflicht der Gesetzgebung, tatsächliche Ungleichheiten abzubauen; dies ist Ziel der sich aus dem Sozialstaatsprinzip im Zusammenwirken mit den Freiheitsgrundrechten ergebenden Chancengleichheit (vgl Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 7. Aufl, Art 3 RdNr 12, Art 20 RdNr 107a; dazu auch BVerfGE 33, 303, 331 f). Die Gleichbehandlung aller betroffenen Versicherten bei der gesetzlichen Ausgestaltung des Rechts auf Zahlung eines “Aufstockungsbeitrags” könnte den Gleichheitssatz aber allenfalls dann beeinträchtigen, wenn eine ungleiche Gestaltung gerade dieses Rechts – gemessen am materiellen Differenzierungskriterium des Gesetzes – möglich wäre, durch die der behauptete Nachteil vermieden würde. Die finanziellen Möglichkeiten der Versicherten sind aber durch andere normative Gestaltungen des Rechts auf Zahlung eines “Aufstockungsbeitrags” nicht ausgleichbar.
d) Soweit der Kläger unter Hinweis auf sein Recht auf Verletztenrente eine Ungleichbehandlung der früheren Alhi-Bezieher im Rentenversicherungsrecht behauptet, trifft dies nicht zu. Während des Alhi-Bezugs hat die Verletztenrente seine Bedürftigkeit gemindert, sodass der Kläger in höherem Maße fähig war, sich selbst zu unterhalten und damit sich selbst zu helfen. Sie hat also nicht seine Alhi verringert, sondern er hatte von vornherein insoweit kein Recht auf Alhi. Denn je höher die Leistungsfähigkeit, desto niedriger war die Alhi. Diese war bis zu ihrer Abschaffung zum 1. Januar 2005 entgegen der Ansicht des Klägers nämlich kein (durch eine Vorleistung erworbenes Recht auf eine) Versicherungsleistung aus der Arbeitslosenversicherung. Es handelte sich vielmehr um ein Recht auf eine aus Steuermitteln finanzierte Fürsorgeleistung, dessen Geldwert davon abhing, inwieweit der Arbeitslose das durch Arbeitslosigkeit entgangene Entgelt aus anderen Einnahmequellen ausgleichen konnte (vgl BSGE 73, 10, 17 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4 S 23; BSGE 85, 123, 129 f = SozR 3-4100 § 136 Nr 11 S 61; BSGE 91, 94 RdNr 33 = SozR 4-4220 § 6 Nr 1 RdNr 32). Der Bund, der dieses Rechtsgebiet wegen seiner Gesamtverantwortung für die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik kompetenzmäßig ausgestaltet hatte, hatte es auf den Personenkreis der aus der Arbeitslosenversicherung “Ausgesteuerten” begrenzt, also auf solche Personen, denen vorleistungsabhängige Versicherungsleistungen wegen Arbeitslosigkeit schlechthin nicht mehr zustehen konnten. Auch gegenüber Sozialhilfeberechtigten wurden die vom Kläger repräsentierten Alhi-Empfänger nicht rechtsrelevant ungleich behandelt, weil der Maßstab der individuellen Bedürftigkeit in der Sozialhilfe ein anderer war als in der Alhi.
7. Da kein subjektives Recht des Klägers beeinträchtigt ist, darf das BSG die objektive Verfassungsmäßigkeit des Änderungsgesetzes und der Billigkeitsregelung nicht prüfen. Denn darauf kann es für die Entscheidung des Rechtsstreits schlechthin nicht ankommen, weil die Klage schon mangels Rechtsbeeinträchtigung abzuweisen ist, also eine Rechtsverletzung (materielle Beschwer), dh eine rechtswidrige Rechtsbeeinträchtigung, von vornherein nicht vorliegen kann. Zu einer “abstrakten Normenkontrolle” gegenüber dem parlamentarischen Gesetzgeber sind die “Fachgerichte” schlechthin nicht befugt (Art 100 Abs 1 GG). Insbesondere kann in der konkreten Normenkontrolle die Verfassungsmäßigkeit eines Parlamentsgesetzes, das subjektive Rechte beeinträchtigt, nur entscheidungserheblich sein und nur methoden- und sachgerecht geprüft werden, wenn zuvor exakt festgestellt wird, welche subjektiven Rechte in welchem Umfang und mit welcher Intensität durch die gesetzliche Regelung beeinträchtigt wurden.
8. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1508809 |
BSGE 2007, 83 |