Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziales Entschädigungsrecht. Gewaltopfer. tätlicher Angriff. sozialgerichtliches Verfahren. Beweiserleichterung nach § 15 KOVVfG. Glaubhaftmachung. Zulässigkeit von aussagepsychologischen Gutachten. Entbehrlichkeit eines besonderen Hinweises an den Sachverständigen. relative Wahrscheinlichkeit. richterliche Beweiswürdigung. Sachaufklärungspflicht. keine Berücksichtigung von abweichendem Sachvortrag in der Revisionsinstanz
Leitsatz (amtlich)
1. Die Einholung und Berücksichtigung aussagepsychologischer Gutachten (sog Glaubhaftigkeitsgutachten) ist im sozialen Entschädigungsrecht zulässig (Anschluss an BSG vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R = BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20).
2. In Verfahren über eine Gewaltopferentschädigung bedarf es keines besonderen Hinweises an den Sachverständigen auf den Beweismaßstab der Glaubhaftmachung (Abgrenzung zu BSG vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R aaO).
3. Die Feststellung, ob die Aussage eines Gewaltopfers bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten relativ am wahrscheinlichsten ist, obliegt allein der richterlichen Beweiswürdigung.
Orientierungssatz
Abweichenden Sachvortrag in der Revisionsinstanz kann der Senat nicht berücksichtigen (vgl BSG vom 25.4.2002 - B 11 AL 89/01 R = BSGE 89, 250 = SozR 3-4100 § 119 Nr 24 und vom 11.3.1970 - 3 RK 25/67 = BSGE 31, 63 = SozR Nr 17 zu § 3 AVG).
Normenkette
OEG § 1 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1976-05-11, § 6 Abs. 3, § 10 S. 2, § 10a Abs. 1 S. 1; KOVVfG § 15 S. 1; BVG § 1 Abs. 3 S. 1; SGG § 128 Abs. 1 S. 1, §§ 103, 106 Abs. 3 Nr. 5 Alt. 2, § 109 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. Januar 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Die 1949 geborene Klägerin wuchs im heutigen Land Sachsen auf. Im März 1991 und im Jahr 1992 berichtete sie gegenüber Ärzten von Misshandlungen im Stasigewahrsam. Im Oktober 1997 erstattete die Klägerin Strafanzeige wegen sexueller Nötigung in der Zeit vom 9.1989 durch ihren damaligen Vorgesetzten. Die zuständige Staatsanwaltschaft Dresden stellte das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs 2 Strafprozessordnung ein, die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb erfolglos.
Im Juni 1999 beantragte die Klägerin beim Versorgungsamt B. eine Versorgung nach dem OEG wegen "Folter, Misshandlung und Vergewaltigung" im K.-Gefängnis in K. während eines Aufenthaltes in der Zeit vom 9.1989 durch ihren damaligen Vorgesetzten und andere unbekannte Täter. An Schädigungsfolgen seien ua psychosomatische Folgen und Zahnverlust eingetreten. Das Versorgungsamt B. lehnte Ansprüche nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) ab; das zuständige Versorgungsamt C. lehnte sodann den OEG-Antrag der Klägerin ab (Bescheid vom 22.4.2003; Widerspruchsbescheid vom 12.1.2004).
Im anschließenden Klageverfahren hat das SG ua eine Begutachtung der Klägerin durch die Psychiaterin und Neurologin Dr. S. veranlasst. Die Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die Erlebnisse, welche die Klägerin in der Haft habe erleben müssen, so schwerwiegend gewesen seien, dass sie bei den vorliegenden Vorbelastungen (angegebener sexueller Missbrauch in der Kindheit durch einen Großonkel) die andauernde Persönlichkeitsveränderung der Klägerin mit verursacht oder sogar allein ausgelöst hätten (Gutachten vom 12.12.2007). Das SG hat ferner Beweis erhoben durch Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens (sog Glaubhaftigkeitsgutachten)der psychologischen Psychotherapeutin Dipl.-Psych. Sch. Diese erklärte, dass die behauptete Aussage der Klägerin mit Hilfe der aussagepsychologischen Methodik nicht verifiziert werden könne. Es zeigten sich Mängel im Hinblick auf die Konstanz der Aussage der Klägerin und Hinweise auf fremd- und autosuggestive Einflüsse. Weder die Täuschungs- noch die Suggestionshypothese könne zurückgewiesen werden (Gutachten vom 12.5.2010). Auf Antrag der Klägerin hat das SG schließlich eine Begutachtung der Klägerin durch den Psychiater und Neurologen Dr. St. veranlasst. Dieser erklärte im Wesentlichen, dass eine suggestive Beeinflussung der Erinnerungen der Klägerin nicht ausgeschlossen werden könne, sondern angesichts der Persönlichkeit der Klägerin und der Befragungsumstände als sehr wahrscheinlich anzunehmen sei. Die Klägerin könne die Angaben über die Stasihaft und die dort erlittenen Vergewaltigungen und Misshandlungen - wie auch die Angaben zum sexuellen Missbrauch in ihrer Kindheit - in dieser Form auch ohne einen Erlebnisbezug berichten (Gutachten vom 31.12.2012).
Das SG hat die seit 1.8.2008 gegen den beklagten Sozialverband als Funktionsnachfolger gerichtete Klage abgewiesen, weil es der Klägerin nicht gelungen sei, glaubhaft zu machen, dass sie Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 OEG geworden sei. Aus den Gutachten der Sachverständigen Sch. und Dr. St. ergebe sich, dass die Angaben der Klägerin nicht geeignet seien, eine Glaubhaftmachung iS des § 15 Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) zu begründen (Urteil vom 19.4.2013).
Im Berufungsverfahren hat das LSG zwei aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. G. vom 14.8.2014 und 14.10.2014 aus den Verfahren vor dem LSG zu den Az L 10 VE 34/13 ZVW und L 10 VE 28/11 in den Rechtsstreit eingeführt und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die von der Klägerin behauptete Folter sowie der sexuelle Missbrauch im K.-Gefängnis in K. seien nicht nachgewiesen, unmittelbare Tatzeugen nicht vorhanden. Das Vorliegen der Taten lasse sich auch nicht unter Zugrundelegung der Beweiserleichterung der Glaubhaftmachung annehmen. Die Angaben der Klägerin könnten nicht positiv durch aussagepsychologische Begutachtung verifiziert werden. Anlass zur Einholung eines weiteren Glaubhaftigkeitsgutachtens, welches unter Abfassung entsprechender Beweisfragen dem besonderen Beweismaßstab der Glaubhaftmachung Rechnung tragen solle, bestehe nicht. Denn das LSG habe in den Rechtsstreiten L 10 VE 34/13 ZVW und L 10 VE 28/11 Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. G. unter besonderer Berücksichtigung von § 15 KOVVfG eingeholt und in den vorliegenden Rechtsstreit eingeführt. Danach könne die vom BSG in seiner Rechtsprechung vom 17.4.2013 erhobene Forderung der besonderen Berücksichtigung des § 15 KOVVfG von aussagepsychologischen Gutachten nicht eingelöst werden (Urteil vom 29.1.2015).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Das LSG habe seine Entscheidung unter Bezugnahme auf zwei Gutachten getroffen, die den Anforderungen, welche das BSG bisher an sog Glaubhaftigkeitsgutachten in OEG-Verfahren gestellt habe, nicht entsprächen. Unter Vorlage einer ergänzenden schriftlichen Stellungnahme, Benennung eines weiteren Zeugen und Vorlage einer Urkunde rügt die Klägerin darüber hinaus, das LSG habe den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt und sie nicht zu vermeintlichen Widersprüchen (schriftlich) angehört. Es habe sie trotz fehlender finanzieller Mittel auch nicht persönlich zur mündlichen Verhandlung geladen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 29. Januar 2015 und das Urteil des SG Hildesheim vom 19. April 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 22. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2004 aufzuheben und
den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin eine Beschädigtenrente nach dem OEG iVm dem BVG zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen des LSG, die er für zutreffend hält.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG).
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 22.4.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.1.2004 und der Anspruch der Klägerin auf Beschädigtenrente nach den Vorschriften des OEG iVm dem BVG. Diesen verfolgt die Klägerin zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 und Abs 4, § 56 SGG; vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 9 V 1/14 R - BSGE ≪vorgesehen≫, SozR 4, Juris RdNr 12; BSG Urteil vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20), gerichtet auf den Erlass eines Grundurteils iS des § 130 Abs 1 SGG.
Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass die Klägerin ihre ursprüngliche kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage vor dem LSG auf eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage umgestellt hat. Hierin liegt mangels einer Änderung des Klagegrundes eine nach § 99 Abs 3 SGG uneingeschränkt zulässige Antragsänderung (vgl BSG Urteil vom 7.6.1979 - 12 RK 13/78 - BSGE 48, 195, 196 = SozR 2200 § 394 Nr 1 S 1 zum Übergang von der Leistungs- zur Feststellungsklage; BSG Urteil vom 12.8.2010 - B 3 KR 9/09 R - SozR 4-2500 § 125 Nr 6 zum Übergang von der Feststellungs- zur Leistungsklage).
Der beklagte Kommunalverband ist passiv legitimiert. Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass bereits während des Klageverfahrens ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes im Sinne einer Funktionsnachfolge stattgefunden hat. Denn durch das Sächsische Verwaltungsneuordnungsgesetz (SächsVwNG) vom 29.1.2008 (SächsGVBl Nr 3/2008, S 137 ff) und das Gesetz zur Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und weiterer sozialer Entschädigungsgesetze (SächsDGBVG) vom selben Tag ging die Zuständigkeit für die Gewährung der Leistungen nach dem OEG iVm dem BVG seit dem 1.8.2008 auf den Kommunalen Sozialverband S. über. Diese Verlagerung der Zuständigkeit für die Aufgaben der Opferentschädigung verstößt nicht gegen höherrangiges Bundesrecht, insbesondere nicht gegen Vorschriften des GG (vgl - zur ähnlichen Übertragung im Rahmen einer Funktionsnachfolge auf die kommunalen Landschaftsverbände in NRW - BSG Urteile vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20, SozR 4-3900 § 15 Nr 1 - Juris RdNr 23 und - B 9 V 3/12 R - Juris RdNr 23, jeweils unter Hinweis auf Urteile vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, RdNr 21 und - B 9 V 3/07 R - Juris RdNr 22; vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R - Juris RdNr 24; vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R - BSGE 104, 245 = SozR 4-3100 § 60 Nr 6, RdNr 26; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 99 RdNr 6a mwN). Diese Übertragung hat zur Folge, dass allein der im Laufe des Verfahrens zuständig gewordene Rechtsträger die von der Klägerin beanspruchte Leistung gewähren kann.
2. Die Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das LSG hat auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen, weil die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Beschädigtenrente nicht erfüllt (3.). Die tatsächlichen Feststellungen des LSG sind für das Revisionsgericht bindend (§ 163 SGG), denn sie halten einer revisionsrichterlichen Überprüfung stand. Die von der Klägerin gerügte Beweiswürdigung (4.) und Sachaufklärung (5.) sind - soweit revisionsrichterlich überprüfbar - nicht zu beanstanden, auch soweit die Klägerin im Revisionsverfahren ergänzend zu ihrem beruflichen Werdegang vorträgt, einen weiteren Zeugen benennt und zu Beweiszwecken eine Urkunde vorlegt.
3. Die Klägerin hat nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG keinen Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG.
a. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch aus einer auf dem Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) vor dem 3.10.1990 begangenen rechtswidrigen Tat ist § 1 iVm § 10a OEG. Nach § 1 Abs 1 S 1 OEG erhält Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, wer im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat (zu den allgemeinen Tatbestandsmerkmalen s auch BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R - Juris RdNr 27 mwN).
In Altfällen - also bei Schädigungen zwischen dem Inkrafttreten des GG (23.5.1949) und dem Inkrafttreten des OEG (16.5.1976) - müssen daneben noch die besonderen Voraussetzungen gemäß § 10 S 2 OEG iVm § 10a Abs 1 S 1 OEG erfüllt sein. Nach dieser Härteregelung erhalten Personen, die in der Zeit vom 23.5.1949 bis 15.5.1976 geschädigt worden sind, auf Antrag Versorgung, solange sie allein infolge dieser Schädigung schwerbeschädigt und bedürftig sind und im Geltungsbereich des OEG ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Seit dem Beitritt der ehemaligen DDR zur Bundesrepublik Deutschland gilt das OEG auch in den neuen Bundesländern. Bei Gewalttaten, die im Gebiet der ehemaligen DDR vor dem 3.10.1990 begangen worden sind, richtet sich der Anspruch auf Versorgung nach der Härtefallregelung des § 10a OEG. Danach erhalten auch Personen, die in dem in Art 3 des Vertrages zwischen der BRD und der DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) genannten Gebiet (den sog neuen Bundesländern) ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zum Zeitpunkt der Schädigung hatten, Versorgung nach Maßgabe des § 10a Abs 1 S 1 OEG, wenn die Schädigung in der Zeit vom 7.10.1949 bis zum 2.10.1990 in dem vorgenannten Gebiet eingetreten ist (§ 10 S 2 OEG).
b. Nach den Feststellungen des LSG liegen jedoch die Voraussetzungen für eine Versorgung nach dem OEG nicht vor, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 1 Abs 1 S 1 OEG nicht erfüllt sind.
Gemäß § 1 Abs 1 S 1 OEG (idF vom 11.5.1976, BGBl I 1181) erhält eine natürliche Person ("wer"), die im Geltungsbereich des OEG oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Die erlittene Schädigung muss keine physische Beeinträchtigung sein. Vielmehr sind auch psychische Gesundheitsschäden geeignet, einen Anspruch nach dem OEG zu begründen, jedoch müssen sie auf einen "tätlichen Angriff" zurückzuführen sein. Insoweit ist entscheidend, ob der Primärschaden und eventuelle Folgeschäden gerade die zurechenbare Folge einer körperlichen Gewaltanwendung gegen eine Person sind (BSG Urteil vom 16.12.2014 - B 9 V 1/13 R - BSGE 118, 63 = SozR 4-3800 § 1 Nr 21).
Die Klage ist unbegründet, weil ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff nicht nachgewiesen ist.
c. Der Senat hat für den Begriff "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich auf eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung abgestellt (BSG Urteil vom 16.12.2014 - B 9 V 1/13 R - aaO; Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25 mwN; Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - Juris RdNr 14 mwN). Dabei ist zwar einerseits die Rechtsfeindlichkeit entscheidend, die vor allem als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz verstanden wird; von subjektiven Merkmalen (wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht des Täters) hat sich die Auslegung insoweit mit Rücksicht auf den das OEG prägenden Gedanken des lückenlosen Opferschutzes weitestgehend gelöst (stRspr seit 1995; vgl hierzu BSG Urteile vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20, SozR 4-3900 § 15 Nr 1 - Juris RdNr 27 und - B 9 V 3/12 R - Juris RdNr 28, jeweils unter Hinweis auf BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 32 mwN). Andererseits genügt es nicht, dass die Tat gegen eine Norm des Strafgesetzes verstößt, denn die Verletzungshandlung im OEG ist nach dem Willen des Gesetzgebers eigenständig und ohne direkte Bezugnahme auf das StGB geregelt (vgl BT-Drucks 7/2506 S 10). Die Auslegung des Begriffs des "tätlichen Angriffs" orientiert sich jedoch an der im Strafrecht zu den §§ 113, 121 StGB gewonnenen Bedeutung (vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - aaO, RdNr 32 mwN). Wesentlich ist die grundlegende gesetzgeberische Entscheidung, dass durch die Verwendung des Begriffs des tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG der allgemeine Gewaltbegriff im strafrechtlichen Sinn begrenzt und grundsätzlich eine Kraftentfaltung gegen eine Person erforderlich sein soll (vgl BT-Drucks 7/2506 S 10).
Die von der Klägerin behaupteten Ereignisse im K.-Gefängnis in K. in der Zeit vom 9.1989 wären zwar grundsätzlich geeignet einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG darzustellen. Diese sind jedoch zur Überzeugung des LSG nicht glaubhaft.
d. Der Tatbestand des § 1 Abs 1 S 1 OEG besteht aus drei Merkmalen (vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff - sog schädigender Vorgang -, Schädigung und Schädigungsfolgen), die durch einen Ursachenzusammenhang (Kausalität) miteinander verbunden sind. Hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen kennt das OEG drei Beweismaßstäbe. Grundsätzlich bedürfen die drei Glieder der Kausalkette (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen) des Vollbeweises. Für die Kausalität selbst genügt die Wahrscheinlichkeit (§ 1 Abs 1 S 1 OEG iVm § 1 Abs 3 BVG). Nach Maßgabe des § 15 S 1 KOVVfG, der gemäß § 6 Abs 3 OEG anzuwenden ist, sind der Entscheidung hinsichtlich des schädigenden Vorgangs die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, zugrunde zu legen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind und wenn die Angaben des Antragstellers nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.
Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 128 RdNr 3b mwN). Das bedeutet, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können und verbleibende Restzweifel bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (BSG Urteile vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20, SozR 4-3900 § 15 Nr 1 - Juris RdNr 33 und - B 9 V 3/12 R - Juris RdNr 34; BSG Urteil vom 24.11.2010 - B 11 AL 35/09 R - Juris RdNr 21). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4; BSG Urteil vom 5.5.2009 - B 13 R 55/08 R - BSGE 103, 99, 104).
Eine Wahrscheinlichkeit iS des § 1 Abs 3 S 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 14 mwN). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein "deutliches" Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt (BSG Urteile vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20, SozR 4-3900 § 15 Nr 1 - Juris RdNr 34 und - B 9 V 3/12 R - Juris RdNr 35; aA Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 128 RdNr 3c).
Bei dem "Glaubhafterscheinen" iS des § 15 S 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BSG Urteile vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20, SozR 4-3900 § 15 Nr 1 - Juris RdNr 35 und - B 9 V 3/12 R - Juris RdNr 36), dh der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 14 f mwN). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, dh es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (BSG Urteile vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20, SozR 4-3900 § 15 Nr 1 - Juris RdNr 35 und - B 9 V 3/12 R - Juris RdNr 36), weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss eine den übrigen gegenüber ein gewisses (kein deutliches) Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Gericht ist allerdings im Einzelfall grundsätzlich darin frei, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung, § 128 Abs 1 S 1 SGG ; vgl BSG Urteile vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20, SozR 4-3900 § 15 Nr 1 - Juris RdNr 35 und - B 9 V 3/12 R - Juris RdNr 36; BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 15).
e. Die von der Klägerin behaupteten körperlichen Misshandlungen im K.-Gefängnis sind nicht nachgewiesen im Sinne einer Glaubhaftmachung. Das LSG ist auf Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen zu dem Ergebnis gekommen, dass unmittelbare Tatzeugen für die von der Klägerin behaupteten Ereignisse im K.-Gefängnis in der Zeit vom 9.1989 nicht vorhanden sind. Der von der Klägerin in erster Linie beschuldigte Vorgesetzte hat die Vorwürfe bestritten. Weitere Täter hat die Klägerin nicht namentlich benannt und konnten auch nicht ermittelt werden. Auch sind keine sonstigen Beweismittel (zB Urkundsbeweise, Zeugen) vorhanden, die das Vorbringen der Klägerin entweder stützen oder widerlegen könnten.
Auf Grundlage dieser Feststellungen durfte das LSG zu Recht die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG für anwendbar halten. Denn die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG ist auch dann anwendbar, wenn für den schädigenden Vorgang keine Zeugen vorhanden sind (vgl grundlegend BSG Urteil vom 31.5.1989 - 9 RVg 3/89 - BSGE 65, 123, 125 = SozR 1500 § 128 Nr 39 S 46; zuletzt BSG Urteile vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20, SozR 4-3900 § 15 Nr 1 - Juris RdNr 41 und - B 9 V 3/12 R - Juris RdNr 39). Nach dem Sinn und Zweck des § 15 S 1 KOVVfG sind damit nur Tatzeugen gemeint, die zu den zu beweisenden Tatsachen aus eigener Wahrnehmung Angaben machen können. Personen, die von ihrem gesetzlichen Zeugnisverweigerungsrecht (vgl §§ 383 ff ZPO ) Gebrauch gemacht haben, sind dabei nicht als Zeugen anzusehen. Entsprechendes gilt für eine als Täter in Betracht kommende Person, die eine schädigende Handlung bestreitet. Denn die Beweisnot des Opfers, auf die sich § 15 S 1 KOVVfG bezieht, ist in diesem Fall nicht geringer, als wenn der Täter unerkannt geblieben oder flüchtig ist. Die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG gelangt damit auch zur Anwendung, wenn sich die Aussagen des Opfers und des vermeintlichen Täters gegenüberstehen und Tatzeugen nicht vorhanden sind (vgl bereits BSG Beschluss vom 28.7.1999 - B 9 VG 6/99 B - Juris RdNr 6; BSG Urteile vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20, SozR 4-3900 § 15 Nr 1 - Juris RdNr 41 und - B 9 V 3/12 R - Juris RdNr 39).
Hiervon ausgehend hat das LSG jedoch die Angaben der Klägerin über einen körperlichen und sexuellen Missbrauch im K.-Gefängnis im September 1989 als nicht glaubhaft erachtet.
4. Diese Beurteilung hält einer revisionsrichterlichen Überprüfung stand. Die von der Klägerin gerügte Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) und Sachaufklärung (§§ 103, 106 SGG) durch das LSG sind nicht zu beanstanden.
Das Tatsachengericht entscheidet gemäß § 128 Abs 1 S 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; es ist in seiner Beweiswürdigung frei und lediglich an die Regeln der Logik und der Erfahrung gebunden. Das dem Gericht insofern eingeräumte Ermessen kann das Revisionsgericht nur begrenzt überprüfen. Die Grenzen der freien Beweiswürdigung sind erst überschritten, wenn das Tatsachengericht gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstößt, aber auch, wenn es das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend und umfassend berücksichtigt (stRspr; vgl etwa schon BSG Beschluss vom 8.7.1958 - 8 RV 1345/57 - SozR Nr 34 zu § 128 SGG; BSG Beschluss vom 15.8.1960 - 4 RJ 291/59 - SozR Nr 56 zu § 128 SGG; zuletzt auch BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 9 V 1/14 R - BSGE ≪vorgesehen≫, SozR 4-3800 § 1 Nr 22; BSG Urteil vom 11.8.2015 - B 9 SB 1/14 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 21 mwN).
Diese Grenzen hat das LSG eingehalten, es hat sich eingehend mit dem Sachverhalt, den Verfahrens- und den beigezogenen Akten, den Ergebnissen der vom SG eingeholten Sachverständigengutachten und den von ihm in den Rechtsstreit eingeführten Sachverständigengutachten aus anderen OEG-Verfahren auseinandergesetzt. Es hat das Gesamtergebnis des Verfahrens ausreichend und umfassend berücksichtigt und sich frei von Denkfehlern davon überzeugt, dass die Klägerin nicht nachweislich Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 OEG geworden ist. Dabei hat es die von ihm angewandte Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG rechtlich zutreffend erkannt. Die Einwände der Klägerin gegen die Verwertung der vom SG eingeholten Sachverständigengutachten greifen nicht durch.
a. Die Einholung und Berücksichtigung aussagepsychologischer Gutachten ist im sozialen Entschädigungsrecht zulässig nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze für die Einholung von Sachverständigengutachten (BSG Urteile vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20, SozR 4-3900 § 15 Nr 1 - Juris RdNr 44 und - B 9 V 3/12 R - Juris RdNr 42).
Auch spricht grundsätzlich nichts dagegen, dass ein Berufungsgericht nicht selbst ein aussagepsychologisches Gutachten über den Kläger bzw die Klägerin einholt, sondern für seine Entscheidung Glaubhaftigkeitsgutachten verwertet, welche die Vorinstanz - wie hier geschehen (§ 106 Abs 3 Nr 5 und § 109 Abs 1 S 1 SGG) - im Klageverfahren eingeholt hat. Liegen bereits Gutachten von ärztlichen Sachverständigen desselben Fachgebiets als Beweismittel vor, bedarf es unter Berücksichtigung des Grundsatzes der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) grundsätzlich keiner weiteren Sachaufklärung in dieser Richtung. Anders verhält es sich, wenn die vorliegenden Gutachten schwere Mängel aufweisen, in sich widersprüchlich sind, von unzutreffenden Voraussetzungen ausgehen oder Zweifel an der Sachkunde oder Sachlichkeit des Sachverständigen erwecken (vgl etwa BSG Beschluss vom 24.3.2005 - B 2 U 368/04 B - Juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 16.2.2012 - B 9 V 17/11 B - Juris RdNr 13 ) oder wenn wesentliche Veränderungen in dem bereits begutachteten Lebenssachverhalt eingetreten sind (zB Verschlimmerung von gesundheitlichen Leiden, vgl BSG Beschluss vom 24.4.2014 - B 13 R 325/13 B - Juris).
Für derartige Mängel oder Veränderungen liegen betreffend die Gutachten der Sachverständigen Sch. und Dr. St. keinerlei Anhaltspunkte vor. Insbesondere geht die Rüge der Klägerin, dass die Gutachten nicht verwertbar seien, weil das SG die Sachverständigen nicht auf den geltenden Beweismaßstab (§ 15 S 1 KOVVfG) hingewiesen und ihnen keine Angaben zur relativen Wahrscheinlichkeit eines Erlebnisbezuges abverlangt hat, ins Leere.
b. Allerdings hat der Senat einen Hinweis auf den nach § 15 S 1 KOVVfG geltenden Beweismaßstab gegenüber dem Sachverständigen in seinen Entscheidungen vom 17.4.2013 (B 9 V 1/12 R, B 9 V 3/12 R, s unten) für notwendig erachtet.
Aus dem Umstand, dass es im Rahmen des § 15 S 1 KOVVfG ausreicht, wenn die Möglichkeit, dass die Angaben des Antragstellers zutreffen, als die wahrscheinlichste angesehen werden kann, hat der Senat gefolgert, dass ein Gericht den Sachverständigen eines aussagepsychologischen Gutachtens auf den insoweit geltenden Beweismaßstab hinzuweisen und mit ihm zu klären hat, ob er sein Gutachten nach den insoweit maßgebenden Kriterien erstatten könne. Im Rahmen der Beweisfragen müsse darauf abgestellt werden, ob die Angaben mit relativer Wahrscheinlichkeit als erlebnisfundiert angesehen werden könnten. Der Senat ist insoweit davon ausgegangen, dass es erforderlich ist, dem Sachverständigen aufzugeben, solange systematisch und unvoreingenommen nach Fakten zu den verschiedenen Hypothesen zu suchen, bis sich ein möglichst klarer Unterschied in ihrer Geltungswahrscheinlichkeit bzw praktischen Gewissheit ergebe (BSG Urteile vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20, SozR 4-3900 § 15 Nr 1 - Juris RdNr 57 ff und - B 9 V 3/12 R - Juris RdNr 55 ff).
c. An diesem Erfordernis der Berücksichtigung des Beweismaßstabes nach § 15 S 1 KOVVfG bei der Erstellung eines aussagepsychologischen Gutachtens hält der Senat nach nochmaliger Überprüfung nicht mehr fest. In Verfahren über eine Gewaltopferentschädigung bedarf es keines besonderen Hinweises an den Sachverständigen auf den Beweismaßstab der Glaubhaftmachung.
Aussagepsychologische Gutachten können im Rahmen eines sozialgerichtlichen Verfahrens nach dem OEG - gleich wie in anderen Rechtsstreitigkeiten, in denen es wesentlich auf die Aussage eines Beteiligten oder Zeugen ankommt - von Bedeutung sein. Denn Gegenstand eines solchen Gutachtens ist die Beurteilung, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen, dh einem tatsächlichen Erleben der untersuchten Person entsprechen (vgl grundlegend BGH Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164, 167). Diese Frage stellt sich nicht nur in strafgerichtlichen Verfahren. Eine solche Beurteilung zählt an sich zu den ureigenen Aufgaben eines Tatrichters; sie gehört seit jeher zum Wesen richterlicher Rechtsfindung (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 16.12.2002 - 2 BvR 2099/01 - Juris RdNr 13). Daher kommt die Einholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens nur ausnahmsweise in Betracht (vgl BSG Urteile vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20, SozR 4-3900 § 15 Nr 1 - Juris RdNr 45 und - B 9 V 3/12 R - Juris RdNr 43, mit Verweis auf BGH Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164, 182; BGH Urteil vom 16.5.2002 - 1 StR 40/02 - Juris RdNr 22). Der Richter selbst hat bei der Beweiswürdigung Erfahrungsregeln zu beachten, die ua aus aussagepsychologischen Untersuchungen gewonnen wurden (BVerfG Stattgebender Kammerbeschluss vom 30.4.2003 - 2 BvR 2045/02 - NJW 2003, 2444 - Juris RdNr 37). Allerdings kann die Hinzuziehung eines aussagepsychologischen Sachverständigen insbesondere dann geboten sein, wenn die betreffenden Angaben das einzige das fragliche Geschehen belegende Beweismittel sind und Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie durch eine psychische Erkrankung der Auskunftsperson (Zeuge, Beteiligter) und deren Behandlung beeinflusst sein können (vgl dazu BSG Urteile vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20, SozR 4-3900 § 15 Nr 1 - Juris RdNr 45 und - B 9 V 3/12 R - Juris RdNr 43, mit Verweis auf BSG Beschluss vom 7.4.2011 - B 9 VG 15/10 B - Juris RdNr 6; Beschluss vom 24.5.2012 - B 9 V 4/12 B - SozR 4-1500 § 103 Nr 9 = Juris RdNr 22).
Damit ein aussagepsychologisches Gutachten im Rahmen eines sozialgerichtlichen Verfahrens nach dem OEG verwertet werden kann, muss es sachgerecht erstellt sein. Dies zu gewährleisten, ist in erster Linie Aufgabe des Tatrichters, beispielsweise durch die Wahl eines geeigneten Sachverständigen, durch die Formulierung der Beweisfragen und durch die Prüfung des erstellten Gutachtens. Soweit der Senat in seinen Entscheidungen vom 17.4.2013 (B 9 V 1/12 R, B 9 V 3/12 R) aber noch angenommen hat, dass es im Rahmen der Beweisanordnung eines gerichtlichen Hinweises an den Sachverständigen auf den Beweismaßstab des § 15 S 1 KOVVfG und der Klärung bedürfe, ob der Sachverständige sein Gutachten nach den insoweit maßgebenden Kriterien erstatten könne, wird diese Auffassung nicht aufrechterhalten.
Dies ist im Wesentlichen auf die Möglichkeiten und Grenzen einer aussagepsychologischen Begutachtung zurückzuführen. Die zugrunde liegenden Tatsachen können vom Senat als generelle Tatsachen (vgl hierzu zB BSGE 112, 257 - SozR 4-2500 § 137 Nr 2 RdNr 4 mwN; Heinz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 163 RdNr 20, 21) anhand der Darstellungen der Sachverständigen Prof. Dr. G. in den vom LSG in den Rechtsstreit eingeführten Gutachten selbst bewertet werden. Deren Expertise auf dem Gebiet der Glaubhaftigkeitsbegutachtung ist allgemein anerkannt und wird auch von den Beteiligten nicht in Frage gestellt. Die Glaubhaftigkeitsbegutachtung kann danach keine Angaben über die Faktizität eines Sachverhalts machen. Möglich ist lediglich herauszufinden, ob sich Aussagen auf Erlebtes beziehen, dh einen Erlebnishintergrund haben (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 27, 49; vgl auch BSG Urteile vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20, SozR 4-3900 § 15 Nr 1 - Juris RdNr 46 und - B 9 V 3/12 R - Juris RdNr 44). Die aussagepsychologische Glaubhaftigkeitsbegutachtung ist eine Methode zur Substantiierung des Erlebnisgehaltes einer Aussage. Im positiven Fall können aussagepsychologische Gutachten Zweifel an der Erlebnisbasis und Zuverlässigkeit einer konkreten Aussage zurückweisen. Dies geschieht durch die Bildung von Alternativhypothesen, dh Konkurrenzannahmen zur Erlebnishypothese, und deren Zurückweisung als unsubstantiiert. Aufgabe des aussagepsychologischen Sachverständigen ist es, auf den Einzelfall bezogene Alternativhypothesen zur Erlebnishypothese darzustellen und durch deren Prüfung erfahrungswissenschaftlich gestützte Feststellungen zu Erlebnishaltigkeit und Zuverlässigkeit von Sachverhaltskonstruktionen, die ein Zeuge oder ein Beteiligter vorträgt, zu treffen. Dadurch vermittelt er dem Gericht auf den Einzelfall bezogene wissenschaftliche Erkenntnisse und stellt diesem aufgrund von Befundtatsachen wissenschaftlich gestützte Schlussfolgerungen zur Verfügung (BSG Urteile vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20, SozR 4-3900 § 15 Nr 1 - Juris RdNr 46 und - B 9 V 3/12 R - Juris RdNr 44 mit Verweis auf Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 280 f).
Im Gegensatz dazu obliegt die anschließende umfassende rechtliche Würdigung dieser Feststellungen, Erkenntnisse und Schlussfolgerungen dem Gericht (so schon BSG Urteile vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20, SozR 4-3900 § 15 Nr 1 - Juris RdNr 46 und - B 9 V 3/12 R - Juris RdNr 44). Die Feststellung, ob die Aussage eines Gewaltopfers bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten relativ am wahrscheinlichsten ist, obliegt allein der richterlichen Beweiswürdigung. Insofern unterscheiden sich aussagepsychologische Glaubhaftigkeitsgutachten nicht von Sachverständigengutachten in anderen, zB medizinischen, Gebieten. Dort, wo dem Gericht eigene Sachkunde fehlt, zB bei der Feststellung einzelner Gesundheitsstörungen, zieht es ärztliches Fachwissen heran. Anschließend ist es grundsätzlich Aufgabe des Tatsachengerichts, ausgehend von einem bestimmten Rechtsstandpunkt eine Beweiswürdigung anhand der feststehenden, zB medizinischen, Tatsachen vorzunehmen (stRspr, vgl BSG Urteil vom 29.1.1956 - 2 RU 121/56 - BSGE 4, 147, 149 f; BSG Urteil vom 9.10.1987 - 9a RVs 5/86 - BSGE 62, 209, 212 ff = SozR 3870 § 3 Nr 26, S 83 f; BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 10; zuletzt BSG Beschluss vom 21.3.2016 - B 9 SB 81/15 B - Juris RdNr 6, RegNr 32076 - BSG-Intern).
Aus diesen Gründen bedarf es keines Hinweises des Gerichts an den aussagepsychologischen Sachverständigen auf den Beweismaßstab des § 15 S 1 KOVVfG. Aussagepsychologische Gutachten sind von ihrer Logik her nicht darauf ausgerichtet, die differentielle Wahrscheinlichkeit von alternativen Hypothesen zu prüfen (G., Gutachten idS L 10 VE 28/11, S 25 = Prozessakte S 948). Von einem aussagepsychologischen Sachverständigen dennoch eine derartige Prüfung zu verlangen, hieße, diesen in seiner Sachkompetenz zu überfordern. Vielmehr darf dieser nur beurteilen, ob aussagepsychologische Kriterien für oder gegen den Wahrheitsgehalt der Angaben Betroffener sprechen und/oder ob die Aussagen und Erklärungen möglicherweise trotz subjektiv wahrheitsgemäßer Angaben nicht auf eigenen tatsächlichen Erinnerungen der Betroffenen beruhen (BSG Urteile vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20, SozR 4-3900 § 15 Nr 1 - Juris RdNr 47 und - B 9 V 3/12 R - Juris RdNr 45 mit Verweis auf LSG NRW Urteil vom 28.11.2007 - L 10 VG 13/06 - Juris RdNr 25 aE). Die Würdigung der eingeholten Sachverständigengutachten - hier der auf den Einzelfall bezogenen wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Aussagetüchtigkeit der begutachteten Person sowie der Qualität und der Zuverlässigkeit ihrer Aussage - ist hingegen ureigene tatrichterliche Aufgabe (zu medizinischen Tatsachen vgl BSG Beschluss vom 11.3.2016 - B 9 V 3/16 B - Juris RdNr 6, RegNr 32065 - BSG-Intern). Selbst wenn ein Sachverständiger Vorschläge zur rechtlichen Bewertung der von ihm sachkundig festgestellten Tatsachen macht, sind die Gerichte an diese nicht gebunden(zu medizinischen Tatsachen vgl BSG Beschluss vom 21.3.2016 - B 9 SB 81/15 B - Juris RdNr 6, RegNr 32076 - BSG-Intern). Daher ist auch eine entsprechende Fragestellung im Rahmen der Beweisanordnung nicht erforderlich.
Zwar ist es möglich, dass sich im Rahmen der Glaubhaftigkeitsbegutachtung eine oder mehrere Konkurrenzannahmen zur Erlebnishypothese nicht zurückweisen lassen und (mindestens) ebenso wahrscheinlich sind wie ein Erlebnisbezug der Aussage. Weil aber aussagepsychologische Sachverständige keine relative Wahrscheinlichkeit der Aussagen feststellen (können), muss ein für die Auskunftsperson ungünstiges Ergebnis eines Glaubhaftigkeitsgutachtens (dh Zweifel am Erlebnisbezug der Aussage können nicht ausgeschlossen werden) nicht bedeuten, dass die betreffenden Angaben nicht iS des § 15 S 1 KOVVfG als glaubhaft erscheinen können. Diesen Unterschied im Rahmen der Beweiswürdigung zu beachten, ist richterliche Aufgabe.
Vor diesem Hintergrund ist es unschädlich, dass das SG die Sachverständigen S. und Dr. St. nicht auf den § 15 S 1 KOVVfG hingewiesen und das LSG kein weiteres aussagepsychologisches Gutachten über die Klägerin eingeholt hat. Dies gilt auch in Ansehung der sinngemäßen Rüge der Klägerin, dass die vom SG beauftragten Sachverständigen keine Angaben dazu gemacht haben, ob ihre Angaben mit relativer Wahrscheinlichkeit als erlebnisfundiert angesehen werden können, obwohl dies "einem Psychologen aufgrund seiner Qualifikation und seiner Erfahrung möglich sein" müsse. Entgegen dem Revisionsvorbringen ist insoweit - wie oben ausgeführt - zu unterscheiden zwischen der Begutachtung zum Zwecke der Beweiserhebung einerseits und der richterlichen Beweiswürdigung andererseits.
d. Schließlich hat das LSG auch den von § 15 S 1 KOVVfG eröffneten Beweismaßstab der Glaubhaftmachung nicht verkannt. Das LSG hat sich bei seiner Verneinung einer Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin nach § 15 S 1 KOVVfG zwar auch auf die aussagepsychologischen Gutachten der Sachverständigen Sch. und Dr. St. gestützt. Beiden Gutachten kam der bzw die jeweilige Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Nullhypothese des fehlenden Erlebnisbezuges nicht zurückgewiesen werden konnte, dh dass die Klägerin die Angaben in Bezug auf den vorgetragenen sexuellen Missbrauch im K.-Gefängnis auch ohne einen Erlebnisbezug berichten könne. Jedoch hat das LSG das Ergebnis der aussagepsychologischen Gutachten in seiner Entscheidung nicht unkritisch übernommen und seine eigene Beurteilung der Aussagen der Klägerin im Rahmen der aussagepsychologischen Begutachtungen in der Zusammenschau mit dem übrigen Akteninhalt zum Kern seiner Entscheidung gemacht. Das LSG hat seine Überzeugung, dass die Behauptung der Klägerin, sie sei im September 1989 im K.-Gefängnis sexuell missbraucht und gefoltert worden, nicht glaubhaft sei, auf "seine eigene Überzeugung" gestützt, die es sich "aus den gesamten vorliegenden Unterlagen gebildet hat sowie ergänzend auf die Ausführungen der Sachverständigen Dipl.-Psych. Sch. in ihrem Gutachten vom 12. Mai 2010 und Dr. St. vom 31.12.2012" (s S 18 f des Urteils). Folglich hat das LSG seine Auffassung von der fehlenden Glaubhaftigkeit der Behauptungen der Klägerin nicht allein auf Grundlage der Ergebnisse der beiden aussagepsychologischen Gutachten über die Klägerin gebildet, sondern hat eine freie und umfassende Beweiswürdigung vorgenommen.
5. Soweit die Klägerin eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§§ 103, 106 SGG) des LSG darin sieht, dass dieses sie zur Widersprüchlichkeit ihrer Angaben weder schriftlich angehört noch zur mündlichen Verhandlung persönlich geladen habe, dringt sie damit nicht durch. Eine Verletzung der §§ 103, 106 SGG liegt nur vor, wenn das Tatsachengericht Ermittlungen unterlässt, obwohl es sich ausgehend von seiner Rechtsauffassung zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (stRspr vgl zB BSG Urteil vom 10.6.1975 - 9 RV 124/74 - BSGE 40, 49 = SozR 3100 § 30 Nr 7). Daran fehlt es hier. Das LSG durfte insbesondere die Feststellungen aus dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren zum beruflichen Werdegang der Klägerin übernehmen (vgl BSG Urteil vom 22.6.1988 - 9/9a RVg 3/87 - BSGE 63, 270, 273 = SozR 1500 § 128 SGG Nr 34, S 31). Selbst wenn diese Wiedergabe ungenau oder in Teilen unzutreffend sein sollte, hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt, inwiefern die Entscheidung des LSG darauf - revisionsrechtlich relevant - beruhen sollte. Das Vorbringen der Klägerin im Zusammenhang mit ihrem beruflichen Werdegang stellt allenfalls ein von den tatsächlichen Feststellungen des LSG abweichendes tatsächliches Vorbringen dar, nicht aber eine durchgreifende Verfahrensrüge. Abweichenden Sachvortrag in der Revisionsinstanz kann der Senat nicht berücksichtigen (BSG Urteil vom 25.4.2002 - B 11 AL 89/01 R - BSGE 89, 250, 252 = SozR 3-4100 § 119 Nr 24; Urteil vom 11.3.1970 - 3 RK 25/67 - BSGE 31, 63, 65 = SozR Nr 17 zu § 3 AVG). Nichts anderes gilt hinsichtlich der dem LSG im Übrigen zahlreich vorliegenden aktenkundigen Aussagen der Klägerin aus den Jahren seit 1997 gegenüber verschiedenen Ärzten, Behörden und Gerichten, die sowohl voneinander als auch von den Inhalten der aktenkundigen Urkunden abweichen. Soweit die Klägerin einen weiteren Zeugen benennt und zu Beweiszwecken eine Urkunde vorlegt, musste der Senat dies auch nicht ausnahmsweise berücksichtigen, etwa zur Vermeidung eines Wiederaufnahmeverfahrens (vgl BSGE 18, 186 = SozR Nr 6 zu § 179 SGG).
Soweit die Klägerin sinngemäß eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör darin sehen sollte, dass das LSG sie zur Widersprüchlichkeit ihrer Angaben weder schriftlich angehört noch zur mündlichen Verhandlung persönlich geladen habe, so dringt sie auch hiermit nicht durch. Der in §§ 62, 128 Abs 2 SGG konkretisierte Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 101 Abs 1 GG) soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht haben äußern können (vgl BSG Urteil vom 23.5.1996 - 13 RJ 75/95 - SozR 3-1500 § 62 Nr 12; BVerfG Beschluss vom 29.5.1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188, 190), und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen miteinbezogen wird (BVerfG Beschluss vom 19.7.1967 - 2 BvR 639/66 - BVerfGE 22, 267, 274; BVerfG Urteil vom 8.7.1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205, 216 f). In diesem Rahmen besteht jedoch keine allgemeine Aufklärungspflicht des Gerichts über die Rechtslage (BSG Urteil vom 16.3.2016 - B 9 V 6/15 R - vorgesehen für SozR 4). Auch besteht weder eine Pflicht des Gerichts, bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage im Rahmen der mündlichen Verhandlung bereits die endgültige Beweiswürdigung darzulegen, noch dies bereits vor der mündlichen Verhandlung im Rahmen eines richterlichen Hinweises zu tun. Denn das Gericht kann und darf das Ergebnis der Entscheidung, die in seiner nachfolgenden Beratung erst gefunden werden soll, nicht vorwegnehmen (BSG Urteil vom 16.3.2016, aaO). Angesichts der bereits lange vorliegenden Gutachten wie auch des Inhalts des Widerspruchsbescheides und des Urteils des SG musste die Klägerin damit rechnen, dass das LSG ihre Aussagen als widersprüchlich bewerten und ihren Anspruch verneinen würde.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 10484682 |
BSGE 2018, 218 |