Beteiligte
Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagter |
Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I
Der Rechtsstreit betrifft Arbeitslosengeld (Alg).
Der 1919 geborene Kläger war von 1936 bis 1945 und von 1951 bis 1977 bei der Firma H… (H.), vormals N… und K… GmbH, in K… beschäftigt, und zwar zuletzt als Revisor. Gemäß § 12 a Nr. 6 Abs. 1 des Manteltarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer der Metallindustrie in Schleswig-Holstein i.d.F. vom 1. April 1976, dem das Arbeitsverhältnis unterlag, konnte dem Kläger bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres nur noch aus wichtigem Grunde (§ 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) gekündigt werden. Durch Vereinbarung vom 24. Oktober 1977 wurde das Arbeitsverhältnis wegen Arbeitsmangels zum 31. Dezember 1977 aufgelöst; der Kläger erhielt eine Abfindung von 13.000,-- DM.
Er meldete sich am 2. Januar 1978 arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte verfügte am 25. Januar 1978 für den Kläger Alg ab 8. März 1978 für 300 Wochentage. Durch Bescheid vom 2. Februar 1978 stellte die Beklagte für die Zeit vom 1. bis 14. Januar 1978 eine Sperrzeit fest und hob für die Dauer der Sperrzeit die Alg-Bewilligung auf, da der Kläger ohne wichtigen Mund sein Arbeitsverhältnis gelöst habe. Mit einem weiteren Bescheid vom gleichen Tage teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß der Anspruch auf Alg vom 1. Januar bis 7. März 1978 wegen Anrechnung der Abfindung ruhe. Den Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15. März 1978 zurück.
Das Sozialgericht (SG) hat durch Urteil vom 4. September 1978 den Sperrbescheid aufgehoben, insoweit den Widerspruchsbescheid geändert und im übrigen die Klage abgewiesen. Die vom SG zugelassenen Berufungen des Klägers und der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 27. Juni 1979 zurückgewiesen, nachdem die Beklagte sich verpflichtet hatte, das Alg schon ab 6. März 1978 zu zahlen.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, eine Sperrzeit sei nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) nicht eingetreten. Der Kläger habe zwar sein Arbeitsverhältnis gelöst und hierdurch vorsätzlich, zumindest grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Er habe gewußt, bzw. habe es sich ihm angesichts seines Alters aufdrängen müssen, daß es ihm nicht ohne zeitliche Verzögerung gelingen werde, einen anderen Arbeitsplatz zu finden, obwohl er ohne die Vereinbarung seine Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis behalten hätte; ohne die Vereinbarung wäre der Arbeitgeber weder sofort in Konkurs geraten noch zahlungsunfähig geworden. Jedoch habe dem Kläger ein wichtiger Grund zur Seite gestanden, weil der Arbeitgeber Ende 1977 kurzfristig etwa 400 Arbeitnehmer habe entlassen müssen, um die Firma zu erhalten. Wäre der Kläger nicht ausgeschieden, wäre ein anderer Arbeitnehmer arbeitslos geworden. Zwar sei einzuräumen, daß dieser Arbeitnehmer möglicherweise jünger und besser zu vermitteln gewesen sei. Um den Betrieb konkurrenzfähig und damit im Interesse der Beklagten auch eine Vielzahl von Arbeitsplätzen zu erhalten, habe einer weiteren Überalterung der Belegschaft entgegengewirkt werden müssen, was Anlaß für die Angebote an ältere Arbeitnehmer gewesen sei. Diese Interessen habe der Kläger durch sein Verhalten unterstützt. Ob der Kläger subjektiv unter Druck gestanden habe, sei gleichgültig; es reiche aus, daß der wichtige Grund objektiv gegeben sei; eine Kenntnis des Klägers sei nicht erforderlich. Eine Sperrzeit sei auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil der Kläger das Risiko für die Versichertengemeinschaft praktisch nicht erhöht habe. Allerdings ruhe das Alg des Klägers gemäß § 117 Abs. 2 und 3 AFG i.d.F. des 4. Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes (4. ÄndG-AFG) vom 12. Dezember 1977 (BGBl. I 2557) bis zum 5. März 1978. Der Kläger habe das ihm nicht kündbare Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet und habe wegen der Beendigung die Abfindung erhalten. Die Abfindung habe ihren Rechtsgrund in der Vereinbarung; zwischen der Auflösung des Arbeitsverhältnisses und der Abfindung bestehe ein Verhältnis der Gegenseitigkeit. Dies folge auch aus den Aussagen, die die Zeugen N… und S… gemacht hätten, und der dem LSG erteilten Auskunft der Firma H… im Rechtsstreit L 1 Ar 93/78. Den "sozialen Anteil" der Abfindung errechne das Gesetz, das auch bei unkündbaren Arbeitsverhältnissen gelte, pauschal. Nach den Berechnungsvorschriften des § 117 Abs. 3 AFG seien mit Rücksicht auf das Alter des Klägers und seine Betriebszugehörigkeit lediglich 30 vom Hundert der Abfindung, d.h. 3.900.-- DM anrechnungsfähig. Im November 1977 habe der Kläger 1.820,87 DM verdient; auf den Kalendertag entfielen somit 60,69 DM (= 1.820,87 DM : 30 Kalendertage). Der Alg-Anspruch ruhe mithin für 64 Kalendertage (= 3.900,-- DM : 60,69 DM), d.h. bis zum 5. März 1978. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden gegen die Neuregelung nicht; sie berücksichtige, daß die Abfindung auch eine soziale Entschädigung enthalte.
Gegen dieses Urteil haben Kläger und Beklagte Revision eingelegt.
Der Kläger rügt Verstöße gegen Art. 3 Abs. 1, 14 und 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG), gegen § 117 AFG und § 128 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und bringt hierzu insbesondere vor: Die Neufassung des § 117 AFG verstoße gegen das Grundgesetz. Die im Gesetz vorgenommene Typisierung lasse entgegen Art. 3 Abs. 1 GG die Abfindung von der Anrechnung nicht frei, wenn die Abfindung ganz oder überwiegend eine Entschädigung für den sozialen Besitzstand darstelle, wie das beim Kläger der Fall sei. Der Gesetzgeber habe zu weitgehend auf das in der Abfindung enthaltene Element des Arbeitsentgelts abgestellt, so daß gerade Arbeitnehmer, für die die in der Abfindung enthaltene Entschädigung für den Verlust ihres sozialen Besitzstandes wirtschaftlich besonders bedeutend sei, gezwungen seien, diesen Teil der Abfindung aufzuzehren. Das verstoße gegen Art. 20 Abs. 1 GG. Schließlich verstoße § 117 AFG gegen Art. 14 GG, weil dem Kläger die Erfüllung seines durch Beiträge erworbenen Anspruchs auf Alg teilweise versagt bleibe. Den § 117 AFG habe das LSG verletzt, weil es lediglich einen Zusammenhang zwischen Abfindung und Auflösung des Arbeitsvertrages verlange, ohne zu berücksichtigen, ob die Abfindung objektiv einen sozialen Bestandteil enthalte; statt dessen habe das LSG auf die subjektive Auffassung der Zeugen abgestellt. Im übrigen ergebe die Aussage des Zeugen S… , daß der Kläger nur den Teil des Arbeitsentgelts erhalten habe, den das Alg nicht abgedeckt habe. Das LSG habe nicht konkret auf den Fall abgestellt. Schließlich sei zu rügen, daß das LSG die Aussage des Zeugen N… aus einem anderen Verfahren verwertet habe; zu dieser Aussage habe sich der Kläger nicht äußern können. Den Zeugen S… habe das LSG nicht konkret zum Fall des Klägers vernommen. Der Wortlaut seiner Aussage in der Sache S 5 Ar 108/78 sei nicht in das Verfahren eingeführt worden.
Der Kläger beantragt, auf seine Revision die Urteile des LSG und des SG abzuändern und seiner Klage in vollem Umfang stattzugeben.
Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen und auf ihre Revision die Urteile des LSG und des SG abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Beklagte rügt mit ihrer Revision eine Verletzung des § 119 Abs. 1 Nr. 1 AFG und trägt hierzu im wesentlichen vor: Im Rahmen dieser Vorschrift komme eine wesentliche Interessengleichheit von Arbeitslosen und Versichertengemeinschaft nicht in Betracht. Zu Unrecht, beziehe das LSG die Interessen des Betriebes und anderer Arbeitnehmer in die Abwägung ein. Der Verzicht auf den Kündigungsschutz laufe den Interessen der Versichertengemeinschaft stets zuwider und sei leistungsrechtlich nur unter dem Gesichtspunkt der individuellen Unzumutbarkeit eines anderen Verhaltens unschädlich. Andernfalls könne jeder Arbeitnehmer geltend machen, seine Arbeitsaufgabe habe der Sicherung des Betriebes gedient bzw. sein aufgegebener Arbeitsplatz könne mit einem leistungsfähigeren Arbeitnehmer besetzt werden. Der § 119 Abs. 1 Nr. 1 AFG wäre bei vertraglicher Lösung praktisch nicht mehr anwendbar, zumal da die wirtschaftliche Situation eines Betriebes schwer zu erkennen sei. So sei z.B. der Personalbestand der Firma von 1.661 (Juli 1977) auf 1.249 im April 1978 abgesunken, habe aber im Sommer 1979 wieder 1.350 betragen. Über eine - begrenzte - Interessenabwägung hinaus müsse die Frage der Zumutbarkeit individuell beantwortet werden. Hierzu fehle es an den erforderlichen Feststellungen. Die Revision des Klägers sei dagegen unbegründet. Der § 117 Abs. 2 und 3 AFG sei, wie das Bundessozialgericht (BSG) schon entschieden habe, verfassungsgemäß. Auch Zuwendungen aus sozialen Gründen seien zu berücksichtigen, wenn sie mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang stünden. Deshalb könne dahingestellt bleiben, ob ein Verstoß gegen § 128 SGG vorliege. Bei einer Anhörung des Klägers hätten die vom LSG verwendeten Beweismittel nicht zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung führen können. Das Urteil des LSG beruhe daher nicht auf der Versagung des rechtlichen Gehörs.
II
Die Revisionen der Beteiligten sind unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Anspruch des Klägers auf Alg nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses bei der Firma H. mit Ablauf des 31. Dezember 1977. Zu Recht hat das LSG entschieden, daß ein solcher Anspruch bis Zum 5. März 1978 nicht auszahlbar ist, weil er wegen der Abfindung von 13.000,-- DM in der Zeit vom 1. Januar bis 5. März 1978 ruht.
Ob ein Anspruch des Klägers auf Alg wegen der Abfindung ruht, richtet sich nach § 117 Abs. 2 AFG i.d.F. des Art. 1 Nr. 9 Buchst a des 4. ÄndG-AFG. Der § 117 Abs. 2 AFG n.F. findet Anwendung, wenn, wie das hier schon wegen der Antragstellung am 2. Januar 1978 der Fall gewesen ist, der Anspruch auf Alg nicht vor Inkrafttreten des 4. ÄndG-AFG am 1. Januar 1978 (Art. 8 Satz 1 4. ÄndG-AFG) entstanden ist; für vorher entstandene Ansprüche bleibt nämlich § 117 Abs. 2 AFG a.F. nach Maßgabe des § 117 Abs. 3 AFG n.F. anwendbar (Art. 6 Nr. 3 Satz 2 4. ÄndG-AFG). Der Umfang des Ruhens richtet sich nach § 117 Abs. 3 AFG i.d.F. des Art. 1 Nr. 9 Buchst b, 4. ÄndG-AFG; diese Änderung des § 117 AFG ist schon mit Wirkung vom 12. Mai 1976 in Kraft getreten (Art. 8 Satz 2, 4. ÄndG-AFG).
Die somit anzuwendende Neufassung des § 117 Abs. 2 und Abs. 3 AFG entspricht Art. 3 GG und trägt, wie der Senat schon entschieden hat (BSGE 46, 20, 25 f. = SozR 4100 § 117 Nr. 2), den Bedenken Rechnung, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gegen § 117 Abs. 2 und Abs. 3 AFG a.F. hatte (vgl. BVerfGE 42,176 = SozR 4100 § 117 Nr. 1). Weder die Einwände der Revision noch die Lage älterer unkündbarer Arbeitnehmer geben Veranlassung zu einer anderen Beurteilung.
Der § 117 AFG beruht auf der Erwägung, daß der Arbeitslose nicht der Leistungen der Versichertengemeinschaft bedarf, solange er keinen Lohnausfall hat. Daher ruht ein Anspruch auf Alg für die Zeit, für die der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat (§ 117 Abs. 1 AFG). Ebenso bedarf der Arbeitslose keines Alg, soweit er bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Entschädigung für den Lohnausfall erhält. Dies gilt, wie selbstverständlich ist, auch für Lohnausfallentschädigungen, die Arbeitnehmer erhalten, denen - wie dem Kläger - bis zur Vollendung ihres 65. Lebensjahres nur noch aus wichtigem Grunde gekündigt werden kann. Die Ruhensvorschrift des § 117 Abs. 2 und 3 AFG, die durch eine unwiderlegbare Vermutung, daß die wegen vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährten Abfindungen, Entschädigungen und ähnlichen Leistungen in einem bestimmten, nach Maßgabe von Alter und Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers pauschalierten Umfange auch Arbeitsentgelt enthalten, dieses Entgelt zu erfassen sucht (BSG SozR 4100 § 117 Nr. 3; Schoenefelder/Kranz/Wanka, AFG, § 117 Rd.Nr. 12, Juni 1978), betrifft sachgerecht auch Abfindungen, die wegen vorzeitiger Beendigung der Arbeitsverhältnisse älterer unkündbarer Arbeitnehmer gewährt werden. Daß Abfindungen bei nicht vorzeitiger Beendigung von Arbeitsverhältnissen nicht zum Ruhen des Alg führen, ist nicht zu beanstanden. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet dem Gesetzgeber nicht, zwischen Abfindungen bei vorzeitiger und bei regelrechter Beendigung von Arbeitsverhältnissen zu differenzieren; denn bei der Bemessung von Abfindungen vorzeitig ausscheidender Arbeitnehmer hat das Element des ausfallenden Arbeitslohns in aller Regel eine höhere Bedeutung (BVerfGE 42, 176, 184 f.). Der Gesetzgeber darf zur Heranziehung des in Abfindungen bei vorzeitiger Beendigung enthaltenen Lohnes auch Typisierungen vornehmen. Allerdings darf die Typisierung nicht so weit gehen, daß dadurch eine große Zahl der Fälle unter Verstoß gegen den Grundsatz, daß Gleiches gleich zu behandeln ist, ungerecht betroffen wird. Das ist jedoch nicht mehr der Fall. Gemäß § 117 Abs. 3 Satz 1 AFG ruht der Anspruch auf Alg längstens 6 Monate und gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AFG nicht über den Tag hinaus, bis zu dem der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Beschäftigungszeit verdienten Arbeitsentgelt einen Betrag in Höhe von 70 vom Hundert der Abfindung als Arbeitsentgelt verdient hätte; 30 vom Hundert der Abfindung bleiben dem Arbeitnehmer für den Verlust des sozialen Besitzstandes immer belassen. Der nach § 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AFG als Arbeitsentgelt zu berücksichtigende Anteil der Abfindung vermindert sich sowohl für je 5 Jahre des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb als auch für je 5 Lebensjahre nach Vollendung des 35. Lebensjahres um je 5 vom Hundert, beträgt jedoch nicht weniger als 30 vom Hundert (§ 117 Abs. 3 Satz 3 AFG). Mit dieser Erhöhung des sozialen Anteils berücksichtigt das Gesetz, daß der Teil der Abfindung, der für die Entschädigung sozialer Besitzstände gedacht ist, höher zu sein pflegt, je länger sich der Arbeitnehmer um den Betrieb verdient gemacht hat oder infolge höheren Alters durch ein Ausscheiden aus dem Betrieb stärker belastet wird (vgl. Begründung zu Art. 1 Nr. 8 des Regierungsentwurfs des 4. ÄndG-AFG, BT-Drucks. 8/857 S. 9). Damit hat der Gesetzgeber nicht nur innerhalb der Abfindungen, die zum Ruhen des Alg führen, differenziert, sondern auch die nicht hinnehmbare Ungleichbehandlung vermieden, daß Abfindungen nach nicht vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses in keinem Falle zum Ruhen des Alg führen, während andere Abfindungen gegebenenfalls in vollem Umfange verzehrt werden müssen, bevor das Alg zur Auszahlung kommt.
Der Ansicht der Revision des Klägers, die Typisierung sei nach Art. 3 Abs. 1 GG nur zulässig, wenn sie vorsehe, daß unter bestimmten Voraussetzungen die Abfindung nicht anzurechnen sei, folgt der Senat nicht. Der Kläger übersieht dabei im übrigen die Begrenzung des Ruhens durch § 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AFG. Nach dieser Vorschrift ruht das Alg nicht über den Tag hinaus, an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können. Dieser Vorschrift liegt die Erwägung zugrunde, daß bei Vorliegen eines Rechts zur außerordentlichen Kündigung eine dennoch gezahlte Abfindung allein der Entschädigung für den sozialen Besitzstand dient (vgl. Begründung zu Art. 1 Nr. 8 des Regierungs-Entwurfs des 4. ÄndG-AFG, BT-Drucks. 8/857 S. 9). Damit bleibt eine Abfindung trotz vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses von jeglicher Anrechnung frei, wenn das Arbeitsverhältnis zu einem Zeitpunkt beendet wird, zu dem eine außerordentliche Kündigung hätte wirksam werden können.
Zu Unrecht rügt die Revision des Klägers ferner eine Verletzung des Sozialstaatsgebots (Art. 20 Abs. 1 GG). Die Ausgestaltung des Sozialstaats obliegt im wesentlichen dem Gesetzgeber (BVerfGE 1, 97, 105; 89 274, 329; 36, 73, 84); dessen Entscheidungsfreiheit ist lediglich insoweit eingeschränkt, als die Entscheidung den Anforderungen sozialer Gerechtigkeit genügen muß (BVerfGE 40, 121, 133 f.; BSGE 43, 128, 133 f. m.w.N.); ein Anspruch auf eine bestimmte Regelung besteht nicht.
Das höhere Alter und die längere Betriebszugehörigkeit, die in vielen Fällen zur Unkündbarkeit führen, berücksichtigt § 117 Abs. 3 Satz 3 AFG; dem Sozialstaatsgrundsatz kann nicht entnommen werden, daß der soziale Anteil der Entschädigung höher anzusetzen ist, als dies im Gesetz geschehen ist.
Daß zur Berechnung der Ruhensfrist nach § 117 Abs. 2 AFG unkündbaren Arbeitnehmern im allgemeinen eine "Kündigungsfrist" von einem Jahr zugeordnet wird (§ 117 Abs. 2 Satz 3 AFG), wirkt sich für diese Arbeitnehmergruppe nachteilig aus, ist aber sachgerecht. Die Bestimmung der Ruhensfrist anhand der Kündigungsfrist berücksichtigt, daß der Anteil der Abfindung, der Entgeltcharakter hat, mit der Zeit wächst, für die der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis einseitig nicht zu lösen vermag (vgl. Begründung zu Art. 1 Nr. 8 des Regierungs-Entwurfs des 4. ÄndG-AFG, BT-Drucks. 8/857 S. 9). Die Zuordnung der einjährigen "Kündigungsfrist" für unkündbare Arbeitnehmer stellt keine Benachteiligung, sondern im allgemeinen eine Vergünstigung dar. Sie läßt nämlich eine voraussichtliche längere Dauer des Arbeitsverhältnisses in allen Fällen außer Betracht und ermöglicht den Arbeitsvertragsparteien durch frühzeitige Vereinbarung der Beendigung eines vom Arbeitgeber nicht kündbaren Arbeitsverhältnisses die Gewährung einer anrechnungsfreien Abfindung.
Auch im Hinblick auf Betriebsstillegungen und Betriebseinschränkungen ist die Regelung nicht zu beanstanden. Die Stillegung eines Betriebes kann, je nach Abwägung der für den Einzelfall in Betracht kommenden Umstände, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen, wenn das Arbeitsverhältnis einer ordentlichen Kündigung nicht mehr unterliegt (BAGE 5, 20 = NJW 1958, 316 = AP § 626 BGB Nr. 16 mit Anmerkung Hueck; vgl. für Dienstverträge BGH UPM 1975, 761; allgemein Becker u.a., Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz u.s.w., 1981, § 626 BGB Rd.Nrn. 120 ff., 202 ff., 313; Wenk, Betrieb 1977, 676). Gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AFG führt die bei einer Betriebsstillegung unkündbaren Arbeitnehmern gewährte Abfindung nicht zum Ruhen des Alg, wenn das Arbeitsverhältnis zu einem Zeitpunkt, zu dem eine außerordentliche Kündigung hätte wirksam werden können, beendet wird. Geben die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, wie das im allgemeinen der Fall ist (vgl. Becker a.a.O.; ferner BSG SozR 4100 § 170 Nr. 3 m.w.N.), keinen wichtigen Mund ab, den unkündbaren Arbeitnehmern außerordentlich zu kündigen, läßt sich der Arbeitnehmer dennoch auf eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen eine Abfindung ein, ist die vom Gesetz vorgenommene Gleichstellung mit dem Arbeitnehmer, dessen Kündigungsfrist ein Jahr beträgt, angemessen.
Die Ruhensregelung entzieht dem Versicherten nicht den Anspruch auf Alg, sondern bestimmt im Zusammenhang mit anderen Vorschriften erst den Eintritt der Versicherungsleistungen. Folgerichtig vermindert sich die mögliche Bezugszeit des Alg nicht um die Ruhenszeit; findet der Arbeitslose während der Ruhenszeit eine neue Arbeit, bleibt ihm die erworbene Anwartschaft ungeschmälert erhalten. Die Ruhensregelung bestimmt daher lediglich Inhalt und Schranken des Alg-Anspruchs; entgegen der Ansicht der Revision des Klägers enthält sie keine Enteignung.
Es ist daher daran festzuhalten, daß die anzuwendende Neufassung des § 117 Abs. 2 und 3 AFG verfassungsrechtlich unbedenklich ist.
Nach § 117 Abs. 2 Satz 1 AFG ruht der Anspruch auf Alg, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten oder zu beanspruchen hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist. Zutreffend hat das LSG das Vorliegen dieser Voraussetzungen bejaht. Nach § 117 Abs. 2 Satz 3 AFG gilt, wenn die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen ist, bei zeitlich unbegrenztem Ausschluß eine Kündigungsfrist von einem Jahr, im übrigen die Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluß der ordentlichen Kündigung maßgebend gewesen wäre. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ließe sich zwar der Standpunkt rechtfertigen, daß im Falle des Klägers der Ausschluß jeglicher ordentlicher Kündigung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der Beschränkung des Ausschlusses bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nicht zeitlich unbegrenzt war, so daß - auch vor Vollendung des 65. Lebensjahres - diejenige Frist als Kündigungsfrist anzusetzen wäre, die ohne Ausschluß der ordentlichen Kündigung maßgebend gewesen wäre. Jedoch wird eine solche Auslegung dem Anliegen des § 117 Abs. 2 Satz 3 AFG nicht gerecht. Die Frist von einem Jahr sollte den Arbeitnehmern zugeordnet werden, deren ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist, während bei nur vorübergehendem Ausschluß der ordentlichen Kündigung die Frist maßgebend sein sollte, die ohne den Ausschluß gegolten hätte (vgl. Begründung zu Art. 1 Nr. 8 des Regierungsentwurfs des 4. ÄndG-AFG, BT-Drucks. 8/857, S. 9). Zeitlich unbegrenzt ist daher im Sinne von "nicht nur vorübergehend", und zwar bezogen auf das Arbeitsleben zu verstehen; denn wer das 65. Lebensjahr vollendet hat, hat vom Beginn des folgenden Monats an keinen Anspruch auf Alg (§ 100 Abs. 2 AFG). Für das Ruhen des Alg-Anspruchs kam daher nur von Bedeutung sein, ob einem Arbeitnehmer bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres ordentlich gekündigt werden kann. Danach war im Falle des Klägers die ordentliche Kündigung zeitlich unbegrenzt im Sinne des § 117 Abs. 2 Satz 3 AFG ausgeschlossen; denn es ist offensichtlich, daß der Tarifvertrag die Kündigung der Arbeitsverhältnisse bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsleben ausschließen sollte. Der Ruhensberechnung ist daher die einjährige Frist zugrunde zu legen, die von dem Tage des Aufhebungsvertrages an rechnet. Da das Arbeitsverhältnis durch Vereinbarung vom 24. Oktober 1977 aufgelöst worden ist, lief die Jahresfrist bis zum 24. Oktober 1978. Eine Abfindung wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewirkt daher, vorbehaltlich der Anwendung des § 117 Abs. 3 AFG, bis dahin ein Ruhen des Anspruchs auf Alg.
Zutreffend hat das LSG das weitere Tatbestandsmerkmal des § 117 Abs. 2 Satz 1 AFG bejaht, daß der Kläger die Abfindung wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten hat. Wegen der Beendigung wird eine Abfindung gewährt, wenn zwischen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Abfindung ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Ein solcher Zusammenhang ist bei einer vergleichsweisen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung nicht zweifelhaft; das gilt auch, sofern die Abfindung aus sozialen Gründen gewährt wird (vgl. BSGE 46, 20, 30 = SozR 4100 § 117 Nr. 2). Nichts anderes gilt, wenn ein Arbeitsverhältnis durch Vereinbarung gegen Abfindung beendet wird; erforderlich ist lediglich, daß die Abfindung ihren Rechtsgrund in der Vereinbarung hat. Es reicht aus, daß die Leistung die Bereitschaft zur vorzeitigen Beendigung zu fördern vermag. Das LSG hat den Zusammenhang aufgrund der Würdigung der Vereinbarung sowie der vom Betriebsrat und der Geschäftsführung mit den Abfindungen verfolgten Zwecke bejaht. An diese tatsächlichen Feststellungen ist der Senat gebunden (§ 163 SGG). Die diesbezüglichen Rügen des Klägers gehen fehl.
Zu Unrecht rügt der Kläger, zu den Aussagen der Zeugen N… und S… sei ihm kein rechtliches Gehör gewährt worden. Die vom LSG verwertete Aussage des Zeugen N… im Rechtsstreit S 5 Ar 108/78 vor dem SG hat das SG abschriftlich dem Kläger und der Beklagten zur Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung zugesandt. Dem Kläger war damit schon vor dem SG die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben, Das SG hat in seinem Urteil auf diese Aussage Bezug genommen; der Kläger hat in seiner Berufungsschrift gerügt, daß die Aussage nur teilweise berücksichtigt worden sei. Das rechtliche Gehör ist dem Kläger daher gewährt gewesen. Den Zeugen S… hat das LSG selbst vernommen. Der Zeuge hat sich zunächst auf seine Aussage in der Streitsache L 1 Ar 93/78 bezogen, der er nichts hinzuzufügen habe. Die Vernehmung des Zeugen in der Streitsache L 1 Ar 93/78 hatte vorweg in Gegenwart und unter Beteiligung der Prozeßbevollmächtigten des Klägers und der Beklagten stattgefunden. Das LSG hat die Angaben des Zeugen förmlich zum Gegenstand der Verhandlung gemacht. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers, der sich hiergegen nicht gewehrt hat, hat von seinem Recht, Fragen an den Zeugen zu stellen, in dem vorliegenden Verfahren Gebrauch gemacht, Der Zeuge S… hat deshalb seine Aussagen ergänzt, daß und warum kein Sozialplan zustande gekommen sei. Auch diesbezüglich ist dem Kläger das rechtliche Gehör daher nicht verwehrt gewesen. Ebenso greift die Rüge des Klägers nicht durch, das LSG habe nicht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entschieden (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG), weil es die Aussagen in den Verfahren S 5 Ar 108/78 und L 1 Ar 93/78 verwertet habe, ohne den Zeugen N… zu vernehmen, bzw. den Zeugen S… zu bitten, seine Aussage ausdrücklich zu wiederholen. Das Gericht ist verpflichtet, sachdienliche Unterlagen dieser Art heranzuziehen. Allerdings verletzt das Tatsachengericht den Grundsatz der Unmittelbarkeit, wenn es Vernehmungsprotokolle anderer Gerichte bzw. eigene Vernehmungsprotokolle aus anderen Streitsachen im Wege des Urkundenbeweises würdigt, obwohl die Beteiligten hiermit nicht einverstanden sind. Es ist jedoch nicht ersichtlich, daß sich der Kläger jemals gegen die von den Instanzgerichten erkennbar beabsichtigte Verwertung der Aussagen der beiden Zeugen gewehrt hat, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre.
Ruht daher ein Anspruch auf Alg gemäß § 117 Abs. 2 AFG bis zum 24. Oktober 1978, begrenzt § 117 Abs. 3 Satz 1 AFG die Ruhenszeit durch den 30. Juni 1978 und § 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AFG i.V.m. Satz 3, wie das LSG zutreffend errechnet hat, durch den 5. März 1978. Da die weiteren Begrenzungen der Ruhenszeit nach § 117 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 und 3 AFG hier nicht Platz greifen, ruht ein Anspruch des Klägers auf Alg bis zum 5. März 1978. Der Revision des Klägers ist daher der Erfolg zu versagen.
Gleiches gilt für die Revision der Beklagten. Ruht ein Anspruch des Klägers auf Alg bis zum 5. März 1978 schon nach § 117 AFG, stellt sich nicht mehr die Frage, ob in der Zeit vom 1. bis 14. Januar 1978 der Anspruch nach § 119 Abs. 1 Satz 3 AFG ruht, weil in dieser Zeit eine Sperrzeit eingetreten ist. Dennoch ist der Sperrzeitbescheid der Beklagten nicht gegenstandslos geworden. Nach § 110 Nr. 1 a AFG i.d.F. des Art. 1 Nr. 6, 4. ÄndG-AFG mindert sich die Dauer des Anspruchs auf Alg um die Tage einer Sperrzeit nach § 119 AFG. Diese Vorschrift findet Anwendung. Nach Art. 6 Nr. 1, 4. ÄndG-AFG ist die Neufassung zwar erstmals bei Sperrzeiten anzuwenden, die nach dem Inkrafttreten des 4. ÄndG-AFG, das wäre nach dem 1. Januar 1978 (Art. 8 Satz 1, 4. ÄndG-AFG), eingetreten sind. Hier liegt jedoch ein Redaktionsversehen vor. Lediglich Sperrzeiten, die vor dem Inkrafttreten des 4. ÄndG-AFG eingetreten waren, sollten die Anspruchsdauer nicht mindern (vgl. Begründung zu Art. 2 Nr. 1 der Regierungsvorlage des 4. ÄndG-AFG, BT-Drucks. 8/857 S. 10). Statt "nach dem Inkrafttreten" ist daher "mit dem Inkrafttreten" zu lesen. Eine eventuelle Minderung der Dauer des Anspruchs ist im Falle des Klägers auch erheblich, weil er im Anschluß an den Alg-Bezug Arbeitslosenhilfe (Alhi) bezogen hat.
Nach § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG tritt eine Sperrzeit ein, wenn der Arbeitslose das Arbeitsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Mund zu haben. Wie das LSG zutreffend erkannt hat, hatte der Kläger für die Lösung seines Arbeitsverhältnisses einen wichtigen Grund.
Was als wichtiger Grund im Sinne des § 119 Abs. 1 Satz 1 AFG anzusehen ist, ist im Gesetz nicht näher bestimmt worden. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, daß die Vielzahl der Lebenstatbestände, die eine Aufgabe der Arbeit oder die Ablehnung eines Arbeitsangebots gerechtfertigt erscheinen lassen, durch eine Aufzählung nicht vollständig erfaßt werden könne. Nach seinen Vorstellungen soll eine Sperrzeit allgemein nur dann eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (vgl. Bericht der Abgeordneten Porten und Jaschke zum AFG-Entwurf, BT-Drucks, V/4110 S. 20 f., Vorbemerkung zu § 108 a). Dabei wurde davon ausgegangen, daß in allen bisher im Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) aufgezählten Fällen ein wichtiger Grund gegeben ist. Im übrigen sollte der den "berechtigten Gründen" des AVAVG zugrundeliegende Rechtsgedanke verallgemeinert, d.h. weitere Fallgestaltungen geöffnet werden. Das entsprach sozialpolitischen Forderungen (vgl. Rademacher; Soziale Sicherheit 1964, 9, 11). Ein wichtiger Grund im Sinne des § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG ist mithin zu bejahen, wenn schon nach der Rechtsprechung zu § 80 AVAVG ein wichtiger Grund zur Arbeitsaufgabe anzunehmen war (Geffers/Schwarz, AFG, § 119 Rd.Nr. 10, März 1979).
Wie das LSG zutreffend hervorgehoben hat, hat der Senat zu § 80 AVAVG schon entschieden, daß allein der Zwang eines bedeutenderen Arbeitgebers, seinen Personalbestand in kurzer Zeit erheblich zu verringern, dabei nach Möglichkeit jüngere Kräfte zu halten und trotzdem nicht allzu große soziale Härten zu verursachen, für den älteren, einer Kündigung nicht mehr ausgesetzten Arbeitnehmer in Verbindung mit der Möglichkeit, eine beträchtliche Geldsumme als Ausgleich zu erhalten, einen wichtigen Grund für eine Arbeitsaufgabe abgibt (BSGE 21, 98, 99 f.). Der vorliegende Fall gibt dem Senat keine Veranlassung, von diesem Grundsatz, der weder in der Literatur noch bei der Schaffung des AFG auf Ablehnung gestoßen ist, für § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG abzugehen.
Wird das Interesse des älteren Arbeitnehmers, unter Berücksichtigung seines Alters, der zu erwartenden betrieblichen Veränderungen, seiner sozialen Absicherung einschließlich der vereinbarten Abfindung seinen Arbeitsplatz aufzugeben, mit dem gegenläufigen Interesse der Versichertengemeinschaft abgewogen, ergibt sich, daß dem ausscheidungswilligen Arbeitnehmer ein anderes Verhalten nicht zuzumuten ist. Die freiwillige Arbeitsaufgabe, zu der sich ältere Arbeitnehmer trotz der ihnen drohenden Arbeitslosigkeit entscheiden, weil ihnen dies angesichts der Umstände vorteilhaft zu sein scheint, nutzt in derartigen Fällen nämlich auch dem Arbeitgeber, den übrigen Arbeitnehmern des Betriebs und dient dem sozialen Frieden, ohne die Versichertengemeinschaft über Gebühr in Anspruch zu nehmen. Mit der freiwilligen Aufgabe ihrer Arbeitsplätze ziehen diese Arbeitnehmer lediglich die allgemeine Arbeitslosigkeit, die sich als Folge eines erheblichen Personalabbaues eines größeren Arbeitgebers praktisch nicht vermeiden läßt, auf sich, weil sie vor dem Ende ihres Arbeitslebens stehen und die wirtschaftlichen Folgen ihrer Arbeitslosigkeit zu übersehen vermögen. Infolgedessen wird das freiwillige Ausscheiden älterer Arbeitnehmer bei drohenden Massenentlassungen von den Unternehmen durch Abfindungen gefördert, von den Belegschaften der betroffenen Betriebe nicht selten verlangt und von der Allgemeinheit als vernünftige Teillösung des unumgänglichen Personalabbaues eines Betriebes empfunden, die die Anzahl der Kündigungen vermindert und damit sozialen Härten entgegenwirkt.
Die der Sperrzeit zugrundeliegende Erwägung, daß sich eine Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle wehren muß, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder zu deren Behebung er unbegründet nicht mithilft (BSGE 47, 101, 104 = SozR 4100 § 119 Nr. 5; BSGE 49, 197, 199 = SozR 4100 § 119 Nr. 11), steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Die Sperrzeit soll die Gemeinschaft der Beitragszahler davor schützen, daß Anspruchsberechtigte das Risiko der Arbeitslosigkeit manipulieren. Sind Massenentlassungen unabweisbar, sind es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens, die zum Verlust der Arbeitsplätze und zur Arbeitslosigkeit führen. Gegenüber diesen Verhältnissen tritt das Verhalten des einzelnen Arbeitnehmers, der sich in der Krise mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes einverstanden erklärt, in den Hintergrund. Dem älteren Arbeitnehmer, der in dieser Situation seinen Arbeitsplatz aufgibt, kann daher nicht vorgeworfen werden, die Belastung der Beklagten mit Arbeitslosigkeit zu manipulieren. Er braucht sich nicht anders zu verhalten, als es seinen Interessen entspricht und von ihm erwartet wird.
Die Befürchtung der Beklagten, es könne somit jedermann geltend machen, die Aufgabe seines Arbeitsverhältnisses diene der Erhaltung des Betriebes bzw. der Einstellung eines besser geeigneten Arbeitnehmers, sind unbegründet. Die maßgeblichen Umstände, die die Arbeitsplatzaufgabe älterer Arbeitnehmer trotz drohender Arbeitslosigkeit als gerechtfertigt erscheinen lassen, liegen nämlich nur vor, wenn ein drastischer Abbau der Belegschaft eines größeren Betriebes erforderlich ist und die deshalb drohende Arbeitslosigkeit durch den örtlichen Arbeitsmarkt kurzfristig nicht aufgefangen werden kann. Deshalb greift auch der Einwand der Beklagten nicht durch, es sei oft nur schwer zu erkennen, wie es um die wirtschaftliche Situation eines Betriebes bestellt sei.
Hiernach hat das LSG zu Recht entschieden, daß im Falle des Klägers eine Sperrzeit nicht eingetreten ist. Der Kläger gehört zu den älteren Arbeitnehmern. Sein Arbeitgeber mußte, wie das LSG festgestellt hat, zu Ende 1977 etwa 400 Arbeitnehmer, d.h. etwa ein Viertel der Belegschaft, freisetzen. Dabei hatte er bestrebt zu sein, jüngere Kräfte zu halten Bei der Anzahl der freizusetzenden Arbeitnehmer kann davon ausgegangen werden, daß der Kläger einem Mitarbeiter des Betriebes die Entlassung und damit Arbeitslosigkeit erspart hat. Der Kläger hatte daher einen wichtigen Grund für die Lösung seines Arbeitsverhältnissen. Dieser Grund allein rechtfertigt sein Verhalten (vgl. BSGE 21, 98, 100). Das LSG hat daher zu Recht unaufgeklärt gelassen, ob dem Kläger daneben ein weiterer wichtiger Grund zur Seite stand, weil z.B. die Stimmung in der Belegschaft ihn zum Ausscheiden zwang.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.7 RAr 90/79
Bundessozialgericht
Verkündet am
17. Februar 1981
Fundstellen
Haufe-Index 518559 |
Breith. 1982, 239 |