Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 23. März 1995 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch deren außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Sozialzuschläge für die Zeit von Januar 1992 bis Februar 1993.
Die von der verheirateten Klägerin ab Mai 1990 bezogene Altersrente wertete die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 29. November 1991 in eine Regelaltersrente (monatlicher Zahlbetrag: 471, 40 DM) um. Den bisher gezahlten Sozialzuschlag in Höhe von 155, 00 DM monatlich zahlte sie zusätzlich „als Vorschuß auf den neuen Sozialzuschlag” weiter. Der Bescheid enthielt die Hinweise: Ein Sozialzuschlag könne ab 1. Januar 1992 nur gezahlt werden, wenn das monatliche Gesamteinkommen des Rentenempfängers und seines Ehegatten den Betrag von 960, 00 DM nicht überschreite. Der Sozialzuschlag sei dann der Unterschiedsbetrag zwischen 960, 00 DM und dem Einkommen. Werde neben der Rente von dem Rentenempfänger oder seinem Ehegatten noch weiteres Einkommen bezogen, bestehe die gesetzliche Verpflichtung, dieses Einkommen unverzüglich mitzuteilen. In dem Bescheid war ferner erläutert, welche Einkünfte als Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen zu berücksichtigen sind.
Nachdem die Klägerin auf ein entsprechendes Anforderungsschreiben der Beklagten vom 29. Juli 1992 am 17. August 1992 mitgeteilt hatte, das Familieneinkommen betrage 1.506,40 DM monatlich, nahm die Beklagte im Bescheid vom 29. Januar 1993 eine Neuberechnung der klägerischen Rente zum 1. Januar 1992 vor, stellte fest, daß ein Sozialzuschlag nicht zu zahlen sei, und errechnete eine „Überzahlung” bis Ende Februar 1993 in Höhe von 1.836,70 DM. Diesen Betrag forderte die Beklagte – nach Anhörung der Klägerin – mit Bescheid vom 22. März 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Oktober 1993 zurück, weil die Klägerin einen Sozialzuschlag nicht zu beanspruchen habe und dieser nur aus sozialpolitischen Gründen zum 31. Dezember 1991 nicht eingestellt, sondern unter dem Vorbehalt einer abschließenden Anspruchsprüfung als Vorschuß weitergezahlt worden sei.
Das Sozialgericht (SG) Magdeburg hat den Bescheid der Beklagten vom 22. März 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Oktober 1993 aufgehoben (Gerichtsbescheid vom 1. November 1994). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 23. März 1995). Zur Begründung hat es ausgeführt: Für die Rückforderung des Sozialzuschlages fehle es an einer Rechtsgrundlage. Zwar habe die Beklagte den Sozialzuschlag als Vorschuß i.S. des § 42 Abs. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I) gewährt; denn bei dem Zuschlag handele es sich um einen Bestandteil der Rente und nicht um eine Leistung eigener Art, der Rentenanspruch der Klägerin habe aber dem Grunde nach unstreitig bestanden. Hinsichtlich des Zeitraums ab 17. August 1992 (Selbstauskunft der Klägerin) mangele es jedoch an der Voraussetzung der Erforderlichkeit voraussichtlich längerer Zeit zur Feststellung der Leistungshöhe. Die Rückforderung für den davor liegenden Zeitraum scheitere an der hinreichenden Bestimmtheit des Umwertungsbescheides vom 29. November 1991, § 33 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X). Die Beklagte könne ihre Leistung auch nicht nach den Grundsätzen einer „Vorwegzahlung” (Bundessozialgericht [BSG] Urteil vom 12. Mai 1992 – 2 RU 7/92 – SozR 3-1200 § 42 Nr. 2) zurückfordern, weil ein den rechtlichen Anforderungen genügender Rückforderungsvorbehalt aus dem Umwertungsbescheid nicht hervorgehe. Gemessen an § 45 Abs. 1, § 50 Abs. 1 SGB X scheitere eine Rückforderung der Beklagten daran, daß der angefochtene Rückforderungsbescheid jede Ermessensausübung und hinsichtlich der Überzahlung jegliche Begründung vermissen lasse.
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts und trägt vor: Das LSG habe ihre im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 8. März 1995 in Bezug genommene Erklärung in der Parallelsache L 3 I 12/94 im Urteil nicht berücksichtigt. Die voraussichtlich längere Dauer zur Feststellung der Anspruchshöhe der Klägerin im Zeitpunkt der Bescheiderteilung resultiere aus der Vielzahl der im Beitrittsgebiet umzustellenden Renten. Deshalb sei bei der vorläufigen Gewährung von Sozialzuschlägen auch bewußt auf eine aktuelle Erhebung der zugrundeliegenden Daten verzichtet worden. Die ostdeutschen Rentenversicherungsträger hätten übereinstimmend – sozialpolitischen Vorgaben folgend – die Gefahr eines Ausfalls von Leistungen für einen in besonderem Maße gefährdeten Empfängerkreis über jene einer Rückforderungslage gestellt. Sie hätten sich insbesondere von der Überlegung leiten lassen, daß bei Realisierung der Gefahr einer Rückforderungslage eine sachgerechte Korrektur der Folgen im Rahmen des § 42 Abs. 3 SGB I zu erfolgen hätte. Die Rückforderung sei auch nicht unbillig; im Bescheid vom 29. November 1991 sei die Klägerin bereits auf ihre Verpflichtung hingewiesen worden, weiteres Einkommen mitzuteilen. Der Umwertungsbescheid genüge schließlich den Bestimmtheitserfordernissen des § 33 Abs. 1 SGB X. Denn der Bescheid lasse deutlich erkennen, daß ein Sozialzuschlag nicht zustehe, wenn das Gesamteinkommen der Ehegatten den Betrag von 960, 00 DM überschreite. Ein verständiger Adressat habe daher den Sozialzuschlag bei seiner Lebensplanung nicht ohne weiteres ansetzen können.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 23. März 1995 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 1. November 1994 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus: Die Beklagte habe den Sozialzuschlag nicht als Vorschuß i.S. des § 42 Abs. 1 Satz 1 SGB I gewähren können; denn aufgrund des angegebenen Einkommens habe ihr der Sozialzuschlag in der Zeit von Januar 1992 bis Februar 1993 schon dem Grunde nach nicht zugestanden.
II
Die zulässige Revision ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen. Das SG hat zutreffend den angefochtenen Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheids als rechtswidrig aufgehoben, weil die Rückforderung des zu Unrecht gezahlten Sozialzuschlags nicht in der gesetzlich dafür vorgesehenen Weise geltend gemacht worden ist.
Entgegen der Rüge der Beklagten liegt eine beachtliche Verletzung formellen Rechts (§ 136 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 Satz 2 und § 128 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) nicht vor. Die von der Beklagten im Termin vom 23. März 1995 in Bezug genommene Erklärung vom 8. März 1995 in der Parallelsache L 3 J 12/94 ist nach dem Verlesen als Ablichtung zur Akte genommen worden. Sie hat bei der Urteilsfindung des LSG auch Berücksichtigung gefunden.
Dies ergibt sich daraus, daß das LSG hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten zulässigerweise auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen und erklärt hat, sie seien Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung des Senats gewesen. Daß das Urteil in seinen Entscheidungsgründen nicht auf den Inhalt dieser Erklärung eingeht, führt nicht zu einem Verstoß gegen § 136 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 Satz 2 SGG. Denn das Gericht muß sich nicht mit jedem Beteiligtenvorbringen auseinandersetzen, insbesondere wenn sich aus dem Urteil zweifelsfrei ergibt, daß das Gericht das Vorbringen auch ohne ausdrückliche Erwähnung für unerheblich gehalten hat (Meyer-Ladewig, SGG-Komm, 5. Aufl., RdNr 7 zu § 136). So verhält es sich aber vorliegend: Das LSG ist offensichtlich davon ausgegangen, daß die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin, die Überleitungsanstalt Sozialversicherung, mittels einfach und schnell einzuholender Auskünfte der Leistungsempfänger das Vorliegen der Voraussetzungen für den Sozialzuschlag hätten feststellen können, ohne daß es auf das Vorliegen einer Programmversion zur Vornahme von Einkommensanrechnungen im November 1991 angekommen wäre.
Auch die von der Beklagten gerügte materielle Rechtsverletzung liegt nicht vor. Zwar hat die Klägerin seit Januar 1992 den Sozialzuschlag jedenfalls in Höhe der in Rechnung gestellten 1.836, 70 DM zu Unrecht erhalten. Denn ihr Einkommen überschritt zusammen mit dem Einkommen ihres Ehemanns den für die Gewährung des Sozialzuschlags maßgeblichen Grenzbetrag von anfangs 960, 00 DM, ab 1. Juli 1992 1.054, 00 DM. Die Rückzahlung der in diesem Umfang rechtswidrig erlangten Summe hat die Beklagte aber nicht in der gesetzlich dafür vorgesehenen Weise eingefordert. Sie hat den der Auszahlung des Sozialzuschlags zugrundeliegenden Teil des Umwertungsbescheids vom 29. November 1991 zu keiner Zeit – was eigentlich erforderlich gewesen wäre – für die streitigen Monate zurückgenommen oder aufgehoben und demzufolge auch nicht die Rückzahlung als Folge einer Leistung ohne Rechtsgrund verlangt, wie sie in § 50 Abs. 1 SGB X normiert ist. Sie hat vielmehr stets – selbst noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat – die Gewährung der streitigen Beträge als Vorschußzahlung i.S. des § 42 SGB I charakterisiert und sich dementsprechend zur Erstattung allein auf die Regelung des § 42 Abs. 2 SGB I berufen, das aber heißt im Ergebnis, den Bescheid vom 29. November 1991 für die Klägerin als Grund zum Behaltendürfen (auch) des Sozialzuschlags aufrechterhalten.
Gemäß § 42 Abs. 2 SGB I, der speziell die Erstattung von Vorschüssen regelt und insoweit allgemeinem Erstattungsrecht vorgeht, sind nur Vorschüsse auf „zustehende” Leistungen anzurechnen und – soweit sie diese übersteigen – vom Empfänger zu erstatten. Entgegen der Bezeichnung im angefochtenen Umwertungsbescheid wurde an die Klägerin jedoch kein derartiger Abschlag auf eine ihr zustehende Leistung erbracht. Denn Vorschuß ist gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 SGB I nur die Geldleistung, die erbracht werden kann, wenn dem Grunde nach Anspruch auf die Leistung besteht und lediglich deren Höhe noch ungewiß ist. Die Klägerin hatte indes seit Januar 1992 bereits dem Grunde nach keinen Anspruch auf den Sozialzuschlag. Sie überschritt den Grenzbetrag für die Beanspruchung des neuen Sozialzuschlags ab Januar 1992, d.h. von Anfang der umgestellten Leistung an.
Entgegen der vom LSG vertretenen Auffassung stellt der Sozialzuschlag keinen Bestandteil der Rente dar; es handelt sich vielmehr um eine Leistung eigener Art. Anspruch auf ihn besteht nach Maßgabe des Gesetzes zur Zahlung eines Sozialzuschlags zu Renten im Beitrittsgebiet vom 25. Juli 1991 (BGBl. I S. 1606 – SozZuschlG), geändert durch das Renten-Überleitungsänderungsgesetz (RÜG-ÄndG) vom 18. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2207). Nach § 1 SozZuschlG gehört die Klägerin zwar zu dem anspruchsberechtigten Personenkreis. Denn sie ist Bezieherin einer Rente wegen Alters, der Rentenbezug hat vor dem 1. Januar 1994 begonnen, und sie hatte am 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet und diesen Wohnsitz auch während des Rentenbezugs beibehalten. Die Gewährung eines Sozialzuschlags an sie ab Januar 1992 scheiterte aber an den in § 2 Abs. 1 SozZuschlG normierten Einkommensgrenzen: Hiernach wird der Sozialzuschlag nur gezahlt, wenn bei Verheirateten das monatliche Gesamteinkommen den Betrag von 960, 00 DM (ab 1. Juli 1992: 1.054, 00 DM) unterschreitet. Mithin regelt diese Vorschrift – entgegen ihrer Überschrift – nicht nur die Höhe des Sozialzuschlags, sondern auch die dem Anspruch grundsätzlich entgegenstehende Einkommenshöhe i.S. eines Grenzbetrages. Mit dem monatlichen Gesamteinkommen von ca 1.250, 00 DM überschritt die Klägerin aber bereits im Januar 1992 diesen Grenzbetrag.
Die Beklagte kann ihren Anspruch auch nicht auf eine entsprechende Anwendung des § 42 Abs. 2 SGB I stützen. Zwar hat der 2. Senat des BSG in seinem Urteil vom 12. Mai 1992 (2 RU 7/92 – SozR 3-1200 § 42 Nr. 2) für zulässig erklärt, eine Zahlung „entsprechend § 42 Abs. 1 SGB I als Vorschuß zu beurteilen”, wenn die Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach Schwierigkeiten bereitet und die Ermittlungen dazu voraussichtlich noch längere Zeit erfordern, zwischen den Beteiligten jedoch schon bisher ein Leistungsverhältnis bestand, in dem die Zahlungspflicht dem Grunde nach seit langem feststand. Er hat aber zugleich ausgeführt, der Fall unterscheide sich von der Entscheidung des 7. Senats des BSG vom 11. Juni 1987 (7 RAr 105/85 – BSGE 62, 32 = SozR 4100 § 41 Nr. 22), in welcher der 7. Senat eine entsprechende Anwendung des § 42 SGB I abgelehnt habe, wenn es fraglich sei, ob ein Leistungsanspruch dem Grunde nach überhaupt bestehe.
Der Senat hat schon aus rechtssystematischen Erwägungen Bedenken, ob eine entsprechende Anwendung des § 42 Abs. 1 SGB I auf Fälle wie den vorliegenden überhaupt in Betracht kommen kann. Denn Grundvoraussetzung für eine analoge Anwendung einer Gesetzesvorschrift ist, daß eine Lücke in der einschlägigen gesetzlichen Regelung vorliegt, die durch eine Analogie geschlossen werden könnte. Mit Rücksicht auf die bereits im Gesetz vorgesehenen Möglichkeiten zur Rückerstattung bereits erbrachter Sozialleistungen ist dies im Blick auf rechtliche Situationen wie hier nicht ohne weiteres erkennbar und unzweifelhaft. Zudem ist die positive Feststellung des Anspruchsgrundes nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift conditio sine qua non. § 42 SGB I ist eine Ausnahmevorschrift, die nicht mit dem Ziel konzipiert wurde, auf jeden Fall ein subsidiäres Einstehen der Sozialhilfe – z.B. bei der Leistungsfeststellung in der gesetzlichen Rentenversicherung – zu vermeiden (Hauck/Haines, SGB I-Komm, Stand Dezember 1994, RdNr 4c zu K § 42).
Davon abgesehen sind auch die Sachverhalte des vom 2. Senat entschiedenen Rechtsstreits und des Prozesses der Klägerin in den maßgebenden Punkten nicht gleichgelagert. Anders als bei dem vom 2. Senat entschiedenen Fall bestand zwischen den jetzigen Beteiligten nicht schon bisher ein Rechtsverhältnis derart, daß grundsätzlich ein Anspruch auf die gewährte Leistung anzunehmen war und lediglich die Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen noch längere Zeit dauerte. Der 2. Senat hat entscheidungserheblich u.a. auch darauf abgestellt, daß bei einer wirtschaftlichen Notlage des Versicherten und der Tatsache, daß der zuständige Leistungsträger von dem Anspruch „nahezu überzeugt” sei, eine entsprechende Anwendung des § 42 Abs. 1 Satz 1 SGB I nur in Betracht komme, wenn der Leistungsberechtigte einen Vorschuß ausdrücklich unter vollem Rückforderungsvorbehalt beantrage. Einen solchen Antrag hat die Klägerin nicht gestellt. Schon aus diesem Grunde scheidet eine entsprechende Anwendung des § 42 Abs. 1 Satz 1 SGB I selbst nach Ansicht des 2. Senats des BSG aus.
Bedenken begegnen auch der Umdeutung des Bescheides von einer „Vorschußgewährung” eines Sozialzuschlags in eine „Vorwegzahlung”. Zwar hat das BSG in seinen Entscheidungen vom 11. Juni 1987 (7 RAr 105/85 – BSGE 62, 32 = SozR 4100 § 41 Nr. 22), vom 28. Juni 1990 (4 RA 57/89 – BSGE 67, 104) und vom 12. Mai 1992 (2 RU 7/92 – SozR 3-1200 § 42 Nr. 2) die Möglichkeit von „Vorwegzahlungen” durch den Leistungsträger für den Fall bejaht, daß eine spezialgesetzliche Regelung – wie z.B. § 42 SGB I – dies tatbestandsmäßig nicht zuläßt und der gesetzliche Zweck der Leistung nur erreicht werden kann, wenn die Leistung möglichst zeitnah zur Entstehung des Bedarfs, dem sie abhelfen soll, erbracht wird. Die Ermächtigung hierzu sieht das BSG in § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB I i.V.m. § 9 Satz 2 und § 32 Abs. 1 SGB X. Indes hat der Senat Bedenken, ob sich aus § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB I, der die Leistungsträger ganz generell zu Aktivitäten im Hinblick auf eine zügige Leistungserbringung verpflichtet, diese Aktivitäten jedoch nur in ihrer Zielsetzung, nicht in ihrer konkreten Ausgestaltung umschreibt (vgl. Heilemann, Vorläufige Leistungen im Sozialrecht, SGb 1992, S. 442ff., 443), eine „Ermächtigung” zur Leistungsausweitung herleiten läßt. Denn insoweit handelt es sich bei § 17 SGB I um Verfahrensrecht, das den materiellen Rechtsanspruch voraussetzt (vgl. auch Hauck/Haines, SGB I-Komm, RdNr 4d zu K § 42).
Aber auch bei Anwendung der Grundsätze der „Vorwegzahlung” rechtfertigt sich die Rückforderung der an die Klägerin erbrachten Sozialzuschlagsleistungen durch die Beklagte nicht. Denn nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB I hat der Leistungsträger nur darauf hinzuwirken, daß der Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen umfassend und schnell erhält. Um diesem Beschleunigungsgebot Rechnung zu tragen, kann er auch einstweilige Regelungen treffen. Hierzu kann er Verwaltungsakte mit Nebenbestimmungen erlassen, mit denen er sicherstellt, daß bei einstweiligen Leistungen diese nur unter den geregelten Voraussetzungen wirksam bleiben. Ausschlaggebend ist dabei, daß dem Adressaten hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 SGB X) verdeutlicht wird, daß es sich bei der bekanntgegebenen Regelung derzeit noch nicht um „das letzte Wort der Verwaltung”, d.h. um eine das Verwaltungsverfahren endgültig abschließende Regelung handelt. Dies kann durch einen ausdrücklichen Hinweis auf die noch ausstehende endgültige Entscheidung („Vorbehalt der endgültigen Entscheidung”), durch eine auflösende Befristung der Einstweiligkeit der Vorwegzahlung oder durch eine andere klare und zweckmäßige Nebenbestimmung (§ 32 SGB X) geschehen. Entsprechende Nebenbestimmungen hat die Beklagte in ihren Umwertungsbescheid jedoch nicht aufgenommen. Die Absicht, eine einstweilige Regelung i.S. einer Vorwegzahlung zu treffen, wird aus dem Bescheid, der ausdrücklich auf die Vorschußregelung abstellt, nicht deutlich.
Soweit die Beklagte vorträgt, eine isolierte Betrachtung des Sozialzuschlags sei nicht gerechtfertigt, weil Anspruchsvoraussetzung für den Zuschlag u.a. die Gewährung einer Altersrente sei, entsprechend auch ein einheitlicher Zahlbetrag festgestellt werde und es verwaltungstechnisch nicht zu bewältigen gewesen wäre, den Sozialzuschlag als getrennte Leistung zu behandeln, führt dies zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Denn der Sozialzuschlag ist eine versicherungsfremde Leistung, die durch die Rentenversicherungsträger als Auftragsleistung für den Bund erbracht wird. Die Aufwendungen der Träger der Rentenversicherung werden gemäß § 3 Abs. 1 SozZuschlG vom Bund erstattet.
Überdies hätte der der Klägerin im Juli 1992 übersandte Fragebogen, der keinen besonderen Verwaltungsaufwand erkennen läßt, durchaus mit dem Umstellungsbescheid, zumindest aber vor dem 1. Januar 1992, übersandt werden können. Das SozZuschlG ist am 25. Juli 1991 erlassen worden, aber als Art 40 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz – RÜG) in seinem wesentlichen Gehalt erst am 1. Januar 1992 in Kraft getreten (Art 42 Abs. 1 RÜG; nur Art 40 § 3 Abs. 2 RÜG bereits am Tage nach der Verkündung, Art 42 Abs. 8 RÜG). Die Beklagte hatte mithin hinreichend Zeit, sich auf die geänderte Rechtslage einzustellen. Daß sie dies auch getan hat, zeigt im übrigen die Tatsache, daß sie zwar eine Regelung bezüglich des geänderten Sozialzuschlags in den Umwertungsbescheid vom 29. November 1991 aufgenommen hat, diese Regelung aber rechtsfehlerhaft war. Indes wäre es ihr genausogut möglich gewesen, eine rechtsfehlerfreie Regelung durch Aufnahme einer – zulässigen – Nebenbestimmung (§ 32 SGB X) in den Bescheid zu treffen.
Eine Rückforderung der Beklagten nach den Grundsätzen der §§ 45, 48 SGB X i.V.m. § 50 Abs. 1 SGB X scheitert an einer – teilweisen – Aufhebung des Bescheides vom 29. November 1991. Mit dem Neuberechnungsbescheid vom 29. Januar 1993 hat die Beklagte lediglich die Höhe der Überzahlung festgestellt und mit dem Bescheid vom 22. März 1993 diesen Betrag zurückgefordert; damit lassen diese Bescheide nicht in rechtlich nachprüfbarer Weise erkennen, daß die Gewährung der Begünstigung für die streitigen Monate aufgehoben (§ 48 SGB X) oder zurückgenommen (§ 45 SGB X) werden sollte, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen eine Aufhebung auf einen Zeitpunkt geänderter Verhältnisse zurückwirken sollte, ob für eine in die Vergangenheit zurückwirkende Rücknahme ein Rücknahmeermessen eröffnet war und ausgeübt worden ist oder aus welchen Gründen eine Ermessensausübung entbehrlich war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 605861 |
BSGE, 61 |
Breith. 1997, 241 |
SozSi 1997, 397 |