Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berechnung einer Übergangsleistung. Einkommen. keine Anrechnung: private Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Systemwidrigkeit. kein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang. Eingriff in die gem Art 2 Abs 1 GG geschützte private Vorsorgefreiheit. kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gem Art 3 Abs 1 GG. sozialgerichtliches Verfahren. Zulässigkeit einer isolierten Anfechtungsklage
Leitsatz (amtlich)
Ansprüche aus einem privaten Versicherungsvertrag mindern nicht als anzurechnendes Einkommen die Höhe einer Übergangsleistung aufgrund einer Berufskrankheit.
Orientierungssatz
1. Der außerhalb der Sozialversicherung erworbenen Vermögenswerte kommt nicht die Funktion zu, Sozialversicherungsträger wie diejenigen der gesetzlichen Unfallversicherung von ihrer Leistungspflicht zu entlasten. Für einen solchen Eingriff in die durch Art 2 Abs 1 GG geschützte private Vorsorgefreiheit bedürfte es insbesondere einer parlamentsgesetzlichen Ermächtigung.
2. Der Umstand, dass die von privaten Versicherungsunternehmen gewährte Rente im Gegensatz zu Leistungen aus dem Recht der Sozialversicherung nicht berücksichtigt wird, ist mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar. Denn durch die grundlegenden systematischen Unterschiede zwischen gesetzlicher und privater Versicherung ist es sachlich gerechtfertigt, wenn sich die Auslegung gesetzlicher Anrechnungsregelungen an der Verschiedenheit der Versicherungssysteme ausrichtet.
3. Zur ausnahmsweisen Zulässigkeit einer grundsätzlich unzulässigen isolierten Anfechtungsklage bei einem Leistungs- oder Verpflichtungsbegehren, wenn der Kläger bereits allein mit dieser Klageart sein Rechtsschutzziel erreichen kann.
Normenkette
SGB 1 § 4 Abs. 2; BKV § 3 Abs. 2 Sätze 1-2, § 2 Abs. 2 S. 3; VVG; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1; SGG § 54 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 25. Mai 2011 abgeändert: Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 17. Juli 2007 und die Höchstwertfestsetzung des Rechts auf Übergangsleistung auf 287,22 Euro sowie die Feststellung einer Rückforderung von 2812,78 Euro im Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2005 wird aufgehoben.
Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Höhe der Übergangsleistung zu niedrig festgesetzt hat und ob sie Vorschüsse auf die Übergangsleistung in Höhe von ursprünglich 2812,78 Euro, jetzt noch von 1412,78 Euro, vom Kläger zurückfordern darf.
Bei dem Kläger liegt der Versicherungsfall einer Berufskrankheit (BK) vor. Bei ihm ist eine BK nach Nr 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) anerkannt (Bescheid vom 25.2.2005), also eine Hautkrankheit, die ihn zur Aufgabe seiner für diese BK ursächlichen Berufstätigkeit gezwungen hatte.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Schreiben vom 15.2., 7.3., 30.3. und 22.4.2005 Vorschüsse auf eine Übergangsleistung nach § 3 Abs 2 BKV in Höhe von einmal 1000 Euro und dreimal 700 Euro, da über den Anspruch auf Übergangsleistung noch nicht endgültig entschieden werden könne. Sie wies den Kläger auch darauf hin, er müsse den Erhalt wirtschaftlicher Vorteile wegen Aufgabe der Tätigkeit angeben und Überzahlungen beim Vorschuss ggf erstatten.
Ab 1.10.2004 bezog der Kläger eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente (BU-Rente) in Höhe von 1071,42 Euro aus seiner privaten Versicherung.
Im Bescheid vom 2.6.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 18.9.2004 bis 31.3.2005 ein Recht auf Übergangsleistung und setzte dessen Gesamtwert auf 287,22 Euro fest. Ferner stellte sie fest, sie habe gegen ihn wegen der Vorschussleistungen von insgesamt 3100 Euro einen Rückforderungsanspruch in Höhe von 2812,78 Euro. Die Überzahlung ergebe sich, weil sich die wirtschaftliche Einbuße des Klägers durch die Tätigkeitsaufgabe in Höhe der privaten BU-Rente vorteilsausgleichend verringert habe.
Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 29.9.2005).
Das SG Magdeburg hat mit Urteil vom 17.7.2007 die dagegen erhobenen Klagen abgewiesen. Gegen das Urteil hat der Kläger Berufung zum LSG Sachsen-Anhalt eingelegt und vorgetragen, die private BU-Rente werde auch bei Aufnahme einer anderen Tätigkeit weitergezahlt, sie habe keine unmittelbare Lohnersatzfunktion und sei von ihm außerhalb des Systems der sozialen Sicherung erwirtschaftet worden. Das LSG hat mit Urteil vom 25.5.2011 das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten aufgehoben, soweit vom Kläger mehr als 1412,78 Euro zurückgefordert werden. Die den Rückforderungsbetrag übersteigende Vorschusszahlung betreffe den Zeitraum nach März 2005, für den die Beklagte keine Feststellung dazu getroffen habe, welche Leistung dem Kläger zustehe. Im Übrigen sei die Berufung unbegründet. Die Beklagte sei durch § 42 Abs 2 Satz 2 SGB I ermächtigt, die Vorschüsse zurückzufordern. Die private BU-Rente des Klägers sei auf die Übergangsleistung anzurechnen, denn es handele sich um einen Vorteil, den der Kläger aufgrund der Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit durch die BK erlangt habe. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anrechnung der privaten Rente bestünden nicht.
Der Kläger hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung von § 3 Abs 2 Satz 1 BKV. Das LSG gehe unzutreffend davon aus, dass es sich bei den Bezügen einer privaten BU-Rente um einen Verdienst im Sinne dieser Vorschrift handele. Die Anrechnung komme nicht in Betracht, weil er die private Rente aufgrund langjähriger Beitragszahlung erworben habe. Dies sei geschehen, um zB Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu ergänzen. Würde die private Rente angerechnet, sei die gesetzliche Unfallversicherung von der Leistungspflicht entlastet, wenn und soweit ein Bürger private Vorsorge treffe. Diese betreibe er aber mit dem Ziel, höhere Versicherungsleistungen als die gesetzlich Versicherten zu erhalten. Seine Beiträge wären entwertet, wenn gesetzliche Leistungen durch die private Vorsorge herabgesetzt oder gemindert würden. Darin liege auch eine Verletzung von Art 3 Abs 1 GG, da es für eine Anrechnung der privaten Rente auf die gesetzliche Leistung keine sachliche Rechtfertigung gebe.
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Der Kläger beantragt, |
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das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 25. Mai 2011 abzuändern und das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 17. Juli 2007 sowie die Festsetzung des Höchstwerts des Rechts auf Übergangsleistung auf 287,22 Euro und die Festsetzung eines Rückforderungsanspruchs von 2812,78 Euro im Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2005 aufzuheben. |
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Die Beklagte beantragt, |
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die Revision zurückzuweisen. |
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Der Ausgleich nach § 3 Abs 2 BKV stelle einen Schadensersatz dar. Alle Einkünfte, die sich im Einzelfall auf die wirtschaftliche Lage des Versicherten auswirkten, seien bei dem Vergleich des Einkommens vor und nach der Aufgabe der Tätigkeit zu berücksichtigen, wenn sie wegen der Aufgabe der Tätigkeit erlangt werden (unter Hinweis auf BSG vom 2.2.1999 - B 2 U 4/98 R).
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist zulässig und begründet.
Da das LSG den die Rückforderung festsetzenden Verwaltungsakt (VA) bereits aufgehoben hat, soweit ein höherer Betrag als 1412,78 Euro gefordert wurde, ist das Revisionsbegehren auf die Aufhebung der Feststellung des Rückforderungsanspruchs in Höhe auch dieser 1412,78 Euro und damit im Ergebnis auf Aufhebung des von der Beklagten geforderten Gesamtbetrags gerichtet.
In dem Rechtsstreit geht es um die Anfechtungsklagen des Versicherten gegen VAe, mit denen die Beklagte zum einen ein Recht des Klägers auf Übergangsleistung für die Zeit vom 18.9.2004 bis 31.3.2005 auf einen Höchstbetrag von 287,22 Euro endgültig festgesetzt hat und zum anderen geleistete Vorschüsse in Höhe von 2812,78 Euro zurückfordert. Der Kläger wendet sich (nur) mit Anfechtungsklagen gegen diese VAe der Beklagten im Bescheid vom 2.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.9.2005, denn er hat von Anfang an geltend gemacht, er schulde keine Erstattung der Vorschussleistungen, weil die Übergangsleistung wegen zu Unrecht erfolgter Berücksichtigung der privaten BU-Rente zu niedrig festgesetzt sei. Er erstrebt also die Beseitigung der Erstattungspflicht, wozu es genügt, dass die Beklagte ihm für die fragliche Zeit mehr als 3100 Euro an Übergangsleistung schuldet. Nur insoweit ficht er auch die Festsetzung des Höchstwerts seines Rechts auf Übergangsleistung an. Dagegen hat er mit seinen Widersprüchen und Klagen vor den Gerichten erster und zweiter Instanz nicht begehrt, die Beklagte zur Zahlung von Übergangsleistung in bestimmter Höhe und für bestimmte Dauer zu verpflichten.
1. Beide Anfechtungsklagen sind statthaft und zulässig (§ 54 Abs 1 SGG). Auch wenn der Kläger sich (nur) dagegen wendet, dass die Beklagte den Wert des Rechts auf Übergangsleistung vom 18.9.2004 bis 31.3.2005 auf 287,22 Euro begrenzt hat, ist die Anfechtungsklage statthaft. Der Kläger wendet sich gegen zwei ihn beschwerende VAe, denn die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid (mindestens) zwei VAe verlautbart, indem sie Regelungen im Einzelfall getroffen hat, die Rechtswirkung nach außen, nämlich gegenüber dem Kläger, haben (§ 31 Satz 1 SGB X). In der einen Regelung hat sie den Wert des Rechts auf Übergangsleistung für die Zeit vom 18.9.2004 bis 31.3.2005 endgültig auf nicht mehr als 287,22 Euro festgesetzt. In einer weiteren Regelung hat sie den Differenzbetrag zwischen der endgültig festgesetzten Übergangsleistung und den gezahlten Vorschüssen, das sind 2812,87 Euro, vom Kläger zur Rückerstattung angefordert.
Die Anfechtungsklagen sind auch zulässig. Zwar ist, wenn ein Versicherter eine Leistung in bestimmter Höhe begehrt, auf die er glaubt, einen Rechtsanspruch zu haben, in der Regel die Anfechtungsklage mit einer Leistungs- oder (bei Ermessenleistungen) mit einer Verpflichtungsklage zu verbinden (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 3a). Bei einem Leistungs- oder Verpflichtungsbegehren ist die isolierte Anfechtungsklage deshalb grundsätzlich unzulässig. Ausnahmsweise kann die isolierte Anfechtungsklage aber zulässig sein (Keller, aaO, RdNr 4a), wenn der Kläger allein mit dieser Klageart sein Rechtsschutzziel erreichen kann. Dies ist vorliegend der Fall. Zwar hat die Beklagte über das Ob und die Höhe einer Übergangsleistung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (BSG vom 22.3.2011 - B 2 U 12/10 R - BSGE 108, 28 RdNr 14, 22). Da sie hier ihr Ermessen aber schon betätigt und entschieden hat, vorübergehend den gesamten wirtschaftlichen Nachteil aus der Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit auszugleichen und Übergangsleistung in dieser Höhe zu bewilligen, kann der Kläger sich auf die Anfechtung der Höchstbetragsbegrenzung beschränken. Falls die private BU-Rente keine berücksichtigungsfähige tatsächliche Einnahme ist, steht dem Kläger aufgrund der Bewilligung der Beklagten für die Zeit von 18.9.2004 bis 31.3.2005 eine Übergangsleistung von mehr als 3100 Euro zu. Zur Beseitigung der Erstattungspflicht genügt also die Anfechtung des Höchstwerts der endgültig bewilligten (Übergangs-)Leistung.
2. Dem Kläger steht für den streitigen Zeitraum eine Übergangsleistung nach § 3 Abs 2 BKV in Höhe von mindesten 3100 Euro zu.
a) Es ist nicht gerichtlich zu prüfen, ob bei dem Kläger die Voraussetzungen nach § 3 Abs 2 BKV vorliegen, denn die Beklagte hat mit VA vom 2.6.2005 zu Gunsten des Klägers bindend geregelt, dass "ein Anspruch auf Leistungen nach § 3 Abs 2 BKV" in Höhe von 287,22 Euro besteht.
Nach § 3 Abs 2 Satz 2 BKV wird als Übergangsleistung ein einmaliger Betrag bis zur Höhe der Jahresvollrente oder eine monatlich wiederkehrende Zahlung bis zur Höhe der Vollrente, längstens für die Dauer von fünf Jahren, gewährt.
Im Rahmen dieses Rechtsstreits wegen Anfechtung der Höchstfestsetzung des Betrags der Übergangsleistung auf 287,22 Euro für die Zeit vom 18.9.2004 bis 31.3.2005 geht es nicht mehr darum, die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger nach pflichtgemäßem Ermessen ein Recht auf Übergangsleistung erst zu bewilligen (vgl BSG vom 14.12.1978 - 1 RJ 54/78 - BSGE 47, 278, 281; zum maßgeblichen Zeitpunkt für eine solche Klage vgl BSG vom 25.3.2003 - B 1 KR 33/01 R - SozR 4-1500 § 54 Nr 1; BSG vom 22.3.2011 - B 2 U 12/10 R - BSGE 108, 28 RdNr 12). Zwar liegt die Entscheidung über die Art (einmalige oder monatlich wiederkehrende Leistung), Dauer und Höhe der Leistung (zB gestaffelte Zahlung von 5/5 im ersten, 4/5 im zweiten Jahr usw) grundsätzlich im Ermessen des Unfallversicherungsträgers (BSG SozR Nr 3 zu § 3 der 7. BKVO; BSGE 78, 261, 262 = SozR 3-5670 § 3 Nr 2; BSG vom 22.3.2011 - B 2 U 12/10 R - BSGE 108, 28 RdNr 21). Vorliegend hat die Beklagte einen Anspruch auf Übergangsleistung nach § 3 Abs 2 Satz 2 BKV aber bereits konkretisiert und endgültig bewilligt. Das ergibt sich schon daraus, dass das Entstehen des Rechts auf Erstattung überzahlter Vorschüsse nach § 42 Abs 2 Satz 2 SGB I ua an die Voraussetzung geknüpft ist, dass der Leistungsträger dem Kläger eine Leistung endgültig "zugestanden" hat (vgl Wagner in jurisPK-SGB I § 42 RdNr 43).
b) Sobald die Beklagte im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens entschieden hat, dass und in welchem Umfang sie dem Versicherten im streitigen Zeitraum Übergangsleistung bewilligt, unterliegt die Berechnung des Minderverdienstes oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteile der vollen gerichtlichen Überprüfung (BSG vom 4.7.1995 - 2 RU 1/94).
Bezugspunkt für die Ermittlung der Verdienstminderung ist grundsätzlich das Beschäftigungsverhältnis, in dem der Versicherte vor Aufgabe der Tätigkeit gestanden hat und das er wegen der der Haut drohenden Gefahren aufgeben musste. Dem Versicherten wird für den Fall, dass er sich zur Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit entschließt und deshalb Verdienstminderungen oder sonstige wirtschaftliche Nachteile hinnehmen muss, grundsätzlich in Aussicht gestellt, dass diese annähernd, höchstens aber bis zu dem von § 3 Abs 2 BKV vorgegebenen Umfang, ausgeglichen werden (vgl BSG vom 27.11.1986 - 5a RKnU 7/85 - SozR 5695 § 5 Nr 1 - Juris RdNr 11; BSG vom 22.3.2011 - B 2 U 12/10 R - BSGE 108, 28 RdNr 24). Zwar wird der Übergangsleistung nach § 3 Abs 2 BKV partiell die Funktion des Ausgleichs immaterieller Schäden zugeschrieben (zur sog Ausgleichsfunktion der Übergangsleistung vgl Koch in Lauterbach, SGB VII, Stand Februar 2008, § 9 Anh III RdNr 94 ff), sie ist aber keine Leistung mit Schadensersatzfunktion (BSG vom 22.3.2011 - B 2 U 12/10 R - BSGE 108, 28 RdNr 23 ff). Bereits in den Materialien zur BKV vom 31.10.1997 (BR-Drucks 642/97) wurde vielmehr die präventive Zielrichtung der Leistung, nämlich das Vermeiden von Gesundheitsschäden, betont (vgl hierzu Becker in Becker ua, Kommentar zum SGB VII, Stand Januar 2006, § 9 RdNr 374 ff). Daneben folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift, dass die Leistung auch Entgeltersatzfunktion hat (BSG vom 18.2.2010 - B 14 AS 76/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 27).
Deshalb wird die Übergangsleistung aus der Differenz zwischen früher erzielten und aktuellen Einkünften in der Art eines Vorteilsausgleichs berechnet (vgl nur Palandt, BGB, 71. Aufl 2012, Vorb v § 249 RdNr 119 f). Bei der Ermittlung des Betrags sind grundsätzlich auch solche Vorteile zu berücksichtigen, die dem Versicherten durch die Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit entstehen (stRspr; BSG vom 29.5.1963 - 2 RU 269/59 - BSGE 19, 157, 159 = SozR Nr 2 zu § 5 3. BKVO; BSG vom 25.9.1969 - 5 RKnU 2/69 - BSGE 30, 88, 89 = SozR Nr 3 zu § 5 BKVO-Saar; BSG vom 10.3.1994 - 2 RU 27/93 - SozR 3-5670 § 3 Nr 1; BSG vom 27.6.2000 - B 2 U 107/00 B -; BSG vom 4.5.1999 - B 2 U 9/98 R - und vom 30.6.1999 - B 2 U 23/98 R -, die aber keine Aussage zur Höhe der aufgrund der umfassenden Betrachtung zu gewährenden Leistungen enthalten).
Die Beklagte hat - anders als das LSG - den Minderverdienst für die Zeit vom 18.9.2004 bis 31.3.2005 grundsätzlich nach diesen Maßstäben ermittelt. Bei der Berechnung des tatsächlichen Einkommens sind auch Entgeltersatzleistungen aus den sozialen Sicherungssystemen, die als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes oder als Ausgleich für das dort früher erzielte Entgelt geleistet werden, als Einkommen des Betroffenen zu berücksichtigen. Leistungen mit Entgeltersatzfunktion, wie zB Krankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld und Kurzarbeitergeld sind anzurechnen (vgl Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheiten-Verordnung, G § 3 Anm 5.3, Abweichendes gilt aber nach § 3 Abs 2 Satz 3 BKV). Beim Kläger waren daher das Verletztengeld (im September 2004 drei Tage zu je 20,20 Euro) und die Arbeitslosenhilfe (vom 25.9. bis 31.12.2005 je 16,05 Euro täglich) bei der Berechnung der Übergangsleistung als tatsächliches Einkommen zu berücksichtigen.
c) Die Beklagte hat aber zu Unrecht die private BU-Rente von 1071,42 Euro/Monat für die Zeit vom 1.10.2004 bis 31.3.2005 als tatsächliches Einkommen auf die Übergangsleistung angerechnet.
Der Senat kann dahingestellt lassen, ob die private BU-Rente überhaupt eine nach § 3 Abs 2 Satz 1 BKV zu berücksichtigende vorteilsausgleichende Einnahme ist. Das BSG hat insoweit entschieden, dass bei der Berechnung des Minderverdienstes und sonstiger Nachteile nur solche Vorteile berücksichtigt werden, bei denen ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit und dem Erzielen des Vorteils ein adäquater Ursachenzusammenhang besteht (vgl BSG vom 10.3.1994 - 2 RU 27/93 - SozR 3-5670 § 3 Nr 1). An diesem Zusammenhang könnte es fehlen, da die BU-Rente dem Kläger nicht nur wegen der Hauterkrankung und der Unterlassung der die Haut belastenden Tätigkeit gezahlt wird. Nach § 2 der Versicherungsbedingungen der (privaten) Berufsunfähigkeitsversicherung liegt BU vor, wenn die versicherte Person aufgrund ärztlich nachgewiesener Krankheit … voraussichtlich auf Dauer ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, nicht mehr ausüben kann und außerstande ist, eine andere Tätigkeit auszuüben, zu der sie aufgrund ihrer Ausbildung und Fähigkeiten in der Lage ist und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht (vgl Benkel/Hirschberg, Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung, 2. Aufl 2011, S 1694). Danach könnte die BU-Rente im Wesentlichen deshalb erbracht werden, weil der Kläger außerstande ist, den geschützten Beruf oder eine entsprechend qualifizierte Tätigkeit weiter auszuüben. Die Nichtberücksichtigung der privaten BU-Rente könnte auch auf § 3 Abs 2 Satz 3 BKV gestützt werden. Nach dieser Vorschrift sind Renten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit bei der Berechnung der Übergangsleistung nicht zu berücksichtigen. Durch die Vorschrift sollte klargestellt werden (BR-Drucks 642/97, S 11), dass Verletztenrenten und vergleichbare Renten wegen einer Erwerbsminderung bei der Entscheidung über die Höhe der Übergangsleistungen nicht leistungsmindernd berücksichtigt werden dürften (Zweifel bezüglich einer Anrechnung der BU-Rente der gesetzlichen Rentenversicherung äußert deshalb Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, Anhang zu K § 9, § 3 BKV RdNr 53). Das BSG hat allerdings entschieden, dass Renten wegen BU aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Einkommen anzurechnen seien (noch zu § 3 Abs 2 BKVO: BSG vom 2.2.1999 - B 2 U 4/98 R - SozR 3-5670 § 3 Nr 3). Es bleibt hier dahingestellt, ob hieran festzuhalten ist.
Gegen eine Berücksichtigung von Leistungen aus Privatversicherungen spricht entscheidend, dass der Versicherte sich privatrechtliche Ansprüche erworben hat, die grundsätzlich nicht auf Leistungen der Sozialversicherung (§ 4 Abs 2 SGB I) angerechnet werden. Es wäre systemwidrig, Leistungen, die ein Versicherter sich privatautonom und zusätzlich zu der bestehenden Sicherung aus einem Sozialversicherungsverhältnis verschafft hat, bei der Berechnung der Übergangsleistung nach § 3 Abs 2 Satz 2 BKV zu berücksichtigen. So wird zB die Rente aus privater Unfallversicherung neben einer solchen aus der gesetzlichen Unfallversicherung geleistet. Dementsprechend sind bei der Berechnung einer Übergangsleistung die durch Aufnahme einer anderen Tätigkeit erzielten Nettoentgelte und -einkommen (§§ 14, 15 SGB IV) zu berücksichtigen (Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheiten-Verordnung, G § 3 Anm 5.3). Daneben sind auch Sozialleistungen mit Entgeltersatzfunktion, die das durch Aufgabe der Tätigkeit entfallene Entgelt substituieren, wie zB Krankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld zu berücksichtigen (vgl Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheiten-Verordnung, G § 3 Anm 5.3; Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, Anhang zu K § 9, § 3 BKV RdNr 46a; vgl auch M. Benz in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts - Unfallversicherung, 1996, § 47 RdNr 129).
Für andere Leistungen hat das BSG (Urteil vom 2.2.1999 - B 2 U 4/98 R - SozR 3-5670 § 3 Nr 3) lediglich entschieden, dass diese anzurechnen sind, wenn und soweit diese in einem wirtschaftlichen inneren Zusammenhang mit der Tätigkeitsaufgabe stehen. Ein solcher Zusammenhang wird verneint, wenn Versicherte Einkünfte von Dritten (zB Betriebsrenten vom Arbeitgeber) erzielen, die ihnen zwar im Zusammenhang mit der Ausübung einer Beschäftigung, nicht aber wegen deren gesundheitsbedingter Aufgabe zugesagt worden sind (so auch Römer in Hauck/ Noftz, SGB VII, Anhang zu K § 9, § 3 BKV RdNr 57). Entsprechendes gilt für Leistungen aus privaten Versicherungen. Diese können und sollen Personen erwerben, um neben den Leistungen der sozialen Sicherungssysteme eine weitere Absicherung gegen Lebensrisiken wie Krankheit, Behinderung, Erwerbslosigkeit, Alter uä zu haben. Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass wegen der unvollständigen Absicherung im Bereich der Sozialversicherung eine ergänzende Sicherung durch private Vorsorge oder durch Leistungen Dritter angestrebt werden soll. Solchen außerhalb der Sozialversicherung erworbenen Vermögenswerten kommt dann aber nicht die Funktion zu, Sozialversicherungsträger wie diejenigen der gesetzlichen Unfallversicherung von ihrer Leistungspflicht zu entlasten (vgl Römer aaO; Benz, BG 1996, 496; aA die Vorinstanz, LSG für das Saarland vom 16.11.2005 - L 2 U 182/02; Koch in Lauterbach, SGB VII, Stand Februar 2009, § 9 Anh III § 3 BKV RdNr 114). Für einen solchen Eingriff in die durch Art 2 Abs 1 GG geschützte private Vorsorgefreiheit bedürfte es insbesondere einer parlamentsgesetzlichen Ermächtigung, die für § 3 Abs 2 BKV nicht vorliegt.
Danach ist die private BU-Rente bei der Berechnung der Übergangsleistung nicht zu berücksichtigen. Der Senat muss daher nicht entscheiden, ob es im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG problematisch wäre, Personen, die sich zusätzlich absichern, im wirtschaftlichen Ergebnis mit den Personen gleichzustellen, die hierauf verzichten. Jedenfalls bekäme bei dieser Auslegung des § 3 Abs 2 Satz 2 BKV ein Versicherter, der sich privat abgesichert hat, eine geringere Übergangsleistung als eine Person, die nicht privat vorgesorgt hat.
Allerdings kommt es auch bei der hier vorgenommenen Auslegung des § 3 Abs 2 Satz 2 BKV zu einer Ungleichbehandlung in der Weise, dass Leistungen aus dem Recht der Sozialversicherung angerechnet, private Versicherungsleistungen aber nicht angerechnet werden. Der Umstand, dass die von privaten Versicherungsunternehmen gewährte Rente nicht berücksichtigt wird, ist aber mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar. Durch die grundlegenden systematischen Unterschiede zwischen gesetzlicher und privater Versicherung ist es sachlich gerechtfertigt, wenn sich die Auslegung gesetzlicher Anrechnungsregelungen an der Verschiedenheit der Versicherungssysteme ausrichtet (ähnlich auch BSG vom 12.6.2003 - B 9 VG 4/02 R - BSGE 91, 124 = SozR 4-3100 § 65 Nr 1; zu § 3 Abs 4 ALG auch BSG vom 16.6.2005 - B 10 LW 4/04 R - SozR 4-5864 § 8 Nr 1). Das BVerfG hat insoweit entschieden, dass der parlamentarische Gesetzgeber nach dem Drei-Säulen-Modell (vgl dazu BVerfGE 65, 196, 212) in Anrechnungsbestimmungen verfassungsrechtlich unbedenklich zwischen Leistungen aus öffentlich-rechtlichen Systemen (erste Säule), der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst (zweite Säule) und aus privater Vorsorge (dritte Säule) unterscheiden und die Anrechnung auf die erste Säule beschränken darf (BVerfG vom 18.2.1998 - 1 BvR 1318/86 - BVerfGE 97, 271, 293 ff = SozR 3-2940 § 58 Nr 1).
Da die private BU-Rente keine Leistung ist, die bei der Berechnung der Übergangsleistung nach § 3 Abs 2 Satz 2 BKV zu berücksichtigen ist, ist auf die Revision des Klägers der VA im Bescheid vom 2.6.2005, der den Höchstwert der Übergangsleistung festgesetzt hat, aufzuheben, da die Beklagte ohne Berücksichtigung der privaten BU-Rente in den Monaten Oktober 2004 bis März 2005 höhere Übergangsleistungen gezahlt hätte.
3. Der VA, mit dem die Beklagte die Erstattung geleisteter Vorschüsse in Höhe von 2812,78 Euro fordert, ist zwar nicht insoweit rechtswidrig, als die Beklagte den Kläger vor dessen Erlass nicht angehört (a≫) und sich auf eine falsche Rechtsgrundlage gestützt hat (b≫). Der VA ist aber insoweit rechtswidrig, als dem Kläger höhere Übergangsleistung zustand, sodass die Vorschussbeträge die endgültige Übergangsleistung nach § 3 Abs 2 BKV nicht übersteigen (c≫).
a) Der VA vom 2.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.9.2005 ist nicht deshalb rechtswidrig und aufzuheben, weil die Beklagte den Kläger vor dessen Erlass entgegen § 24 Abs 1 SGB X nicht angehört hat.
Gemäß § 24 Abs 1 SGB X ist einem Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, bevor ein VA erlassen wird, der in Rechte des Beteiligten eingreift. Der VA über die Erstattung der gezahlten Vorschüsse greift in die Rechte des Klägers ein, denn ihm gegenüber soll durch den VA eine Geldforderung der Beklagten begründet werden.
Die unterlassene Anhörung ist aber gemäß § 41 Abs 1 Nr 3 SGB X unbeachtlich, weil sie während der Durchführung des Widerspruchsverfahrens nachgeholt worden ist. Eine Anhörung wird nach ständiger Rechtsprechung des 2. Senats des BSG während des Vorverfahrens nachgeholt und der Verfahrensmangel im Regelfall geheilt, wenn dem Betroffenen, soweit nicht schon in der Begründung des VA geschehen, während dieses Verfahrensabschnitts die nach Ansicht des Verwaltungsträgers entscheidungserheblichen Haupttatsachen mitgeteilt werden und ihm dadurch Gelegenheit gegeben wird, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (vgl auch BSG vom 13.12.2001 - B 13 RJ 67/99 R - BSGE 89, 111, 114 = SozR 3-1300 § 1 Nr 1; BSG vom 11.6.2003 - B 5 RJ 28/02 R - SozR 4-1300 § 24 Nr 1).
Der Kläger hat im Vorverfahren geltend gemacht, die Berechnung des Erstattungsbetrags sei aufzuschlüsseln und seine private BU-Rente sei nicht anzurechnen. Die Beklagte hat ihm die Berechnung der Erstattungsforderung im Einzelnen erläutert, sodass er zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen Stellung nehmen konnte.
b) Der VA ist auch nicht wegen eines Begründungsmangels aufzuheben (vgl hierzu § 35 Abs 1 SGB X, § 41 Abs 1 Nr 2 SGB X). Zwar hat die Beklagte den VA auf § 50 Abs 1 SGB X und nicht - wie es zutreffend gewesen wäre - auf § 42 Abs 2 Satz 2 SGB I gestützt. Dies macht den VA aber nicht rechtswidrig.
Die Angabe einer unzutreffenden Ermächtigungsgrundlage ist unschädlich, weil sie lediglich ein Element der Begründung des VA ist. Die Angabe der Ermächtigungsgrundlage wirkt sich bei gebundenen VAen - wie der Erstattungspflicht von Vorschusszahlungen - auf die Rechtmäßigkeit des VA nicht aus (BSG vom 1.7.2010 - B 11 AL 19/09 R - BSGE 106, 244 = SozR 4-1200 § 42 Nr 2), wenn sowohl nach der maßgeblichen als auch nach der angegebenen Vorschrift der zu Unrecht zugeflossene Betrag zu erstatten ist. Auch rechtfertigen nach § 42 Satz 1 SGB X bloße Begründungsmängel bei rechtsgebundenen VAen deren Aufhebung grundsätzlich nicht (BSGE 87, 8, 11 = SozR 3-4100 § 152 Nr 9 S 29; s auch BSGE 81, 213, 215 = SozR 3-2500 § 85 Nr 23 S 150).
c) Der VA der Beklagten wegen Erstattung von Vorschüssen ist aber rechtswidrig und aufzuheben, weil ein Erstattungsanspruch gegen den Kläger nicht besteht.
Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs der Beklagten ist § 42 Abs 2 Satz 2 SGB I. Danach sind gezahlte Vorschüsse, soweit sie die zustehenden Leistungen übersteigen, vom Empfänger zu erstatten. Ein Erstattungsanspruch nach § 42 Abs 2 Satz 2 SGB I setzt die Zahlung eines Vorschusses nach Maßgabe des § 42 Abs 1 SGB I voraus.
Die Beklagte hatte dem Kläger einen Vorschuss iS des § 42 Abs 1 SGB I gezahlt. Sie war aufgrund der Ermittlungen und nach Anerkennung einer BK 5101 davon überzeugt, dass der Kläger einen Anspruch auf Ausgleich des Minderverdienstes oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteile nach § 3 Abs 2 BKV hat. Sie hat in den VA über die Bewilligung der Vorschüsse hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass nur ein einstweiliges, mit dem Risiko einer möglichen Rückzahlungspflicht belastetes Recht zuerkannt wird.
Da die Beklagte dem Kläger Vorschüsse unter den Voraussetzungen des § 42 Abs 1 Satz 1 SGB I gezahlt hat, richtet sich die Rückabwicklung allein nach § 42 Abs 2 SGB I (vgl BSG SozR 3-1200 § 42 Nr 9; SozR 4-1200 § 42 Nr 1). Insbesondere ist die Beklagte, wenn sie nachträglich das Nichtbestehen des Leistungsanspruchs feststellt, weder verpflichtet noch ermächtigt, den Vorschussbescheid nach Maßgabe der §§ 44 ff SGB X zurückzunehmen, zu widerrufen oder aufzuheben (vgl dazu BSGE 55, 287, 290 = SozR 1200 § 42 Nr 2; BSG vom 1.7.2010 - B 11 AL 19/09 R - BSGE 106, 244 = SozR 4-1200 § 42 Nr 2). Dies folgt aus der eigenständigen Rechtsnatur der Vorschussbewilligung, die als einstweiliger VA im Unterschied zur Feststellung des Leistungsrechts, die das Verwaltungsverfahren abschließt, ohnehin Wirksamkeit nur bis zum Erlass des das Verwaltungsverfahren abschließenden VA hat. Schon deshalb kann sich beim Adressaten der Vorschussbewilligung kein rechtlich schutzwürdiges Vertrauen darauf bilden, die einstweilig bewilligte Leistung dauerhaft behalten zu dürfen. Daher war der Gesetzgeber nicht aus Gründen des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes verpflichtet, einen solchen auszugestalten. Er durfte vielmehr der nur einstweiligen, auf Ersetzung durch den das Verwaltungsverfahren abschließenden VA angelegten Rechtsnatur der Vorschussbewilligung dadurch Rechnung tragen, dass er nicht nur die Voraussetzungen der Gewährung des Vorschusses, sondern auch diejenigen der Rückabwicklung zu Unrecht erbrachter Vorschüsse abweichend von den Regelungen für endgültige VAe ausgestaltete (vgl BSG SozR 4-1200 § 42 Nr 1 RdNr 19).
Der Anwendung des § 42 Abs 2 SGB I steht daher auch nicht die Bindungswirkung des Vorschussbescheids (§ 77 SGG) entgegen, weil diese nur einstweilig ist. Sie regelt die Rechte des Adressaten nur bis zum Erlass des endgültigen VA. Mit der endgültigen Entscheidung über das Ob und die Höhe der Leistung hat sich der Vorschussbescheid erledigt (BSG vom 1.7.2010 aaO).
Der Kläger ist der Beklagten nicht gemäß § 42 Abs 2 Satz 2 SGB I zur Erstattung der Vorschüsse verpflichtet, da die Vorschüsse die zustehende Leistung nicht übersteigen. Der Kläger hat von der Beklagten Vorschüsse in Höhe von 3100 Euro erhalten. Die Ansprüche auf Übergangsleistung vom 18.9.2004 bis 31.3.2005 übersteigen die gezahlten Vorschüsse, da für sechs Monate jeweils ein tatsächliches Einkommen von je 1071,42 Euro berücksichtigt wurde, das nicht berücksichtigungsfähig war. Da die Beklagte dem Kläger den Ausgleich des gesamten Minderverdienstes zugebilligt hatte, stand dem Kläger ein höherer als der vorschussweise gezahlte Betrag an Übergangsleistung zu. Für eine Erstattungsforderung ist daher kein Raum. Der angefochtene VA ist vollumfänglich aufzuheben.
Im Rahmen des Revisionsbegehrens hat der Senat nicht zu prüfen, ob und in welchem Umfang dem Kläger über den streitigen Zeitraum hinaus Übergangsleistungen zustehen.
4. Da die Revision des Klägers Erfolg hatte, hat die Beklagte dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in allen drei Rechtszügen zu erstatten (§§ 183, 193 SGG).
Fundstellen
Haufe-Index 3488616 |
DB 2013, 16 |