Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. November 1995 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Hessische Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt die Gewährung von Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU), hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit (BU).
Der 1942 geborene Kläger, der die portugiesische Staatsangehörigkeit besitzt, hat keine bestimmte Berufsausbildung durchlaufen. Von Dezember 1970 bis September 1986 war er bei einem Bauunternehmen in F. … beschäftigt. Er wurde zunächst als Bauwerker eingestellt, arbeitete ab 1972 als Baufachwerker und ab 1975 als Baufacharbeiter. Seit 1978 wurde er nach der Tarifgruppe IV/4.2 (Gehobene Baufacharbeiter) des Lohntarifvertrages für das Baugewerbe im Land Hessen entlohnt.
Den von dem Kläger im August 1990 gestellten Rentenantrag lehnte die Beklagte nach Einholung eines nervenärztlichen und eines orthopädischen Gutachtens durch Bescheid vom 3. Mai 1991 ua mit der Begründung ab, es bestehe weder EU noch BU. Der hiergegen vom Kläger erhobene Widerspruch blieb erfolglos, nachdem die Beklagte weitere medizinische Ermittlungen angestellt hatte (Widerspruchsbescheid vom 7. September 1992). Die von dem Kläger hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) unter Berücksichtigung einer Auskunft des ehemaligen Arbeitgebers des Klägers, eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Orthopäden Dr. S. … sowie ärztlicher Befund- und Behandlungsunterlagen durch Urteil vom 6. Februar 1995 abgewiesen. Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers nach Einholung einer berufskundlichen Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Hessen (LArbA) durch Urteil vom 28. November 1995 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger sei nicht berufsunfähig, so daß auch keine EU vorliege. Der bisherige Beruf des Klägers sei der eines gehobenen Baufacharbeiters. Da er seit 1978 nach der Lohngruppe IV/4.2 der Lohntabelle für das Baugewerbe in Hessen entlohnt worden sei und Arbeitnehmer dieser Berufsgruppe im Sinne des vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Mehrstufenschemas zu den angelernten Arbeitern im oberen Bereich zählten, müsse sich der Kläger zumutbar auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit Ausnahme solcher von ganz geringem qualitativem Wert verweisen lassen. Nach den aufgrund des Gutachtens von Dr. S. … getroffenen Feststellungen sei der Kläger noch in der Lage, vollschichtig leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne Über-Kopf-Arbeiten, ohne Zeitdruck, ohne Schichtarbeit, ohne wesentliche Hebe- und Bückarbeiten und nicht auf Leitern und Gerüsten zu verrichten. Nicht nachvollzogen werden könne allerdings die von Dr. S. … gemachte Einschränkung, der Kläger könne nur noch geistig einfache Arbeiten ohne besondere Anforderungen an das Konzentrationsvermögen durchführen, da diese Leistungseinschränkung weder durch orthopädische Gesundheitsstörungen bedingt sei noch sich aus fachfremden Vorbefunden oder den vom Kläger vorgetragenen Beschwerden ergebe. Gesundheitszustand und Leistungsvermögen des Klägers halte der Senat für geklärt und daher mit Dr. S. … eine weitere medizinische Begutachtung nicht für erforderlich. Insbesondere bestünden bei dem erst 53-jährigen Kläger keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit; Merk- und Konzentrationsstörungen seien von den begutachtenden Ärzten nicht festgestellt und vom Kläger auch nicht beklagt worden.
Mit diesem Leistungsvermögen könne der Kläger zwar nicht mehr in seinem bisherigen Beruf arbeiten, er müsse sich aber auf die vom LArbA genannten Tätigkeiten eines Warenaufmachers/Versandfertigmachers, eines Gerätezusammensetzers im Kleinapparatebau, eines Warensortierers und eines Montierers in der Metall- und Elektroindustrie verweisen lassen. Diese Tätigkeiten, die Einarbeitungs- bzw Einweisungszeiten voraussetzten und daher nicht von ganz geringem qualitativem Wert seien, entsprächen dem Leistungsvermögen des Klägers, wie das zur Beurteilung dieser Fragen kompetente LArbA unter Auswertung der Akten festgestellt habe. Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung beantragte Einholung eines berufskundlichen Gutachtens zur Klärung der Anforderungsprofile der vom LArbA genannten Verweisungstätigkeiten, einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. S. … sowie eines psychologischen Gutachtens zum Beweis, daß er sich wegen seiner Konzentrationsstörungen nicht binnen drei Monaten auf die berufsfremden Verweisungstätigkeiten umstellen könne, seien daher nicht erforderlich.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger, das LSG habe lediglich die nicht den vom BSG (in SozR 3-2200 § 1247 Nrn 8 und SozR 3-2200 § 1246 Nrn 29, 33) aufgestellten Anforderungen entsprechende Auskunft des LArbA zitiert und Beweisanträge dazu abgelehnt. Mit seiner Auffassung, die beantragte Klärung der Merk- und Konzentrationsfähigkeit sei nicht erforderlich, habe das LSG entgegen der Rechtsprechung des BSG in eigener Sachkunde über medizinische Sachverhalte entschieden. Abgesehen davon hätte die Einschätzung des Sachverständigen Dr. S. …, er – der Kläger – könne nur noch geistig einfache Arbeiten ohne besondere Anforderungen an das Konzentrationsvermögen verrichten, das LSG dazu veranlassen müssen, seinem diesbezüglichen Beweisantrag stattzugeben, denn die vom Berufungsgericht zur Stützung seiner Auffassung zitierte Nervenärztin Dr. T. … habe sich zu diesen Fragen überhaupt nicht geäußert und auch die behandelnden Ärzte hätten sich mit den Verweisungstätigkeiten nicht befaßt.
Schließlich sei es für ihn ausgesprochen überraschend gewesen, wenn das LSG in den Entscheidungsgründen ausführe, es könne Dr. S. … hinsichtlich dessen Feststellung nicht folgen, er – der Kläger – könne nur noch geistig einfache Arbeiten ohne besondere Anforderungen an das Konzentrationsvermögen durchführen. Das SG sei nämlich dem Sachverständigen auch in diesem Punkt in vollem Umfang gefolgt und auch die Beklagte habe sich nicht dagegen gestellt. Das LSG hätte hier einen entsprechenden Hinweis geben müssen, woraufhin er die mündliche Anhörung des Dr. S. … beantragt hätte, um zu klären, worauf dieser sein Votum stütze.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung der Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. November 1995 und des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 6. Februar 1995 sowie des Bescheides vom 3. Mai 1991 idF des Widerspruchsbescheides vom 7. September 1992 zu verurteilen, ihm Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU, zu gewähren,
weiter hilfsweise,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. November 1995 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Hessische Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus: Auf die vom Kläger vorgebrachten Verfahrensrügen komme es nicht an. Angesichts seines beruflichen Werdeganges sei er nur als angelernter Arbeiter zu beurteilen, der sich auf alle ungelernten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen müsse, soweit diese nicht nur von ganz geringem qualitativem Wert seien. Dies aber habe das LSG in zutreffender Weise getan. Die vom Kläger nunmehr geforderte weitere und umfassendere Beweisaufklärung würde nicht zu einer inhaltlichen Änderung des angefochtenen Urteils, sondern letztlich zu demselben Ergebnis führen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist zulässig und begründet. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das LSG. Die berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen reichen nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob der Kläger berufs- oder erwerbsunfähig ist.
Der Anspruch des Klägers auf Versichertenrente wegen EU oder BU richtet sich noch nach §§ 1246, 1247 der Reichsversicherungsordnung (RVO), denn der Rentenantrag ist bereits im August 1990 – also bis zum 31. März 1992 – gestellt worden und bezieht sich auch auf die Zeit vor dem 1. Januar 1992 (§ 300 Abs 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – ≪SGB VI≫; vgl BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 29).
Nach § 1246 Abs 2 RVO ist berufsunfähig ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. EU liegt hingegen vor, wenn der Versicherte aufgrund entsprechender gesundheitlicher Beeinträchtigungen auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann (vgl § 1247 Abs 2 Satz 1 RVO). Da der Versicherungsfall der EU an strengere Voraussetzungen geknüpft ist als derjenige der BU, ist es nicht zu beanstanden, daß das LSG vorrangig geprüft hat, ob der Kläger berufsunfähig ist.
Ausgangspunkt für die Prüfung der BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der „bisherige Beruf”, den der Versicherte ausgeübt hat (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 107, 169). In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 130, 164). Nach diesen Grundsätzen hat das LSG zutreffend als bisherigen Beruf des Klägers den eines gehobenen Baufacharbeiters angenommen. Diesen Beruf kann der Kläger nach den bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG nicht mehr ausüben.
Damit ist der Kläger aber noch nicht berufsunfähig; dies ist erst der Fall, wenn ihm nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit benannt werden kann, die ihm sozial zumutbar ist und die er sowohl gesundheitlich als auch fachlich zu bewältigen vermag. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl zB BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 138, 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, dh der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl zB BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn 27, 33). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 143 mwN; SozR 3-2200 § 1246 Nr 5).
Nach diesen Kriterien ist der bisherige Beruf des Klägers der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters (oberer Bereich) zuzuordnen, wie es das LSG unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG zutreffend und insoweit von den Beteiligten unangegriffen getan hat. Der Kläger hat nach den Feststellungen des LSG keinen Beruf erlernt, also auch keinen (den Berufsschutz als Facharbeiter begründenden) anerkannten Ausbildungsberuf iS des § 25 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) mit mehr als zweijähriger Ausbildungszeit (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 140). Anhaltspunkte dafür, daß er einen entsprechenden Ausbildungsberuf wettbewerbsfähig ausgeübt hätte, ohne die erforderliche Ausbildung durchlaufen zu haben, wodurch er ebenfalls den Berufsschutz als Facharbeiter hätte erwerben können (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 168, 169), sind nicht ersichtlich. Bei der von ihm zuletzt ausgeübten Tätigkeit als gehobener Baufacharbeiter handelt es sich – unabhängig davon, welche der unter diesem Begriff zusammengefaßten Tätigkeiten er genau ausgeübt hat – nicht um eine Facharbeitertätigkeit iS des Mehrstufenschemas des BSG. Nach dessen ständiger Rechtsprechung (vgl etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr 140 mwN; Urteil vom 11. November 1986 – 4a RJ 85/85 –; Urteil vom 14. September 1995 – 5 RJ 10/95 –) gehören die sog gehobenen Baufacharbeiter des Baugewerbes aus der Tarifgruppe IV.4, in die auch der Kläger mit seinem bisherigen Beruf eingruppiert war, noch nicht zu den Facharbeitern iS des Mehrstufenschemas.
In der Bauwirtschaft werden unter der Bezeichnung „Baufacharbeiter” Personen mit einer Regelausbildung von nicht mehr als zwei Jahren beschäftigt, die nach dem Mehrstufenschema in den oberen Bereich der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten fallen. Zur Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters iS des Mehrstufenschemas gehört in Ansehung der nach § 25 BBiG erlassenen Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft (BauAusbVO) vom 8. Mai 1974 (BGBl I 1073) idF der Verordnung vom 17. Dezember 1984 (BGBl I 1599) nur, wer eine (Stufen-)Vollausbildung von 33 Monaten absolviert oder ohne Ausbildung eine entsprechend qualifizierte Tätigkeit vollwertig ausgeübt hat. Die Gruppe IV 3 des Lohntarifvertrages für das Baugewerbe umfaßt Arbeitnehmer, welche die erste Stufe der Vollausbildung, die nach 24 Monaten erreicht wird, abgeschlossen haben und danach zwei Jahre als Baufacharbeiter tätig gewesen sind; damit ist sie noch keine Facharbeitergruppe, weil die Regelausbildungszeit zwei Jahre nicht übersteigt. Die in Gruppe IV aufgeführten Tätigkeiten sind Facharbeitertätigkeiten auch nicht iS des Mehrstufenschemas gleichgestellt. Die Gruppe IV umfaßt zwar nicht nur angelernte Arbeiter, sondern ist auch Eingangslohngruppe für (echte) Facharbeiter nach Abschluß der Vollausbildung (Gruppe IV 1); eine solche Berufsanfängerlohngruppe für Facharbeiter ist aber nicht geeignet, der Lohngruppe IV insgesamt den Charakter einer Facharbeitergruppe zu verleihen (zur Wertigkeit von Facharbeitereingangsgruppen vgl Senatsurteile vom 17. Juni 1993 ≪SozR 3-2200 § 1246 Nr 32≫ und vom 23. Mai 1995 – 13 RJ 65/94).
Als Angehöriger der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich kann der Kläger nicht schlechthin auf das allgemeine Arbeitsfeld verwiesen werden. Vielmehr scheiden ungelernte Tätigkeiten nur ganz geringen qualitativen Wertes aus. Die zumutbaren Verweisungstätigkeiten müssen sich durch Qualitätsmerkmale, zB das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen (ständige Rechtsprechung, vgl BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 45 mwN). Solche Tätigkeiten werden in der Regel der Gruppe mit dem Leitbild des angelernten Arbeiters (unterer Bereich) zuzurechnen sein; aber auch durch Qualitätsmerkmale herausgehobene ungelernte berufliche Tätigkeiten kommen hierfür in Betracht. Aus dieser Einschränkung der Verweisbarkeit folgt, daß mindestens eine danach in Betracht kommende Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen ist (vgl BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 45).
Die vom LSG benannten Verweisungstätigkeiten (Warenaufmacher/Versandfertigmacher, Gerätezusammensetzer im Kleinapparatebau, Warensortierer, Montierer in der Metall- und Elektroindustrie) entsprechen diesen Anforderungen. Das LSG hat für den erkennenden Senat bindend (§ 163 SGG) festgestellt, daß zur Ausübung dieser Tätigkeiten eine Einarbeitungs- bzw Einweisungszeit erforderlich ist und es sich deshalb nicht um solche von ganz geringem Wert handelt. Damit wären die genannten Verweisungstätigkeiten für den Kläger sozial zumutbar.
Soweit das Berufungsgericht jedoch zu dem Ergebnis gekommen ist, eine Ausübung dieser Tätigkeiten sei dem Kläger mit dem ihm verbliebenen körperlichen und geistigen Leistungsvermögen noch möglich, beruht dieser Schluß auf tatsächlichen Feststellungen, die zum Teil verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sind und die der erkennende Senat daher seiner Entscheidung nicht zugrunde legen kann. Dies hat der Kläger auch mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen geltend gemacht.
Bei der Frage, ob ein Versicherter den geistigen Anforderungen an die in Aussicht genommene Verweisungstätigkeit genügt, ist ggf auch zu untersuchen, ob er die erforderliche Umstellungsfähigkeit besitzt. Je weiter sich die Verweisungstätigkeit von dem „bisherigen Beruf” entfernt, desto höhere Anforderungen stellt sie an diese Befähigung (vgl etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 33, 38). Bei einem Versicherten, der – wie offensichtlich der Kläger – während seines gesamten Berufslebens nur schwere körperliche Arbeit geleistet hat und sich bereits im mittleren Lebensalter befindet, kann nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden, daß er sich überhaupt und insbesondere in der zumutbaren Zeit von bis zu drei Monaten zB auf die Tätigkeit eines Gerätezusammensetzers im Kleinapparatebau umstellen kann, zumal diese in völlig anderer Umgebung zu verrichten und mit gänzlich anderen Bewegungs- und Betriebsabläufen als die bisherigen Arbeiten am Bau verbunden ist. Es sind daher entsprechende Ermittlungen (zB Durchführung psychologischer Eignungstests, vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 45) anzustellen, insbesondere wenn – wie hier – der Versicherte seine Umstellungsfähigkeit unter Beweisantritt bestreitet.
Die tatsächlichen Feststellungen, auf denen der Schluß des LSG auf eine für die in Aussicht genommenen Verweisungstätigkeiten ausreichende Leistungs- und Umstellungsfähigkeit des Klägers beruht, sind verfahrensfehlerhaft unter Verletzung der Amtsermittlungspflicht (vgl § 103 SGG) zustandegekommen. Aus den Ausführungen des LSG, es bestünden „keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit bei dem erst 53-jährigen Kläger”, ist zu entnehmen, daß es ohne weiteres vom Vorliegen einer auch für die konkret in Aussicht genommenen Verweisungstätigkeiten ausreichenden Umstellungsfähigkeit des Klägers ausgegangen ist. Zu dieser Beurteilung konnte die Vorinstanz nicht ohne einschlägige Sachkunde gelangen. Denn sie ist schwerlich mit der Einschätzung des medizinischen Sachverständigen Dr. S. … zu vereinbaren. Dieser hat ua ausgeführt, der Kläger sei nur noch zu geistig einfachen Arbeiten ohne besondere Anforderungen an das Konzentrationsvermögen in der Lage. Eine derartige Aussage war – in Verbindung mit dem Lebensalter und der bisherigen beruflichen Biographie des Klägers – dazu geeignet, schwerwiegende Zweifel an der Fähigkeit des Klägers zu begründen, die genannten Verweisungstätigkeiten überhaupt vollwertig ausführen und sich in der zumutbaren Dreimonatsfrist entsprechend umstellen zu können, zumal er ein solches Vermögen selbst bestritt. Das LSG mußte sich daher gedrängt fühlen, dem vom Kläger gestellten Beweisantrag, zu dieser Frage ein psychologisches Gutachten einzuholen, nachzukommen. Keinesfalls durfte es sich auf den Versuch beschränken, die betreffenden Feststellungen des Orthopäden Dr. S. … unter Rückgriff auf einen wenig aussagekräftigen Befund im Gutachten der Nervenärztin Dr. T. … und die insoweit ebenfalls nichtssagenden, von den behandelnden Ärzten eingeholten Befundberichte ohne eigene Sachkunde zu „widerlegen” (vgl dazu BSG SozR Nr 87 zu § 128 SGG). Dies gilt um so mehr, als weder Dr. T. … noch die behandelnden Ärzte dazu befragt worden waren, ob der Kläger noch über eine für die betreffenden Verweisungstätigkeiten ausreichende Leistungs- und Umstellungsfähigkeit verfüge.
Der Kläger hat diesen Verfahrensmangel im Revisionsverfahren auch in zulässiger und begründeter Weise gerügt. Zwar hat er sein Vorbringen insoweit eher als Divergenzrüge formuliert, der Sache nach jedoch das verfahrensfehlerhafte Vorgehen des Berufungsgerichts beanstandet. Es ist davon auszugehen, daß er dieses Verhalten des Berufungsgerichts zumindest auch als Verfahrensverstoß rügen wollte. Ob das LSG darüber hinaus durch sein partielles Abweichen von den gutachtlichen Feststellungen des Dr. S. … unter dem Gesichtspunkt einer „Überraschungsentscheidung” (vgl dazu BSG SozR 1500 § 62 Nr 20) den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (vgl § 62 SGG) verletzt hat, kann dahingestellt bleiben.
Da der erkennende Senat die noch erforderlichen Feststellungen im Revisionsverfahren nicht selbst treffen kann (vgl § 163 SGG), ist gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG eine Zurückverweisung der Sache an das LSG geboten. Bei der erneuten Behandlung wird das LSG die Umstellungsfähigkeit des Klägers für die in Aussicht genommenen Verweisungstätigkeiten durch Einholung eines psychologischen Gutachtens oder auf sonstige geeignete Weise zu prüfen haben. Außerdem ist eine konkretere Abgleichung des Leistungsvermögens des Klägers mit den Anforderungen dieser Tätigkeiten, als sie das LSG bisher vorgenommen hat, angezeigt. Sollte der Versicherungsfall der BU eingetreten sein, ist auch noch das – bisher offengebliebene – Vorliegen der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (vgl § 1247 Abs 2a RVO) zu klären. Schließlich wäre in diesem Fall zu untersuchen, ob der Kläger nicht sogar erwerbsunfähig ist.
Das LSG wird auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen