Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Heilmittelversorgung. in Einzelpraxis tätiger Leistungserbringer (hier: Ergotherapeutin). Erweiterung der Zulassung um eine Fachkraft, die ausschließlich Hausbesuche durchführen soll. Fehlen eines zusätzlichen Behandlungsraums
Leitsatz (amtlich)
Die Erweiterung der Zulassung eines in Einzelpraxis tätigen Heilmittelerbringers um eine Fachkraft darf nicht mangels eines dafür vorzuhaltenden zusätzlichen Behandlungsraums abgelehnt werden, wenn die Fachkraft ausschließlich Leistungen im Rahmen von Hausbesuchen im Umfang von bis zu 20 Wochenstunden erbringen soll.
Normenkette
SGB V § 124 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Fassung: 2003-04-03, Abs. 4 S. 1 Fassung: 2007-03-26, Abs. 5 Fassung: 2007-03-26, § 125 Abs. 1-2; GG Art 12 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Mai 2016 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Verpflichtungsausspruch aufgehoben und stattdessen festgestellt wird, dass die Beklagte einer Zulassungserweiterung nicht entgegenhalten darf, dass die Klägerin Leistungen der Ergotherapie durch eine für sie tätige Fachkraft erbringen möchte, die die für die Leistungserbringung erforderliche Ausbildung sowie eine zur Führung der Berufsbezeichnung Ergotherapeut/in berechtigende Erlaubnis besitzt und die im Umfang von bis zu 20 Wochenstunden ausschließlich im Rahmen von Hausbesuchen tätig wird.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erweiterung einer Zulassung im Bereich der Ergotherapie.
Die Klägerin ist Ergotherapeutin und betreibt seit 2011 eine zugelassene Einzelpraxis zur Erbringung von ergotherapeutischen Leistungen der Krankenversicherung allein durch sie persönlich. Die Praxis hat eine Gesamtnutzfläche von 46 qm und umfasst einen Behandlungsraum von 21,5 qm sowie einen weiteren Raum von 9,2 qm. Den Antrag der Klägerin auf Erweiterung ihrer Zulassung zum Einsatz eines freien Mitarbeiters/einer freien Mitarbeiterin, der/die im Umfang von 20 Wochenstunden ausschließlich Hausbesuche durchführen solle, lehnte die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Krankenkassen-Landesverband ab (Bescheid vom 4.6.2013; Widerspruchsbescheid vom 3.12.2013): Nach den einschlägigen Zulassungsempfehlungen sei zusätzlich zur Therapiefläche von mindestens 30 qm für jede zusätzlich gleichzeitig tätige Fachkraft ein weiterer Therapieraum von mindestens 12 qm vorzuhalten. Eine reine "Hausbesuchstätigkeit" sei zulassungsrechtlich nicht vorgesehen. Dies ergebe sich auch aus der Einbindung der Leistungserbringer in den Sicherstellungsauftrag der Krankenkassen.
Das SG hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen, weil eine Zulassung nebenbestimmungsfeindlich und in den Praxisräumen der Klägerin eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung durch eine weitere Fachkraft nicht gewährleistet sei (Urteil vom 3.6.2015).
Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG dieses Urteil aufgehoben und die Beklagte antragsgemäß zur Zulassungserweiterung verpflichtet: Die Zulassung sei nicht nur an eine bestimmte Person, sondern auch an bestimmte Räumlichkeiten gebunden. Anforderungen an die Größe der Räumlichkeiten zur Gewährleistung einer zweckmäßigen Leistungserbringung seien zwar grundsätzlich mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit vereinbar. Die Forderung der Beklagten nach einem weiteren Therapieraum von 12 qm für jede "zusätzliche gleichzeitig tätige Fachkraft" greife hier jedoch nicht, denn die Klägerin beabsichtige, die weitere Fachkraft ausschließlich mit Hausbesuchen zu beauftragen, sodass diese Person in den Praxisräumen gar nicht tätig wäre. Einem Heilmittelerbringer könne aber nicht das Bereithalten eines Behandlungsraums abverlangt werden, der nie benutzt werde. Lediglich der Zugelassene selbst bzw die fachliche Leitung der Praxis müsse grundsätzlich ganztägig als Behandler in der Praxis zur Verfügung stehen. Die begehrte Zulassungserweiterung einschließlich der Beschränkung auf Hausbesuche sei keine Nebenbestimmung iS von § 32 Abs 1 SGB X, sondern eine zulässige Bestimmung des Inhalts der Zulassung (Urteil vom 13.5.2016).
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 32 Abs 1 SGB X sowie § 124 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB V iVm Art 12 GG. Das Begehren der Klägerin nach einer auf Hausbesuche beschränkten Zulassung stehe im Widerspruch zu § 124 SGB V. Wegen der Nebenbestimmungsfeindlichkeit von Zulassungen könne die Tätigkeit der avisierten weiteren Fachkraft innerhalb der Praxisräume von den Zulassungsgremien nicht verhindert werden. Nur in den konkreten Praxisräumen seien die besten Voraussetzungen zur Heilmitteltherapie gegeben, sodass grundsätzlich in diesen Räumen eine Behandlung möglich sein müsse. Das sei hier nach den räumlichen Verhältnissen aber nicht gewährleistet. Die Einstellung von Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen nur für Hausbesuche berge zudem die Gefahr der Auslagerung von Praxistätigkeiten, was mit einer zweckmäßigen und wirtschaftlichen Leistungserbringung unvereinbar sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Mai 2016 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 3. Juni 2015 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Mai 2016 zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass unter Aufhebung des Verpflichtungsausspruchs des Landessozialgerichts stattdessen festgestellt wird, dass die Beklagte einer Zulassungserweiterung nicht entgegenhalten darf, dass sie (die Klägerin) Leistungen der Ergotherapie durch eine für sie tätige Fachkraft erbringen möchte, die die für die Leistungserbringung erforderliche Ausbildung sowie eine zur Führung der Berufsbezeichnung Ergotherapeut/in berechtigende Erlaubnis besitzt und im Umfang von bis zu 20 Wochenstunden ausschließlich im Rahmen von Hausbesuchen tätig wird.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Beklagten ist in der Sache im Wesentlichen unbegründet; allerdings war der Urteilsspruch des LSG in einen Feststellungstenor zu ändern.
1. Die Beklagte kann nicht verpflichtet werden, die Zulassung der Klägerin bereits jetzt um eine zusätzliche Fachkraft zu erweitern, ohne dass diese Fachkraft persönlich benannt ist. Denn die Zulassung erfolgt grundsätzlich personen- und praxisbezogen (vgl BSG SozR 4-2500 § 124 Nr 4 RdNr 28). Das Vorliegen der Voraussetzungen einer Zulassung nach § 124 Abs 2 SGB V muss vor ihrer Erteilung - jedenfalls (wie hier) beim erstmals neu vorgesehenen Einsatz von ergotherapeutischen Hilfskräften - grundsätzlich bezogen auf die konkret tätig werdenden Personen und die konkrete Praxisausstattung geprüft werden. Das gilt nicht nur für den die Praxis betreibenden Zulassungsinhaber selbst. Vielmehr müssen für alle in der Praxis zur Erbringung von Heilmitteln tätigen Personen die Voraussetzungen nach § 124 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V nachgewiesen sein. Die Beklagte als für die Erteilung der Zulassung zuständige Institution muss insoweit die Möglichkeit haben, im Vorfeld zu prüfen, ob die zur Leistungserbringung vorgesehene Person die erforderliche Ausbildung und eine zur Führung der Berufsbezeichnung berechtigende Erlaubnis besitzt. Dies lässt sich auch § 124 Abs 2 S 2 SGB V entnehmen. Da die Klägerin der Beklagten eine solche konkrete Person (noch) nicht benannt hat, kam mangels "Entscheidungsreife" als sachgerechter Antrag - neben dem Begehren auf Aufhebung der angefochtenen abschlägigen Entscheidung der Beklagten - nur ein Feststellungsantrag in Betracht bzw bezogen auf die Urteilsformel nur ein Feststellungstenor.
2. Im Umfang der im Revisionsverfahren hilfsweise beantragten Feststellung, dass eine Zulassungserweiterung für eine zusätzliche Fachkraft, die in dem vorgesehenen Umfang ausschließlich Hausbesuche erbringt, nicht mangels eines weiteren Behandlungsraums abgelehnt werden darf, ist die Klage zulässig (hierzu a) und begründet (hierzu b). Deshalb ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
a) Der Wechsel von der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zur kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage stellt nach § 99 Abs 3 Nr 2 SGG bei materiell unverändert gebliebenem Klagegrund keine im Revisionsverfahren nach § 168 S 1 SGG ausgeschlossene Klageänderung dar. Vielmehr hätte bereits im Berufungsverfahren erwogen werden können, insoweit auf eine entsprechende Antragstellung hinzuwirken (vgl § 106 Abs 1 SGG).
aa) An der begehrten Feststellung iS von § 55 Abs 1 Nr 1 SGG hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse. Die Klägerin benötigt für den Einsatz einer freien Mitarbeiterin eine Zulassungserweiterung, denn sie verfügt bisher lediglich über eine ausschließlich sie selbst zur persönlichen Leistungserbringung berechtigende Zulassung. Die Klägerin ist nicht auf die - zwar grundsätzlich vorrangige - Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zu verweisen, denn sie kann unternehmerische Entscheidungen in diesem Zusammenhang zumutbar erst treffen, wenn die Zulassungsfrage grundsätzlich geklärt ist. Der Abschluss einer verbindlichen Vereinbarung zur freien Mitarbeit mit einer bestimmten Fachkraft ist bei noch ungeklärter Zulassungssituation nicht zumutbar (vgl zum Feststellungsinteresse im Leistungserbringungsrecht für Heilmittel allgemein zB BSG SozR 4-2500 § 125 Nr 2 RdNr 9 f), und es ist zudem zu erwarten, dass der Streitfall mit der gerichtlichen Feststellung endgültig geklärt ist (vgl dazu zB Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 55 RdNr 19c mwN).
bb) Bei der Feststellung, dass die Beklagte einer Zulassungserweiterung nicht entgegenhalten darf, dass die Klägerin auf Hausbesuche beschränkte Leistungen der Ergotherapie durch eine für sie tätige Fachkraft in dem genannten Umfang erbringen möchte, handelt es sich auch nicht um eine dem Gleichordnungsverhältnis zwischen den Beteiligten zuzuordnende Entscheidung, die mit vertraglichen Mitteln zu klären wäre. Die Beklagte ist vielmehr befugt, einseitig durch Verwaltungsakt über die Berechtigung der Klägerin zu entscheiden, auf Hausbesuche im Umfang von bis zu 20 Wochenstunden beschränkte Leistungen durch eine freie Mitarbeiterin zu erbringen. Es geht dabei nämlich nicht lediglich - wie beim Streit über den Inhalt einer Abrechnungsbefugnis bezüglich bestimmter, zusätzliche Qualifikationen erfordernde Leistungen - um Modalitäten und Bedingungen der Leistungserbringung, die in Rahmenverträgen nach § 125 Abs 2 S 1 SGB V zu regeln sind (vgl dazu ausführlich BSG SozR 4-2500 § 124 Nr 1 RdNr 10 f, 14; sowie BSGE 122, 286 = SozR 4-2500 § 125 Nr 9, RdNr 13 unter Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 125 Nr 6 RdNr 11). Es geht vielmehr um die Frage, ob die Klägerin auch dann noch über eine die zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleistende Praxisausstattung iS von § 124 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB V verfügt, wenn sie eine weitere Fachkraft im Rahmen von Hausbesuchen einsetzt. Dass die Beklagte hierüber einseitig durch Verwaltungsakt entscheiden darf, ergibt sich aus § 124 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB V.
cc) Vor diesem Hintergrund steht der begehrten Feststellung - entgegen der Ansicht der Beklagten und des SG - auch § 32 Abs 1 SGB X nicht entgegen. Danach darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden. Ein Ausschlussgrund ist insoweit nicht erkennbar. Die Beschränkung auf Hausbesuche soll nämlich gerade sicherstellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung in Bezug auf die Anforderungen an eine hinreichende ergotherapeutische Praxisausstattung nach § 124 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB V erfüllt werden bzw erfüllt bleiben. Es handelt sich daher bei einer entsprechenden Zulassungsbeschränkung um eine § 32 Abs 1 SGB X nicht entgegenstehende Bestimmung des Inhalts der Zulassung.
b) Das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die von der Klägerin begehrte Zulassungserweiterung für die zusätzliche Tätigkeit einer in freier Mitarbeit eingesetzten Fachkraft, die ausschließlich Hausbesuche in dem vorgesehenen Umfang erbringt, nicht mangels eines fehlenden Behandlungsraums abgelehnt werden darf (im Übrigen zur Möglichkeit des Einsatzes freier Mitarbeiter bei der Heilmittelabgabe vgl BSG SozR 3-2500 § 124 Nr 1). Denn selbst die Zulassungsempfehlungen des GKV-Spitzenverbands verlangen einen zusätzlichen Behandlungsraum für jede neben dem Zulassungsinhaber tätige Fachkraft lediglich dann, wenn diese zeitgleich in der Praxis tätig wird (hierzu aa). Die betriebsbezogenen Voraussetzungen der Zulassung von Heilmittelerbringern dürfen den Zulassungsanspruch nicht über die gesetzlichen Anforderungen hinaus unverhältnismäßig einschränken (hierzu bb). Eine andere Auslegung in Bezug auf die Anforderungen an die Praxisausstattung scheidet daher sowohl im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung aus (hierzu cc) als auch im Hinblick auf die durch Art 12 Abs 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit (hierzu dd).
aa) Der GKV-Spitzenverband (vgl § 217a SGB V) hat in der "Zulassungsempfehlung nach § 124 Abs. 4 SGB V für Heilmittelerbringer" (in der zur Zeit der Verwaltungsentscheidung der Beklagten geltenden Fassung vom 29.2.2012 - mit Wirkung ab 1.3.2012 und insoweit inhaltlich unverändert in der aktuellen, ab 1.12.2018 geltenden Fassung vom 26.11.2018) die Anforderungen an eine die zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleistende Praxisausstattung iS von § 124 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB V konkretisiert. Danach muss die Therapiefläche mindestens in einem Raum 12 qm umfassen, und für jede - neben dem Zulassungsinhaber selbst - "zusätzliche gleichzeitig tätige Fachkraft" ist ein weiterer Therapieraum von mindestens 12 qm erforderlich (Teil 2, Abschnitt D Ergotherapie, 2. Praxisausstattung idF vom 29.2.2012 sowie idF vom 26.11.2018).
Das Kriterium "zusätzlich und gleichzeitig" im Sinne der Zulassungsempfehlungen bedeutet der Sache nach, dass die weitere Fachkraft zur gleichen Zeit in der gleichen Praxis Heilmittel erbringt. Inzwischen stellt die aktuelle Fassung der Zulassungsempfehlung insoweit ausdrücklich klar, dass die Vorhaltung weiterer Behandlungsräume für zusätzlich gleichzeitig tätige Therapeuten nicht erforderlich ist, wenn sich die Arbeitszeiten der Therapeuten nicht überschneiden (vgl Teil 1, 8.9 der Zulassungsempfehlung idF vom 26.11.2018). Bei Hausbesuchen findet ebenfalls keine gleichzeitige Leistungserbringung in der Praxis statt, selbst wenn sich die Arbeitszeiten überschneiden.
bb) Die Zulassung von Heilmittelerbringern (§ 124 Abs 5 SGB V) bezieht sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats (so zuletzt ausdrücklich BSG SozR 4-2500 § 124 Nr 4, insbesondere RdNr 28; vgl zur Raumhöhe auch BSGE 78, 125 = SozR 3-2500 § 124 Nr 5) neben der Person des Heilmittelerbringers auch auf das konkrete Unternehmen und die jeweilige Betriebsstätte. Sie ist also nicht nur personen-, sondern auch praxisbezogen, denn sie setzt nach § 124 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB V eine Praxisausstattung voraus, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleistet. Diese ausdrückliche gesetzliche Normierung zeigt, dass den sachlichen, betriebsbezogenen Voraussetzungen an die Ausstattung der Praxisräume bei der Zulassungsentscheidung durch die Behörde nicht weniger Gewicht zukommt, als den in § 124 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V aufgestellten persönlichen Voraussetzungen.
Untergesetzliche Regelungen, wie die einseitig vom GKV-Spitzenverband gemäß § 124 Abs 4 S 1 SGB V erlassenen Zulassungsempfehlungen oder vertragliche Vereinbarungen, wie Rahmenempfehlungen zur Versorgung mit Heilmitteln nach § 125 Abs 1 SGB V oder weitere Verträge nach § 125 Abs 2 SGB V sind an diesen gesetzlichen Vorgaben zu messen (vgl hierzu bereits BSG SozR 3-2500 § 124 Nr 5 S 39 f). Sie dürfen daher einen gesetzlich gegebenen Zulassungsanspruch nicht unverhältnismäßig einschränken, sondern die gesetzlichen Vorgaben lediglich konkretisieren. Deshalb dienen die Zulassungsempfehlungen des GKV-Spitzenverbands nach § 124 Abs 4 SGB V ausschließlich der einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen nach § 124 Abs 2 SGB V. Anforderungen an die Praxisausstattung, die im Hinblick auf eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung iS des § 124 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB V nicht erforderlich sind, sind von der gesetzlichen Ermächtigung nicht gedeckt.
cc) Vor diesem Hintergrund sind die Zulassungsempfehlungen - anders als die Beklagte meint - nicht so auszulegen, dass ein weiterer Therapieraum für jede Fachkraft vorzuhalten ist, unabhängig davon, welche Leistungen sie erbringt. Eine generelle Ablehnung der Zulassungserweiterung mit dem Argument, es dürfe nicht nach einzelnen Leistungen unterschieden werden, ist nicht statthaft. Unterscheidungen zwischen verschiedenen Leistungen sind - jedenfalls auf der Ebene der Abrechnungsbefugnis - beispielsweise auch dann erforderlich, wenn Weiterbildungserfordernisse nur für bestimmte Leistungen bestehen. Solche Unterschiede rechtfertigen es nicht, die Leistungserbringung generell nur unter den erhöhten Anforderungen zuzulassen.
Eine ergotherapeutische Fachkraft, die ausschließlich Leistungen im Rahmen von Hausbesuchen erbringt, wird faktisch nicht (zeitgleich) in der Praxis tätig. Im Hinblick auf eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung iS des § 124 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB V ist das Vorhalten eines weiteren Behandlungsraums für eine Fachkraft, die ausschließlich Hausbesuche erbringt, nicht erforderlich. Ein Zusammenhang zwischen der Anzahl und Größe der in der Praxis vorgehaltenen Behandlungsräume und der Qualität oder Wirtschaftlichkeit von Leistungen im Rahmen von Hausbesuchen ist nicht erkennbar. Weder wirkt sich ein zusätzlicher Behandlungsraum erkennbar auf die Qualität der in der Praxis selbst erbrachten ergotherapeutischen Leistungen aus, noch auf die außerhalb der Praxis im Hausbesuch erbrachten Behandlungen.
Die von der Beklagten für ihre gegenteilige Position ins Feld geführte Gefahr einer unzweckmäßigen und unwirtschaftlichen Verlagerung der Leistungserbringung aus den Praxisräumen heraus auf Hausbesuche sieht der erkennende Senat nicht. Zum einen entscheidet nicht der Leistungserbringer selbst darüber, wo die Behandlung zu erbringen ist, vielmehr dürfen Hausbesuche ohnehin nur auf ausdrückliche ärztliche Verordnung erbracht werden (vgl § 3 Abs 1, § 11 der Heilmittel-Richtlinie des GBA). Darüber hinaus trägt gerade der von der Klägerin angestrebte Einsatz eines freien Mitarbeiters/einer freien Mitarbeiterin dem Umstand Rechnung, dass Anzahl und Umfang solcher Verordnungen im Vorfeld schwer zu kalkulieren sind. Sollten Hausbesuchsverordnungen nicht oder nur im geringen Umfang anfallen, läuft die erweiterte Zulassung sowieso ganz oder weitgehend ins Leere.
Im Hinblick auf die Sicherstellung einer wirksamen und wirtschaftlichen ambulanten Heilmittelversorgung bietet der von der Klägerin geplante Einsatz einer zusätzlichen Fachkraft für die Leistungserbringung im Rahmen von Hausbesuchen schließlich sogar Vorteile: Sowohl nach den Zulassungsempfehlungen des GKV-Spitzenverbands, als auch nach den Gemeinsamen Rahmenempfehlungen nach § 125 Abs 1 SGB V der Partner auf Bundesebene und nach dem zwischen der Beklagten und dem Verband der Ergotherapeuten geschlossenen Rahmenvertrag nach § 125 Abs 2 SGB V hat der Leistungserbringer bzw der fachliche Leiter als Behandler grundsätzlich ganztägig persönlich in seiner Praxis zur Verfügung zu stehen oder die Behandlung anderweitig sicherzustellen. Diese Präsenzpflicht dient der ganztägigen Erreichbarkeit und Sicherstellung der Versorgung der Versicherten. Zwar sind Hausbesuche hiervon ausdrücklich ausgenommen; dennoch wird der Zweck weitergehend verwirklicht, wenn die Hausbesuche durch eine zusätzliche Fachkraft abgedeckt werden. Zudem sahen sich die Partner dieser Vereinbarung und der Gemeinsamen Rahmenempfehlungen nach § 125 Abs 1 SGB V veranlasst, ausdrücklich zu regeln, dass vertragsärztlich verordnete Hausbesuche vom nächstliegenden Heilmittelerbringer nicht abgelehnt werden dürfen. Das fördert nicht eine Verlagerung der Leistungserbringung auf Hausbesuche, sondern spricht eher dafür, dass die Gefahr einer Unterversorgung im Bereich der Hausbesuche gesehen wurde.
Die von der Beklagten "befürchteten" Wettbewerbsvorteile von Praxen, die Hausbesuche ohne die Vorhaltung eines weiteren Behandlungsraums durch eine zusätzliche Fachkraft erbringen lassen, können dem Begehren der Klägerin nicht entgegenstehen. Die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung wird nämlich allenfalls eher günstig beeinflusst, wenn vorhandene Ressourcen optimal genutzt werden.
Der Senat hat schließlich nicht darüber zu entscheiden, ob Leistungserbringer zuzulassen wären, die über gar keine Behandlungsräume verfügen und ausschließlich Hausbesuche erbringen möchten oder die bei geringer Anzahl von Präsenzkräften und Behandlungsräumen gleich mehrere Fachkräfte ausschließlich für Hausbesuche einsetzen möchten. Denn eine solche Konstellation besteht jedenfalls nicht, wenn - wie hier - eine für die Zulassungsinhaberin allein hinreichende Praxisausstattung vorhanden ist und der Umfang der auf Hausbesuche beschränkten Tätigkeit der weiteren Fachkraft auf 20 Wochenstunden begrenzt ist.
ee) Eine vom Vorstehenden abweichende Auslegung der Bestimmungen über die räumlichen Mindestanforderungen ergotherapeutischer Praxen scheidet auch unter Berücksichtigung von Art 12 Abs 1 GG aus. Die Berechtigung von Leistungserbringern, an der Versorgung der Versicherten der GKV teilzunehmen und Leistungen im gesetzlich vorgesehenen Umfang und entsprechender Qualität zulasten der GKV erbringen zu dürfen, steht unter dem Schutz der Berufsfreiheit nach Art 12 Abs 1 GG (vgl dazu nur BVerfGE 11, 30 = SozR Nr 15 zu § 368a RVO; BVerfGE 25, 236 = SozR Nr 78 zu Art 3 GG; BSG SozR 4-2500 § 124 Nr 2 RdNr 15). Dabei schränken Anforderungen an die Praxisräume als Regelungen zur Qualitätssicherung den Heilmittelerbringer zwar nicht schon in seiner Freiheit zur Berufswahl ein, sondern erst in seiner Berufsausübungsfreiheit. Nach der vom BVerfG zur Berufsfreiheit entwickelten Stufentheorie (BVerfGE 7, 377, 404 ff ≪Apotheken-Urteil≫) ist der Rechtfertigungsbedarf nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit für Berufsausübungsregelungen geringer als für Berufswahlreglementierungen (vgl zum Ganzen zuletzt zB BSG Urteil vom 16.3.2017 - B 3 KR 14/16 R - Juris RdNr 31 mwN = GesR 2017, 705). Berufsausübungsregelungen sind danach bereits zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden, das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (BVerfGE 30, 292, 316 ff; 68, 272, 282 ff; 71, 183, 198 ff; 93, 362, 369 ff). Für die Forderung nach einem weiteren Therapieraum zum Einsatz einer ergotherapeutischen Fachkraft, die lediglich Leistungen im vorgesehen Umfang durch Hausbesuche erbringt, bestehen jedoch ausgehend von den obigen Erwägungen (siehe unter dd) keine erkennbaren hinreichenden Gemeinwohlgründe.
ff) Die Praxis der Klägerin ist nach den aufgezeigten Anforderungen der Zulassungsempfehlungen räumlich hinreichend ausgestattet. Ein weiterer Therapieraum in der erforderlichen Mindestgröße ist von der Klägerin für den Einsatz einer weiteren Fachkraft, die lediglich Hausbesuche erbringt, nicht vorzuhalten.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO; diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 GKG.
Fundstellen