Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Risikostrukturausgleich. Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben für ärztliche und zahnärztliche Behandlung. Berücksichtigung von Kranken- und Mutterschaftsgeld. Einbeziehung von Familienangehörigen im Ausland
Leitsatz (amtlich)
- Im Risikostrukturausgleich sind die standardisierten Leistungsausgaben für ärztliche und zahnärztliche Behandlung nicht anhand vereinbarter Kopfpauschalen, sondern anhand der im Honorarverteilungsmaßstab festgesetzten Vergütungen zu ermitteln.
- Zu den standardisierten Leistungsausgaben gehören auch das Krankengeld und das Mutterschaftsgeld, obwohl das Arbeitsentgelt sowohl die Höhe der Beitragseinnahmen als auch die Höhe dieser Leistungen beeinflusst.
- In den Risikostrukturausgleich sind die im Ausland lebenden Familienversicherten einzubeziehen, auch wenn die Krankenkassen für sie an ausländische Träger nur Pauschalbeträge zahlen, die unter den standardisierten Leistungsausgaben für Familienversicherte liegen.
Normenkette
SGB V § 266 Abs. 2 S. 3, Abs. 4, § 267 Abs. 3 S. 1, Abs. 5, § 85 Abs. 2 S. 2 Hs. 2, S. 3; RSAV § 4 Abs. 1 S. 1 Nrn. 3-4, Abs. 2 Nrn. 2-4
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die klagende Ersatzkasse beanstandet die Berechnung des Jahresausgleichs im Risikostrukturausgleich (RSA) nach den §§ 266, 267 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) für die Jahre 1994 und 1995.
Das Bundesversicherungsamt (BVA) setzte zu Gunsten der Klägerin mit zwei Bescheiden vom 4. Dezember 1996 zur “Berechnung des Jahresausgleichs nach § 25 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (RSAV) für das Kalenderjahr 1994” für den Bereich West einen Ausgleichsbetrag von 14.919.464,42 DM und für den Bereich Ost einen Ausgleichsbetrag von 64.446.283,74 DM fest. Mit zwei weiteren Bescheiden vom 4. Dezember 1996 zur “Berechnung des Jahresausgleichs nach § 19 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (RSAV) für das Kalenderjahr 1995 – zugleich Abrechnung der KVdR-Beiträge nach § 255 Abs 4 SGB V” nebst Anlagen verlangte das BVA von der Klägerin die Zahlung von 572.856.509,93 DM für den Bereich West und die Zahlung von 181.612.365,26 DM für den Bereich Ost. Die Klägerin zahlte die geforderten Beträge unter Vorbehalt.
Die Klägerin hat gegen die Bescheide Klage erhoben. Sie hat sinngemäß geltend gemacht, ihr Beitragsbedarf sei zu niedrig und damit ihre Ausgleichsverpflichtung zu hoch festgesetzt worden. Die Verhältniswerte im Bereich der ambulanten ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung seien rechtswidrig, weil das BVA zur Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben für die jeweilige Versichertengruppe vom Verteilungsmaßstab zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen (KÄV) oder Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZÄV) und den Ärzten oder Zahnärzten ausgehe. Es habe stattdessen die von der jeweiligen Krankenkasse tatsächlich gezahlte Gesamtvergütung nach Kopfpauschalen heranziehen müssen. Bei der Ermittlung der standardisierten Leistungen an Krankengeld und Mutterschaftsgeld sei die Grundlohnkomponente zu berücksichtigen. Diese Leistungen würden im RSA als standardisierte Leistungsaufwendungen behandelt. Der Anteil an ihnen, der auf überdurchschnittlich hohen beitragspflichtigen Einnahmen beruhe, werde hingegen nicht berücksichtigt. Schließlich sei die Einbeziehung der Versicherungszeiten im Ausland lebender Familienangehöriger ausländischer Mitglieder rechtswidrig. Die vom inländischen Krankenversicherungsträger für diesen Personenkreis zu tragenden Kosten seien geringer als der im RSA pro Kopf zugerechnete Beitragsbedarf und stehe hierzu in einem auffälligen Missverhältnis.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Urteil vom 6. Januar 2000 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 23. Oktober 2001 zurückgewiesen.
Die Klägerin hat Revision eingelegt und ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Sie beantragt,
das Urteil des LSG vom 23. Oktober 2001 – L 5 KR 15/00 – und das Urteil des SG vom 6. Januar 2000 – S 34 KR 214/97 – sowie die Bescheide der Beklagten vom 4. Dezember 1996 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat ihre Berufung zu Recht zurückgewiesen. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die Angriffe der Revision gegen die angefochtenen Bescheide nicht durchgreifen.
1. Der RSA ist in den §§ 266, 267 SGB V und in der nach § 266 Abs 7 SGB V ergangenen RSAV geregelt. Nach Satz 1 des § 266 Abs 1 SGB V wird zwischen den Krankenkassen jährlich ein RSA durchgeführt. Die Sätze 2 und 3 unterscheiden die ausgleichsfähigen von den nicht ausgleichsfähigen Faktoren. Der RSA beschränkt sich nach Satz 2 auf die finanziellen Auswirkungen der folgenden vier Faktoren: (1) Unterschiede in der Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder, (2) Unterschiede in der Zahl der nach § 10 beitragsfrei familienversicherten Angehörigen, (3) Unterschiede in der Verteilung der Versicherten nach Alter, (4) Unterschiede in der Verteilung der Versicherten nach Geschlecht. Andere Faktoren sind nach Satz 3 nicht ausgleichsfähig (vgl auch § 4 Abs 2 RSAV). Hierzu gehören etwa ein überdurchschnittliches Versorgungsniveau, satzungsmäßige Mehrleistungen und hohe Verwaltungskosten.
2. Die Höhe des Ausgleichsanspruchs oder der Ausgleichsverpflichtung einer Krankenkasse wird durch Vergleich ihres Beitragsbedarfs mit ihrer Finanzkraft ermittelt (§ 266 Abs 2 Satz 1 SGB V). Die Finanzkraft einer Kasse ist nach § 266 Abs 3 Satz 1 SGB V das Produkt aus den beitragspflichtigen Einnahmen ihrer Mitglieder und dem Ausgleichsbedarfssatz. Dieser entspricht dem Verhältnis der Beitragsbedarfssumme aller Kassen zur Summe der beitragspflichtigen Einnahmen ihrer Mitglieder (Satz 2) und ist in Hundertsteln festzusetzen (Satz 3). Nach § 266 Abs 2 Satz 2 SGB V ist der Beitragsbedarf einer Kasse die Summe ihrer standardisierten Leistungsausgaben. Diese werden gemäß § 266 Abs 2 Satz 3 SGB V je Versicherten auf der Basis der durchschnittlichen Leistungsausgaben je Versicherten aller Kassen so bestimmt, dass das Verhältnis der standardisierten Leistungsausgaben je Versicherten der Versichertengruppen zueinander dem Verhältnis der nach § 267 Abs 3 SGB V für alle Kassen ermittelten durchschnittlichen Leistungsausgaben je Versicherten der Versichertengruppen nach Abs 2 dieser Vorschrift entspricht.
3. Das BVA ist bei der Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben iS des § 266 Abs 2 Satz 3 SGB V zu Recht von denjenigen Beträgen ausgegangen, die den Ärzten oder Zahnärzten von den zuständigen KÄVen oder KZÄVen im Wege der Honorarverteilung gezahlt werden. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, für die Ermittlung des Beitragsbedarfs sei die von der jeweiligen Krankenkasse an die KÄVen oder KZÄVen nach Kopfpauschalen gezahlte Gesamtvergütung heranzuziehen.
a) Die Vergütung der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, ärztlich geleiteten Einrichtungen und Zahnärzte wird von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen mit den KÄVen und KZÄVen durch Gesamtverträge geregelt (vgl § 83 SGB V). Danach entrichten die Kassen an die jeweilige KÄVen oder KZÄVen mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung aller Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der KÄVen oder KZÄVen einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen (vgl § 85 Abs 1 Satz 1 SGB V). Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen (vgl § 85 Abs 2 Satz 2 1. Halbsatz SGB V). Zwar kann die Gesamtvergütung als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt (vgl § 85 Abs 2 Satz 2 2. Halbsatz SGB V). In der Praxis der letzten Jahre haben sich jedoch Kopfpauschalen als durchgängig vereinbarte Vergütungsform durchgesetzt (vgl Engelhard in Hauck/Haines, SGB V, K § 85 RdNr 95, Stand Dezember 2000; Behnsen, MedR 1998, 51). Kopfpauschalen sind derjenige Pauschalbetrag, den eine Kasse im Rahmen der Gesamtvergütung an die KÄVen oder KZÄVen unabhängig von Alter, Geschlecht oder individuellem Krankheitsrisiko für jedes Mitglied zu zahlen hat. Sie werden im Rahmen der Vertragsverhandlungen so bemessen, dass durch die Summe aller von einer Kasse an die KÄVen oder KZÄVen gezahlten Kopfpauschalen der Behandlungsaufwand der Ärzte und Zahnärzte für sämtliche Versicherten der Kasse vergütet wird.
Der Übergang von der früher vorübergehend praktizierten Einzelleistungsvergütung zur Vergütung nach Kopfpauschalen fand im Jahr 1987 im Zuge der Reform des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes statt. Dabei wurden die Kopfpauschalen auf der Grundlage der bis dahin gezahlten Summe aller Einzelleistungsvergütungen einer Kasse kalkuliert. Dies führte bei den Ersatzkassen zu höheren Kopfpauschalen als bei Kassen anderer Kassenarten, zumal die Ersatzkassen für die Behandlung ihrer Versicherten seit jeher höhere Arzthonorare gezahlt hatten. Sie hatten sich die höheren Honorare wegen der überdurchschnittlich hohen Grundlohnsumme ihrer Mitglieder “leisten können” und sich hierdurch eine bessere Versorgung ihrer Mitglieder sowie Wettbewerbsvorteile versprochen (dazu Ballast, ErsK 2000, S 139, 140). In der Folgezeit wurde die Höhe der Kopfpauschalen nach der Entwicklung der Grundlöhne (bis 1988) oder der beitragspflichtigen Einnahmen (ab 1989) bei den Mitgliedern einer Kasse angepasst. Wegen der höheren Beitragseinnahmen konnten die Ersatzkassen im Vergleich zu anderen Kassen höhere Kopfpauschalen zahlen, ohne den Beitragssatz über das Niveau anderer Kassen hinaus anheben zu müssen. Seit Einführung des RSA wird die Finanzkraft von Kassen jedoch zu Gunsten anderer Kassen “abgeschöpft”, soweit ihr nicht mindestens ein gleich hoher Beitragsbedarf gegenübersteht. Den Ersatzkassen ist es seit Einführung des RSA nicht gelungen, mit den KÄVen und KZÄVen eine Absenkung der Kopfpauschalen zu vereinbaren. Sie zahlen an diese weiterhin eine Gesamtvergütung auf der Grundlage der bisherigen Kopfpauschalen, während im RSA der Beitragsbedarf nur nach Maßgabe der vertragsärztlichen Vergütung ermittelt wird. Die tatsächlichen Ausgaben der Ersatzkassen liegen daher bei der ärztlichen Behandlung etwa 10 vH über demjenigen Betrag, der sich im RSA als Beitragsbedarf ergibt, was in etwa dem Punktwertabstand zwischen den Ersatzkassen und den “Primärkassen” im Jahre 1987 entspricht (Ballast, ErsK 2000, S 139, 140).
b) Die klagende Ersatzkasse ist der Ansicht, der Beitragsbedarf müsse anhand der Kopfpauschalen ermittelt werden, weil in ihnen die tatsächliche finanzielle Belastung der Kassen zum Ausdruck käme. Die vom BVA für die standardisierten Leistungsausgaben herangezogenen Abrechungsmaßstäbe zwischen den Ärzten (Zahnärzten) und den KÄVen (KZÄVen) finde demgegenüber in den §§ 266, 267 SGB V keine Grundlage. Das Wort “Leistungsausgabe” spreche für die Berücksichtigung der tatsächlichen Ausgaben der Kassen, also der gezahlten Kopfpauschalen. Es sei fraglich, ob die §§ 4, 5 RSAV hiermit in Einklang stünden. Wenn das Gesetz von “standardisierten” Leistungsausgaben spreche, solle damit nur eine Vereinheitlichung nach einem bestimmten Muster gewährleistet und die Berücksichtigung von freiwilligen Mehr- und Ermessensleistungen ausgeschlossen werden. Der Ausdruck besage aber nichts darüber, auf welcher Basis diese Leistungsausgaben zu ermitteln seien. Dieses könne auch anhand der geleisteten Gesamtvergütung geschehen. Das höhere Vergütungsniveau der Ersatzkassen lasse sich im derzeit geltenden Vergütungssystem nicht auf das Niveau der Primärkassen absenken. Somit würden Ersatzkassen im RSA dauerhaft benachteiligt.
c) Die Revision dringt mit diesem Vorbringen nicht durch. Das BVA war weder berechtigt noch verpflichtet, für ärztliche Behandlung die von der Beklagten an die KÄVen und KZÄVen gezahlten Kopfpauschalen anzusetzen. Vielmehr musste es bei den standardisierten Leistungsausgaben von denjenigen Beträgen (Honoraren) ausgehen, die sich bei den einzelnen Stichproben durch Multiplikation der zwischen Ärzten (Zahnärzten) und KÄVen (KZÄVen) abgerechneten Punktzahlen mit den durchschnittlichen Punktwerten der jeweiligen Krankenkasse ergab.
Nach § 267 Abs 3 Satz 1 SGB V erheben die Krankenkassen die standardisierten Leistungsausgaben und Krankengeldtage getrennt nach Altersgruppen und nach Geschlecht der Versicherten. § 266 Abs 2 Satz 3 SGB V verlangt die Ermittlung der “standardisierten Leistungsausgaben je Versicherten … auf der Basis der durchschnittlichen Leistungsausgaben je Versicherten”. Die Kasse erhält im RSA als Beitragsbedarf für jeden Versicherten somit denjenigen Betrag “gutgeschrieben”, der sich im Bundesdurchschnitt für die Versicherten der jeweiligen Versichertengruppe ergeben hat. Der Beitragsbedarf einer Kasse wird nicht nach ihren tatsächlichen, sondern nach den standardisierten durchschnittlichen Leistungsausgaben aller Kassen bemessen (vgl BT-Drucks 12/3608 S 117 zu Nr 126 – § 266 Abs 3). Dieser Grundsatz des RSA würde teilweise durchbrochen, wenn jede Kasse bei der ärztlichen Behandlung als Beitragsbedarf den Ansatz der von ihr vereinbarten Kopfpauschalen verlangen könnte.
Kopfpauschalen sind zwar ebenfalls Durchschnittswerte, die im weitesten Sinne die Leistungsausgaben einer Kasse für den Bereich der ärztlichen Behandlung “standardisieren”. Mit ihnen wird jedoch weder ein bundesweiter Durchschnittswert für alle Kassen bezeichnet noch sind ihm Standards für die Behandlungskosten der einzelnen im RSA zu bildenden Risiko- oder Versichertengruppen zu entnehmen. Wäre im RSA allein auf die Höhe der von einer Kasse zu zahlenden Kopfpauschalen abzustellen, erhielte man zwar den Betrag, den die jeweilige Kasse gerade für ihre Versicherten insgesamt und im Durchschnitt für jedes ihrer Mitglieder aufzuwenden hat. Aus der Höhe der Kopfpauschalen kann jedoch nicht auf die “durchschnittliche Risikobelastung” der Kasse und damit nicht auf ihre Risikostruktur geschlossen werden, zumal die Kopfpauschale ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Behandlungsaufwand, Alter und Geschlecht für jedes Mitglied in gleicher Höhe festgesetzt wird.
§ 267 Abs 5 Satz 5 SGB V ordnet an, dass die KÄVen oder KZÄVen und sonstige Leistungserbringer ihre Abrechnungsdaten zur Verfügung stellen, soweit dies zur Erfassung der standardisierten Leistungsausgaben erforderlich ist. Für diese Datenerhebung verwenden die Kassen auf der Krankenversichertenkarte Kennzeichen für die einzelnen Mitgliedergruppen (§ 267 Abs 5 Satz 1 SGB V). Diese werden von den Ärzten auf die für die vertragsärztliche Versorgung verbindlichen Verordnungsblätter und Überweisungsscheine übertragen (aaO Satz 2) und bei der Leistungsabrechnung mit den KÄVen und KZÄVen verwendet (aaO Satz 3). Dieser Verpflichtungen bedürfte es nicht, wenn es zur Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben auf die Höhe der vereinbarten Kopfpauschalen ankäme. Denn jeder Kasse ist zwar die Höhe der von ihr gezahlten Kopfpauschalen, nicht jedoch die Höhe der Leistungsaufwendungen für die einzelnen Versicherten bekannt.
Kopfpauschalen werden zudem nur für Mitglieder gezahlt. Zu ihnen gehören die nach § 10 SGB V versicherten Familienangehörigen nicht. Nach § 266 Abs 2 Satz 3 SGB V sind jedoch nicht nur die standardisierten Leistungsausgaben der Mitglieder, sondern diejenigen aller Versicherten einer Kasse zu erfassen. Beim RSA geht es darum zu ermitteln, welche Leistungsausgaben den Kassen für bestimmte Versichertengruppen durchschnittlich entstehen; der RSA soll dem nach Alter und Geschlecht unterschiedlichen Leistungsbedarf der Versicherten Rechnung tragen (vgl BT-Drucks 12/3608 S 119 zu Nr 126, § 267 Abs 3). Dieses Ziel würde bei einem Abstellen auf Kopfpauschalen nicht erreicht, weil dann die Leistungsausgaben für Familienversicherte mit “Null” angesetzt werden müssten.
Dem kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, § 85 Abs 2 Satz 3 SGB V verbiete die Differenzierung der Vergütung nach Versichertengruppen ausdrücklich. Diese mit dem Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) eingeführte Vorschrift spricht vielmehr ebenfalls gegen die Maßgeblichkeit von Kopfpauschalen bei der Ermittlung standardisierter Leistungsausgaben. Mit ihr hat der Gesetzgeber berücksichtigt, dass in Gesamtverträgen zum Teil für krankenversicherte Rentner eine in Vergleich zu den sonstigen Mitgliedern höhere Vergütung vereinbart worden war. Die entsprechend höheren Ausgaben für Rentner gingen nach dem Finanzausgleich in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) zu Lasten anderer Kassen (vgl § 269 SGB V in der bis zum 31. Dezember 1990 geltenden Fassung; zur Kritik hieran vgl Övermann, DOK 1990, 538, 541, 543; ders ErsK 1990, 203, 204; Leber, Public health 1991, 179, 183 f; rechtfertigend Minn, ErsK 1990, 204, 205 unter 3). Das Gleiche würde zumindest teilweise auch eintreten, wenn jede Kasse verlangen könnte, dass bei der Ermittlung der für sie maßgeblichen standardisierten Leistungsausgaben allein auf die von ihr gezahlten Kopfpauschalen abzustellen wäre. Folgte man der Revision, gingen die von der Klägerin gezahlten Kopfpauschalen auch dann in ihren Beitragsbedarf ein, wenn die Kopfpauschalen die durchschnittlichen Aufwendungen anderer Kassen aus Gründen übersteigen würden, die keine Beziehung zu den im RSA ausgleichsfähigen Faktoren haben. Ein höheres Beitragsaufkommen der Ersatzkassen könnte dem Ausgleich im RSA entzogen werden, weil es zur Finanzierung höherer Kopfpauschalen verwendet würde, durch deren Zahlung sich die Kasse eine bevorzugte Behandlung ihrer Mitglieder erhofft. Dies liefe den Zwecken des RSA zuwider. Vielmehr sollen Leistungsausgaben, die aus solchen oder ähnlichen Gründen überdurchschnittlich hoch sind, nur bis zum Durchschnittswert in die Berechung des Beitragsbedarfs eingehen. Andererseits wird bei Kassen, deren Leistungsausgaben je Versichertem unter dem standardisierten Durchschnitt liegen, ebenfalls der standardisierte durchschnittliche Wert zu Grunde gelegt, damit sie einen finanziellen Anreiz haben, ihre Aufgaben wirtschaftlicher wahrzunehmen (vgl Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drucks 12/3608 S 117 zu Nr 126 – § 266 Abs 3 des Entwurfs).
d) Der Senat verkennt nicht, dass die Ersatzkassen bei der dargelegten Regelung des RSA ein Interesse daran haben, die von ihnen historisch bedingt höheren Kopfpauschalen dem Niveau der übrigen Kassen anzugleichen. Der RSA bietet hierfür jedoch keine Möglichkeit. Zwar dürfte die Einführung des RSA die Rahmenbedingungen (Geschäftsgrundlage) für die Vereinbarung der Gesamtvergütung verändert haben und ihr ähnliches Gewicht zukommen, wie den in § 85 Abs 3 Satz 1 SGB V genannten Faktoren. Nach dieser Vorschrift vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderung der Gesamtvergütung unter Berücksichtigung der Praxiskosten, der für die vertragsärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der ärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer gesetzlichen oder satzungsgemäßen Leistungsausweitung beruhe. Der Senat hat jedoch nicht darüber zu entscheiden, ob frühere Rechtsprechung (zB BSGE 20, 73, 83 f = SozR Nr 1 zu § 368h Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫; 51, 58, 62 = SozR 2200 § 368h Nr 3) oder die von der Revision angeführten gesetzlichen Begrenzungen des Ausgabevolumens durch eine Budgetierung und der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (Art 14, 18 des Solidaritätsstärkungsgesetzes der gesetzlichen Krankenversicherung ≪GKV-SolG≫) einer Anpassung der Vergütung entgegenstehen könnten und es darum einer Gesetzesänderung bedürfte. Vielmehr ist es, wenn eine Änderung nicht vereinbart werden kann, zunächst Sache der Schiedsämter darüber zu entscheiden, ob die Einführung des RSA diesen Faktoren gleichzustellen und eine Anpassung der Gesamtvergütung erforderlich ist. Wenn sich auf diesem Wege keine Lösung finden lässt, müsste möglicherweise der Gesetzgeber tätig werden.
4. Das LSG hat auch zu Recht entschieden, dass die Anrechnung bundesdurchschnittlicher Ausgaben für Krankengeld und Mutterschaftsgeld als Bestandteil der standardisierten Leistungsausgaben rechtmäßig ist.
a) Die Klägerin wendet hiergegen ein, das von ihr zu zahlende Krankengeld und das Mutterschaftsgeld werde systemwidrig wie eine Sachleistung behandelt. Deshalb würden ihre tatsächlichen Leistungsausgaben hierfür im RSA zu Unrecht nur zum Teil berücksichtigt. Ihre Versicherten erzielten zwar überdurchschnittliche Einnahmen, die zu hohen Beiträgen führten. Gleichzeitig folgten aber aus hohen beitragspflichtigen Einnahmen hohe Ausgaben für Krankengeld und Mutterschaftsgeld, weil sie auf der Grundlage des Arbeitsentgelts und damit der beitragspflichtigen Einnahmen berechnet würden. So habe im Jahre 1995 das kalendertägliche Krankengeld bei ihr durchschnittlich 107 DM, GKV-weit dagegen nur 84 DM betragen. Im RSA würden ihre hohen Beitragseinnahmen abgeschöpft, ihr Beitragsbedarf werde aber nur auf Grund standardisierter Leistungsausgaben ermittelt. Obwohl sie tatsächlich höheres Krankengeld zu zahlen habe, werde sie bei den standardisierten Leistungsausgaben so behandelt, als zahle sie Krankengeld und Mutterschaftsgeld nur in Höhe des Bundesdurchschnitts aller Kassen. Beeinflussbar (“managementfähig”) seien jedoch allenfalls die Krankengeldtage, nicht aber die Höhe des zu zahlenden Krankengeldes. Da die Unterschiede in der Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen im RSA ausgeglichen würden, sei es unbillig, wenn dieses bei der Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben für das Krankengeld und das Mutterschaftsgeld nicht berücksichtigt werde.
b) Der Senat konnte sich trotz der von der Klägerin aufgezeigten “Verwerfungen” zwischen Einnahmen- und Ausgabenseite des RSA nicht davon überzeugen, dass die Behandlung des Krankengeldes und des Mutterschaftsgeldes im RSA rechtswidrig oder gar willkürlich ist.
§ 266 Abs 4 SGB V zählt diejenigen Leistungen auf, die bei der Ermittlung der standardisierten Leistungen außer Betracht bleiben. Es sind dies Erstattungen Dritter, Aufwendungen für satzungsgemäße Mehr- und Erprobungsleistungen und Ermessensleistungen sowie neuerdings Aufwendungen, die im Risikopool nach § 269 auszugleichen sind. In diesem Negativkatalog werden Krankengeld und Mutterschaftsgeld nicht genannt. Hieraus folgt, dass das Krankengeld und das Mutterschaftsgeld in vollem Umfang als Teil der standardisierten Leistungsausgaben anzusehen sind. Diese Auslegung wird durch § 4 Abs 1 Satz 1 Nr 3 und 4 RSAV bestätigt. § 4 Abs 1 RSAV enthält eine “Positivliste” der im RSA berücksichtigungsfähigen standardisierten Leistungsausgaben und führt unter Nr 3 einschränkungslos das Krankengeld nach den §§ 44, 45 SGB V und in Nr 4 das Mutterschaftsgeld nach § 200b RVO auf. In der “Negativliste” des § 4 Abs 2 RSAV werden das Krankengeld und das Mutterschaftsgeld nicht aufgeführt, auch nicht insoweit, als sie über den bundesdurchschnittlichen Werten liegen.
Entgegen der Ansicht der Revision kann dem § 267 Abs 3 SGB V nicht entnommen werden, dass nur die standardisierten Krankengeldtage, nicht aber die standardisierte Krankengeldhöhe in die Ermittlung des Beitragsbedarfs eingehen soll. Nach dieser Vorschrift erheben die Krankenkassen “nicht versichertenbezogen die in Abs 1 genannten Leistungsausgaben und die Krankengeldtage auch getrennt nach den Altersgruppen gemäß Abs 2 Satz 1 und nach dem Geschlecht der Versicherten, die Krankengeldausgaben nach § 44 und die Krankengeldtage zusätzlich gegliedert nach den in den §§ 241 bis 243 genannten Mitgliedergruppen”. Demnach bedurfte es für die Krankengeldtage und die Leistungsausgaben des § 267 Abs 1 SGB V im Allgemeinen lediglich einer nach Altersgruppen und Geschlecht differenzierenden Leistungserhebung, während für die Krankengeldausgaben nach § 44 SGB V zusätzlich nur nach den Mitgliedergruppen (Beitragsgruppen) der §§ 241 bis 243 SGB V zu differenzieren ist. Das Gesetz nimmt es nach allem hin, dass Kassen mit hohem Entgelt- und Einnahmenniveau nach Maßgabe des (höheren) Arbeitsentgelts höheres Krankengeld und Mutterschaftsgeld zahlen müssen, ohne dass dieses durch Berücksichtigung entsprechend höherer kassenindividueller Leistungsausgaben ausgeglichen wird.
c) Der Revision ist einzuräumen, dass nicht jede strukturelle Unstimmigkeit in den Regelungen des RSA damit gerechtfertigt werden kann, ihr verbleibe immer noch der nicht zum Ausgleich herangezogene Beitragsanteil, um die unvermeidbaren höheren Ausgaben für Krankengeld und Mutterschaftsgeld zu kompensieren; dieser Beitragsanteil steht außerhalb des RSA und soll Ausgaben decken, die nicht Teil der standardisierten Leistungsausgaben sind. Er ist nicht dazu bestimmt, etwaige strukturelle Mängel des RSA abzumildern.
Dennoch vermag der Senat nicht zu erkennen, dass der Klägerin durch die aufgezeigte Struktur des RSA bei der Berücksichtigung ihrer Aufwendungen für Krankengeld erhebliche finanzielle Nachteile entstehen. Insgesamt machten die Krankengeldausgaben kassenübergreifend 1994 rund 7,34 vH in den alten und 7,30 vH in den neuen Bundesländern, 1995 rund 8,01 vH in den alten und 8,21 vH der Gesamtausgaben der Krankenkassen in den neuen Bundesländern aus (Daten des Gesundheitswesens, Ausgabe 1997, S 323). Der Anteil des Krankengeldes lag bei der Klägerin 1995 in den alten Bundesländern bei (nur) 6,29 vH (Jahresbericht der BEK 1995, S 74), im Jahr 1996 bundesweit bei 6,90 vH der Leistungsausgaben insgesamt (vgl Geschäftsbericht der BEK 1996, S 44). Damit hatte die Klägerin trotz ihres überdurchschnittlich hohen Einnahmenniveaus insgesamt gesehen unterdurchschnittliche Krankengeldausgaben. Während die durchschnittlichen Aufwendungen aller Kassen für Krankengeld 1994 bei 331 DM und 1995 bei 376 DM je Mitglied lagen (Daten des Gesundheitswesens, aaO, S 322), betrug der entsprechende Aufwand der Klägerin 1994 durchschnittlich nur 237,52 DM und 1995 rund 279,75 DM (Jahresbericht der BEK 1995, S 84). Selbst wenn die Mitglieder der Klägerin auf Grund der Entgeltabhängigkeit des Krankengeldes kalendertäglich ein höheres Krankengeld erhielten als Mitglieder anderer Kassen, lag ihr durchschnittlicher Aufwand für das Krankengeld je Kassenmitglied insgesamt unter demjenigen des kassenübergreifenden Jahresdurchschnitts. Ob dies allein auf ein besseres “Krankengeld-Management” der Klägerin oder zumindest auch auf eine unterschiedliche Morbidität der Versicherten (Risikostruktur) zurückzuführen ist, kann dahingestellt bleiben. Die von ihr angegriffene Regelung entspricht jedenfalls dem pauschalierenden System des RSA, das auf kassenindividuelle Besonderheiten keine Rücksicht nimmt und für die einzelne Kasse sowohl begünstigende als auch benachteiligende Aspekte aufweist. Dieses Zusammenspiel von Vor- und Nachteilen führt bei der Klägerin dazu, dass sie trotz eines höheren Einnahmenniveaus, jedoch kürzerer Krankengeldbezugsdauer – gemessen am bundesweiten Kassendurchschnitt – insgesamt unterdurchschnittliche Aufwendungen für Krankengeld hat.
d) Selbst wenn bei der Klägerin die Krankengeldbezugszeiten dem kassenübergreifenden Durchschnitt entsprächen, wäre die von ihr angegriffene Regelung nicht ohne Weiteres als rechtswidrig anzusehen. Bei typisierender Betrachtung stünden Nachteilen, die einnahmestarken Kassen wie der Klägerin im Bereich der Ausgaben für Krankengeld und Mutterschaftsgeld durch das hohe Entgeltniveau entstehen, nämlich möglicherweise gewisse Vorteile gegenüber. Diese könnten etwa darin liegen, dass bei diesen Kassen in den standardisierten Leistungsausgaben auch Elemente enthalten sind, die bei ihnen in geringerem Umfang als bei entgeltschwachen Kassen auftreten. Dies trifft etwa für Leistungsaufwendungen bei Anwendung der Härtefallregelung des § 61 SGB V zu, die bei einnahmestarken Kassen weniger häufig anfallen dürften als bei einnahmeschwachen Kassen. Derartige Aufwendungen gehen nach § 4 Abs 1 Satz 1 Nr 2 RSAV aber ebenfalls in die standardisierten Leistungsausgaben ein und kommen damit auch entgeltstarken Kassen zugute.
Die einzelnen Berechnungselemente des RSA können, wie das vorliegende Verfahren zeigt, je nach Versichertenstruktur bei einzelnen Kassen sowohl zu Vorteilen als auch zu Nachteilen führen. Was bei der einen Kasse zu finanziellen Nachteilen führt, kann sich bei einer anderen Kasse vorteilhaft auswirken. Aufs Ganze gesehen gleichen sich derartige Vor- und Nachteile jedenfalls zum Teil aus. Einige der finanziellen Auswirkungen sind – gemessen am Gesamtvolumen des RSA – als geringfügig anzusehen und damit zu vernachlässigen. Im Übrigen wären die finanziellen Auswirkungen einzelner Berechnungselemente nur durch eine weitere Differenzierung bei den auszugleichenden RSA-Faktoren zu erreichen. Dieses zöge weiteren Verwaltungsaufwand, weitere Kosten und möglicherweise neue Unstimmigkeiten nach sich. Das aber stünde den Zwecken des RSA entgegen, der schon bei seiner bisherigen Ausgestaltung weit in Einzelheiten geht und nicht immer weiter verfeinert zu werden braucht. Dem läuft das Begehren der Revision zuwider, das weitere und aufwändige Differenzierungen erfordern würde.
5. Das LSG hat schließlich zu Recht entschieden, dass die Vorschriften über den RSA auch auf die im Ausland lebenden familienversicherten Angehörigen von Mitgliedern anzuwenden sind und beim Beitragsbedarf nicht nur auf die im Inland lebenden Angehörigen abzustellen ist.
a) Die Revision hält den RSA für rechtswidrig, weil im Ausland lebende Familienangehörige von Mitgliedern deutscher Krankenkassen zur Ermittlung des Beitragsbedarfs wie im Inland lebende Versicherte berücksichtigt und einer Kasse bei der Ermittlung des Beitragsbedarfs im Jahr für jeden Familienangehörigen zwischen 2.000 und 3.000 DM zugerechnet würden. Für im Ausland lebende Familienangehörige hätten die Kassen auf Grund des über- und zwischenstaatlichen Rechts jedoch nur Pauschalen von rund 400 DM für die ganze Familie aufzubringen. Die tatsächlichen Aufwendungen für Familienangehörige im Ausland stünden damit außer Verhältnis zu dem ihnen im RSA angerechneten Beitragsbedarf. Hierdurch seien vor allem die Ortskrankenkassen und die Betriebskrankenkassen begünstigt, weil der gesamte Personenkreis zu mindestens 90 vH auf diese Kassenarten entfalle. Die Ersatzkassen seien entsprechend höher belastet, weil sie auf diese Weise einen Beitragsbedarf zwischen schätzungsweise 112 Mio und 405 Mio DM finanzieren müssten. Bei der Ermittlung der “Zahl der nach § 10 Versicherten” seien im Ausland lebende Angehörige von inländischen Mitgliedern nicht zu berücksichtigen, weil sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt iS des § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V nicht im Inland hätten, sondern nur kraft einer Gebietsgleichstellung so behandelt würden, als wohnten sie im Inland. Zumindest sei § 266 Abs 1 Satz 2, § 267 Abs 2 Satz 1 SGB V in seiner Anwendung auf die im Inland wohnenden Familienangehörigen zu reduzieren. Bundesweit weise die Statistik 738.608 Familienversicherte aus, die im Ausland lebten. Der Anteil der Ortskrankenkassen hieran betrage 94 vH oder 695.656. Daraus ergebe sich für diesen Versichertenkreis ein Beitragsbedarf von 1,7 Mrd DM, hingegen zahlten diese Kassen Familienversicherungspauschalen in Höhe von rund 47 Mio DM; dies sei ein Betragsbedarfsvorteil von 1,65 Mrd DM, was bei dieser Kassenart ca 0,3 Beitragssatzpunkten entspreche.
b) Die Revision dringt auch mit diesem Vorbringen nicht durch. Auf Grund vorrangigen Europarechts (vgl § 6 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung ≪SGB IV≫) haben im europäischen Ausland lebende Familienangehörige eines in Deutschland versicherten Mitglieds nach Maßgabe des Art 19 Abs 2 der Verordnung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) 1408/71 Ansprüche auf Leistungen wegen Krankheit gegen den zuständigen Träger ihres Wohnsitzstaates. Diese Leistungen werden “für Rechnung” des zuständigen (deutschen) Trägers erbracht und in der Praxis weitgehend als Pauschalbeträge abgerechnet. Sie sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich hoch, liegen in der Regel aber weit unter demjenigen Betrag, der im RSA für Familienversicherte als Beitragsbedarfs berücksichtigt wird. Entsprechendes gilt für Staaten, mit denen Sozialversicherungsabkommen für den Bereich der Krankenversicherung mit Gebietsgleichstellung bestehen, sodass im Ausland lebende Familienangehörige ebenfalls leistungsberechtigt sind und vom Träger ihres Wohnsitzstaates für Rechnung des deutschen Trägers Leistungen erhalten. Der Gesetzgeber war jedoch nicht verpflichtet, innerhalb der insgesamt rund 20 Mio Familienversicherten für die hier genannte Gruppe eigenständige Regelungen zur Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben zu treffen. Der RSA lässt sich mit verhältnismäßigem Aufwand nur durchführen, wenn er sich auf wenige Anknüpfungspunkte und in einem gewissen Umfang pauschale Regelungen beschränkt. Er kann nicht jeder Besonderheit in der Versichertenstruktur durch Ausnahmeregelungen Rechnung tragen, selbst wenn sie sich unterschiedlich auf das Ausgabenniveau einzelner Kassen auswirkt. Dies gilt jedenfalls insoweit, wie hierdurch aufs Ganze gesehen keine gravierenden Verzerrungen der Verhältnisse eintreten, die mit verhältnismäßigem Aufwand verhindert werden könnten. Der Gesetzgeber darf dabei insbesondere berücksichtigen, dass jede Ausnahmeregelung mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand verbunden ist und ihrerseits zu Unstimmigkeiten mit anderen Regelungen des RSA führen kann.
Die vom Gesetzgeber getroffene Regelung ließ gravierende, den RSA insgesamt gefährdende Verzerrungen schon deshalb nicht befürchten, weil die Gesamtzahl der Versicherten der GKV rund 70 Mio beträgt, von denen nur etwa 700.000 bis 750.000 (= 1 vH) im Ausland lebende Familienversicherte sind. Eine andere Lösung brauchte sich dem Gesetzgeber nicht aufzudrängen. Zwar hätte er die Möglichkeit gehabt, bei der Ermittlung des Beitragsbedarfs im Ausland lebenden Familienangehörigen im RSA unberücksichtigt zu lassen. Dieses hätte jedoch Kassen benachteiligt, bei denen viele im Ausland lebende Familienangehörige versichert sind, für die an ausländische Träger Pauschalen zu zahlen oder Einzelleistungen zu erstatten sind. Entsprechend wären diejenigen Kassen bevorzugt worden, die nur wenige Mitglieder mit im Ausland lebenden Familienangehörigen haben. Hätte der Gesetzgeber dem Begehren der Revision nach Erfassung der tatsächlichen Ausgaben für im Ausland lebende Familienangehörige Rechnung tragen wollen, so hätte außerdem jeweils ermittelt werden müssen, welche Aufwendungen für diesen Personenkreis tatsächlich entstanden sind. Dies wäre mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, weil die Pauschalen je nach Wohnsitzstaat der Familienangehörigen unterschiedlich hoch sind und mit ausländischen Trägern ausnahmslos nur in Form von Pauschalen abgerechnet wird. Schließlich ist nicht erkennbar, wie diese Versicherten in die Stichprobenerhebung hätten aufgenommen werden können, zumal insoweit keine Abrechnungsdaten ausländischer Leistungserbringer zur Verfügung stehen.
Hiernach war die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).
Fundstellen