Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 7. März 1996 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt eine höhere Altersrente nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) unter Berücksichtigung von Zeiten einer planmäßigen wissenschaftlichen Aspirantur.
Der am 7. Dezember 1927 geborene Kläger besuchte ua von November 1946 bis September 1947 eine Landwirtschaftsschule und danach zum Erwerb der Hochschulreife von Oktober 1947 bis September 1949 die Vorstudienabteilung der M. … -L. … -Universität H. … -W. …. Anschließend, ab Oktober 1949, studierte er an der Landwirtschaftlichen Fakultät der M. … -L. … -Universität und legte dort am 10. Juni 1952 die landwirtschaftliche Diplomprüfung ab. Von September 1952 bis Oktober 1956 war er am Institut für Betriebs- und Arbeitslehre der M. … -L. … -Universität im Rahmen einer planmäßigen Aspirantur tätig. Während dieser Zeit erhielt er ein monatliches Stipendium in Höhe von 490,00 Mark der DDR. Im Oktober 1957 wurde er zum Doktor der Landwirtschaftswissenschaft promoviert. Von November 1956 bis September 1968 leitete er eine Außenstelle der Hochschule für die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft M. …. Danach war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der M. … -L. … -Universität.
Seit November 1960 gehörte der Kläger beitragsfrei der Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der ehemaligen DDR vom 12. Juli 1951 (GBl Nr 85 S 675) an.
Mit Bescheid vom 24. November 1993 (später korrigiert durch Bescheid vom 11. Mai 1994) gewährte die Beklagte dem Kläger ab 1. Januar 1993 eine monatliche Altersrente nach dem SGB VI, ohne (ua) die Zeiten der planmäßigen wissenschaftlichen Aspirantur rentensteigernd zu berücksichtigen. Den (ua) hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 18. November 1994 mit der Begründung zurück: Die og Zeit sei keine Beitragszeit gemäß § 248 Abs 3 SGB VI; Pflichtbeitragszeiten aufgrund der sog Studentenversicherung im Beitrittsgebiet seien Beitragszeiten nicht gleichgestellt. Ebenfalls handele es sich insoweit nicht um eine Ausbildungs-/Anrechnungszeit iS von § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI. Nach erfolgreich abgeschlossenem Studium am 10. Juni 1952 komme eine derartige Zeit als Ausbildungszeit nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht in Betracht.
Das Sozialgericht (SG) Halle hat durch Urteil vom 29. Juni 1995 die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 7. März 1996) und im wesentlichen ausgeführt: Zeiten der planmäßigen wissenschaftlichen Aspirantur seien weder Beitrags- noch Anrechnungs-/Ausbildungszeiten. § 248 Abs 3 Satz 2 Nr 1 SGB VI schließe die Anrechnung als Beitragszeit aus, weil es sich insoweit um eine Hochschulausbildung handele. Gemäß § 1 der Verordnung über die wissenschaftliche Aspirantur an den Universitäten und Hochschulen der ehemaligen DDR vom 15. November 1951 (GBl I DDR S 1091) habe die Aspirantur der Ausbildung von Hochschullehrern und Forschern gedient. Die Zeit sei aber auch nicht als Anrechnungs-/Ausbildungszeit iS von § 58 Abs 1 Nr 4 SGB VI zu berücksichtigen. Eine derartige Anrechnungszeit könne nur für die Zeit bis zum ersten, die Ausübung eines Berufes befähigenden Abschlusses anerkannt werden. Einen derartigen Abschluß habe der Kläger mit dem Erwerb des Diploms am 10. Juni 1952 erreicht. Die Regelung verstoße auch nicht gegen das Grundgesetz (GG). Ua sei keine Ungleichbehandlung gegenüber den außerplanmäßigen Aspiranten gegeben. Denn die letztgenannten seien keine Stipendiaten, sondern unter Fortzahlung ihres Gehalts sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 58 Abs 1 Nr 4 SGB VI und von § 252 Abs 4 SGB VI sowie einen Verstoß gegen Art 14 und Art 3 GG und trägt vor:
Die vom LSG zur Begründung seiner Rechtsauffassung herangezogene Rechtsprechung nach dem in den alten Bundesländern bis zur Wiedervereinigung geltenden Recht über den Zeitpunkt des Abschlusses eines Hochschulbesuchs werde nicht in Frage gestellt. Diese Rechtsprechung werde aber den sozialversicherungsrechtlichen Ausbildungsverhältnissen in der ehemaligen DDR nicht gerecht. Sein Berufsziel sei das eines Wissenschaftlers und Hochschullehrers gewesen. Zur Erreichung dieses Ziels habe er zunächst Landwirtschaft studieren, dieses Studium mit der Diplomprüfung abschließen und sodann eine wissenschaftliche Aspirantur durchlaufen müssen. Seine Ausbildung sei infolgedessen erst mit Beendigung der Aspirantur abgeschlossen gewesen. Insoweit habe es sich um eine DDR-spezifische Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses gehandelt; sie sei Voraussetzung für seine Übernahme als wissenschaftlicher Mitarbeiter gewesen. Die planmäßigen Aspiranten seien als Vollstipendiaten beitragsfrei versichert gewesen, sozialversicherungsrechtlich hätten sie die Stellung eines Studenten gehabt. Damit sei diese Zeit nach DDR-Recht bei der Berechnung seiner Altersrente zu berücksichtigen gewesen. Daher sei auch die Zeit nach der Diplomprüfung bis zum Beginn der Aspirantur als unvermeidliche Zwischenzeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten anzurechnen gewesen. Im Unterschied zum Promotionsstudium in den alten Bundesländern sei es den Stipendiaten untersagt gewesen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Unter die Eigentumsgarantie fielen nicht nur die auf Beiträgen beruhenden Versicherungsleistungen, sondern auch die aus anderen Gründen erworbenen Rechtspositionen. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, eine Vergleichsberechnung nach dem Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) durchzuführen. Danach sei – nach dem Recht der ehemaligen DDR – die vierjährige Aspirantur rentensteigernd zu berücksichtigen.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 7. März 1996 und des Sozialgerichts Halle vom 29. Juni 1995 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung der Bescheide vom 24. November 1993 iVm dem Bescheid vom 11. Mai 1994, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 1994, sowie der nachfolgenden Rentenanpassungsbescheide bei der Berechnung seiner Altersrente die Zeit vom 16. Juni 1952 bis 30. Oktober 1956 rentensteigernd zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor:
Die Aspirantur sei eine besondere Form der Hochschulausbildung, die im Rahmen des SGB VI nicht als Beitragszeit zu werten sei. Der 11. Senat habe bereits zutreffend im Urteil vom 24. Juni 1993 (SozR 3-4100 § 134 Nr 11) ausgeführt, daß die planmäßige Aspirantur kein Arbeitsverhältnis gewesen sei, es sich vielmehr um eine Qualifizierung mit dem Ziel, den Doktorgrad zu erwerben, gehandelt habe.
Die Aspirantur sei auch keine Anrechnungszeit. Nach der Rechtsprechung des BSG seien Zeiten der Weiterbildung, eines Zweit- oder Zusatzstudiums oder eines berufspraktischen Ausbildungsabschnitts nicht selbständig zu berücksichtigen. Die Aspirantur sei der ebenfalls nicht anrechnungsfähigen Zeit einer Assistententätigkeit während eines Promotionsverfahrens vergleichbar. Daß nach dem Recht der ehemaligen DDR die Zeit der wissenschaftlichen Aspirantur rentenrechtlich relevant gewesen sei, sei unerheblich. DDR-Recht sei nur beachtlich, soweit es durch den Einigungsvertrag (EV) in Bundesrecht transformiert worden sei. Dieses sei jedoch hinsichtlich der Verordnung über die Sozialpflichtversicherung der Studenten, Hochschul- und Fachschüler vom 2. Februar 1950 gerade nicht der Fall gewesen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Gegenstand revisionsgerichtlicher Prüfung ist, ob die Beklagte rechtmäßig den monatlichen Wert des dem Kläger seit dem 1. Januar 1993 zuerkannten subjektiven Stammrechts auf eine Regelaltersrente nach dem SGB VI ohne Anrechnung der umstrittenen Zeit der planmäßigen Aspirantur (einschließlich der begehrten Zwischenzeit, also die Zeit vom 16. Juni 1952 bis 30. Oktober 1956) als rentenrechtliche (Beitrags- oder Anrechnungs-)Zeit festgesetzt hat.
Nicht hingegen ist Gegenstand des Revisionsverfahrens, ob der Kläger gemäß §§ 1 ff Art 2 RÜG Anspruch auf eine Sozialpflichtversicherungsrente hat, und ggf, ob insoweit die og Zeit der planmäßigen Aspirantur zu berücksichtigen ist. Hierüber hat die Beklagte – noch – nicht entschieden. Art 2 RÜG will aus Gründen des Vertrauensschutzes den „künftigen” Rentnern im Beitrittsgebiet (Rentenzugänge vom 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1996) für eine Übergangszeit einen Besitzschutz auf der Grundlage des alten „DDR-Rentenrechts” garantieren, entsprechend der Vertrauensschutzregelung des Art 30 Abs 5 EV. Art 2 RÜG begründet einen eigenständigen Rentenanspruch; er kann neben einem solchen nach dem SGB VI bestehen. Die Konkurrenz von Rentenansprüchen nach dem SGB VI und nach Art 2 RÜG wird mit Hilfe von § 319a und § 319b SGB VI gelöst. Ist der Zahlbetrag der Rente nach Art 2 RÜG höher als die SGB VI-Rente, so bleibt dem Rentenberechtigten dieser Zahlbetrag so lange erhalten, bis die Höhe der SGB VI-Rente erreicht ist. Diese Regelung hat jedoch nicht zur Folge, daß beide „Rentensysteme” miteinander vermischt werden und der Berechtigte sich auf die jeweils günstigeren Bestimmungen über Anspruchselemente aus dem einen oder anderen System berufen kann.
Ferner hat das an das geltende positive Recht gebundene Revisionsgericht nicht darüber zu befinden, ob der Bundesgesetzgeber aus Gründen des EV bzw aufgrund von Grundrechten verfassungsrechtlich verpflichtet ist, in das SGB VI zusätzliche Regelungen über Begünstigungen für bestimmte Personengruppen des Beitrittsgebietes aufzunehmen; vermeintliche Ansprüche, die gegen das Parlament und auf eine bestimmte Gesetzgebung gerichtet sind, unterliegen nicht der Rechtsprechungskompetenz des BSG (dazu näher schon BSGE 72, 50 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 mwN).
Die Entscheidung über die Höhe des monatlichen Wertes eines subjektiven Stammrechts auf Regelaltersrente nach dem SGB VI, das dem Kläger erstmals mit dem Bescheid vom 24. November 1993 ab 1. Januar 1993 zuerkannt wurde, ist hier nach den Vorschriften des SGB VI zu beurteilen. Spezialvorschriften, welche die Anwendung des maßgeblichen Rechts des SGB VI hintanhalten könnten, gibt es insoweit nicht. Das LSG hat richtig erkannt, daß die im streitigen Zeitraum vom Kläger zurückgelegte planmäßige wissenschaftliche Aspirantur keinen Erwerbstatbestand für eine rentenrechtliche Zeit iS des SGB VI erfüllt.
1. Eine Anerkennung als Beitragszeit (iS von § 54 Abs 1 Nr 1 iVm § 55 SGB VI) scheidet schon deswegen aus, weil der Kläger in dieser Zeit weder Pflichtbeiträge noch freiwillige Beiträge nach Bundesrecht gezahlt hat; es handelt sich auch nicht um eine Zeit, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten.
2. Zutreffend hat die Vorinstanz erkannt, daß auch eine Anrechnung als gleichgestellte Beitragszeit nach § 248 Abs 3 Satz 1 SGB VI ausscheidet:
a) Nach dieser Vorschrift stehen den Beitragszeiten nach Bundesrecht Zeiten nach dem 8. Mai 1945 gleich, für die Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden sind; … (Satz 1 aaO). Nach dem in § 248 Abs 1 Satz 1 SGB VI festgeschriebenen Grundsatz wäre also der streitige Zeitraum als gleichgestellte Beitragszeit nur anzurechnen, wenn „Beiträge gezahlt worden” wären; ob dies der Fall war, kann dahinstehen, weil die Ausnahmeregelung in Abs 3 Satz 2 Nr 1 aaO eingreift.
b) § 248 Abs 3 Satz 2 SGB VI bestimmt, daß Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nicht Zeiten der – ua – Hochschulausbildung sind. Unter „Hochschulausbildung” iS dieser Vorschrift ist jeder (in der früheren DDR als beitragspflichtige Versicherungszeit anerkannte) Erwerbstatbestand im Bereich einer Hochschule der früheren DDR zu verstehen, soweit es sich um eine Ausbildung an der Hochschule zum Erwerb eines Berufs gehandelt hat. Die Maßgeblichkeit der weiten Bedeutung des Begriffs „Hochschulausbildung” ergibt sich schon aus der Problemgeschichte der Norm. § 248 Abs 3 SGB VI schließt ohne inhaltliche Änderung an § 15 Abs 3 des Fremdrentengesetzes (FRG) in der ab 1. Juli 1990 gültig gewesenen Fassung an (Art 15 Abschn B Nr 1 des Rentenreformgesetzes ≪RRG≫ 1992 vom 18. Dezember 1989 ≪BGBl I S 2261≫); diese durch Art 14 Nr 14 RÜG wieder geänderte Fassung sollte die authentische Interpretation des vor dem 1. Juli 1990 geltenden, der individuellen Eingliederung und Entschädigung dienenden § 15 FRG durch die Rechtsprechung des BSG (stellvertretend BSG SozR Nr 16 zu § 15 FRG; BSG SozR 5050 § 15 Nr 9) einschränkend abändern (vgl BT-Drucks 11/4124 S 217), nach der die in der DDR versicherungspflichtigen, aber beitragsfreien Studienzeiten bundesdeutschen Beitragszeiten gleichstanden. Damit sollte ab Einführung eines einheitlichen Rentenrechts in Deutschland eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Beitragszahler gegenüber diesen Rentenbeziehern verhindert werden. Es sollte ausgeschlossen werden, daß eine im fremden System als Versicherungspflichttatbestand anerkannte Hochschulausbildung zugunsten eines Teils der heutigen Rentner Bewertungsvorteile bringt, die dem größten Teil der Rentner, aber gerade auch den heute belasteten Beitragszahlern von vornherein nicht zuwachsen können. Grund hierfür ist, daß das SGB VI – wie zuvor das Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) und die Reichsversicherungsordnung (RVO) – Zeiten einer berufsqualifizierenden Ausbildung, die außerhalb eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses oder eines betrieblichen Ausbildungsverhältnisses zurückgelegt worden sind, nicht als Beitragszeiten anerkennt. Hochschulausbildung ist danach schlechthin kein Erwerbstatbestand für Beitragszeiten. Mit der og Regelung wird also eine sachgerechte Gleichbehandlung aller Versicherten und Beitragszahler gewährleistet, die Beitragszeiten nicht dadurch erlangen können, daß sie sich außerhalb eines entgeltlichen Beschäftigungs- oder eines betrieblichen Ausbildungsverhältnisses an einer Hochschule ausbilden oder qualifizieren lassen. Damit entspricht die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, alle Deutschen gleich zu behandeln, soweit es darum geht, durch Ausbildungs- oder Qualifizierungsverhältnisse an Hochschulen Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung des SGB VI zu erwerben, gerade der Regelung des Art 3 Abs 1 GG, nach der alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind; mit der Wiedervereinigung war der Rechtsgrund für die früheren Einzeleingliederungen nach dem Entschädigungsprinzip entfallen. Besondere Vertrauensschutzregelungen über die sog Zahlbetragsgarantie und Art 2 RÜG hinaus waren nicht erforderlich.
c) Der Kläger hat in dem hier umstrittenen Zeitraum ausschließlich eine „Hochschulausbildung” iS von § 248 Abs 3 Satz 2 Nr 1 Regelung 3 SGB VI zurückgelegt. Er trägt mit der Revision selbst zutreffend vor, Ziel der Aspirantur sei die systematische Ausbildung von Hochschullehrern und -forschern gewesen. Nach den Feststellungen des LSG hatte er ein durch ein Stipendium abgesichertes Ausbildungsverhältnis an der Hochschule (§§ 163, 164 Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫). Im Hinblick darauf, daß das LSG ferner bindend festgestellt hat, daß der Kläger in der hier streitigen Zeit neben der Aspirantur nicht zugleich in einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis oder in einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis gestanden hat, war die Beklagte nicht befugt, die streitige Zeit als gleichgestellte Beitragszeit anzuerkennen und rentensteigernd anzurechnen.
d) Soweit der Kläger rügt, dadurch werde der Eigentumsschutz aus Art 14 Abs 1 GG verletzt, so ist dies nicht nachvollziehbar. Selbst wenn man zu seinen Gunsten rechtlich unterstellt, der Eigentumsschutz des Art 14 Abs 1 GG erfasse von fremden Staaten nach deren Rechtsordnung eingeräumte Rechtspositionen und verbiete dem Bundesgesetzgeber, soweit er über solche Materien Regelungen zu treffen hat, darin zum Nachteil der von dem fremden Staat Begünstigten Änderungen vorzunehmen, läge eine Beeinträchtigung von „Eigentum” des Klägers nicht vor. Sollte ihm nach dem Rentenrecht der ehemaligen DDR im Hinblick auf § 19 Abs 2 Nr 4 Art 2 RÜG eine höhere Sozialpflichtversicherungsrente zustehen, so wäre dies – wie ausgeführt – bei einer noch von der Beklagten vorzunehmenden Vergleichsberechnung zu berücksichtigen.
e) Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Art 3 Abs 1 GG) liegt nicht vor. § 248 Abs 3 Satz 1 und 2 SGB VI gewährleistet gerade die Gleichbehandlung aller nach dem SGB VI Versicherten und aller nach diesem Gesetzbuch mit Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung belasteten Personen. Auch solche nach dem SGB VI Versicherten, die vor dem 1. Januar 1992 nach durch Examen erfolgreich abgeschlossenem Hochschulstudium im Rahmen eines Doktoranden- oder Habilitationsverhältnisses auf Stipendienbasis im alten Bundesgebiet berufsqualifizierend an Hochschulen ausgebildet worden sind, können aufgrund dieses Tatbestandes keine Beitragszeiten (iS des SGB VI) erhalten. Auch für sie handelt es sich um Qualifizierungsverhältnisse, die das Ziel haben, „die systematische Ausbildung von Hochschullehrern und -forschern” durchzuführen. Eine Privilegierung der planmäßigen Aspiranten der früheren DDR wäre mit den zukunftsgerichtet auf Gleichbehandlung gleicher Sachverhalte ausgerichteten Vorschriften des SGB VI sachlich nicht zu vereinbaren.
3. Zutreffend hat die Beklagte auch den umstrittenen Zeitraum nicht als rentenrechtliche Anrechnungszeit anerkannt und angerechnet:
Nach § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI sind Anrechnungszeiten Zeiten, in denen der Versicherte nach dem vollendeten 16. Lebensjahr ua eine Hochschule besucht und abgeschlossen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (stellvertretend SozR 3-2200 § 1259 Nr 9; SozR 2200 § 1259 Nr 100; Urteile vom 28. November 1990 – 4 RA 42/90 –, Soziale Sicherheit 1991, 352, und vom 29. März 1990 – 4 RA 37/89 –, Soziale Sicherheit 1991, 31; jeweils mwN) ist dieser Anrechnungszeittatbestand nur erfüllt, wenn ein immatrikulierter Student einer Hochschule durch Teilnahme an den universitäts-spezifischen Lehrveranstaltungen sich die Inhalte seines Studienfaches aneignet und dieses Studium durch das vorgeschriebene oder übliche Examen oder – soweit ein solches weder vorgeschrieben noch üblich ist – durch eine gleichgestellte Leistung erfolgreich in dem Sinne abschließt, daß ihm regelmäßig der Weg in einen seiner bisherigen Ausbildung entsprechenden Beruf eröffnet ist. Diese Rechtsprechung gilt gerade auch für das am 1. Januar 1992 in Deutschland in Kraft getretene SGB VI. Der Gesamtheit der Regelungen des SGB VI ist kein Hinweis zu entnehmen, § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Regelung 3 SGB VI sei anders als iS der bisherigen Rechtsprechung auszulegen.
Der streitige Zeitraum erfüllt die vorgenannten Voraussetzungen einer Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung nicht. Der Kläger war kein immatrikulierter Student, er hat sich die für das Studium vorgesehenen Inhalte seines Faches nicht in dieser Zeit und nicht durch Teilnahme an den für Studenten gedachten Veranstaltungen erstmalig angeeignet; er hat ferner durch die Promotion nicht den Abschluß erreicht, der ihm eine seinem Studium entsprechende Berufstätigkeit erstmals ermöglicht hätte. Den Tatbestand einer Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung hat er vielmehr in der Zeit von Oktober 1949 bis 10. Juni 1952 erfüllt, als er die landwirtschaftliche Diplomprüfung ablegte; die Beklagte hat diese Zeit als Hochschulausbildung anerkannt und rentensteigernd angerechnet. Im streitigen Zeitraum hatte sich der Kläger jedoch, durch sein Stipendium abgesichert, für die Aufgaben eines Hochschullehrers und -forschers qualifiziert. Ein solcher Lebenssachverhalt ist im Anwendungsbereich des SGB VI kein Erwerbstatbestand für eine Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung (und – wie oben ausgeführt – auch kein solcher für eine Beitragszeit).
Soweit dadurch Lücken im Versicherungsschutz des Klägers auftreten, so gibt es nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung auch schon vor dem SGB VI keinen rentenversicherungsrechtlichen Grundsatz, akademische Ausbildungszeiten müßten „lückenlos” anerkannt und angerechnet werden. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (stellvertretend SozR 2200 § 1259 Nr 102 S 276; Nr 75 S 202; Nr 63 S 178; Nr 38 S 101; jeweils mwN) berücksichtigt das SGB VI (wie früher AVG und RVO) nur bestimmte typische Ausbildungszeiten, wobei es „nicht das jeweils für den im Einzelfall vom Versicherten gewünschten Beruf Erforderliche, sondern lediglich ausgleichsweise das Vertretbare begünstigen will”. Die nur in den engen Grenzen des sozialen Ausgleichs zwischen den Beitragszahlern mit dem Versicherungsprinzip zu vereinbarende Berücksichtigung von Ausfallzeiten der Hochschulausbildung als Zeiten ohne Beitragsleistung ist eine auf typisierte Fallgruppen zugeschnittene Solidarleistung der Versichertengemeinschaft, die auf staatlicher Anordnung beruht und nur teilweise aus Steuermitteln bezahlt wird. Die gesetzliche Typisierung der als Ausfallzeiten zu berücksichtigenden Ausbildungsgänge ist verfassungsgemäß (BVerfG SozR 2200 § 1259 Nr 46 mwN). Eine entsprechende oder ausdehnende Anwendung des Gesetzes auf dort nicht genannte Ausbildungsgänge ist nicht möglich; nur eine einzige erfolgreich abgeschlossene Hochschulausbildung kann als Ausbildungsanrechnungszeit berücksichtigt werden (BSG SozR 2200 § 1259 Nr 38 S 101). Dies ist bei dem Kläger mit Blick auf die am 10. Juni 1952 abgeschlossene Ausbildung geschehen. Für die Zeit danach steht ihm im Rahmen der SGB VI-Rente kein Anspruch auf Anerkennung einer weiteren Ausbildungsanrechnungszeit einschließlich der von ihm begehrten Zwischenzeit zu.
Nach alledem war die Revision zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1173788 |
NJ 1997, 14 |