Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsanspruch nach § 104 SGB 10. Fahrkostenzuschuß. Kfz-Betriebskostenhilfe. gleichartige Leistung
Leitsatz (amtlich)
1. Erbringt ein Leistungsträger die ihm obliegende Leistung rechtzeitig, fehlt es an dem in § 104 Abs 1 SGB 10 vorausgesetzten Verhältnis der Vorrangigkeit-Nachrangigkeit, selbst wenn ein anderer, subsidiär verpflichteter Leistungsträger gleichartige Leistungen erbracht hat.
2. Zu den einzelnen Prüfungsschritten bei Anwendung des § 104 Abs 1 S 1 SGB 10.
3. Zur Frage, wann Fahrkostenzuschüsse des Arbeitsamtes bei der Förderung einer beruflichen Rehabilitation mit Leistungen des Sozialhilfeträgers im Rahmen der Kfz-Betriebskostenhilfe gleichwertige Leistungen iS des § 104 Abs 1 S 1 SGB 10 sind.
Normenkette
SGB X § 104 Abs. 1 Sätze 1-3, Abs. 3; AFG § 56 Abs. 3 Nr. 4; BSHG § 39 Abs. 3, § 40 Abs. 1 Nr. 2; BSHG§47V § 10 Abs. 6, § 8 Abs. 1; KfzHV § 9 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
SG Stuttgart (Entscheidung vom 14.08.1991; Aktenzeichen S 5 Ar 706/91) |
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 03.03.1993; Aktenzeichen L 5 Ar 1843/91) |
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte dem Kläger Zuschüsse (insgesamt iHv 3.283,80 DM) zu erstatten hat, die dieser von Oktober 1988 bis 30. Juni 1991 als Eingliederungshilfe an den Beigeladenen zum Betrieb und zur Instandhaltung dessen Kraftfahrzeugs (Kfz) gezahlt hat.
Der 1957 geborene Beigeladene, dem vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung von 100 und die Voraussetzungen für die Gesundheitsmerkzeichen G, H, aG und RF (§ 3 der 4. Verordnung zur Durchführung des Schwerbehindertengesetzes) bescheinigt sind, ist beidseitig oberschenkelamputiert; vorhandene Prothesen erlauben ein normales Gehen nur unter Einsatz von zwei Krückstöcken. Er benutzt jedoch zusätzlich einen Rollstuhl. Die Beklagte hat in der Vergangenheit neben anderen Leistungen zur beruflichen Rehabilitation anläßlich einer von 1980 bis 1983 erfolgten Ausbildung zum Bauzeichner einen 50%igen Zuschuß zur Beschaffung eines Kfz gewährt und die Kosten für die behinderungsbedingt erforderliche Zusatzausrüstung in voller Höhe übernommen.
Nach dem Bezug von Arbeitslosengeld (Alg) - ab November 1987 - nahm der Beigeladene von Oktober 1988 bis 30. Juni 1991 erneut an einer von der Beklagten durch Leistungen geförderten Rehabilitationsmaßnahme teil (Umschulung zum Industriekaufmann). Ihm wurden Übergangsgeld (Übg) sowie Zuschüsse zu Lehrgangsgebühren und Lernmitteln gewährt; ferner übernahm die Beklagte die erforderlichen Fahrkosten. Der Kläger erbrachte in dieser Zeit Leistungen in Form der Kfz-Betriebskostenbeihilfe und zahlte insoweit Betriebs- und Instandhaltungskostenpauschalen (monatlich 98,60 DM im Jahre 1988, monatlich 99,00 DM im Jahre 1989, monatlich 101,00 DM im Jahre 1990 und monatlich 98,00 DM im Jahre 1991).
Mit einem am 11. September 1989 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben verlangte der Kläger die Erstattung der an den Beigeladenen gezahlten Beihilfen für den Zeitraum vom 1. Oktober 1987 bis 31. Dezember 1989 unter Berufung auf § 9 der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV) vom 28. September 1987 (BGBl I 2251), in Kraft getreten am 1. Oktober 1987. In gleicher Weise machte er mit Schreiben vom 6. Juni 1990 für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 1990, mit Schreiben vom 30. August 1990 für den Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis 30. Juni 1991 sowie mit Schreiben vom 4. Februar 1991 (erneut) für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 1991 einen Erstattungsanspruch geltend. Die Beklagte verweigerte die Zahlung, weil die KfzHV Leistungen für laufende Betriebskosten des Kfz nicht vorsehe.
Das Sozialgericht (SG) verurteilte die Beklagte, "die vom Kläger für den Beigeladenen im Zeitraum vom 1. Oktober 1988 bis 30. Juni 1991 geleistete Kfz-Betriebskostenbeihilfe zu erstatten"; im übrigen wurde die Klage abgewiesen (Urteil vom 14. August 1991). Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Klage in vollem Umfang abgewiesen; die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen (Urteil vom 3. März 1993). Die Entscheidung ist damit begründet, daß eine Übernahme der laufenden Kfz-Betriebskosten durch die Beklagte nach den Vorschriften der §§ 55 ff Arbeitsförderungsgesetz (AFG) iVm der Anordnung des Verwaltungsrats der Beklagten über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter (RehaAnO) sowie der KfzHV nicht in Betracht komme. Insbesondere greife die Härtefallregelung des § 9 Abs 1 Satz 1 KfzHV nicht ein. Soweit die Beklagte Fahrkosten nach § 34 RehaAnO übernommen habe, handele es sich nicht um eine der Eingliederungshilfe für Behinderte (§§ 39 ff Bundessozialhilfegesetz ≪BSHG≫ iVm § 10 Abs 6 Eingliederungshilfe-Verordnung ≪EingliederungshilfeVO≫) gleichartige Leistung. Es fehle somit für den vom Kläger geltend gemachten Erstattungsanspruch an der nach § 104 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) erforderlichen Nachrangigkeit der Kfz-Betriebskostenbeihilfe gegenüber Leistungen der Beklagten.
Mit der Revision rügt der Kläger einen Verstoß gegen § 104 SGB X, § 9 KfzHV, § 56 Abs 3 Nr 4 AFG und § 34 Abs 3 RehaAnO. Er ist der Ansicht, die Beklagte sei nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KfzHV vorrangig zuständig zur Erbringung von Leistungen der Kfz-Hilfe in Form von Betriebskostenbeihilfe. Die Vorschrift ermögliche nicht nur die Aufstockung der in der KfzHV vorgesehenen Regelleistungen, zu denen die Betriebskostenbeihilfe nicht zähle, sondern auch die Erbringung anderer als Regelleistungen. Zudem sei entgegen der Ansicht des LSG die Übernahme von Fahrkosten durch die Beklagte anläßlich der Rehabilitationsmaßnahme eine der von ihr geleisteten Kfz-Betriebskostenbeihilfe vergleichbare Leistung, die die Beklagte zumindest während eines Teilzeitraumes in Kenntnis der Zahlung der Kfz- Betriebskostenbeihilfen erbracht habe; auch hieraus ergebe sich ein Erstattungsanspruch (§ 104 SGB X).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben, soweit es die den Zeitraum vom 1. Oktober 1988 bis 30. Juni 1991 betreffende Klage abgewiesen hat, und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die Betriebskostenbeihilfe sei keine Regelleistung der KfzHV. Kfz-Betriebskostenbeihilfe könne von ihr deshalb allenfalls nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 2 KfzHV zur Vermeidung besonderer Härten erbracht werden, wenn die Hilfe zur Aufnahme oder Fortsetzung einer beruflichen Tätigkeit unumgänglich sei. Eine besondere Härte iS der Vorschrift liege jedoch nicht vor, da diese nicht alleine mit einer schlechten wirtschaftlichen Gesamtsituation des Beigeladenen begründet werden könne. § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KfzHV greife nicht ein, wie das LSG richtig entschieden habe, weil diese Vorschrift nur die Aufstockung von Regelleistungen ermögliche. Eine Erstattungspflicht könne schließlich nicht im Hinblick auf die erfolgte Übernahme von Reisekosten (§ 34 RehaAnO) bejaht werden. Hierbei handele es sich nicht um eine der vom Kläger erbrachten Eingliederungshilfe vergleichbare Leistung; § 104 SGB X finde somit keine Anwendung.
Der Beigeladene hat weder einen Antrag gestellt noch sich zur Sache geäußert.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫), da der Senat mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen nicht zu entscheiden in der Lage ist, ob dem Kläger der geltend gemachte Anspruch zusteht.
1.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Erstattung der dem Beigeladenen vom Kläger gezahlten Zuschüsse (in Form der Kfz-Betriebskostenbeihilfe) durch die Be klagte für die Zeit vom 1. Oktober 1988 bis 30. Juni 1991; nur dieses Ziel verfolgt der Kläger noch in der Revisionsinstanz mit der isolierten Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG).
Im Revisionsverfahren fortwirkende, von Amts wegen zu beachtende Verfahrenshindernisse, die einer Sachentscheidung entgegenstünden, liegen nicht vor. Insbesondere war die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG gemäß § 149 SGG in der hier nach Art 14 Abs 1 des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 11. Januar 1993 (BGBl I 50) noch anwendbaren, bis 28. Februar 1993 geltenden Fassung nicht ausgeschlossen; der Beschwerdewert beträgt mehr als 1.000,00 DM. Obwohl das SG, wie später noch ausgeführt wird, ein Grundurteil (§ 130 SGG) erlassen hat, bedarf es zur Beurteilung der Berufungsfähigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht der Bestimmung der genauen Erstattungssumme (vgl BSG, Urteil vom 28. September 1993 - 11 RAr 7/92 - ≪unveröffentlicht≫); maßgeblich ist vielmehr, daß der Kläger insgesamt mehr als 1.000,00 DM geltend gemacht hat.
2.
Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs ist § 104 Abs 1 Satz 1 SGB X. Danach ist, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne daß die Voraussetzungen von § 103 Abs 1 SGB X vorliegen, der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit dieser Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis hat (Satz 1). Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre (Satz 2). Erläuternd führt § 104 Abs 1 Satz 3 SGB X zum Nachrangverhältnis aus, ein Erstattungsanspruch bestehe nicht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen. § 104 SGB X geht also von nebeneinander bestehenden Leistungspflichten (mindestens) zweier Leistungsträger aus, wobei die Verpflichtung eines der Leistungsträger entweder wegen System- oder wegen Einzelanspruchssubsidiarität der Leistungspflicht des anderen nachgeht (vgl BSGE 58, 119, 123 = SozR 1300 § 104 Nr 7; BSGE 70, 186, 194 = SozR 3-1200 § 53 Nr 4); ersteres gilt für den Bereich der Sozialhilfe (§ 2 Abs 2 BSHG).
Sonstige Vorschriften der §§ 102 ff SGB X sind als Anspruchsnorm nicht einschlägig; weder hat der Kläger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufige Sozialleistungen erbracht (§ 102 Abs 1 SGB X) noch ist der Anspruch des Beigeladenen gegen den Kläger nachträglich entfallen (§ 103 Abs 1 SGB X). Schließlich greift § 105 SGB X nicht ein, der dem unzuständigen Leistungsträger, der Sozialleistungen erbracht hat, einen Erstattungsanspruch gegen den zuständigen Leistungsträger zugesteht. Für die Gewährung von Kfz-Betriebskostenbeihilfe als Form der Eingliederungshilfe nach §§ 39, 40 Abs 1 Nr 2 BSHG iVm der aufgrund von § 47 BSHG erlassenen EingliederungshilfeVO war der Kläger örtlich und sachlich zuständig nach §§ 97, 100, 96 Abs 2 BSHG iVm § 2 des Baden-Württembergischen Gesetzes zur Ausführung des BSHG vom 23. Mai 1963 und §§ 1, 2 des Baden-Württembergischen Landeswohlfahrtsverbändegesetzes vom 23. April 1963. Nach § 10 Abs 6 der EingliederungshilfeVO kann - abgesehen von der Hilfe zur Beschaffung eines Kfz (§ 8) - Hilfe in angemessenem Umfang auch zur Instandhaltung sowie durch Übernahme von Betriebskosten eines Kfz gewährt werden, wenn der Behinderte wegen seiner Behinderung auf die regelmäßige Benutzung eines Kfz angewiesen ist oder angewiesen sein wird. Ist aber der Kläger zur Erbringung einer derartigen Leistung im Bedarfsfall verpflichtet, scheidet die Anwendung des § 105 SGB X selbst dann aus, wenn die Leistung rechtswidrig gewesen wäre (im Ergebnis BSGE 70, 186, 196 = SozR 3-1200 § 53 Nr 4). Ein Anspruch des Klägers kann sich somit nur aus § 104 Abs 1 Satz 1 SGB X ergeben, wie bereits der 11. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) mit seinem zur Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom 29. Juli 1993 - 11/9b RAr 27/92 - in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden hat.
3.
Ob der Klageanspruch aus § 104 Abs 1 Satz 1 SGB X begründet ist, bedarf weiterer Feststellungen. Hierfür ist zu beachten, daß die Prüfung des Anspruchs im Hinblick auf die Systematik der §§ 102 ff SGB X und insbesondere das in § 104 SGB X vorgesehene Verhältnis der Vorrangigkeit und Nachrangigkeit dogmatisch in mehreren Einzelschritten zu erfolgen hat:
-
Die betroffenen Leistungsträger müssen vergleichbaren Leistungspflichten unterliegen (BSGE 57, 218, 220 = SozR 1300 § 104 Nr 3; BSGE 70, 186, 196 = SozR 3-1200 § 53 Nr 4; BSG SozR 1300 § 104 Nr 4), und zwar unter Berücksichtigung einer zeitlichen Kongruenz (BSG SozR 1300 § 103 Nr 5) und Personenidentität (BSG SozR 3-1300 § 104 Nr 3) - nachfolgend unter 4.
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Die Leistung des die Erstattung begehrenden Leistungsträgers muß rechtmäßig gewesen sein (BSGE 58, 119, 123 f = SozR 1300 § 104 Nr 7; BSGE 70, 186, 195 mwN = SozR 3-1200 § 53 Nr 4) - nachfolgend unter 5.
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Derjenige, von dem Erstattung verlangt wird, muß seiner Leistungspflicht verspätet, also nicht rechtzeitig, nachgekommen sein (BSGE 70, 186, 194 ff = SozR 3-1200 § 53 Nr 4) - nachfolgend unter 6.
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Die Höhe der Erstattungspflicht richtet sich nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Vorschriften (§ 104 Abs 3 SGB X) und ist grundsätzlich durch gegenüber dem Leistungsempfänger ergangene Bescheide begrenzt (BSGE 57, 146, 149 f = SozR 1300 § 103 Nr 2; BSGE 58, 119, 126 = SozR 1300 § 104 Nr 7; BSG SozR 4100 § 105b Nr 6; BSG SozR 3-2200 § 183 Nr 6; BSG, Urteil vom 23. Juni 1993 - 9/9a RV 35/91 - ≪zur Veröffentlichung vorgesehen≫) - nachfolgend unter 7.
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Der Erstattungspflichtige darf seine Leistung gegenüber dem Leistungsempfänger nicht bereits in Unkenntnis der Leistung des Erstattungsberechtigten erbracht haben - nachfolgend unter 8.
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Die Frist zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs muß eingehalten sein (§ 111 SGB X) - nachfolgend unter 9 -, der Erstattungsanspruch darf nicht verjährt sein (§ 113 SGB X) und nicht gemäß § 110 SGB X (Pauschalierung; Bagatellbetrag) höhenmäßig begrenzt oder ausgeschlossen sein.
4.
Der vom Kläger geleisteten Kfz-Betriebskostenbeihilfe vergleichbare Leistungen der Beklagten ergeben sich nicht aus der KfzHV. Diese Frage kann bereits ungeachtet dessen beantwortet werden, ob insoweit überhaupt die sonstigen Voraussetzungen für eine Erstattungspflicht der Beklagten erfüllt sind. Die KfzHV sieht nämlich Regelleistungen in Form von Zuwendungen zu den laufenden Betriebskosten eines Pkw ebensowenig vor wie für dessen Instandhaltung, wie bereits der 11. Senat entschieden hat (BSG, Urteil vom 29. Juli 1993 - 11/9b RAr 27/92); auch eine Anwendung der Härtefallregelung des § 9 KfzHV kommt nicht in Betracht.
Danach können zur Vermeidung besonderer Härten Leistungen auch abweichend von § 2 Abs 1, §§ 6 und 8 Abs 1 erbracht werden, soweit dies (entweder) notwendig ist, um Leistungen der Kfz-Hilfe von seiten eines anderen Leistungsträgers nicht erforderlich werden zu lassen, oder unter den Voraussetzungen des § 3 zur Aufnahme oder Fortsetzung einer beruflichen Tätigkeit unumgänglich ist.
Bereits an der für beide Alternativen erforderlichen Härte iS der Vorschrift fehlt es. Nach der bezeichneten Entscheidung des 11. Senats - der sich der erkennende Senat anschließt - ist die Vorschrift nämlich eng auszulegen, um nicht der Schaffung einer neuen Regelleistung Tür und Tor zu öffnen. Maßgeblich sind nur individuell besondere Umstände; die für Behinderte allgemein gültigen Verhältnisse begründen keinen Härtefall. Die Einkommenssituation des Behinderten spielt bei der Prüfung des Einzelfalls zwar eine Rolle; sie ist jedoch nicht alleiniges Kriterium, da ein mäßiges oder geringes Einkommen auch andere Behinderte und Nichtbehinderte treffen kann, so daß der geforderte Ausnahmecharakter fehlt, an den die Regelung des § 9 Abs 1 Satz 1 KfzHV anknüpft. Besondere Verhältnisse, die die Anwendung der Vorschrift rechtfertigen, sind vom LSG nicht festgestellt und auch nicht erkennbar. Der Beigeladene hat vielmehr im streitigen Zeitraum von der Beklagten Rehabilitationsleistungen verschiedener Art (ua als Lohnersatzleistung laufendes Übg) erhalten.
Eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Betriebskostenbeihilfe könnte sich zudem selbst bei Vorliegen eines Härtefalls nicht aus § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KfzHV ergeben. Hierzu hat der 11. Senat (aaO) unter Hinweis auf die Begründung des Regierungsentwurfs ausgeführt, die Regelung des § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KfzHV diene alleine der Aufstockung der nach §§ 2, 6, 8 KfzHV zu erbringenden Leistungen, also der Regelleistungen, zu denen die Zuwendungen zu laufenden Betriebs- und Unterhaltungskosten des Kfz nicht gehören. Entgegen der Ansicht des Klägers rechtfertigt sich diese Folgerung unzweifelhaft aus der gesetzgeberischen Begründung (vgl BR-Drucks 266/87 S 26 f) und dem Wortlaut des Gesetzes, in dem der Wille des Gesetzgebers deutlich seinen Niederschlag gefunden hat. Die zusätzlichen Leistungen sollen Leistungen der Kfz-Hilfe von seiten eines anderen Leistungsträgers nicht erforderlich werden lassen; Leistungen der Kfz-Hilfe sind aber gerade die Regelleistungen. Denknotwendig kann es dann nur um die Aufstockung dieser Regelleistungen gehen, und die Gewährung anderer als Regelleistungen kann nur auf § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 2 KfzHV gestützt werden. Ob diese Vorschrift eingreift, wenn das Fahrzeug - wie vorliegend - nicht unmittelbar für eine berufliche Tätigkeit, sondern für eine Umschulung benötigt wird, und wann die Erbringung einer Leistung unumgänglich ist, bedarf keiner Entscheidung, weil es an der besonderen Härte fehlt. Aus diesem Grund kann ferner unentschieden bleiben, wie die Frage der Erstattungspflicht eines vorrangig Verpflichteten in den Fällen zu beantworten ist, in denen dieser nur Ermessensleistungen zu erbringen hat (vgl zu diesem Problem BSG SozR 1300 § 104 Nr 6).
Eine der Leistungspflicht des Klägers vergleichbare Verpflichtung kann sich infolgedessen allenfalls aus § 56 Abs 3 Nr 4 AFG (hier idF des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 vom 22. Dezember 1983 - BGBl I 1532) iVm der RehaAnO vom 31. Juli 1975 (ANBA S 994) idF der 12. Änderungsanordnung (ÄndAnO) vom 1. Oktober 1986 (ANBA S 1649) und der 15. ÄndAnO vom 6. Juli 1990 (ANBA S 1119) ergeben. Danach muß die Beklagte ua die im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer berufsfördernden Maßnahme erforderlichen Fahrkosten übernehmen, also auch die des Beigeladenen während der Umschulung. Ob die Beklagte unter diesem Gesichtspunkt erstattungspflichtig ist, kann aus mehreren Gründen noch nicht entschieden werden. Ausgehend von der Ansicht, eine Leistungspflicht der Beklagten nach § 104 SGB X komme unter keinem Gesichtspunkt in Betracht, hat es das LSG - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - unterlassen, tatsächliche Feststellungen zur Vergleichbarkeit der von der Beklagten an den Beigeladenen zu erbringenden Leistungen der Fahrkostenübernahme zu treffen. Eine solche Vergleichbarkeit ist jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen.
Die vom Kläger dem Beigeladenen gewährten Leistungen der Kfz-Betriebskostenbeihilfe dienen unter Berücksichtigung der §§ 39 Abs 3, 40 Abs 1 Nr 2 BSHG iVm §§ 10 Abs 6, 8 Abs 1 EingliederungshilfeVO zwar dazu, dem Behinderten die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft insgesamt zu ermöglichen, also der Eingliederung in die Gesellschaft als solche. § 39 Abs 3 BSHG und § 8 Abs 1 EingliederungshilfeVO machen indes deutlich, daß bei der vom Kläger gewährten Kfz-Hilfe im Vordergrund die berufliche Eingliederung steht (vgl hierzu: Oestreicher/Schelter/Kunz, BSHG, Stand Oktober 1992, § 40 BSHG RdNr 16 mwN; Knopp/Fichtner, BSHG, 5. Aufl 1983, § 40 RdNr 24 mwN). Insoweit überschneidet sich der Normzweck mit dem des § 56 AFG. Auch die Beklagte hat nach dieser Vorschrift die Hilfen zu gewähren, die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind, um Behinderte möglichst auf Dauer beruflich einzugliedern. Dabei lassen sich die Eingliederung in die Gesellschaft und in das Berufsleben, wenn eine Eingliederung in das Berufsleben noch möglich ist, ohnedies nicht gänzlich trennen; sie bedingen sich vielmehr gegenseitig.
Die Feststellung der Teilidentität von normativen Zwecken ermöglicht allerdings noch nicht die Annahme einer Vergleichbarkeit der Leistungen iS des § 104 Abs 1 Satz 1 SGB X; hierfür ist eine konkrete, unmittelbar auf die Leistungen selbst abstellende Betrachtungsweise erforderlich. Denn Ziel der in §§ 102 bis 105 SGB X getroffenen Erstattungsregelungen ist, wie die in § 107 SGB X enthaltene Erfüllungsfiktion zeigt, die Vermeidung von Doppelleistungen. Vergleichbarkeit kann deshalb nur angenommen werden, wenn und soweit es sich bei den Leistungen des Klägers und der Beklagten um Doppelleistungen handelt. Mit anderen Worten: Die Leistungen des Klägers an den Beigeladenen müssen bei konkreter Betrachtung der Höhe nach mit einem abgrenzbaren Teilbetrag an umschulungsbedingten Fahrten ausgerichtet sein, für die die Beklagte Kosten zu übernehmen hatte. Daß der Kläger monatliche Pauschalen unter Einschluß der Instandhaltungskosten bezahlt hat, bedeutet nicht zwangsläufig, daß die Leistungshöhe unabhängig von umschulungsbedingten Fahrten festgesetzt worden und rechnerisch nicht abtrennbar ist. Das LSG wird bei seiner erneuten Verhandlung die erforderlichen Feststellungen zu treffen und sein Augenmerk auch auf den Gesichtspunkt der zeitlichen Kongruenz zu richten haben.
5.
Sollte die Prüfung ergeben, daß die Beklagte den Leistungen des Klägers vergleichbare, zeitlich kongruente Leistungen an den Beigeladenen zu erbringen hatte, so bedarf es der weiteren Prüfung, ob die vom Kläger erbrachten Leistungen rechtmäßig waren. Nur wenn der Berechtigte von zwei Schuldnern Leistungen beanspruchen kann, besteht Anlaß und Grund, den faktisch vorleistenden Träger gemäß § 104 SGB X zu Lasten des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers zu entlasten (BSGE 70, 186, 196 = SozR 3-1200 § 53 Nr 4). Hat dagegen ein Leistungsträger nach den für ihn maßgeblichen Rechtsvorschriften Leistungen von Anfang an zu Unrecht erbracht, kann er sich für diese Leistungen nicht bei einem anderen Leistungsträger im Wege eines Erstattungsanspruchs nach § 104 SGB X schadlos halten, sondern ist darauf beschränkt, zu Unrecht gewährte Leistungen vom Empfänger dieser Leistungen gemäß § 50 SGB X zurückzufordern (BSG aaO). Die Feststellungen des LSG ermöglichen eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der vom Kläger an den Beigeladenen erbrachten Leistung nicht.
6.
Dasselbe gilt für die damit eng verknüpfte Frage, ob der Kläger hier überhaupt als nachrangig verpflichteter Leistungsträger angesehen werden kann. Wie der Senat bereits entschieden hat (BSGE 70, 186, 194 ff = SozR 3-1200 § 53 Nr 4), genügt dafür nicht schon der allgemeine Nachrang der Sozialhilfe; es reicht mithin nicht aus, daß ein Sozialhilfeträger für denselben Zeitraum Leistungen zeitlich vor einem anderen Leistungsträger erbracht hat (BSG aaO). Die Legaldefinition in § 104 Abs 1 Satz 2 SGB X verdeutlicht vielmehr, daß eine nachrangige Verpflichtung nur angenommen werden kann, soweit der Sozialhilfeträger bei recht zeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre (BSG aaO). Insofern scheiden Erstattungsansprüche des Klägers bereits angesichts all der Zahlungen der Beklagten aus, die von ihr ordnungsgemäß, dh entsprechend den Vorschriften des AFG nicht als (unzeitgemäße) Nachzahlung, sondern als laufende Leistung erbracht worden sind (BSG aaO). Auch hierzu fehlen tatsächliche Feststellungen.
Nach § 58 Abs 2 RehaAnO sind die Leistungen der Beklagten grundsätzlich monatlich - allerdings am 20. des Anspruchsmonats - zu zahlen, so daß es sich bei den von der Beklagten gezahlten Leistungen der Fahrkostenübernahme um laufende Leistungen handeln dürfte. Dies hätte gleichzeitig zur Folge, daß in Höhe der zeitgemäß erbrachten Zahlungen der Beklagten uU Hilfebedürftigkeit des Beigeladenen abzulehnen wäre, weil derjenige keine Sozialhilfe erhält, der sich selbst helfen kann (§ 2 Abs 1 BSHG). Insoweit steht es nicht im Belieben des Hilfesuchenden, zwischen der Selbsthilfe und der Inanspruchnahme der Sozialhilfe zu wählen. Zur Selbsthilfe gehört vor allem der Einsatz des eigenen Einkommens und des Vermögens, somit auch die Verwirklichung von Forderungen, die dem Hilfesuchenden unter der Voraussetzung zustehen, daß sie in angemessener Frist durchzusetzen sind. Denn für die Gewährung von Sozialhilfe kommt es auf die tatsächliche Lage und auf für die Behebung der Notlage "bereite Mittel" an (BSGE 70, 186, 195 = SozR 3-1200 § 53 Nr 4; BVerwGE 21, 208, 212; BVerwG DVBl 1983, 1244, 1245; BVerwG NJW 1983, 2954, 2955).
7.
Liegt gleichwohl Nachrangigkeit im bezeichneten Sinne vor, ist bei der Höhe des Erstattungsanspruchs zu beachten, daß er uU auf die von der Beklagten dem Beigeladenen bewilligte Leistung der Übernahme von Reisekosten beschränkt ist. Nach der (unter 3 zitierten) Rechtsprechung des BSG hat nämlich der nachrangig verpflichtete Leistungsträger im Hinblick auf § 104 Abs 3 SGB X grundsätzlich die Entscheidung des vorrangigen Leistungsträgers nach Grund und Höhe zu akzeptieren, außer wenn die Leistung nicht aus Gründen des besonderen Leistungsrechts, sondern gerade wegen der Leistungsverpflichtung eines anderen abgelehnt wird (vgl hierzu BSG, Urteil vom 28. September 1993 - 11 RAr 7/93 - ≪unveröffentlicht≫). Dies würde nur dann nicht gelten, wenn Bescheide der Beklagten offensichtlich unrichtig wären (BSGE 57, 146, 149 = SozR 1300 § 103 Nr 2; BSG SozR 1300 § 103 Nr 3); denn ein Beharren des Leistungsträgers auf einer offensichtlich rechtswidrigen Entscheidung verletzt das in § 86 SGB X ausdrücklich festgelegte Gebot der engen Zusammenarbeit (BSG aaO). Das LSG wird deshalb im Bedarfsfall nähere Feststellungen zu den im Verhältnis der Beklagten zum Beigeladenen ergangenen Bewilligungsbescheide zu treffen haben.
8.
Sollten die von der Beklagten an den Beigeladenen erbrachten Leistungen nicht bereits im bezeichneten Sinne das Verhältnis der Vorrangigkeit und Nachrangigkeit entfallen lassen, könnte ein Erstattungsanspruch des Klägers in Höhe der von der Beklagten an den Beigeladenen erbrachten Zahlungen ausgeschlossen sein, weil die Beklagte geleistet hat, bevor sie von der Leistung des Klägers Kenntnis erlangt hat (§ 104 Abs 1 Satz 1 SGB X). Ob die Beklagte Kenntnis in diesem Sinne besaß, ist zuvorderst eine Tatfrage; auch hierzu fehlen Feststellungen durch das LSG. Bloßes Kennenmüssen reicht nicht aus; erforderlich wäre positive Kenntnis zu Leistungsart, -zeit und -höhe (BSGE 70, 186, 196 mwN = SozR 3-1200 § 53 Nr 4). Nur dann wäre die Beklagte in der Lage gewesen, ohne weitere Nachforschungen zu entscheiden, welche Leistungsbestandteile zur Erfüllung des Erstattungsanspruchs einzubehalten und welche weiterhin an den Beigeladenen auszubezahlen waren (in diesem Sinne BSG aaO). Die vom LSG erwähnten Schreiben des Klägers, mit denen dieser seine Erstattungsforderungen geltend gemacht hat, genügen diesen Anforderungen einer umfassenden Information nicht. Die Erstattungspflicht als solche lag nicht auf der Hand, sondern war und ist - wie aufgezeigt - von einer Vielzahl von Umständen abhängig, die nicht alleine dadurch umschrieben und charakterisiert werden können, daß der potentiell Erstattungsberechtigte dem potentiell Erstattungspflichtigen mitteilt, er habe in der Vergangenheit für einen bestimmten Zeitraum eine Betriebs- und Reparaturkostenpauschale in bestimmter Höhe gezahlt und werde dies auch für einen bestimmten künftigen Zeitraum tun.
9.
Unklar ist schließlich, ob der Kläger den Erstattungsanspruch für die Zeit nach 1989 noch innerhalb der Ausschlußfrist von zwölf Monaten nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde (vgl hierzu BSGE 65, 27 ff = SozR 1300 § 111 Nr 4), geltend gemacht hat (§ 111 SGB X). Entscheidend für den Ablauf der Frist ist der Zugang der Schreiben an die Beklagte, da es sich um empfangsbedürftige Erklärungen handelt (BSGE 65, 31, 37 = SozR 1300 § 111 Nr 6). Das LSG hat für die Zeit nach 1989 nur die Daten der Anschreiben des Klägers genannt (6. Juni 1990, 30. August 1990, 4. Februar 1991), nicht aber die maßgeblichen des Zugangs.
10.
Gelangt das LSG nach alldem zu einem zusprechenden Urteil, wird es außerdem zu beachten haben, daß in Fällen echter Leistungsklagen (§ 54 Abs 5 SGG) ein Grundurteil (§ 130 SGG) kein Endurteil, sondern gemäß § 202 SGG iVm § 304 Zivilprozeßordnung ein Zwischenurteil darstellt. Dies hat zur Folge, daß beim SG noch ein Nachverfahren über die Höhe des Erstattungsanspruchs durchzuführen wäre (vgl: BSGE 29, 69 ff = SozR Nr 7 zu § 130 SGG; BSGE 61, 217, 221 ff = SozR 3100 § 19 Nr 18). Das SG hat nämlich über die Höhe des Anspruchs noch nicht befunden, wie sich aus Urteilsgründen und Urteilstenor ergibt. Der Erstattungsanspruch des Klägers ist an keiner Stelle, insbesondere nicht im Urteilstenor, beziffert. Das LSG wird außerdem über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen