Beteiligte
Kläger und Revisionsbeklagter |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt Überbrückungsgeld (Übbg) für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit.
Der 1951 geborene Kläger meldete sich am 28. Juli 1988 zum 1. Oktober 1988 arbeitslos und bezog vom 1. bis 31. Oktober 1988 Arbeitslosengeld (Alg). Am 21. September 1988 beantragte er beim Arbeitsamt Göppingen Übbg gemäß § 55a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Am 29. September 1988 meldete der Kläger sein Gewerbe mit "Grafische und reprografische Informationsverarbeitung, Beratung, Dienstleistung, Handel" an. Die selbständige Tätigkeit nahm er - entsprechend der Anzeige bei der Gewerbepolizei - am 1. November 1988 auf. Unterlagen für seinen Antrag, u.a. eine Stellungnahme des Steuerberaters B., legte der Kläger dem Arbeitsamt vor. Das Arbeitsamt lehnte - entsprechend dem Schnellbrief-Erlaß des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit (BA) vom 17. Oktober 1988 - den Antrag ab, weil derzeit keine Ausgabemittel für Übbg zur Verfügung stünden (Bescheid vom 8. November 1988 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 1989). Das Sozialgericht (SG) hat den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über den Antrag neu unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden; die weitergehende Klage auf Leistung des Übbg hat das SG abgewiesen (Urteil vom 10. Mai 1989). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 15. November 1989).
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG zunächst ausgeführt, die gesetzlichen Voraussetzungen, an die § 55a AFG die im Ermessen der Beklagten stehende Gewährung des Übbg knüpfe, seien erfüllt. Der Kläger benötige das Übbg, um seinen Lebensunterhalt zu Beginn seiner selbständigen Tätigkeit sicherzustellen. Daß die Tätigkeit an sich voraussichtlich auf Dauer eine ausreichende Lebensgrundlage biete, ergebe sich aus der Stellungnahme der fachkundigen Stelle. Schließlich habe der Kläger bis zur Aufnahme der Tätigkeit, deren Arbeitsaufwand mehr als 18 Stunden in der Woche betrage, für mindestens vier Wochen Alg bezogen.
Sodann hat das LSG ausgeführt, die Ablehnung wegen fehlender Mittel sei ermessensfehlerhaft. Sehe das Gesetz Leistungen vor, müßten die hierfür notwendigen Mittel bereitgestellt werden, sofern das Gesetz nicht selbst Einschränkungen enthalte. Die Ausweisung beschränkter Mittel im Haushaltsplan beseitige nicht Ansprüche, die über die Haushaltsansätze hinausgingen (§ 219 Abs. 1 AFG, § 3 Abs. 2 Bundeshaushaltsordnung -BHO-). Lasse sich eine Leistung nicht finanzieren, sei es allein Sache des Gesetzgebers, einzugreifen. Nichts wesentlich anderes gelte im Ermessensbereich. Mittel seien in der Höhe bereitzustellen, daß bei Beachtung einer gerechten Leistungsgewährung eine Gewährung möglich bleibe. Habe der Gesetzgeber nicht selbst die Mittel begrenzt, sei die Förderung unabhängig vom Zeitpunkt der Entscheidung und der dann bestehenden Haushaltslage erwünscht. Ob ein genereller Bewilligungsstop als letztes Mittel zulässig sei, könne offen bleiben; ein solcher Stop habe jedenfalls vermieden werden können.
Die Haushaltslage sei 1988 nicht so angespannt gewesen, wie die Beklagte annehme. Wenn, wie die Beklagte vortrage, bis Ende Oktober 1988 507 Millionen DM im Bereich Förderung der Arbeitsaufnahme ausgegeben gewesen seien, hätten ausweislich des Haushaltsplans 1988 nach Abzug von 15 Millionen DM zugunsten der Rehabilitation aus den Titeln 68105 und 68305 noch mehr als 50 Millionen DM zur Verfügung gestanden. - Selbst wenn die Haushaltslage im Oktober 1988 so gewesen wäre, wie die Beklagte sie darstelle, hätte sie nicht mit einem Bewilligungsstop reagieren dürfen. Sie hätte vielmehr einen Nachtrag zum Haushaltsplan oder die Bewilligung von Mehrausgaben bewirken müssen. Der wichtigen Aufgabe nach § 55a AFG dürfe sich die Beklagte nicht unter Hinweis auf finanzielle Engpässe entziehen. Selbst wenn dieser Weg verschlossen gewesen sein sollte, lasse sich der Bewilligungsstop nicht rechtfertigen. Zwar dürfe ein Leistungsträger, soweit die Gewährung einer Leistung in sein Ermessen gestellt sei, auch die Haushaltslage berücksichtigen. Das rechtfertige indes nicht die generelle Versagung von Leistungen von einem bestimmten Zeitpunkt an. Es könne nicht gebilligt werden, die Leistung nur während eines Teiles des Jahres zu gewähren ("Windhundprinzip"). Statt dessen habe die Beklagte etwa ab Jahresmitte 1988 mit einer angemessenen Kürzung der Leistungssätze reagieren und so die gleichmäßige Behandlung der Antragsteller bewirken müssen. -
Schließlich sei der Bewilligungsstop rechtswidrig, weil die Be- klagte nicht gehindert gewesen sei, im Wege des Ermessens das beantragte Übbg im Jahre 1989 rückwirkend zu bewilligen. Sie habe mit der Widerspruchsentscheidung zuwarten können und müssen, bis ihr 1989 wieder Mittel zur Verfügung standen.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 55a AFG, des § 38 der Anordnung zur Förderung der Arbeitsaufnahme (FdAAnO) und der §§ 103 Satz 1, 128 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie macht geltend, das Ermessen sei rechtsfehlerfrei ausgeübt worden. Der Runderlaß vom 17. Oktober 1988, nach dem Übbg nur noch in Ausnahmefällen habe bewilligt werden dürfen, sei nicht zu beanstanden. Er sei geeignet und erforderlich gewesen, um eine weitere - dann nicht mehr deckungsfähige - Überschreitung der für Leistungen zur Förderung der Arbeitsaufnahme vorgesehenen Haushaltsansätze zu verhindern. Für die Neubewilligung von Leistungen nach § 55a AFG hätten im Oktober 1988 keine Haushaltsmittel zur Verfügung gestanden. Das Urteil des LSG enthalte zwar zahlenmäßig im wesentlichen zutreffende Feststellungen; aus ihnen leite es jedoch irrigerweise ab, seinerzeit seien noch 50 Millionen DM verfügbar gewesen. Das LSG habe die laufenden Förderungsfälle unberücksichtigt gelassen. Allein nach den - wesentlich zu niedrigen - Haushaltsansätzen wären hierfür 19, 2 Millionen DM erforderlich gewesen. Tatsächlich seien die durch die vorangegangenen Bewilligungen gebundenen Mittel wesentlich höher zu veranschlagen, da das Ausgabesoll von 76, 8 Millionen DM bereits im Oktober 1988 um rund 105% überschritten gewesen sei (Ist-Ausgaben: 157, 3 Millionen DM). Tatsächlich seien die im Haushaltsplan 1988 angesetzten Mittel einschließlich aller zugelassenen Deckungsfähigkeiten bis auf einen Restbetrag von 2, 1 Millionen DM vollständig ausgeschöpft worden. Indem das LSG die klar auf der Hand liegende Bindung des von ihm ermittelten Differenzbetrages durch bereits bewilligte Förderungsfälle nicht berücksichtigt habe, habe es bei seiner Beweiswürdigung gegen mathematisch-logische Denkgesetze verstoßen. Im übrigen sei die Beurteilung der Haushaltslage der Beklagten vorbehalten und gerichtlich nur beschränkt nachprüfbar. Das folge daraus, daß die Deckungsfähigkeit der Ausgabemittel mit arbeitsmarkt-politischen Grundsatzentscheidungen verbunden sei.
Seien Haushaltsmittel für § 55a AFG nicht mehr verfügbar gewesen, so habe der Bewilligungsstop ein geeignetes Mittel dargestellt, eine Überschreitung der im Haushaltsplan 1988 vorgesehenen Ansätze zu verhindern. Andere Maßnahmen seien nicht in Betracht gekommen. Die Beklagte besitze keine uneingeschränkte Haushaltsautonomie. Zwar werde der Haushaltsplan vom Vorstand aufgestellt und vom Verwaltungsrat festgestellt; er bedürfe jedoch der Genehmigung der Bundesregierung (§ 216 AFG). Die Bundesregierung habe indes die Erwartung zum Ausdruck gebracht, daß im Rahmen der bewilligten Haushaltsmittel gewirtschaftet werde und ein überplanmäßiger Mehrbedarf nicht entstehen dürfe. Sie habe bei Kannleistungen sogar gefordert, Ausgabemittel in nicht unerheblicher Größenordnung im Rahmen des genehmigten Ausgabesolls zu erwirtschaften. Ein Haushaltsnachtrag oder die Genehmigung überplanmäßiger Ausgaben für § 55a AFG hätte daher keine Erfolgsaussichten gehabt. Im Pflichtleistungsbereich würden Haushaltsansätze im allgemeinen bedarfsorientiert kalkuliert, dagegen sei im Kannleistungsbereich die Feststellung des notwendigen Finanzbedarfs das Ergebnis des politischen Kräftespiels. Mit dem Haushaltsansatz würden die arbeitsmarkt-politischen Aktivitäten maßgeblich nach Art und Umfang bestimmt. Haushaltsansätze dienten keinesfalls nur der Finanzkontrolle, sondern auch der Umsetzung der arbeitsmarkt-politischen Zielvorstellungen. Sie müßten infolgedessen keineswegs jedem sich abzeichnenden Mehrbedarf Rechnung tragen.
Selbstverständlich habe die Beklagte die Ausgabenentwicklung laufend verfolgt. Sie sei mit Runderlaß vom 21. Juli 1988 bemüht gewesen, die nur begrenzt verfügbaren Fördermittel möglichst vielen Antragstellern zugute kommen zu lassen. Anstelle der im Haushaltsplan veranschlagten 8.000 Neubewilligungen seien 1988 insgesamt 17949 Neubewilligungen registriert und anstelle der dafür veranschlagten 76, 8 Millionen DM insgesamt 180, 6 Millionen DM verausgabt worden. Der Versuch, durch restriktive interne Regelungen die Ausgabenentwicklung zu reduzieren, sei indes mißlungen. Dabei sei zu berücksichtigen, daß das Übbg erst 1986 eingeführt worden sei, so daß noch keine langjährig gesicherten Erfahrungen vorgelegen hätten. Die monatliche Zahl der Bewilligungen habe sich auch nicht etwa linear, sondern progressiv entwickelt. Der Vorwurf des LSG, die Beklagte habe die Gelder nach dem "Windhundprinzip" vergeben, ohne angemessene Lenkungsmaßnahmen zu ergreifen, sei völlig unbegründet. Es sei nicht erkennbar, welche Tatsachen das LSG zu dieser Beurteilung veranlaßt hätten. Insoweit habe das LSG nicht nur die von seinem Rechtsstandpunkt aus erforderliche weitere Sachverhaltsaufklärung unterlassen (§ 103 Satz 1 SGG), sondern auch die Grenzen freier richterlicher Beweiswürdigung eindeutig überschritten (§ 128 Abs. 1 SGG). Über die Regelungen des Runderlasses vom 21. Juli 1988 hinausgehende Restriktionen der Leistungsgewährung zur Abwendung des Bewilligungsstops seien nicht in Betracht gekommen, weil hierdurch der Zweck der Leistung ernstlich in Frage gestellt worden wäre. Dieser bestehe in der Sicherung des Lebensunterhalts des Antragstellers während der Anlaufzeit einer selbständigen Tätigkeit. Die Unterschreitung eines gewissen Mindestbetrages der Förderung sei daher nicht möglich gewesen. Der Erlaß habe einen Höchstbetrag von 350 DM wöchentlich vorgesehen. Der Anordnungsgeber habe diese Regelung geringfügig modifiziert übernommen; der Höchstbetrag betrage jetzt 300 DM wöchentlich (§ 22 Abs. 3 FdAAnO -nF-).
Eine weitere Einschränkung der Leistungsgewährung im Erlaßwege wäre dem Vorwurf ausgesetzt gewesen, mit § 38 FdAAnO (aF) und § 55a AFG nicht übereinzustimmen. Denn eine weitere Absenkung hätte der Existenzsicherungsfunktion des Übbg entgegengestanden, die durch die Bezugnahme auf die Höhe der zuletzt bezogenen Pflichtleistung eine Konkretisierung im Anordnungsrecht selbst erfahren habe.
Die Ablehnungsentscheidung halte sich im Rahmen des § 55a AFG. Der Beklagten sei es nicht verwehrt, sich auf das Fehlen der Haushaltsmittel zu berufen. Ein Anspruch bzw. eine Verbindlichkeit gegenüber dem Kläger i.S. des § 3 Abs. 2 BHO bestehe nicht und habe nicht bestanden. Die Gewährung von Übbg stehe im Ermessen. Die
Ablehnung des vom Kläger gestellten Antrags sei demnach nur dann rechtsfehlerhaft, wenn § 3 Abs. 2 BHO über seinen Wortlaut hinaus zu entnehmen wäre, daß auch in solchen Bereichen gewährender Verwaltung, die nicht Pflichtleistungen betreffen, eine Berücksichtigung haushaltsrechtlicher Belange ausgeschlossen sein solle. Dies treffe indes nicht zu. Ein Leistungsträger dürfe sich bei der Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens vielmehr sehr wohl auch von finanziellen Gesichtspunkten leiten lassen. Die früher entgegenstehende Lehre von der prinzipiellen Ermessensfehlerhaftigkeit fiskalischer Erwägungen sei spätestens seit dem Numerus-clausus-Urteil des Bundesverfassungsgerichts überwunden (vgl. BVerfGE 33, 303, 333; BSG SozR 2200 § 1242 Nr. 3; von Mutius VVDStRL 42 - 1984 -, 147, 176f., 198 f; Kirchhof NVwZ 1983, 505, 512; Zuleeg, Recht der Jugend und des Bildungswesens 1986, 478, 487). Könne die Beklagte die Haushaltslage berücksichtigen, habe sie diese auch zum alleinigen Entscheidungsmaßstab nehmen dürfen; denn andernfalls müsse das Vorhandensein weiterer Haushaltsmittel fingiert werden. Dann werde aber die Möglichkeit, das Ermessen haushaltsbezogen zu betätigen, eine leere Worthülse. Die gegenteilige Auffassung des LSG laufe darauf hinaus, Kannleistungen nach Erschöpfung der haushaltsmäßig vorgesehenen Mittel quasi in Pflichtleistungen umzuwandeln. Damit werde jedoch nicht nur die gesetzgeberische Intention für die Schaffung von Kannleistungen unterlaufen, sondern auch das Haushaltsrecht der zuständigen Organe ausgehöhlt. Der Bewilligungsstop sei auch unter dem Gesichtspunkt des Übermaßverbots nicht zu beanstanden. In eigentumsähnlich zu schützende Rechtspositionen sei nicht eingegriffen worden; bei dem Übbg handele es sich nicht um eine Versicherungsleistung. Schließlich sei auch keine Zusicherung gegeben worden. Ein Vertrauenstatbestand sei auf seiten des Antragstellers in Fällen dieser Art zu verneinen.
Schließlich gehe die Argumentation des LSG fehl, die Förderung habe schon deswegen nicht im Hinblick auf fehlende Haushaltsmittel verweigert werden dürfen, weil 1989 wieder Geld zur Verfügung gestanden habe. Eine Verpflichtung, mit der Widerspruchsentscheidung bis 1989 zuzuwarten, sei unter keinem rechtlichen Aspekt erkennbar. Die Beklagte sei schon aus Gründen der Gleichbehandlung gehalten gewesen, den Ablehnungsbescheid nicht allein aufgrund jetzt wieder vorhandener Haushaltsmittel abzuändern und damit den Kläger gegenüber solchen Betroffenen, die die Ablehnung unangefochten in Bindungswirkung hätten erwachsen lassen, besser zu stellen. Ein solches Kriterium wäre unsachgemäß gewesen und hätte zur vorsorglichen Einlegung von Rechtsmitteln geführt. Die Haushaltsproblematik wäre zudem nur in das Haushaltsjahr 1989 verlagert worden. Infolgedessen habe die Beklagte ihr Ermessen in der Weise ausgeübt, daß Antragstellern aus dem Jahre 1988 Leistungen nur für eine in das Jahr 1989 hineinreichende "Restzeit" bewilligt worden seien (Runderlaß 173/88 Abschnitt III Nr. 2.7). Mit dieser Regelung sei auch dem Umstand Rechnung getragen, daß eine rückwirkende Bewilligung bereits den lebensunterhaltssichernden Zweck der Leistung verfehlt hätte.
Die Beklagte beantragt,
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die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen, |
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und hilfsweise, |
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den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. |
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Der Kläger beantragt,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Der Kläger verweist im wesentlichen auf die Gründe des Urteils des LSG, das er für zutreffend hält. Ergänzend führt er aus, entgegen der Auffassung der Revision sei die Beurteilung der Haushaltslage gerichtlich voll überprüfbar. Die Beklagte habe offensichtlich versäumt, die Ausgaben genügend im Auge zu behalten und rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Insbesondere sei ihr auch vorzuwerfen, Interessenten nicht darauf hingewiesen zu haben, daß die Mittel beschränkt seien. Selbst im Zeitpunkt der Vorlage der Antragsunterlagen habe die zuständige Bearbeiterin den Kläger nicht darauf hingewiesen, daß nun keine Mittel mehr vorhanden seien. Nicht zu billigen sei die Auffassung der Revision, daß sie die Leistungen nicht weiter habe reduzieren können, um dadurch eine größere Anzahl von Personen in den Genuß der Überbrückungsgelder kommen zu lassen; denn es erscheine weniger willkürlich, einer Vielzahl eine reduzierte Leistung zu gewähren als Bewerber ohne jegliche Leistung zu belassen. Zu beanstanden sei auch, daß die Beklagte zunächst vom Bewerber erhebliche Vorleistungen verlange, die sich nicht rückgängig machen ließen, wenn die Förderung ausbleibe.
Die Beklagte ist diesen Ausführungen entgegengetreten. Ein Antragsteller habe Vermögensdispositionen keinesfalls schon zu einer Zeit treffen müssen, als über seinen Antrag auf Gewährung von Leistungen für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit noch nicht entschieden gewesen sei. Im übrigen sei in dem Merkblatt, das der Kläger erhalten habe, darauf hingewiesen worden, daß es sich bei dem Übbg um eine Kannleistung handele.
Der Kläger erwidert, diese Behauptung werde dem üblichen Verfahren nicht gerecht; denn die Vorbereitung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit erfordere zweifellos schon durch die Anmietung geeigneter Räume und den Kauf erforderlicher Geräte Investitionen.
II
Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Zu Recht haben die Vorinstanzen unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide die Beklagte verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Übbg nach § 55a AFG (in der seit dem 1. Januar 1988 geltenden Fassung des Achten Gesetzes zur Änderung des AFG - 8. AFG-ÄndG - vom 14. Dezember 1987, BGBl. I 2602) erneut zu entscheiden.
In der Revisionsinstanz fortwirkende Verstöße gegen verfahrensrechtliche Grundsätze, die das Revisionsgericht bei einer zulässigen Revision von Amts wegen zu berücksichtigen hat, stehen einer Entscheidung des Senats in der Sache nicht entgegen. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG war nicht nach § 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossen.
Die Berufung betraf nicht einen Anspruch auf eine einmalige, sondern auf eine wiederkehrende Leistung. Denn wie das Alg oder die Arbeitslosenhilfe, an deren Stelle das Übbg tritt und deren Höhe den gesetzlichen Höchstbetrag darstellt (§ 55a Abs. 2 AFG), wird diese neue Leistung von Gesetzes wegen wiederkehrend bis zur Höchstdauer von 26 Wochen gewährt (§ 55a Abs. 1 Satz 1 AFG). Die Dienstanweisung (DA), das Übbg "in einem Betrag zu bewilligen" (Handbuch der Arbeitsvermittlung, Arbeitsberatung und beruflichen Förderung, DA FdAA 2.22.13) ändert daran nichts, zumal die Auszahlung monatlich, also ebenfalls wiederkehrend, erfolgen soll (a.a.O.).
Maßgebend ist hiernach § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Der dort vorgesehene Berufungsausschluß greift indes nicht Platz, weil die Berufung der Beklagten nicht nur Leistungen für einen Zeitraum bis zu 13 Wochen (drei Monaten) betraf. Wenn die Beklagte nämlich aufgrund des Urteils des SG über den Antrag des Klägers auf Übbg erneut entscheiden muß, muß sie darüber befinden, ob Übbg ggf für die 26 Wochen gewährt werden soll, für die diese Leistung seit dem 8. AFG-ÄndG gewährt werden kann. Die Verurteilung der Beklagten durch das SG enthält keine zeitliche Einschränkung. Es kann auch nicht festgestellt werden, daß der Kläger Übbg nur für bis zu 13 Wochen beansprucht hat. Nach dem Günstigkeitsprinzip muß vielmehr davon ausgegangen werden, daß er die Leistung für die ganze Zeit begehrt, für die das Gesetz die Gewährung ermöglicht. Die Beklagte wehrt sich mit ihrer Berufung mithin dagegen, über eine Dauerleistung von mehr als 13 Wochen erneut entscheiden zu müssen.
Daß sowohl nach den Weisungen zu § 55a AFG, die im Dienstblatt-Runderlaß 173/88 vom 29. Dezember 1988 ergangen sind, als auch nach der Tabelle zu § 22 Abs. 5 FdAAnO vom 19. Mai 1989 (ANBA 997), die nach ihrem § 27 Anwendung im vorliegenden Falle beansprucht (vgl. zur Frage des anwendbaren Rechts bei Verpflichtungs- oder Neubescheidungsklagen BVerwG NJW 1990, 2700, 2701 m.w.N.), die längstmögliche Dauer eines im Falle des Klägers zu bewilligenden Übbg acht Wochen beträgt, ist unerheblich; denn die Existenz der Weisung bzw. der Anordnung schließt nicht von vornherein aus, daß die Beklagte sich genötigt sieht, letztlich aufgrund des mit der Berufung angefochtenen Urteils des SG Übbg für mehr als 13 Wochen zu gewähren.
Nach § 55a Abs. 1 AFG kann die BA Arbeitslosen bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 18 Stunden für längstens 26 Wochen Übbg gewähren, wenn der Arbeitslose bis zur Aufnahme dieser Tätigkeit mindestens vier Wochen Alg oder Alhi bezogen hat. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung des Übbg hat der Kläger erfüllt. Nach den Feststellungen des LSG, an die der Senat in Ermangelung entsprechender Revisionsrügen gebunden ist (§ 163 SGG), hat der Kläger vom 1. bis 31. Oktober 1988, d.h. vier Wochen und zwei Tage Alg bezogen und am 1. November 1988, also unmittelbar im Anschluß an den Alg-Bezug, eine selbständige Tätigkeit aufgenommen, die seine Arbeitskraft mit mehr als 18 Stunden in der Woche in Anspruch nimmt. Voraussetzung für die Gewährung von Übbg ist nach § 55a Abs. 1 Satz 2 AFG darüber hinaus die Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Tragfähigkeit der Existenzgründung. Auch dieses gesetzliche Erfordernis ist gegeben. Der Kläger hat eine durch seinen Steuerberater erstellte Stellungnahme vorgelegt. Schließlich sind auch die Voraussetzungen gegeben, die die BA aufgrund der Ermächtigung, zur Durchführung das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der Förderung durch Anordnung zu bestimmen (§ 55a Abs. 4 Satz 1 AFG), vorgesehen hat. Nach § 22 Abs. 1 FdAAnO, der mit § 38 Abs. 1 der FdAAnO vom 18. Dezember 1969, zuletzt geändert durch Anordnung vom 16. März 1988 (ANBA 674) übereinstimmt, kann Übbg zur Sicherstellung des Lebensunterhalts des Antragstellers und seiner Familienangehörigen für eine Anlaufzeit gewährt werden, wenn nach der Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zu erwarten ist, daß die selbständige Tätigkeit dem Arbeitslosen voraussichtlich auf Dauer eine ausreichende Lebensgrundlage bieten wird. Letzteres ist nach der tatsächlichen Beurteilung des LSG, die die Beklagte nicht beanstandet hat, der Fall. Das LSG hat darüber hinaus in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, der Kläger benötige das Übbg, um seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die FdAAnO nur den Zweck der Leistung gekennzeichnet oder eine besondere Voraussetzung bestimmt hat, wenn in § 22 FdAAnO davon die Rede ist, daß Übbg zur Sicherstellung des Lebensunterhalts des Antragstellers gewährt werden kann.
Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt, kann dem früheren Arbeitslosen ab Aufnahme der selbständigen Tätigkeit, solange er diese mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 18 Stunden ausübt, längstens bis zum Ende der 26. Woche Übbg gewährt werden. Diese inhaltliche Bestimmung des § 55a AFG ergibt sich aus dem gesetzgeberischen Anliegen, Arbeitslosen, die eine selbständige Beschäftigung anstreben, durch das Übbg in den ersten drei bzw. sechs Monaten der Existenzgründung in Höhe des vorher bezogenen, aber infolge des Ausmaßes der selbständigen Tätigkeit wegfallenden Alg oder Alhi eine Einkommenssicherung zu ermöglichen (vgl. Begründung zum 7. AFG-ÄndG, BT-Drucks 10/3923 S. 2, 15, 20; Begründung zum 8. AFG-ÄndG, BT-Drucks 11/800 S. 2, 17; BT-Drucks 11/1161 S. 10). Hiernach kann für die Zeit vom 1. November 1988 bis 1. Mai 1989 Übbg gewährt werden, sofern der Kläger so lange selbständig gewesen ist, was nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat über die hier geglückte Existenzgründung der Fall gewesen sein dürfte.
Indessen erwirbt der frühere Arbeitslose nicht schon mit der Erfüllung der genannten Voraussetzungen des § 55a AFG und der FdAAnO einen Anspruch auf Übbg. Denn das Gesetz hat die Gewährung dieser Leistung in das Ermessen der Beklagten gestellt. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ("… kann … gewähren, wenn . ."). Daß das Übbg als Kannleistung ausgestaltet ist, betonen auch die Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks 10/3923 S. 20). Der frühere Arbeitslose, der die genannten Voraussetzungen erfüllt, hat daher einen Rechtsanspruch nur darauf, daß die zuständige Stelle der BA das Ermessen pflichtgemäß ausübt, d.h. entsprechend dem Zweck der Ermessensermächtigung und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens (§ 39 Abs. 1 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches). Das ist hier, wie die Vorinstanzen zu Recht entschieden haben, nicht geschehen.
Das Arbeitsamt hat den Antrag zunächst mit der Begründung abgelehnt, Ausgabemittel für Übbg seien aufgrund der Haushaltssituation nicht vorhanden. Im Widerspruchsbescheid, in dessen Gestalt der ursprüngliche Verwaltungsakt Gegenstand der Klage ist (§ 95 SGG), ist ausgeführt worden, der Widerspruch habe keinen Erfolg, weil die Ablehnung des Antrags den gesetzlichen Bestimmungen entspreche; es sei nach pflichtgemäßem Ermessen entschieden worden. Schon damit dürfte der Kläger in seinem Recht auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung verletzt worden sein. Die Begründung, die Ablehnung entspreche den gesetzlichen Bestimmungen, zumal nach pflichtgemäßem Ermessen entschieden worden sei, deutet nur auf eine Prüfung der Rechtmäßigkeit hin. Sie läßt nicht eindeutig erkennen, daß auch im Widerspruchsverfahren eine - eigenständige - Ermessensausübung stattgefunden hat. Selbst wenn der Widerspruchsbescheid aber so zu verstehen ist, daß das Arbeitsamt nach erneuter Prüfung wiederholt, daß wegen Erschöpfung der Ausgabemittel Übbg nicht gewährt werde, verletzt dies den Kläger in seinen Rechten, und zwar auch dann, wenn die Haushaltslage ab Mitte Oktober 1988 keine Neubewilligungen von Übbg für 1988 erlaubte, wie die Revision entgegen der Auffassung des LSG meint. Denn ausweislich dieser Begründung hat das Arbeitsamt von dem Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht.
Allerdings ist es angesichts der Zwecke der Ermächtigung des § 55a AFG, zur Gründung einer selbständigen Existenz Übbg zu gewähren, nicht ermessensfehlerhaft, bei der Vergabe die Haushaltslage miteinzubeziehen.
So wie der Gesetzgeber bei Leistungsgesetzen (BVerfGE 3, 4, 11) und ein Satzungsgeber bei generellen Regelungen normativen Charakters über die Höhe von Leistungen u.a. seine Leistungsfähigkeit berücksichtigen darf (BSG SozR 2200 § 182c RVO Nr. 3), kann auch die zur Ermessensausübung berufene Verwaltung finanzielle Erwägungen anstellen (vgl. wbVGH DVBl 1954, 506, 508; BVerwGE 22, 215, 219). Bei der Vergabe von Vergünstigungen, auf die der einzelne keinen Rechtsanspruch hat, darf die Verwaltung daher berücksichtigen, welche Mittel zur Verfügung stehen (BVerwG Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 54). Die Begrenzung dieser Mittel kann sich auch aus Haushaltsplänen ergeben. Zwar wirkt der Haushaltsplan unmittelbar nur im Organbereich der Körperschaft, für die er bestimmt ist, im Staat also nur zwischen Regierung und Parlament, grundsätzlich nicht auch außerhalb dieses Bereichs (vgl. BVerfGE 38, 121, 126). Dessen ungeachtet ist der Haushaltsplan eines Trägers öffentlicher Verwaltung nicht ausschließlich ein Wirtschaftsplan; den unterschiedlichen Ansätzen für Ausgaben, die nicht schon durch Rechtsansprüche Dritter vorherbestimmt sind, kann sich in rechtlich nicht zu beanstandender Weise der politische Wille der für den Haushalt Verantwortlichen niederschlagen, nur im ausgewiesenen Umfange Mittel für bestimmte Zwecke auszugeben (vgl. BVerfGE 79, 311, 328f.). Das gilt auch für den Haushaltsplan der BA. Hierauf hat die Revision zutreffend hingewiesen.
Sozialleistungen, die wie das Übbg im Ermessen der Verwaltung stehen, machen insoweit grundsätzlich keine Ausnahme. So dürfen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bei der Vergabe von nachgehenden oder ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation finanzielle Erwägungen angestellt werden (SozR 2200 § 1242 RVO Nr. 3). Ferner hat das BSG es als denkbar angesehen, daß eine Krankenkasse die Übernahme der Restkosten vom Zahnersatz auch in einem besonderen Härtefall unter Hinweis auf ihre angespannte Haushaltslage ablehnt (BSGE 52, 267, 270 = SozR 2200 § 182c Nr. 6). Läßt das sachliche Recht der Verwaltung Spielräume und werden die Maßstäbe des sachlichen Rechts beachtet, kann mithin bei Förderprogrammen nicht beanstandet werden, wenn die Verwaltung mit Rücksicht auf die zur Verfügung stehenden Mittel nicht jedem Antragsteller, der die gesetzlichen oder sonstigen Mindestvoraussetzungen erfüllt, die Förderung zukommen läßt, sondern nach sachgerechten Kriterien den Zugang erschwert und/oder bei der Höhe der Leistung differenziert.
Bezogen auf das Übbg wäre es daher nach den vom Gesetz mit dieser Leistungsart verfolgten Zwecken z.B. nicht zu beanstanden, wenn die Leistung nicht jedem Antragsteller gewährt würde, die Beklagte die Gewährung von Übbg vielmehr auf solche Personen beschränken würde, die gerade dieser Hilfe zur Wiedereingliederung ins Erwerbsleben bedürfen, weil mit ihrer Vermittlung in eine abhängige Beschäftigung als Arbeitnehmer wegen der Lage auf dem Arbeitsmarkt in angemessener Zeit nicht zu rechnen ist. Ebenso wäre nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte die verfügbaren Mittel angesichts der Anzahl der Interessenten zu strecken suchte, indem sie vornehmlich Übbg von kürzerer Dauer und geringerer Höhe gewährt, als das Gesetz zuläßt.
Die Sachgerechtigkeit der Berücksichtigung der Haushaltslage bei im Ermessen der Verwaltung stehenden Leistungen berechtigt indessen nicht schon, die Haushaltslage zum alleinigen Maßstab zu machen und bei drohender Erschöpfung der zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel die Gewährung weiterer Leistungen abzulehnen; denn ob eine Ermessenserwägung dem Zwecke der Ermächtigung entspricht, ist grundsätzlich nicht nach Belangen des Haushaltsrechts, sondern nach Maßgabe des sachlichen Rechts zu beurteilen, hier also nach § 55a AFG. Je dichter das sachliche Recht das Handeln der Verwaltung gegenüber dem Bürger regelt, desto weniger können finanzielle Erwägungen, mithin auch nicht solche des Haushaltsrechts oder der Haushaltslage das Handeln der Verwaltung lenken und einschränken (vgl. Kirchhof NVwZ 1983, 505, 511). Die in diesem Zusammenhang geäußerte Meinung der Revision, bei Erschöpfung der Mittel könne die Haushaltslage alleiniger Maßstab sein (in diesem Sinne wohl auch Hennig/Kühl/Heuer, AFG, Stand August 1990, § 50 Anm. 2), ist irrig. Die Revision läßt damit haushaltsrechtliche Erfordernisse dem sachlichen Recht vorgehen. Damit stellt sie indes das Verhältnis von sachlichem (Außen-) Recht zu Haushaltsrecht, das wesentlich der Kontrolle der Verwaltung dienendes Binnenrecht ist, auf den Kopf. Nach allgemeinem Haushaltsrecht dient der Haushaltsplan einer Körperschaft oder Anstalt der Feststellung und Deckung des Finanzbedarfs, der zur Erfüllung der Aufgaben der Körperschaft oder Anstalt im Bewilligungszeitraum voraussichtlich notwendig ist und ist Grundlage für die Haushalts- und Wirtschaftsführung (§ 2 Haushaltsgrundsätzegesetz -HGrG-; § 2 BHO). Grundsätzlich gilt, daß selbst der Haushaltsplan des Staates nicht das Außenrecht ändert, das das Verhältnis des Bürgers zum Staate regelt. Deshalb ist vorgeschrieben, daß Ansprüche oder Verbindlichkeiten durch den Haushaltsplan weder begründet noch aufgehoben werden (§ 3 Abs. 2 HGrG; § 3 Abs. 2 BHO). Nicht der Haushaltsplan bestimmt, welche Aufgaben im Bewilligungszeitraum finanziert werden; vielmehr sind es die anderweitig festgelegten Aufgaben der Körperschaft oder Anstalt, für die der Haushaltsplan aufgestellt wird, nach denen sich der Finanzbedarf richtet, den der Plan zumindest auszuweisen hat. Wenn nach der Vorschrift des § 3 Abs. 2 BHO, die für die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans der BA sinngemäß gilt (§ 219 Abs. 1 AFG), durch den Haushaltsplan Verbindlichkeiten nicht aufgehoben werden, so bezieht sich das nicht nur auf Verbindlichkeiten, denen subjektive Rechtsansprüche des Bürgers gegenüberstehen. So liegt etwa auf der Hand, daß sich ein Sozialleistungsträger wie die BA der ihr durch Gesetz übertragenen Aufgabe, Leistungen bestimmter Art zu erbringen, auf die ein Rechtsanspruch nicht besteht, nicht dadurch entziehen kann, daß sie im Haushaltsplan für diese Aufgabe keine Mittel ausweist. Fehlt es an Mitteln, muß vielmehr der Gesetzgeber oder, soweit Leistungsrecht der Rechtsetzungsbefugnis der BA obliegt, ggf der Satzungsgeber das Außenrecht ändern, wie dies z.B. durch Haushaltssicherungs-, Haushaltsstruktur- und Haushaltsbegleitgesetze uä zu geschehen pflegt. Das alles entspricht gesicherter Erkenntnis allgemeinen Haushaltsrechts (vgl. für viele Stein, Staatsrecht, Bd II S. 1200ff., insbesondere S. 1208f.). Solange das Außenrecht nicht geändert ist, rechtfertigt der Verweis auf eine inzwischen geleerte Kasse die Ablehnung einer Ermessensleistung nur, wenn sich auch diese Erwägung in den durch das geltende Recht gezogenen Ermessensrahmen sachgerecht einpaßt. Zur Ablehnung einer vom Gesetz vorgesehenen Leistung allein wegen Erschöpfung der Haushaltsmittel ist die Verwaltung nur befugt, wenn das sachliche Recht dies vorsieht, also etwa die Gewährung nur bis zur Erschöpfung bestimmter Mittel erlaubt, oder jedenfalls zuläßt. Die Auffassung Zuleegs, eine ablehnende Entscheidung sei ermessensfehlerfrei begründet, wenn kein zur Leistung zwingender Grund vorhanden sei und sich die Verwaltung darauf berufe, daß keine Haushaltsmittel bereitgestellt oder die Mittel erschöpft seien (Recht der Jugend und des Bildungswesens 1986, 478, 487), teilt der Senat in dieser Allgemeinheit nicht.
Der Verweis auf die Erschöpfung der Haushaltsmittel paßt sich in den Ermessensrahmen des § 55a AFG nicht ein. Der § 55a AFG hat es nicht der BA überlassen, die Gewährung von Übbg an ehemalige Arbeitslose, die sich selbständig gemacht haben, durch Anordnung zuzulassen, wie das z.B. das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) für Leistungen bestimmter Art (vgl. §§ 131, 132, 134, 136 AVAVG) oder für bestimmte Fälle (§ 130 Abs. 2 AVAVG) vorgesehen hatte. Es ist daher nicht Sache der BA, und zwar weder des Satzungsgebers noch der Verwaltung, darüber zu befinden, ob Übbg während der letzten Monate des Haushaltsjahres 1988 noch bewilligt werden soll. Die Gewährung des Übbg hat das Gesetz auch nicht an Maßgaben des jeweiligen Haushaltsplans gebunden, wie das in verschiedenen Gesetzen geschehen ist (vgl. § 18 II. Wohnungsbaugesetz; § 7 Abs. 3 des Gesetzes über den Auswärtigen Dienst vom 30. August 1990, BGBl. I 1842) oder auf die Mittel beschränkt, die der BA von anderer Seite zur Verfügung gestellt werden (vgl. § 96 AFG in der bis zum 31. Dezember 1987 geltenden Fassung). Ungeachtet des Umstands, daß das Übbg als Kannleistung ausgestaltet ist, ist die Gewährung von Übbg daher eine Pflichtund Regelaufgabe.
Aus der Pflicht- und Regelaufgabe ergibt sich, daß die Inanspruchnahme des Übbg durch den begünstigten Personenkreis ständig möglich sein muß. Das Gesetz hat die Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit zusammen mit der Förderung der Arbeitsaufnahme im gleichen Unterabschnitt geregelt. Der Förderung der Arbeitsaufnahme kommt dabei besondere Bedeutung zu, weil sie die Vermittlungstätigkeit der BA unterstützt, die Vermittlung in Arbeit aber Leistungen wegen Arbeitslosigkeit vorgeht (§ 5 AFG). Leistungen zur Förderung der Arbeitsaufnahme müssen daher ständig in Anspruch genommen werden können. Für Leistungen zur Förderung der Aufnahme selbständiger Tätigkeiten, die den Bezug von Alg oder Alhi beenden und damit der BA und ggf dem Bund weitere Ausgaben ersparen, gilt nichts anderes. Es ist Aufgabe der Beklagten, sicherzustellen, daß die Inanspruchnahme des Übbg durch den begünstigten Personenkreis auch dann ständig möglich ist, wenn für Übbg nicht soviele Mittel zur Verfügung stehen, daß allen Anträgen entsprochen werden kann. Sie hat als Satzungsgeber das Recht, zur Durchführung des § 55a AFG das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der Förderung durch Anordnung zu bestimmen (§ 55a Abs. 4 AFG). Sie kann durch Anordnung den Kreis der Personen, die gefördert werden sollen, angesichts der zur Verfügung stehenden Mittel sachgerecht eingrenzen. Darüber hinaus kann sie durch Bestimmungen über den Umfang der Förderung jedenfalls bis zu einem gewissen Grad die Mittel strecken, so daß eine größere Anzahl von Personen gefördert werden kann. Soweit und solange der Satzungsgeber nicht tätig geworden ist, kann die Verwaltung der BA durch Steuerung des Einzelfallermessens ähnliches bewirken. Eine Mittelvergabe nach dem "Windhundprinzip", demzufolge die Vergabe bis zur Erschöpfung der Mittel allein nach dem Zeitpunkt der Antragstellung erfolgt, ist dabei allerdings nicht sachgerecht; denn dieses Verfahren gewährleistet nicht, daß die Inanspruchnahme dieser Leistungsart während des ganzen Haushaltsjahres möglich ist.
Sind trotz der aufgezeigten Steuerungsmöglichkeiten die im Haushalt vorgesehenen Mittel vor Ablauf des Haushaltsjahres erschöpft, ändert dies nichts an der Pflicht- und Regelaufgabe der Beklagten, Übbg zu vergeben. Es macht auch keinen Unterschied, worauf die vorzeitige Verausgabung der Mittel zurückzuführen ist. Es ist deshalb im vorliegenden Rechtsstreit nicht zu prüfen, ob die Haushaltsansätze von vornherein zu niedrig waren oder ob, wie das LSG meint, der BA vorzuwerfen ist, die Ausgabenentwicklung zu spät erkannt, infolgedessen zu spät reagiert und ggf nicht ausreichende Maßnahmen getroffen zu haben. Solange das Gesetz vorsieht, daß Übbg gewährt werden kann, muß die BA dem Auftrag nachkommen und sich in die Lage versetzen, dies tun zu können. Es ist hier auch nicht darüber zu entscheiden, ob bei Erschöpfung der für das laufende Haushaltsjahr zur Verfügung gestellten Mittel die endgültige Entscheidung über einen Antrag ausgesetzt werden kann, bis - z.B. durch eine Mehrausgaben-Bewilligung, einen Nachtragshaushalt oder den Haushalt für das nächste Jahr - haushaltsrechtlich Ausgaben wieder zulässig sind; denn so hat sich die Beklagte hier nicht verhalten. Jedenfalls kann die Förderung weiterer Fälle nach § 55a AFG nicht endgültig mit der schlichten Begründung abgelehnt werden, die für das laufende Haushaltsjahr zur Verfügung gestellten Mittel seien erschöpft (vgl. auch Thieme VVDtStRL 42 - 1984 -, 299). Wie die BA dafür zu sorgen hat, daß weitere Ausgaben für Übbg, die aufgrund dieser Rechtslage noch in Betracht kommen, ohne Verletzung des Haushaltsrechts getätigt werden dürfen, ist hier nicht zu behandeln. Dies ist allein Sache der Beklagten, nicht eine Angelegenheit der Gerichte oder gar des Klägers. Bindungen durch den Haushaltsplan gelten nur für die vollziehende Gewalt, nicht für die Gerichte (Stern a.a.O. S. 1208; Zuleeg a.a.O.).
Schon aus diesen Gründen haben die Vorinstanzen zu Recht die Ablehnung des Übbg-Antrages nicht gebilligt. Auf die - naheliegende - Frage, ob die BA nicht schon im Oktober 1988 Sorge dafür tragen mußte, daß die künftig zur Verfügung stehenden Mittel nach gleichmäßigen Kriterien unter allen Antragstellern verteilt werden, d.h. unter den zu erwartenden neuen und den vorhandenen, die bislang noch nicht berücksichtigt worden waren, kommt es nicht mehr an.
Unter Aufhebung des ergangenen Verwaltungsaktes war die Beklagte daher zu verpflichten, erneut über den Antrag des Klägers zu entscheiden, wie schon das SG ausgesprochen hat. Dabei hat die Beklagte die Rechtsauffassung des Senats zugrunde zu legen. Sie darf den Antrag nicht wieder allein deshalb ablehnen, weil im Herbst 1988 (angeblich) die Haushaltsmittel erschöpft gewesen seien. Darüber hinaus ist die Beklagte indessen nicht gehindert, die 1988 eingetretene Mittelknappheit zu berücksichtigen. So ist die Beklagte z.B. nicht gehindert, wegen Mittelknappheit allgemein und für eine längere Zeit die Zugangsvoraussetzungen einzuschränken oder die Leistung nach Dauer und Höhe zu begrenzen; denn über solche Restriktionen hatte der Senat hier nicht zu befinden. Der Auffassung des LSG, die Beklagte könne die Ende 1988 eingetretene Mittelknappheit überhaupt nicht mehr berücksichtigen, teilt der Senat in dieser Allgemeinheit daher nicht. Im übrigen versteht er auch die übrigen Ausführungen des LSG darüber, was die Beklagte bei der erneuten Entscheidung beachten müsse, nur als Hinweise und nicht als bindende Verpflichtungen; denn im Falle eines Bescheidungsurteils bindet die Rechtsauffassung des Gerichts die Verwaltung nur insoweit, als diese zur Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes geführt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.7 RAr 14/90
BUNDESSOZIALGERICHT
Verkündet am 25. Oktober 1990
Fundstellen
Haufe-Index 518437 |
BSGE, 279 |