Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. befristeter Zuschlag nach Arbeitslosengeldbezug. sozialgerichtliches Verfahren. keine Begrenzung des Streitgegenstandes auf befristeten Zuschlag. Hilfebedürftigkeit bzw tatsächlicher Bezug von Arbeitslosengeld II als Voraussetzung für Zuschlag. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Eine Begrenzung des Streitgegenstandes allein auf den befristeten Zuschlag nach § 24 SGB 2 ist nicht zulässig; ohne eine vollumfängliche Überprüfung des Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB 2 kann eine Entscheidung über den Anspruch nach § 24 SGB 2 nicht getroffen werden. Die Überlegungen des BSG zu einem Bescheid, der mit der Regelleistung einerseits und den Unterkunfts- und Heizkosten andererseits jeweils abtrennbare Verfügungssätze beinhaltet (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 1), sind nicht auf den befristeten Zuschlag übertragbar.
2. Die Höhe der Regelleistung nach § 20 SGB 2 begegnet - zumindest hinsichtlich der Regelleistung für Erwachsene - keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (Anschluss an BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R = SozR 4-4200 § 20 Nr 3).
3. Ein Anspruch auf den befristeten Zuschlag nach § 24 SGB 2 besteht nur dann, wenn der Hilfebedürftige tatsächlich einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II hat. Allein durch die Zuschlagsregelung kann kein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB 2 begründet werden. Der Anspruch auf den Zuschlag ist akzessorisch zum Anspruch auf Arbeitslosengeld II.
4. Hinsichtlich der Regelung des § 24 SGB 2 bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Ungleichbehandlung iS des Art 3 Abs 1 GG.
Normenkette
SGB 2 § 9; SGB 2 § 19 S. 1 Nr. 1 Fassung: 2003-12-24, Nr. 2 Fassung: 2003-12-24, § 19 Fassung: 2006-07-20, § 20 Abs. 1; SGB 2 § 20 Abs. 2-4; SGB 2 § 24 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1; SGG § 95
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung eines befristeten Zuschlags nach § 24 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Januar bis 7. Juni 2005.
Der Kläger, der in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft mit P. lebt, bezog nach seinen Angaben bis zum 25. März 2004 Arbeitslosengeld (Alg) und anschließend bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe (Alhi). P. erzielte in diesem Zeitraum und weiter ab dem 1. Januar 2005 ein Nettoerwerbseinkommen in Höhe von 2.302,23 € (Bruttoentgelt unter Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen).
Den Antrag des Klägers auf Leistungen nach dem SGB II (5. Oktober 2004) lehnte die Beklagten durch Bescheid vom 17. Dezember 2004 ab. Sie führte zur Begründung aus, der Kläger sei nicht hilfebedürftig iS des SGB II. Unter Hinweis auf den beigefügten Berechnungsbogen stellte sie fest: Der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft (Kläger und P.) betrage 1.412,90 € (Bedarf des Klägers: 311 €, Bedarf von P.: 311 € + 35,79 € Mehrbedarfsleistung für kostenaufwändige Ernährung, 755,11 € für Kosten der Unterkunft). Dem stehe ein um die gesetzlichen Freibeträge bereinigtes Nettoerwerbseinkommen des P. von 1.671,44 € gegenüber, sodass die Einkünfte der Bedarfsgemeinschaft deren Bedarf um 258,54 € überstiegen.
Den Widerspruch des Klägers sowohl gegen die Höhe der Regelleistung, als auch die Versagung eines befristeten Zuschlags nach § 24 SGB II wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 8. April 2005 zurück, weil der Kläger wegen mangelnder Hilfebedürftigkeit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Alg II) habe. Auf einen Folgeantrag des Klägers lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 8. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 2006 erneut die Leistungsgewährung ab.
Mit seiner gegen den Bescheid vom 17. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. April 2005 gerichteten Klage vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund hat der Kläger die Gewährung eines befristeten Zuschlags nach § 24 SGB II begehrt. Das SG hat die Klage durch Urteil vom 8. Dezember 2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger könne keinen befristeten Zuschlag beanspruchen; er sei nicht hilfebedürftig. Das in der Bedarfsgemeinschaft vorhandene Einkommen übersteige deren Bedarf um 258,54 €. Das Einkommen sei damit auch höher als der maximale Zuschlag von 160,00 €. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat den Anspruch des Klägers mit der Begründung verneint, der Zuschlag sei gegenüber dem Alg II akzessorisch (Urteil vom 16. Dezember 2006). Insofern sei unerheblich, dass der Zuschlag im ersten Jahr bis zu 320,00 € betragen könne und damit zusammen mit dem von der Beklagten errechneten Bedarf der Bedarfsgemeinschaft deren anrechenbares Einkommen übersteige. Die Akzessorität des Zuschlags ergebe sich aus der gesetzliche Systematik. Den Zuschlag solle nicht jeder erhalten, der einen Anspruch auf Alg verloren habe, sondern nur derjenige, der danach hilfebedürftig iS des SGB II werde. Nur dieser bedürfe der Abfederung im Übergang vom System des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) ins System des SGB II. Zwar könne der Wortlaut des § 19 Satz 1 Nr 2 SGB II in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung so verstanden werden, als sei der befristete Zuschlag Teil des Alg II. Vom Wortlaut her nehme § 24 Abs 2 Nr 2 SGB II jedoch lediglich auf § 19 Satz 1 Nr 1 SGB II Bezug. Dieses verdeutliche, dass der Zuschlag vom Bestehen eines Alg II-Anspruchs abhängig sei. Die Änderung der Gesetzesfassung des § 19 durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende (Fortentwicklungsgesetz) vom 20. Juli 2006 (BGBl I 1706, 1709) bestätige diese Rechtsauffassung im Übrigen. Nunmehr werde der Zuschlag nicht mehr ausdrücklich als Bestandteil des Alg II in § 19 SGB II bezeichnet.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner - vom LSG zugelassenen - Revision und rügt eine Verletzung des § 24 SGB II. Ferner macht er verfassungsrechtliche Bedenken geltend. Aus dem Wortlaut des § 19 SGB II in der bis zum Inkrafttreten des Fortentwicklungsgesetzes geltenden Fassung folge das Nebeneinander von Zuschlag und Alg II. Der Zuschlag sei mindestens in Höhe des ungedeckten Bedarfs der Bedarfsgemeinschaft zu gewähren. Aus der Neufassung des § 19 SGB II könne nicht auf den Bedeutungsgehalt des § 24 SGB II zurückgeschlossen werden. Es verbleibe das sozialpolitische Ziel der Abfederung des Übergangs vom Alg zum Alg II, der auch bei denjenigen, die kein Alg II beanspruchen könnten, nur erreicht werde, wenn zwar in Abhängigkeit der Bedarfslage der Bedarfsgemeinschaft, jedoch unabhängig von einem Leistungsanspruch nach dem SGB II, ein befristeter Zuschlag gewährt werde. Es sei unter dem Gesichtspunkt von Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) zudem nicht zu rechtfertigen, wenn der Bezieher von nur geringen Alg II-Leistungen einen Zuschlag, möglicherweise sogar in maximaler Höhe beanspruchen könne, nicht jedoch derjenige, der gerade ohne SGB II-Leistungen auskomme. Er habe trotz des Einkommens seines Lebenspartners einen Anspruch auf rund 500,00 € Alhi gehabt. Nach Auffassung der Beklagten habe er hingegen weder einen Anspruch auf Alg II, noch einen befristeten Zuschlag. In einer solchen Situation werde das gesetzgeberische Ziel der Abfederung des Systemübergangs verfehlt.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Oktober 2006 und des Sozialgerichts Dortmund vom 8. Dezember 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. April 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm einen befristeten Zuschlag in Höhe vom 320 € vom 1. Januar bis 24. April 2005 und von 160 € im Zeitraum vom 25. April 2005 bis 24. April 2006 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils Bezug.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist unbegründet.
Das Urteil des LSG vom 16. Oktober 2006 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dem Kläger steht im streitigen Zeitraum vom 1. Januar bis 7. Juni 2005 kein befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II zu.
1) Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ausschließlich die Klage des Klägers. Nur seine Ansprüche auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II stehen im Streit. Zwar bildet er zusammen mit P. eine Bedarfsgemeinschaft, sodass, wenn P. nicht in der Lage sein sollte, mit seinem Einkommen den Gesamtbedarf der Bedarfgemeinschaft zu decken, auch er hilfebedürftig iS des SGB II würde (§ 9 Abs 2 SGB II). P. hat jedoch weder zu irgend einem Zeitpunkt des Verfahrens Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beansprucht, noch besteht - wie noch darzulegen sein wird - ein Anhalt, dass er einen Anspruch nach dem SGB II haben könnte.
2) Die Prüfung des streitgegenständlichen Anspruchs ist auf den Zeitraum vom 1. Januar bis 7. Juni 2005 beschränkt. Zwar hat die Beklagte mit Bescheid vom 17. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. April 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II insgesamt versagt. In solchen Fällen ist in der Regel über den geltend gemachten Anspruch bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG zu entscheiden (vgl Bundessozialgericht ≪BSG≫ vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 R - RdNr 15). Hier liegt der Fall jedoch anders. Auf einen Folgeantrag des Klägers vom 26. April 2005 hat die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 8. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 2006 erneut die Leistungsgewährung verneint. Mit der Erteilung des Bescheides vom 8. Juni 2005 endet der Zeitraum, für den die erste ablehnende Entscheidung Wirkung entfaltet. Das LSG hat die neuen Bescheide auch nicht in analoger Anwendung des § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie - in das Verfahren einbezogen. Die Unterlassung der Einbeziehung ist im Revisionsverfahren nicht gerügt worden und kommt für Folgezeiträume des Alg II ohnehin regelmäßig nicht in Betracht (s dazu näher Urteile des BSG vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R; 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R, 25/06 R; 29. März 2007 - B 7b AS 4/06 R). Letzteres gilt auch dann, wenn durch den neuen Bescheid die alte - ablehnende - Rechtsauffassung lediglich bestätigt wird.
3) Im Rahmen der von dem Kläger erhobenen Anfechtungs- und Leistungsklage sind seine Leistungsansprüche nach dem SGB II für den streitigen Zeitraum vom 1. Januar bis 7. Juni 2005 unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen (vgl BSG Urteile vom 23. November 2006 - B 11b AS 3/06 R und B 11b AS 9/06 R). Es erfolgt keine Beschränkung des Streitgegenstandes allein auf den Zuschlag nach § 24 SGB II.
Eine Begrenzung des Streitgegenstandes ist zwar grundsätzlich zulässig, wenn ein Bescheid im Einzelfall mehrere abtrennbare Verfügungssätze beinhaltet (vgl BSG SozR 4-1500 § 95 Nr 1 RdNr 7). Letzteres hat das BSG für Verfügungen betreffend die Regelleistung einerseits und Unterkunfts- sowie Heizungskosten andererseits angenommen (BSG Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R). Die dortigen Überlegungen sind jedoch nicht auf den befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II übertragbar.
Eine Entscheidung über das Bestehen und die Höhe des Zuschlags hängt davon ab, ob die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Alg II erfüllt werden. Der Antragsteller muss mithin zum Personenkreis nach § 7 Abs 1 SGB II gehören sowie erwerbsfähig iS des § 8 SGB II und hilfebedürftig nach § 9 SGB II sein. Der Anspruch auf Zuschlag hängt sowohl dem Grunde, als auch der Höhe nach von dem Anspruch auf Alg II ab. Je höher der Alg II-Anspruch ist, desto niedriger wird die Differenz zwischen zuvor bezogenem Alg und dem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft. Zugleich sinkt damit der Zuschlagsbetrag, ggf auf "Null" (§ 24 Abs 2 SGB II). Hieraus folgt: Ohne die voll umfängliche Überprüfung des Alg II-Anspruchs kann eine Entscheidung über den Anspruch auf einen Zuschlag nicht getroffen werden. Bereits die Struktur der Leistung erfordert mithin, den Grundsatz der einheitlichen Entscheidung über alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu wahren.
Der Streitgegenstand steht insoweit nicht zur Disposition des Klägers. Er hat hier zwar sowohl im Berufungs-, als auch im Revisionsverfahren sein Begehren ausschließlich auf die Gewährung des befristeten Zuschlags begrenzt. Dabei ist der Kläger davon ausgegangen, dass der Zuschlag nach § 24 SGB II isoliert geltend gemacht werden könne. Sein Vorbringen lässt jedoch ohne weiteres den Schluss zu, dass er den um den Zuschlag erweiterten Anspruch auf Alg II geltend gemacht hätte, wenn ihm bewusst gewesen wäre, dass er nur auf diese Weise eine Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung des Zuschlags erreichen kann. Insoweit ist der im Arbeitsförderungsrecht entwickelte "Meistbegünstigungsgrundsatz" (BSG SozR 3-6050 Art 71 Nr 11 S 57; SozR 3-4100 § 104 Nr 11 S 47 mwN; siehe auch Eicher, in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 40 RdNr 16 mwN) anzuwenden, nach dem im Zweifel davon auszugehen ist, dass ein Kläger mit seiner Klage ohne Rücksicht auf den Wortlaut des Antrags das begehrt, was ihm den größten Nutzen bringen kann (§ 123 SGG).
4) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Alg II (a). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die nach Ansicht des Klägers nicht hinreichende Höhe der Regelleistung teilt der Senat nicht (b). Der Kläger kann auch keinen befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II beanspruchen (c). Der Ausschluss derjenigen vom befristeten Zuschlag, die keine Leistungen nach dem SGB II beziehen, ist ebenfalls verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (d).
(a) Die Bedarfsberechnung der Beklagten im Bescheid vom 17. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. April 2005 ist zwar nicht unzweifelhaft zutreffend. Es finden sich Anhaltspunkte in der dem Bescheid beigefügten Berechnung, die dafür sprechen könnten, dass die Berechnung des anrechenbaren Einkommens ergänzungsbedürftig sein könnte. Allerdings folgt hieraus - wie die nachfolgenden Berechnungsschritte deutlich machen - zum einen keine Belastung des Klägers. Zum Zweiten würde sich selbst dann, wenn die weiteren Angaben des Klägers zu "besonderen Belastungen" Berücksichtigung fänden, weiterhin kein Hilfebedarf iS des § 9 SGB II ergeben.
Die Beklagte ist bei einer überprüfenden Bedarfsberechnung, anders als im Bescheid vom 17. Dezember 2004, zutreffend von dem Nettoarbeitsentgelt des P. in Höhe von 2302,23 €, (4748,65 € Bruttoentgelt abzüglich Steuern und Sozialversicherungslasten) ausgegangen. Beiträge zu sonstigen privaten Versicherungen (§ 11 Abs 2 Nr 3 SGB II) hat sie in Höhe einer Pauschale von 30,00 € (§ 3 Nr 1 Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen bei Arbeitslosengeld II/Sozialgeld - Alg II-V idF vom 20. Oktober 2004, BGBl I 2622) berücksichtigt; der Kläger hatte Ausgaben von 26,60 € monatlich, in Gestalt von Beiträgen zur Amtshaftpflichtversicherung in Höhe von 70,71 € jährlich (= 5,89 € monatlich) und 248,57 € jährlich für eine Gebäudehaftpflichtversicherung (= 20,71 € monatlich) angegeben. Auch Absetzbeträge nach § 11 Abs 2 Nr 5 SGB II hat die Beklagte wie geltend gemacht berücksichtigt. Sie hat 13,68 € Fahrtkosten (§ 3 Nr 3 Alg II-V vom 20. Oktober 2004, BGBl I 2622) und nicht nachgewiesene Arbeitsmittel und Beiträge zu Berufsverbänden in Höhe von monatlich 460,75 € als einkommensmindernd angesehen. Auf dieser Basis ist die Berechnung auch des Freibetrags nach § 30 SGB II idF des Vierten Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, BGBl I 2954) zutreffend. Die Beklagte hat das bereinigte Gesamteinkommen in Höhe von 1.797,90 € (= 2.302,33 - 30 - 13,68 - 460,75 €) durch das Bruttoeinkommen von 4.748,65 € dividiert (vgl zu den Rechenschritten im Einzelnen: Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 1. Auflage, 2005, § 30 RdNr 22 ff) und den so gewonnenen Quotienten in Höhe von 0,3786 entsprechend § 30 Nr 1 bis 3 SGB II mit 400 x 0,15 (x 0,3786 = 22,72) und 500 x 0,3 (x 0,3786 = 56,79) sowie 600 x 0,15 (x 0,3786 = 34,07) multipliziert. Dieses ergibt einen absetzbaren Freibetrag iS des § 30 SGB II von 113,58 €. Dieser Betrag ist von ihr wiederum von dem bereinigten Gesamteinkommen subtrahiert worden (1.797,90 € - 113,58 €). Hieraus folgt ein anzurechnendes Einkommen des P von 1684,32 €. Laut des dem angefochtenen Bescheid beigefügten Berechnungsbogens ist die Beklagte zu Gunsten des Klägers jedoch von einem um 13,02 € niedrigeren zu berücksichtigenden Einkommen (1.671,44 €) ausgegangen. Die Berechnung der Beklagten war mithin für den Kläger günstiger.
Selbst wenn man die von dem Kläger - ebenfalls ohne Nachweis - angegebenen weiteren Beiträge des P. von 66,86 € monatlich zur Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) als solche im Sinne des § 11 Abs 2 Nr 4 SGB II iVm § 82 Abs 2 Einkommensteuergesetz (EStG) ansehen wollte - was einer näheren Prüfung im Einzelfall bedürfte -, ergäbe sich kein Hilfebedarf der Bedarfsgemeinschaft. Diese Beiträge wären von dem oben errechneten bereinigten Gesamteinkommen von 1.797,90 € in Abzug zu bringen. Damit ergäbe sich ein Gesamteinkommen von 1.731,04 €. Der Quotient, mit dem die prozentualen Anteile nach § 30 Nr 1 bis 3 SGB II zu multiplizieren wäre, betrüge 0,3645 (1731,04 dividiert durch 4.748,65). Der Betrag nach § 30 Nr 1 SGB II beläuft sich auf 21,87 € (400 x 0,3645 x 0,15). Nach § 30 Nr 2 SGB II ergibt sich ein Betrag von 54,67 € (500 x 0,3645 x 0,3) und nach § 30 Nr 3 SGB II von 32,80 (600 x 0,3645 x 0,15). Insgesamt folgt hieraus eine Summe von 109,35 €, die wiederum von den zuvor benannten 1.731,04 € in Abzug zu bringen wäre. Es verbliebe ein zu berücksichtigendes Einkommen des P. von 1.621,69 €.
Von dem für den Kläger günstigeren Betrag von 1.621,69 € wäre alsdann der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft abzuziehen. Nur wenn sich hieraus ein negativer Betrag ergäbe, bestünde ein Anspruch auf Alg II. Den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft hat die Beklagte mit 2 x 311 € Regelleistung nach § 20 Abs 3 SGB II sowie 2 x 377, 54 € für Kosten der Unterkunft und Heizung berechnet. Zusätzlich hat sie eine Leistung für Mehrbedarf nach § 21 Abs 5 SGB II für P. in Höhe von 35,79 € angenommen. P. hatte angegeben, aus gesundheitlichen Gründen auf kostenaufwändige Ernährung angewiesen zu sein. Hieraus würde ein Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1.412,90 € folgen. Das zu berücksichtigende Einkommen des P. überstiege den Hilfebedarf damit jedoch um 208,79 €. Folgte man dem Vortrag des Klägers aus dem Berufungsverfahren und legte die von ihm angegebenen Aufwendungen für kostenaufwändige Ernährung von 61,36 € zu Grunde, würde der Gesamtbedarf um 25,57 € steigen, was jedoch weiterhin nicht zur Hilfebedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft führte (208,79 € - 25,57 € = 183,22 €). Ein Anspruch auf Alg II besteht für den Kläger mithin auch unter Berücksichtigung der für ihn günstigsten ersichtlichen Berechnungsgrundlage nicht.
(b) Soweit der Kläger rügt, bereits die Höhe der Regelleistung nach § 20 SGB II sei verfassungswidrig kann sich der Senat dieser Einschätzung nicht anschließen, jedenfalls soweit es die Regelleistung für Erwachsene betrifft. Der Senat folgt insoweit der Entscheidung des 11b. Senats des BSG vom 23. November 2006 (B 11b AS 1/06 R).
(c) Dem Kläger steht jedoch ohne einen Anspruch auf Alg II kein befristeter Zuschlag iS des § 24 SGB II in der Fassung des Vierten Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl I 2954) zu. Danach erhält ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Bezugs von Alg einen monatlichen Zuschlag, soweit er in diesem Zeitraum Alg II erhält. Der Zuschlag beträgt gemäß § 24 Abs 2 SGB zwei Drittel des Unterschiedsbetrags zwischen 1. dem von dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuletzt bezogenen Alg und dem nach dem Wohngeldgesetz erhaltenen Wohngeld und 2. dem an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen zu zahlenden Alg II nach § 19 Satz 1 Nr 1 sowie Satz 2 SGB II oder Sozialgeld nach § 28 SGB II.
Wie das BSG bereits im Urteil vom 23. November 2006 (B 11b AS 1/06 R) festgestellt hat, setzt § 24 SGB II als konstituierendes Tatbestandsmerkmal des Zuschlags den Bezug von Alg II voraus (so auch Rixen in Eicher/Spellbrink SGB II, § 24 RdNr 3; Müller in Hauck/Noftz SGB II, Stand Juli 2007, § 24 RdNr 6b; Winkel SozSich 2004, 402; zuvor bereits Bayerisches LSG Urteil vom 4. April 2006 - L 11 AS 81/05; SG Berlin Urteil vom 23. September 2005 - S 37 AS 2225/05; dselb Urteil vom 29. März 2006 - S 55 AS 7521/05, SG Karlsruhe Urteil vom 13. März 2006 - S 5 AS 3056/05). Allein durch die Zuschlagsregelung kann kein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II begründet werden (aA Brünner in LPK, 1. Aufl 2005, § 24 RdNr 6; Söhngen jurisPR-SozR 7/206 Anm 2; so auch LSG Niedersachsen/Bremen Beschluss vom 5. Juli 2005 - L 8 AS 71/05 ER; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 11. August 2005 - L 5 B 51/05 AS ER; LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 20. Dezember 2005 - L 2 B 64/05 AS ER; Thüringer LSG Beschluss vom 31. Januar 2006 - L 7 AS 770/05 ER; Sächsisches LSG Urteil vom 20. Juli 2006 - L 3 AS 3/05, Revision beim BSG anhängig unter B 11b AS 45/06 R). Der Anspruch auf Zuschlag ist akzessorisch zum Alg II- Anspruch.
Der die Leistung als "Zuschlag" umschreibende Begriff legt eine solche Auslegung bereits auf den ersten Blick nahe. Aber auch der Hinweis in § 24 Abs 2 Nr 2 SGB II auf § 19 Satz 1 Nr 1 SGB II belegt die bloße Akzessorietät des Zuschlags zum Alg II. Berechnungsgrundlage für den Zuschlag ist danach der Differenzbetrag zwischen dem zuletzt bezogenen Arbeitslosengeld und ggf Wohngeld sowie dem nunmehr zu zahlenden Alg II nach § 19 Satz 1 Nr 1 SGB II. § 19 Satz 1 Nr 1 SGB II in der hier noch anzuwendenden aF lautete: "Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten als Alg II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung". § 24 Abs 2 Nr 2 SGB II nahm mithin nur auf die unterhaltssichernden Leistungen des § 19 Satz 1 Nr 1 SGB II Bezug und klammerte den Zuschlag als vermeintlichen Bestandteil des Alg II - entgegen § 19 Satz 1 Nr 2 SGB II - aus. Diese Auslegung wird nunmehr durch § 19 SGB II idF des Fortentwicklungsgesetzes vom 20. Juli 2006 (BGBl I 1706, 1709) bestätigt. Der Zuschlag nach § 24 SGB II wird dort als Bestandteil des Alg II nicht mehr erwähnt. In der Gesetzesbegründung hierzu heißt es: "Mit der Neufassung der Vorschrift wird klargestellt, dass der befristete Zuschlag kein Bestandteil des Alg II ist, sondern zusätzlich zu … (diesem) gewährt wird." (BT-Drucks 16/1410, S 23). Mit dieser Klarstellung ist ein seit dem Inkrafttreten des SGB II schwelender Streit um die Auslegung der Vorschrift beendet worden; die Vorschrift ist daher rückwirkend seit diesem Zeitpunkt entsprechend anzuwenden (vgl BSG Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R). Der Kompensationseffekt, der mit dem Zuschlag gemäß § 24 SGB II bezweckt wird, soll mithin nicht jedem zugute kommen, der auf Grund der Änderungen durch das SGB II einen bei Fortbestand der früheren Rechtslage gegebenen Anschlussarbeitslosenhilfe-Anspruch verloren hat, sondern nur dem Alg II-Bezieher (= Bezieher von Leistungen nach § 19 SGB II Satz 1 Nr 1 aF). Die vom Gesetzgeber intendierte "Abfederung finanzieller Härten" (BT-Drucks 15/1516, S 58) wird also auf bedürftige und deshalb (im Hinblick auf die Leistungen aus § 19 S 1 Nr 1 SGB II) berechtigte erwerbsfähige Leistungsbezieher beschränkt.
(d) Verfassungsrechtliche Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Ungleichbehandlung iS des Art 3 Abs 1 GG, weil mit der Regelung des § 24 SGB II nicht jeder vormalige Alg- und Alhi-Bezieher bei Beendigung des Leistungsbezugs finanziell aufgefangen wird, teilt der Senat nicht. Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG ist gegeben, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe anders behandelt als eine andere, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht vorliegen, die die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 109, 96, 123; stRspr). Dies ist hier nicht der Fall.
Es bestehen erhebliche Unterschiede zwischen denjenigen, die nach dem Bezug von Alg oder Alhi auf bedürftigkeitsabhängige Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende angewiesen sind und denjenigen, die oberhalb des durch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bestimmten soziokulturellen Existenzminimums aus eigenen Mitteln, Einkommen oder sonstigen Leistungen ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Diejenigen, deren Einkommen nach dem Ausscheiden aus dem Leistungsbezug der Arbeitslosenversicherung unter die Bedürftigkeitsgrenze gesunken ist, die also anspruchsberechtigt nach dem SGB II sind, werden vom Gesetzgeber als besonders schutzbedürftig angesehen. Sie sind nicht in der Lage ihren Lebensunterhalt ohne staatliche Leistungen nach dem SGB II zu bestreiten. Dabei wird nicht verkannt, dass ein vormaliger Alg-Bezieher ohne Leistungsanspruch nach dem SGB II, dessen Einkommen nur knapp seinen Bedarf deckt, ggf weniger an monatlichem Einkommen zur Verfügung haben kann, als ein Alg II-Bezieher unter Berücksichtigung des befristeten Zuschlags.
Derartige Konsequenzen lassen sich bei typisierenden Grenzziehungen, wie etwa Einkommensgrenzen, nie gänzlich vermeiden. Der Gesetzgeber muss den ihm insoweit bei der Grenzziehung zukommenden Gestaltungsfreiraum allerdings in sachgerechter Weise nutzen. Das ist dann der Fall, wenn er die an die Grenze anknüpfenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist oder nicht als willkürlich erscheint (vgl BVerfGE 80, 297, 311; 87, 1, 47, stRspr, zuletzt: BVerfG Beschluss vom 26. Juni 2007 - 1 BvR 2204/00, 1 BvR 1355/03). Das ist hier der Fall. Die Zuschussgewährung nach § 24 SGB II soll zwar einerseits den Wegfall von Alg-Bezug ohne nachfolgende Alhi abfedern. Sie ist jedoch andererseits davon abhängig, dass Hilfebedürftigkeit iS des § 9 SGB II eingetreten ist. Die Differenzierung knüpft daher an zwei Gesichtspunkte an, nämlich die Hilfebedürftigkeit und die Notwendigkeit der Abfederung des Übergangs. Es ist vom gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum umfasst, wenn er Leistungen aus dem System des SGB II nur denjenigen zukommen lässt, die beide Kriterien erfüllen. Insbesondere ist es nicht sachwidrig, wenn nur Leistungen des SGB II erhält, wer auch dessen Zugangsvoraussetzungen erfüllt (so auch BSG Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R).
Soweit der Kläger ferner zum Ausdruck bringen möchte, er halte die übergangslose Abschaffung der Alhi für verfassungswidrig, vermag der Senat dem ebenfalls nicht zu folgen. Der Senat schließt sich auch insoweit der Einschätzung des 11b. Senats des BSG in seiner Entscheidung vom 23. November 2006 (B 11b AS 1/06 R) an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen