Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 02.02.2005; Aktenzeichen 8 A 10846/04) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. Februar 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 118 359,30 € festgesetzt.
Gründe
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.
Die Beschwerde möchte in einem Revisionsverfahren geklärt wissen, ob das Anpassungsverlangen nach § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG dem Erfüllungsverlangen als Einrede nur dann entgegengehalten werden kann, wenn es mit einem zumutbaren Angebot zur Anpassung eines Vertrages verbunden ist.
Diese Frage lässt sich, soweit sie sich in einem Revisionsverfahren stellen würde, auch ohne Durchführung des Revisionsverfahrens beantworten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Anspruch auf Anpassung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages an wesentlich veränderte Verhältnisse nach § 60 Abs. 1 VwVfG, der gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Landes Rheinland-Pfalz gilt, bei Weigerung einer Vertragspartei grundsätzlich durch eine auf die Anpassung gerichtete Leistungsklage durchzusetzen (vgl. Urteil vom 26. Januar 1995 – BVerwG 3 C 21.93 – BVerwGE 97, 331 ≪340≫). Um dem Gedanken der Prozessökonomie Rechnung zu tragen, ist es jedoch für zulässig erachtet worden, das Anpassungsverlangen auch einredeweise einem im Klagewege verfolgten Anspruch aus dem Vertrag entgegenzuhalten (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. September 1997 – BVerwG 11 C 10.96 – NVwZ 1998, 1075 und vom 18. Oktober 2001 – BVerwG 3 C 1.01 – NVwZ 2002, 486; Beschluss vom 19. Februar 2003 – BVerwG 9 B 85.02 – Buchholz 316 § 60 VwVfG Nr. 7). Unabhängig davon, ob das Anpassungsverlangen im Wege der Leistungsklage oder der Einrede geltend gemacht wird, kann eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse nach § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG nur verlangt werden, wenn die Vertragsanpassung auch der anderen Vertragspartei zuzumuten ist. Das Oberverwaltungsgericht ist deshalb zu Recht davon ausgegangen, dass ein Anpassungsverlangen, das mit einem Angebot zu einer unzumutbaren Vertragsanpassung verbunden ist, dem Anspruch auf Vertragserfüllung nicht entgegengehalten werden kann. Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein Anpassungsverlangen überhaupt mit einem konkreten Anpassungsangebot verbunden sein muss, um dem Anspruch auf Vertragserfüllung entgegengehalten werden zu können, würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat die Beklagte den Klägern ein konkretes Anpassungsangebot, das auch die Höhe des von den Klägern für die Bereitstellung der Stellplätze zu zahlenden Geldbetrags bestimmte, unterbreitet.
2. Die Revision ist auch nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die geltend gemachte Abweichung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. September 1997 – BVerwG 11 C 10.96 – (a.a.O.) ist nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt.
Eine Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist gegeben, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz widerspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – NVwZ-RR 1996, 712). Das Darlegungserfordernis nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt, dass der Tatbestand der Divergenz nicht nur durch Angabe der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, von der abgewichen sein soll, sondern auch durch Gegenüberstellung der miteinander unvereinbaren Rechtssätze bezeichnet wird.
a) Einen abstrakten Rechtssatz in der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, von dem das Oberverwaltungsgericht mit seiner Auffassung, dass die Beklagte den Klägern die wesentliche Änderung der Geschäftsgrundlage nur entgegenhalten könne, wenn sie ihrerseits ein zumutbares Anpassungsangebot unterbreite, abgewichen sein könnte, zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie weist vielmehr selbst darauf hin, dass im damaligen Verfahren über ein konkretes Anpassungsangebot seitens der beklagten Partei nicht zu entscheiden war.
b) Soweit die Beschwerde zur Begründung der Divergenzrüge ausführt, das Oberverwaltungsgericht habe durch die Verurteilung zur Herstellung von Garagenstellplätzen “im Bereich der sog. Tiefgarage Hopfengarten oder auf einem zwischen Hopfengarten und Heringsbrunnen in der Altstadt liegenden Grundstück” mit der zweiten Alternative eine Anpassung des Vertrages vorgenommen, die ihr nicht zuzumuten sei, lässt sie die erforderliche Herausarbeitung divergierender Rechtssätze bereits im Ansatz vermissen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1, § 72 Nr. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Paetow, Prof. Dr. Rojahn, Dr. Philipp
Fundstellen
Haufe-Index 1369209 |
BauR 2005, 1364 |
IBR 2005, 401 |
BTR 2005, 168 |
EurUP 2005, 195 |