Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmungsrecht des Personalrates. Tarif- bzw. Gesetzesvorrang. Überweisung von Bezügen und Arbeitsentgelten auf Girokonto. Banktage
Leitsatz (amtlich)
Dem Personalrat steht in bezug auf die Abschaffung von der Dienststelle einseitig eingeräumter „Banktage” kein Mitbestimmungsrecht zu, weil § 36 BAT, § 26 a BMT-G II und § 17 a BBesG hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Bezüge und Arbeitsentgelte eine abschließende tarifliche bzw. gesetzliche Regelung treffen.
Normenkette
BlnPersVG § 85 Abs. 1 Nr. 3; BAT § 36; BMT-G II § 26a; BBesG § 17a
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Berlin – Fachsenat für Personalvertretungssachen Berlin – vom 22. August 1997 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 8 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Durch Rundschreiben II Nr. 35/1994 der Beteiligten vom 28. März 1994 wurde die bisherige Praxis, wonach alle Beschäftigten einmal in jedem Zahlungszeitraum unter Weiterzahlung der Bezüge während der Dienstzeit die der Dienststelle nächstgelegene Zweigstelle des gewählten Geldinstituts aufsuchen konnten, um Barbeträge abzuheben, beseitigt. Zugleich wurde festgelegt, daß die Beschäftigungsdienststellen in alleiniger Verantwortung über die Gewährung von Arbeitsbefreiung zu entscheiden hätten, sofern im Einzelfall ein Beschäftigter in einem Monat keine Möglichkeit habe, die Bezüge außerhalb der Arbeitszeit abzuheben. Zur Begründung berief sich die Beteiligte im wesentlichen auf die im Rahmen der Tarifverhandlungen 1979 zum 45. Änderungstarifvertrag zum BAT bzw. 26. Ergänzungstarifvertrag zum BMT-G abgegebene Niederschriftserklärung der Tarifvertragsparteien sowie auf das erweiterte Serviceangebot der Geldinstitute.
Der Antragsteller ist der Auffassung, daß die vorbezeichnete Maßnahme seiner Mitbestimmung bedürfe. Einen dahin gehenden Feststellungsantrag hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Die Beschwerde des Antragstellers hat das Oberverwaltungsgericht im wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, ein Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung entfalle wegen vorrangiger und abschließender tariflicher Regelungen über Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Bezüge und Arbeitsentgelte.
Der Antragsteller trägt zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde vor: Die einschlägigen Tarifbestimmungen (§ 36 BAT, § 26 a BMT-G II) enthielten keine Aussage zur Frage einer Arbeitszeitbefreiung zum Abheben auf Konto überwiesener Bezüge. Das Schweigen der Tarifvertragsparteien könne nur bedeuten, daß jene Frage nicht durch Tarifrecht habe geregelt werden sollen, sondern wie in der Vergangenheit der Regelung durch Dienstvereinbarungen offenstehe. Dies gelte um so mehr, als sich aus Nr. 1 der Niederschriftserklärung vom 30./31. Oktober 1979 ergebe, daß die Tarifvertragsparteien die Frage der Arbeitsbefreiung zwar gesehen, aber nicht abschließend tariflich hätten geregelt wissen wollen. Andererseits könne die Niederschriftserklärung nicht zum behaupteten Tarifvorrang herangezogen werden, weil sie selbst kein Tarifrecht enthalte. Wenn die Niederschriftserklärung hingegen als Tarifrecht anzusehen sei, so komme das Mitbestimmungsrecht des Personalrates in Form der Richtigkeitskontrolle bei der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe zum Zuge. Schließlich sei das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung in Anwendung des tarifvertragsrechtlichen Günstigkeitsprinzips anzuerkennen. Dies besage, daß – auf Initiative der Personalvertretung zustande gekommene – Dienstvereinbarungen zugunsten der Arbeitnehmer über die tarifvertraglichen Regelungen hinausgehen dürften.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
unter Änderung bzw. Aufhebung der vorinstanzlichen Beschlüsse festzustellen, daß die Beteiligte durch Inkraftsetzen der Regelung in II des Rundschreibens II Nr. 35/1994 vom 28. März 1994 sein Mitbestimmungsrecht verletzt hat.
Die Beteiligte beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluß ebenso wie der Oberbundesanwalt, der sich am Verfahren beteiligt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Der angefochtene Beschluß beruht nicht auf der Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 91 Abs. 2 des Berliner Personalvertretungsgesetzes ≪BlnPersVG≫ i.d.F. der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994, GVBl 338, i.V.m. § 93 Abs. 1 ArbGG). Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, daß dem Antragsteller bei der Abschaffung der „Bankstunden” kein Mitbestimmungsrecht zustand.
1. Allerdings ist die Frage einer Dienstbefreiung zur Abhebung des auf Bankkonto überwiesenen Arbeitsentgelts vom Mitbestimmungstatbestand des § 85 Abs. 1 Nr. 3 BlnPersVG erfaßt. Zur Art der Auszahlung der Bezüge und Arbeitsentgelte gehört vor allem die Entscheidung, ob die Zahlung in bar oder bargeldlos erfolgen soll (vgl. zu § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG: BAG, Urteil vom 26. Januar 1983 – 4 AZR 206/80 – BAGE 41, 297, 303; Beschluß vom 24. November 1987 – 1 ABR 25/86 – AP § 87 BetrVG 1972 Auszahlung Nr. 6; Beschluß vom 10. August 1993 – 1 ABR 21/93 – a.a.O. Nr. 12). Hieraus ergibt sich eine Annexzuständigkeit des Personalrates auch für eine Regelung, mit der die notwendigerweise aus bargeldloser Zahlung sich ergebenden Belastungen der Beschäftigten ausgeglichen oder gemildert werden sollen (vgl. BAG, Beschluß vom 10. August 1993 a.a.O.). Darunter fällt die Frage nach der Zahlung der Kontoführungsgebühren (BVerwG, Beschluß vom 25. Januar 1985 – BVerwG 6 P 7.84 – Buchholz 238.36 § 72 NdsPersVG Nr. 3; BAG, Beschluß vom 8. März 1977 – 1 ABR 33/75 – BAGE 29, 40, 44 f; Beschluß vom 31. August 1982 – 1 ABR 8/81 – BAGE 39, 351, 354; Beschluß vom 24. November 1987 a.a.O.). Entsprechendes gilt für die Frage einer Dienstbefreiung zum Besuch des Kreditinstituts, bei dem der Beschäftigte sein Gehaltskonto unterhält (BAG, Beschluß vom 10. August 1993 a.a.O.; Altvater, Zur Mitbestimmung bei der unbaren Zahlung der Arbeitsentgelte, PersR 1987, 70).
2. Ein Mitbestimmungsrecht des Personalrates nach § 85 Abs. 1 Nr. 3 BlnPersVG entfällt hier jedoch, weil insoweit gesetzliche bzw. tarifvertragliche Regelungen bestehen.
a) Für die Angestellten und Arbeiter enthalten § 36 BAT und § 26 a BMT-G II eine abschließende tarifliche Regelung über Zeit, Ort und Art der Auszahlung des Arbeitsentgelts. Dies wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß jene Bestimmungen keine ausdrückliche Aussage zur Frage einer Dienstbefreiung zum Besuch der Bank treffen.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts greift der durch § 87 Abs. 1 BetrVG begründete Vorrang einer tariflichen vor einer mitbestimmten betrieblichen Regelung dann ein, wenn die tarifliche Regelung die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit selbst abschließend und zwingend regelt und damit schon selbst dem Schutzzweck des sonst gegebenen Mitbestimmungsrechts Genüge tut. Mit Rücksicht auf den vom Gesetzgeber gewollten Vorrang des Tarifvertrages entfaltet jede tarifliche Regelung, die nicht ohne weiteres als nur unvollständig gemeint erkennbar ist, für die Betriebspartner eine Sperrwirkung; jede auf Vollständigkeit angelegte und aus sich heraus zu handhabende Regelung in einem Tarifvertrag schließt eine entsprechende betriebliche Regelung aus (Beschluß vom 31. August 1982 a.a.O. S. 356; Beschluß vom 20. Dezember 1988 – 1 ABR 57/87 – BAGE 60, 323, 326). Dieser Rechtsprechung hat sich der Senat bezüglich der Kontoführungskosten angeschlossen, über die § 36 BAT in der damals geltenden Fassung noch keine ausdrückliche Regelung enthielt (Beschluß vom 25. Januar 1985 a.a.O.).
§ 36 BAT und § 26 a BMT-G II regeln die Entgeltzahlungsmodalitäten auch in Ansehung der hier in Rede stehenden Bankstunde abschließend (BAG, Urteil vom 5. Mai 1988 – 6 AZR 521/85 – BAGE 59, 1, 10 f; Beschluß vom 10. August 1993 a.a.O.).
Die vorbezeichneten tarifvertraglichen Bestimmungen sind nicht als nur unvollständig gemeint erkennbar. Dies gilt namentlich für die Art der Auszahlung. Insofern schreiben § 36 Abs. 1 Unterabs. 1 BAT sowie § 26 a Abs. 1 BMT-G II den Grundsatz fest, daß das Entgelt auf ein vom Arbeitnehmer eingerichtetes Girokonto im Inland zu zahlen ist. Daneben enthalten sie eine Detailregelung bezüglich der Frage, wer die mit der Überweisung des Entgeltes und der Unterhaltung des Kontos verbundenen Kosten jeweils zu tragen hat. Den Bestimmungen ist zu entnehmen, daß der Arbeitgeber seine Verpflichtung zur Gehalts- bzw. Lohnzahlung vollständig erfüllt hat, wenn der Betrag in der geschuldeten Höhe pünktlich dem Konto des Arbeitnehmers gutgeschrieben wird. Jene Bestimmungen verlieren ihren Charakter als vollständige Regelungen nicht deswegen, weil sie sich einer Aussage über eine etwaige Dienstbefreiung zum Zwecke der Gehaltsabhebung enthalten. Weder allgemeine Rechtsgrundsätze noch spezielle Bestimmungen räumen dem Arbeitnehmer einen dahin gehenden Anspruch ein. Der bis 31. Dezember 1996 in § 548 Abs. 1 Satz 2 RVO geregelte Unfallversicherungsschutz beim Abheben vom Konto eines Geldinstitutes, der in das seit 1. Januar 1997 geltende SGB VII – weil mit modernen Zahlungsformen schwerlich vereinbar – nicht übernommen wurde (vgl. dazu Wannagat, SGB VII, § 8 Rn. 2), gab für einen arbeitsvertraglichen Anspruch gegen den Arbeitgeber nichts her. Angesichts dessen muß von einer lückenlosen Regelung in § 36 BAT und § 26 a BMT-G II ausgegangen werden mit der Folge, daß ein – kollektivrechtlicher – Anspruch des Arbeitnehmers auf Dienstbefreiung zum Bankbesuch ausscheidet. Daß ein solcher Anspruch nicht besteht, ist nicht von einer ausdrücklichen – gegebenenfalls lediglich klarstellenden – Regelung im Tarifvertrag abhängig. Es hätte vielmehr umgekehrt einer ausdrücklichen Regelung bedurft, wenn die Tarifvertragsparteien im Zusammenhang mit der Zahlung des Arbeitsentgeltes eine bis dahin nicht bestehende Nebenpflicht des Arbeitgebers hätten begründen wollen, dem Arbeitnehmer während der Arbeitszeit den Gang zum Kreditinstitut zu erlauben (ebenso zur Tragung der Kontoführungskosten: BAG, Beschluß vom 31. August 1982 a.a.O. S. 356 f.; Beschluß vom 20. Dezember 1988 a.a.O. S. 326 f.; BVerwG, Beschluß vom 25. Januar 1985 a.a.O.).
bb) Ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats in bezug auf eine Dienstbefreiung zum Bankbesuch verbietet sich im übrigen aus rechtssystematischen Gründen. Wie oben dargelegt wurde, läßt sich eine entsprechende Zuständigkeit des Personalrates lediglich als Annexkompetenz aus § 85 Abs. 1 Nr. 3 BlnPersVG entwickeln. Um einen eigenständigen, von „Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Bezüge und Arbeitsentgelte” losgelösten Mitbestimmungstatbestand handelt es sich dabei nicht. Ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats ist sinnvoll, solange die Frage einer unbaren Entgeltzahlung noch ungeklärt ist. Der Personalrat kann seine Zustimmung davon abhängig machen, daß die damit zusammenhängenden Fragen der Kontoführungskosten und des Bankbesuchs in einer Weise geregelt werden, die dem Arbeitnehmerschutz angemessen Rechnung trägt. Er kann darauf aber verzichten, soweit er der Auffassung ist, daß die von ihm repräsentierten Arbeitnehmer in dieser Hinsicht nicht oder nicht mehr schutzbedürftig sind. Der Charakter der Dienstvereinbarung als eine den Gegenstand der Mitbestimmung vollständig erfassenden Regelung wird dadurch nicht in Frage gestellt. Entsprechendes gilt erst recht für die Tarifvertragsparteien. Haben diese – wie es in § 36 BAT und § 26 a BMT-G II geschehen ist – den Regelungsgegenstand „Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Bezüge und Arbeitsentgelte” in vollem Umfang für ihre Normsetzungsbefugnis in Anspruch genommen, so erstreckt sich der Vorrang tariflicher Regelung auch auf die Annexbereiche (Kontoführungskosten, Bankstunde). Wegen deren Unselbständigkeit scheidet ihre Verlagerung auf die unterhalb der Tarifsphäre liegende Ebene der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung aus. Haben die Tarifvertragsparteien ein Regelungsbedürfnis bezüglich des Annexgegenstandes nicht gesehen, so ist es ihnen vorbehalten, jenen Gegenstand bei nächster Gelegenheit erneut zu behandeln, wenn sich ihre Einschätzung geändert hat (ebenso zur Frage der Kontoführungskosten: BAG, Beschluß vom 31. August 1982 a.a.O. S. 356).
cc) Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die Niederschrift der Tarifvertragsparteien vom 30./31. Oktober 1979 über die Redaktionsverhandlungen zur Änderung des BAT und des BMT-G II. Die Niederschrift lautet:
- „Zu § 36 BAT und zu § 26 a BMT-G besteht Einvernehmen, daß dem Arbeitnehmer, soweit erforderlich, ausreichende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung der Vergütung/des Lohnes zum Abheben der Bezüge bei dem Geldinstitut gewährt wird; dabei sind die dienstlichen bzw. betrieblichen Belange zu berücksichtigen.
- Zu § 36 BAT und zu § 26 a BMT-G besteht zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr Einvernehmen, daß durch das Inkrafttreten dieses Tarifvertrages – vorbehaltlich zwingender gesetzlicher Vorschriften – bestehende betriebliche, örtliche oder bezirkliche Regelungen nicht unmittelbar berührt werden.”
Die Niederschriftserklärung ist nicht Teil der Tarifverträge geworden. In diesen ist im Gegensatz zu anderen dort enthaltenen und dem Wortlaut beigefügten „Protokollnotizen” und „Protokollerklärungen” nicht auf die Niederschriftserklärung vom 30./31. Oktober 1979 Bezug genommen worden. Sie ist damit keine Tarifnorm, aus der sich für den einzelnen Arbeitnehmer anspruchsbegründend unmittelbare tarifliche Wirkungen herleiten lassen, sondern eine Auslegungshilfe für die Ermittlung des Tarifinhalts (BAG, Urteil vom 27. August 1986 – 8 AZR 397/83 – BAGE 52, 398, 404; Urteil vom 3. Dezember 1986 – 4 AZR 19/86 – AP § 51 TVAL II Nr. 6; Urteil vom 11. November 1987 – 4 AZR 340/87 – DB 1988, 915; Urteil vom 28. Juli 1988 – 6 AZR 349/87 – BAGE 59, 177, 184 f.).
Nr. 1 der Niederschriftserklärung belegt, daß die Tarifpartner die Frage einer Dienstbefreiung zum Zwecke der Abhebung des auf Bankkonto überwiesenen Arbeitsentgelts seinerzeit in den Blick genommen haben. Sie macht zugleich deutlich, daß die Tarifvertragsparteien eine kollektive Regelung zugunsten aller Arbeitnehmer oder bestimmter Arbeitnehmergruppen schon damals nicht mehr für nötig gehalten haben. Der Sache nach verweist die Niederschriftserklärung auf die dem Arbeitsverhältnis innewohnende Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und damit auf die Ebene des Individualarbeitsvertrages: Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Dienstbefreiung besteht daher – vorbehaltlich spezieller Bestimmungen in den Arbeitsverträgen – nur noch im Einzelfall und nur unter der Voraussetzung, daß ihm ein Abheben der auf sein Girokonto überwiesenen Beträge auch in Ansehung der modernen Serviceangebote der Kreditinstitute unmöglich oder unzumutbar ist.
Der Hinweis in Nr. 2 der Niederschrift auf die nur übergangsweise Fortgeltung bestehender betrieblicher, örtlicher oder bezirklicher Regelungen stützt ebenfalls dieses Auslegungsergebnis. Den diesbezüglichen überzeugenden Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 5. Mai 1988 (a.a.O. S. 10) schließt sich der Senat an. Die Übergangsregelung greift auch im vorliegenden Falle nicht, weil mit dem strittigen Rundschreiben lediglich eine einseitige Regelung des Beteiligten beseitigt worden ist (S. 10 der Beschwerdeentscheidung).
dd) Der Antragsteller kann sich zur Stützung seines Begehrens nicht auf die ständige Senatsrechtsprechung zum Tarifvorrang gegenüber Mitbestimmungsrechten der Personalvertretung berufen. Danach besteht eine die Mitbestimmung des Personalrates ausschließende tarifvertragliche Regelung dann, wenn darin ein Sachverhalt unmittelbar geregelt ist, es also zum Vollzug keines Ausführungsaktes bedarf. Wenn jedoch aufgrund einer tariflichen Regelung die Ausgestaltung der Einzelmaßnahme dem Dienststellenleiter überlassen ist, unterliegt dessen Entscheidung – auch bei rein normvollziehenden Maßnahmen ohne Ermessensspielraum – der Richtigkeitskontrolle des Personalrats im Wege der Mitbestimmung (Beschluß vom 23. Januar 1986 – BVerwG 6 P 8.83 – Buchholz 238.35 § 61 HePersVG Nr. 3 S. 6 f.; Beschluß vom 27. November 1991 – BVerwG 6 P 7.90 – Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 23 S. 29; Beschluß vom 19. Mai 1992 – BVerwG 6 P 5.90 – Buchholz 251.0 § 79 BaWüPersVG Nr. 13; Beschluß vom 17. Juni 1992 – BVerwG 6 P 17.91 – BVerwGE 90, 228, 235 f.; Beschluß vom 22. Dezember 1993 – BVerwG 6 P 11.92 – Buchholz 251.2 § 85 BlnPersVG Nr. 6). Diese Grundsätze vermögen dem Antragsteller schon deswegen nicht zu dem erstrebten Mitbestimmungsrecht zu verhelfen, weil die Tarifvertragsparteien in § 36 BAT und § 26 a BMT-G II – wie dargelegt – von einer des Vollzuges fähigen und bedürftigen Regelung einer Dienstbefreiung zum Besuch der Bank bewußt abgesehen haben.
Im übrigen geht es hier nicht um die Kontrolle einer – sich als Normvollzug darstellenden – Einzelmaßnahme des Arbeitgebers. Der Mitbestimmungstatbestand des § 85 Abs. 1 Nr. 3 BlnPersVG ist vielmehr auf eine generelle Regelung insbesondere durch Dienstvereinbarung angelegt. Eine solche scheidet aber aus, wenn eine generelle Regelung durch Tarifvertrag bereits vorliegt. Unter diesen Umständen ist für eine Mitbestimmung der Personalvertretung bei Maßnahmen, die auf einzelne Beschäftigte bezogen sind, von vornherein kein Raum (vgl. in diesem Zusammenhang: Beschluß vom 23. Dezember 1982 – BVerwG 6 P 36.79 – Buchholz 238.31 § 79 BaWüPersVG Nr. 2; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 8. Aufl. 1995, § 75 Rn. 78 und 93; Lorenzen/Haas, BPersVG, § 75 Rn. 112; Fischer/Goeres in: Fürst, GKÖD Bd. V K § 75 Rn. 79).
ee) Ein abweichendes Ergebnis ist schließlich nicht wegen des in § 4 Abs. 3 TVG normierten Günstigkeitsprinzips geboten. Dieses besagt in erster Linie, daß von tarifvertraglichen Regelungen in Einzelarbeitsverträgen zugunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann (Kempen/Zachert, Tarifvertragsgesetz, 3. Aufl. 1997, § 4 Rn. 175). Dieser Grundsatz gilt jedoch nur eingeschränkt im Verhältnis von Tarifverträgen und Dienstvereinbarungen, soweit diese denselben Gegenstand regeln. Zweck des in § 85 Abs. 1 BlnPersVG – ebenso wie in § 75 Abs. 3, § 76 Abs. 2 BPersVG und § 87 Abs. 1 BetrVG – normierten Tarifvorrangs ist es, das Mitbestimmungsrecht dann entfallen zu lassen, wenn die Arbeitnehmerinteressen bereits durch in der Dienststelle bzw. im Betrieb anwendbare tarifliche Regelungen ausreichend berücksichtigt sind (BAG, Beschluß vom 24. Februar 1987 – 1 ABR 18/85 – BAG 54, 191, 200; Beschluß vom 24. November 1987 – 1 ABR 25/86 – AP § 87 BetrVG 1972 Auszahlung Nr. 6; Beschluß vom 3. Dezember 1991 – GS 2/90 – BAGE 69, 134, 152). Angesichts dessen ist für eine Dienstvereinbarung, die vom Tarifvertrag zugunsten der Arbeitnehmer abweicht, nur Raum, wenn eine Öffnungsklausel im Tarifvertrag dies gestattet (vgl. Kempen/Zachert a.a.O.; Hess/Schlochauer/Glaubitz, Betriebsverfassungsgesetz, 5. Aufl. 1997, § 77 Rn. 159; Fitting, Betriebsverfassungsgesetz, 18. Aufl. 1996, § 77 Rn. 86). An einer solchen Öffnungsklausel, die es Personalvertretung und Dienststellenleiter erlaubte, hinsichtlich der Entgeltzahlungsmodalitäten ergänzende Regelungen durch Dienstvereinbarung zu treffen, fehlt es jedoch in § 36 BAT und § 26 a BMT-G II. Sie wäre im übrigen, soweit sie isoliert die Frage der „Bankstunde” beträfe, aus den unter bb) dargestellten rechtssystematischen Gründen unzulässig.
b) Für die Beamten enthält § 17 a BBesG eine abschließende gesetzliche Regelung über die Art der Zahlung der Bezüge, die wegen des in § 85 Abs. 1 BlnPersVG normierten Gesetzesvorrangs ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats ebenfalls ausschließt. Die obigen Ausführungen zum Tarifvorrang gelten entsprechend. Für eine andere Sichtweise ist im übrigen auch deswegen kein Raum, weil § 36 BAT und § 26 a BMT-G II im hier interessierenden Regelungsbereich zum 1. Januar 1988 an die bereits seit 1. Januar 1987 geltende Fassung des § 17 a BBesG angepaßt worden ist (vgl. Scheuring/Lang/Hoffmann, BMT-G II, § 26 a Erläuterung 1; Uttlinger/Breier/Kiefer/ Hoffmann/Pühler, BAT, § 36 Erläuterung 5).
3. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 8 Abs. 2 Satz 2, § 10 Abs. 1 BRAGO.
Unterschriften
Dr. Niehues, Albers, Dr. Henkel, Eckertz-Höfer, Büge
Fundstellen
Haufe-Index 1215827 |
ZBR 1999, 142 |
ZTR 1999, 141 |
PersR 1998, 523 |