Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialpolitik. Rechtsangleichung. Übergang von Unternehmen. Widerspruch des Arbeitnehmers gegen den Übergang seines Arbeitsvertrags auf den Erwerber. Zulässigkeit. Keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, bei Weigerung des Arbeitnehmers, für den Erwerber zu arbeiten, die Fortführung des Vertrags mit dem Veräusserer vorzusehen. Nationale Rechts- und Verwaltungsvorschriften im Sinne von Artikel 7. Berücksichtigung der Auslegung der Vorschriften durch die nationalen Gerichte
Leitsatz (amtlich)
1. Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 77/187 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen verwehrt es einem Arbeitnehmer, der im Zeitpunkt des Übergangs im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie beim Veräusserer beschäftigt ist, nicht, dem Übergang seines Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber zu widersprechen.
Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten jedoch nicht, die Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses mit dem Veräusserer für den Fall vorzusehen, daß ein Arbeitnehmer sich frei dafür entscheidet, den Arbeitsvertrag oder das Arbeitsverhältnis nicht mit dem Erwerber fortzusetzen. Die Richtlinie steht dem auch nicht entgegen. Es ist Sache der Mitgliedstaaten, zu bestimmen, was in einem solchen Fall mit dem Arbeitsvertrag oder dem Arbeitsverhältnis mit dem Veräusserer geschieht.
2. Unter „Rechts- oder Verwaltungsvorschriften” im Sinne von Artikel 7 der Richtlinie 77/187 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen sind die Rechts- oder Verwaltungsvorschriften eines Mitgliedstaats in dem Sinne zu verstehen, in dem sie von den Gerichten dieses Staates ausgelegt werden.
Normenkette
Richtlinie 77/187 des Rates § Art. 3 Abs. 1; Richtlinie 77/187 des Rates § Art. 7
Beteiligte
PCO Stauereibetrieb Paetz & Co. Nachfolger GmbH |
Verfahrensgang
Tenor
1) Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen verwehrt es einem Arbeitnehmer, der im Zeitpunkt des Übergangs im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie beim Veräusserer beschäftigt ist, nicht, dem Übergang seines Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber zu widersprechen. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten jedoch nicht, die Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses mit dem Veräusserer für den Fall vorzusehen, daß ein Arbeitnehmer sich frei dafür entscheidet, den Arbeitsvertrag oder das Arbeitsverhältnis nicht mit dem Erwerber fortzusetzen. Die Richtlinie steht dem auch nicht entgegen. Es ist Sache der Mitgliedstaaten, zu bestimmen, was in einem solchen Fall mit dem Arbeitsvertrag oder dem Arbeitsverhältnis mit dem Veräusserer geschieht.
2) Unter „Rechts- oder Verwaltungsvorschriften” im Sinne von Artikel 7 der Richtlinie sind die Rechts- oder Verwaltungsvorschriften eines Mitgliedstaats in dem Sinne zu verstehen, in dem sie von den Gerichten dieses Staates ausgelegt werden.
Gründe
1 Das Arbeitsgericht Bamberg (Kammer Coburg) hat mit Beschluß vom 7. Mai 1991, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Mai 1991, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag vier Fragen nach der Auslegung der Artikel 3 Absatz 1 und 7 der Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen (ABl. L 61, S. 26, im folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt (Rechtssache C-132/91).
2 Das Arbeitsgericht Hamburg hat mit zwei Beschlüssen vom 4. April 1991, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Mai 1991, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag gleichlautende Fragen nach der Auslegung des Artikels 7 der Richtlinie zur Vorabentscheidung vorgelegt (verbundene Rechtssachen C-138/91 und C-139/91).
3 Die Fragen des Arbeitsgerichts Bamberg werden in einem Rechtsstreit zwischen G. Katsikas (Kläger) und seinem früheren Arbeitgeber A. Konstantinidis (Beklagter) über die Zahlung verschiedener Bezuege für die Zeit vor seiner Entlassung am 26. Juni 1990 gestellt.
4 Aus den Akten geht hervor, daß der Kläger in einem Restaurant beschäftigt war, das vom Beklagten betrieben wurde und das dieser mit Wirkung vom 2. April an einen Dritten weiterverpachtet hatte. Im Vertrag über die Weiterverpachtung verpflichtete sich der Dritte unter anderem, den Beklagten von allen Verpflichtungen aus dem Betrieb des Restaurants, insbesondere von der Verpflichtung zur Zahlung der Löhne und der Nebe...