Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergang von Unternehmen. Richtlinie 2001/23/EG. Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer. Kollektivvertrag, der zum Zeitpunkt des Übergangs für den Veräußerer und den Arbeitnehmer galt
Beteiligte
Tenor
Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verwehrt, vorzusehen, dass im Fall eines Unternehmensübergangs die Klauseln, die dynamisch auf nach dem Zeitpunkt des Übergangs verhandelte und abgeschlossene Kollektivverträge verweisen, gegenüber dem Erwerber durchsetzbar sind, wenn dieser nicht die Möglichkeit hat, an den Verhandlungen über diese nach dem Übergang abgeschlossenen Kollektivverträge teilzunehmen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Supreme Court of the United Kingdom (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 10. August 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 12. August 2011, in dem Verfahren
Mark Alemo-Herron u. a.
gegen
Parkwood Leisure Ltd
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung der Richterin R. Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer sowie der Richter K. Lenaerts, G. Arestis, J. Malenovský (Berichterstatter) und D. Šváby,
Generalanwalt: P. Cruz Villalón,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von M. Alemo-Herron u. a., Prozessbevollmächtigte: T. Linden, Barrister, und L. Prince, Advocate,
- der Parkwood Leisure Ltd, Prozessbevollmächtigter: A. Lynch, QC,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch H. Walker als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Rozet und J. Enegren als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19. Februar 2013
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. L 82, S. 16).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Alemo-Herron u. a. einerseits und der Parkwood Leisure Ltd (im Folgenden: Parkwood) andererseits über die Anwendung eines Kollektivvertrags.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Richtlinie 2001/23 kodifiziert die Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. L 61, S. 26) in der durch die Richtlinie 98/50/EG des Rates vom 29. Juni 1998 (ABl. L 201, S. 88) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 77/187).
Rz. 4
Art. 3 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2001/23 bestimmt:
„Die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis gehen aufgrund des Übergangs auf den Erwerber über.
Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass der Veräußerer und der Erwerber nach dem Zeitpunkt des Übergangs gesamtschuldnerisch für die Verpflichtungen haften, die vor dem Zeitpunkt des Übergangs durch einen Arbeitsvertrag oder ein Arbeitsverhältnis entstanden sind, der bzw. das zum Zeitpunkt des Übergangs bestand.
- Die Mitgliedstaaten können geeignete Maßnahmen ergreifen, um zu gewährleisten, dass der Veräußerer den Erwerber über alle Rechte und Pflichten unterrichtet, die nach diesem Artikel auf den Erwerber übergehen, soweit diese dem Veräußerer zum Zeitpunkt des Übergangs bekannt waren oder bekannt sein mussten. Unterlässt der Veräußerer diese Unterrichtung des Erwerbers, so berührt diese Unterlassung weder den Übergang solcher Rechte und Pflichten noch die Ansprüche von Arbeitnehmern gegenüber dem Erwerber und/oder Veräußerer in Bezug auf diese Rechte und Pflichten.
Nach dem Übergang erhält der Erwerber die in einem Kollektivvertrag vereinbarten Arbeitsbedingungen bis zur Kündigung oder zum Ablauf des Kollektivvertrags bzw. bis zum Inkrafttreten oder bis zur Anwendung eines anderen Kollektivvertrags in dem gleichen Maße aufrecht, wie sie in dem Kollektivvertrag für den Veräußerer vorgesehen waren.
Die Mitgliedstaaten können den Zeitraum der Aufrechterhaltung der Arbeitsbedingungen begrenzen, allerdings darf dieser nicht weniger als ein Jahr betragen.”
Rz. 5
Art. 8 dieser Richtlinie lautet:
„Diese Richtlinie schränkt die Möglichkeit der Mitgliedstaaten nicht ein, für die Arbeitnehmer günstigere Rechts- oder Verwaltungsvorsch...