Entscheidungsstichwort (Thema)
Außenbeziehungen. Assoziationsabkommen Gemeinschaften-Polen. Auslegung von Artikel 37 Absatz 1 erster Gedankenstrich. Verbot von Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit bei den Arbeits- oder Entlassungsbedingungen für polnische Arbeitnehmer, die rechtmäßig im Gebiet eines Mitgliedstaats beschäftigt sind. Befristeter Arbeitsvertrag eines Fremdsprachenlektors. Wirkung des Inkrafttretens des Assoziationsabkommens auf einen derartigen Vertrag
Beteiligte
Beata Pokrzeptowicz-Meyer |
Tenor
1. Artikel 37 Absatz 1 erster Gedankenstrich des durch den Beschluss 93/743/Euratom, EGKS, EG des Rates und der Kommission vom 13. Dezember 1993 im Namen der Gemeinschaft geschlossenen und genehmigten Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Polen andererseits, dem unmittelbare Wirkung zukommt, steht der Anwendung einer nationalen Rechtsvorschrift auf polnische Staatsangehörige entgegen, nach der die Stellen von Fremdsprachenlektoren mittels befristeter Arbeitsverträge besetzt werden können, während der Abschluss derartiger Verträge mit sonstigen Lehrkräften für besondere Aufgaben im Einzelfall durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sein muss.
2. Artikel 37 Absatz 1 erster Gedankenstrich dieses Europa-Abkommens gilt ab Inkrafttreten des Abkommens für einen befristeten Arbeitsvertrag, der vor dem Inkrafttreten des Abkommens geschlossen wurde, wenn das vereinbarte Fristende nach dem Inkrafttreten des Abkommens liegt.
Tatbestand
In der Rechtssache C-162/00
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom deutschen Bundesarbeitsgericht in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Land Nordrhein-Westfalen
gegen
Beata Pokrzeptowicz-Meyer
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 37 Absatz 1 des durch den Beschluss 93/743/Euratom, EGKS, EG des Rates und der Kommission vom 13. Dezember 1993 (ABl. L 348, S. 1) im Namen der Gemeinschaft geschlossenen und genehmigten Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Polen andererseits
erlässt
DER GERICHTSHOF
unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, des Kammerpräsidenten P. Jann, der Kammerpräsidentinnen F. Macken und N. Colneric, des Kammerpräsidenten S. von Bahr sowie der Richter C. Gulmann, D. A. O. Edward, A. La Pergola (Berichterstatter), J.-P. Puissochet, J. N. Cunha Rodrigues und C. W. A. Timmermans,
Generalanwalt: F. G. Jacobs
Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- des Landes Nordrhein-Westfalen, vertreten durch Rechtsanwalt P. O. Wilke,
- der französischen Regierung, vertreten durch J.-F. Dobelle und C. Bergeot als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M.-J. Jonczy und B. Martenczuk als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der französischen Regierung und der Kommission in der Sitzung vom 19. Juni 2001,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 20. September 2001,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1.
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 22. März 2000, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Mai 2000, gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung von Artikel 37 Absatz 1 des durch den Beschluss 93/743/Euratom, EGKS, EG des Rates und der Kommission vom 13. Dezember 1993 (ABl. L 348, S. 1) im Namen der Gemeinschaft geschlossenen und genehmigten Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Polen andererseits (nachfolgend: Europa-Abkommen) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen (nachfolgend: Beklagter) und Frau Pokrzeptowicz-Meyer (nachfolgend: Klägerin) über die Gültigkeit der Befristung des zwischen ihnen geschlossenen Arbeitsvertrags.
Das Europa-Abkommen
3.
Das Europa-Abkommen wurde am 16. Dezember 1991 in Brüssel unterzeichnet und trat gemäß seinem Artikel 121 Absatz 2 am 1. Februar 1994 in Kraft.
4.
Nach Artikel 1 Absatz 2 des Europa-Abkommens ist es u. a. dessen Ziel, einen geeigneten Rahmen für den politischen Dialog zu schaffen, der die Entwicklung enger Beziehungen zwischen den Vertragsparteien ermöglicht, die Ausweitung des Handels und ausgewogene Wirtschaftsbeziehungen zu fördern und so die dynamische Entwicklung und den Wohlstand in der Republik Polen zu begünstigen, sowie einen geeigneten Rahmen für die schrittweise Integration der Republik Polen in die Gemeinschaft zu bieten, da die Republik Polen nach der fünfzehnten Begründungserwägung dieses Abkommens letztlich ihren Beitritt zur Gemeinschaft anstrebt.
5.
Die für das Ausgangsverfahren einschlägigen Bestimmungen des Europa-Abkommens finden sich in Titel IV ...