Rechtsbeschwerde zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsänderung: Betriebsaufspaltung mit Betriebsteil-Übergang und Betriebsteil-Inhaberwechsel
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Beurteilung, ob eine einheitliche unternehmerische Entscheidung vorliegt, die mehrere (kleinere) Personalreduzierungen umfaßt und diese zu einer Betriebseinschränkung i. S. des §111 BetrVG 1972 durch erheblichen Personalabbau zusammenzufassen geeignet ist, sind (u. a.) Typ und Art. der den jeweiligen Personalreduzierungen zugrundeliegenden unternehmerischen Maßnahmen zu berücksichtigen. Der gleiche wirtschaftliche Hintergrund, der die Personalreduzierungen letztlich veranlaßt hat, ist demgegenüber ohne eigenständige Bedeutung.
2a. Der bloße Arbeitgeber- und Betriebsinhaberwechsel (oder Betriebsteil-Inhaberwechsel) stellt für sich, auch wenn mit Veränderungen in den Vermögensverhältnissen bei dem Betrieb verbunden, keine Betriebsänderung i. S. des §111 BetrVG 1972 dar (Anschluß an BAG v. 17.2.1981 1 ABR 101/78 = AP Nr. 9 zu §111 BetrVG 1972 – unter Auseinandersetzung mit Kritik an dieser Entscheidung).
b. Die Betriebsaufspaltung als Vorgang auf der betrieblichen Ebene ist regelmäßig, auch wenn mit einer Unternehmensaufspaltung und einem Arbeitgeber- bzw. Betriebsteil-Inhaberwechsel einhergehend, eine Betriebsänderung i. S. des §111 BetrVG 1972. Die damit gegebenen Beteiligungsrechte des Betriebsrates nach den §§111, 112 BetrVG 1972 beziehen sich einheitlich auf die Arbeitnehmer und deren Arbeitsverhältnisse, die dem aufzuspaltenden oder aufgespaltenen Betrieb angehören oder angehörten.
c. §613 a BGB steht bei Betriebsaufspaltung und Betriebsteil-Übergang weder der Annahme einer Betrieb sänderung entgegen noch läßt er die Beteiligungsrechte des Betriebsrates nach den §§111, 112 BetrVG 1972 entfallen oder versagt diese, insbesondere auch, was Sozialplanregelungen angeht, bezüglich der Arbeitsverhältnisse, die gem, §613 a BGB mit dem abgespaltenen Betriebsteil auf einen neuen Betriebsinhaber und Arbeitgeber übergehen. Von seinem Regelungsbereich her vermag §613 a BGB im Rahmen der §§111, 112 BetrVG 1972 erst und nur insoweit eine Rolle zu spielen, als es darum geht, ob und welche Nachteile entstehen und eines Ausgleiches oder einer Milderung durch Sozialplanregelungen bedürfen.
3. Immanente Grenzen für Nachteilsregelungen in einem Sozialplan ergeben sich aus der Art. der Betriebsänderung. Nur die durch gerade die Betriebsänderung, die die Beteiligungsrechte des Betriebsrates nach §§111, 112 BetrVG 1972 auslöst, entstehenden Nachteile sind in einem Sozialplan zu berücksichtigen.
Normenkette
BetrVG 1972 §§ 111-112; BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 26.04.1983; Aktenzeichen 4 BV 23/83) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird – unter Zurückweisung der Beschwerde im übrigen – der Beschluß des Arbeitsgerichts Frankfurt/M. vom 26. April 1983 – 4 BV 23/82 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Es wird festgestellt, daß der Antragsgegner kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht zur Regelung eines Sozialplanes hinsichtlich der durch die Schließung der Blechschlosserei und Schweißerei in H. betroffenen Arbeitnehmer hat.
Im übrigen werden die Anträge abgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird für die Antragstellerin zugelassen.
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten im vorliegenden Beschlußverfahren um Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates gem. §§111, 112 BetrVG (1972 (im folgenden sind §§ohne Gesetzesbezeichnung immer solche des Betriebsverfassungsgesetzes 1972) auf dem Hintergrund zweier Vorgänge:
- Anfang 1982 schloß die Antragstellerin einen ausgelagerten Betriebsteil in H. in deren Folge von den 19 in diesem Betriebsteil beschäftigten Arbeitnehmern 15 in den Hauptbetrieb (Stammhaus) übernommen wurden, vier weitere Arbeitnehmer dieses Betriebsteiles und drei Arbeitnehmer des Hauptbetriebes entlassen wurden. Dieser Maßnahme war das Ausscheiden von 29 Arbeitnehmern im Jahre 1981 durch Aufhebungsverträge (Muster Bl. 17 f d.A.) vorangegangen, dem ein Interessenausgleich und Sozialplan vom 30.6.1981 (Bl. 10 ff d.A.) zugrundelag.
- Per 1.4.1982 gliederte die Antragstellerin (mit damals rd. 800 beschäftigten Arbeitnehmern) aus ihrem bisher als einheitlichen geführten Betrieb die mit Produktion, Entwicklung und Konstruktion (Bereich II) befaßten Abteilungen aus, in denen insgesamt 450 Arbeitnehmer beschäftigt waren. Diese Abteilungen wurden in eine rechtlich selbständige Gesellschaft, die Fa. K. R. S. GmbH eingebracht, die eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Antragstellerin ist. Die Abteilungenverwaltung, Vertrieb, Service (Bereich 1) mit 350 Arbeitnehmern verblieben (zunächst) bei der Antragsteller in. Hinsichtlich der Betriebsgrundstücke wurde keine Veränderung vorgenommen; die erforderlichen Betriebsanlagen- und einrichtungen der ausgegliederten Abteilungen wurden der neugegründeten Fa. K. R. S. GmbH übertragen.
In beiden Unternehmen sind im Mai ...