Rz. 5
Für den Begriff und nach der Legaldefinition der Zusicherung ist entscheidend, dass die Zusage der zuständigen Behörde gerade darauf gerichtet ist, einen bestimmten VA in Zukunft zu erlassen oder zu unterlassen. Aus dem Erfordernis der Bestimmtheit folgt, dass die Zusicherung den zugesagten VA so konkret nach Sachverhalt und Verfügungssatz bestimmen muss, dass aus ihr selbst heraus der VA ableitbar ist und durch Verpflichtungsklage geltend gemacht werden kann. Aufgrund der in Abs. 3 bestimmten Bindungswirkung ist es zwingende Voraussetzung, dass ein Verpflichtungswille der Behörde besteht.
Rz. 6
Durch die Zusicherung erfolgt eine Selbstbindung der Behörde zum Erlass oder Unterlassen dieses VA, die dementsprechend auch in der Zusage enthalten und als Verpflichtung zum Ausdruck kommen muss. Zusicherungen dürften lediglich i. S. d. Erlasses eines begünstigenden oder des Unterlassens eines belastenden VA vorkommen.
Rz. 7
Bedeutung hat die Frage des Vorliegens einer Zusicherung letztlich aber nur dann, wenn der Erlass des beabsichtigten VA im Ermessen der Behörde steht oder auf den Erlass eines begünstigenden VA nach materiellem Recht kein Anspruch bestände, so dass allein aus der Zusicherung der Anspruch auf den VA unabhängig und insbesondere auch entgegen der materiellen Rechtslage folgt.
Rz. 8
Die Frage, ob die Zusicherung selbst schon ein VA ist, ist umstritten, wird überwiegend jedoch unter dem Gesichtspunkt der Vorwegnahme einer künftigen Entscheidung bejaht (vgl. BSG, Urteil v. 25.10.1978, 1 RA 1/78, SozR 2200 § 1237 RVO Nr. 10, BSGE 56 S. 249; BSGE 61 S. 123; Engelmann, in: v. Wulffen, Kommentar SGB X, § 34 Rz. 5; Waschull, in: LPK-SGB X, § 34 Rz. 7 f; a. A. BVerwGE 97 S. 323; offen gelassen bei Marschner, in: Pickel/Marschner, SGB X, § 34 Rz. 4 im Hinblick auf die Regelung in Abs. 2). Richtigerweise wird man wohl das Vorliegen eines VA bejahen müssen, da alle Voraussetzungen des § 31 erfüllt sind. Im Hinblick auf die praktische Bedeutung scheint der Meinungsstreit nur akademischen Charakter zu haben, da nach Abs. 2 auch bei Nichtannahme des Verwaltungscharakters die (wesentlichen) Regelungen über den Verwaltungsakt anzuwenden sind.
Rz. 9
Auf eine Zusicherung besteht kein materieller Anspruch; sondern allenfalls auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (BSGE 56 S. 249; a. A. BVerwG, NVwZ 1986 S. 1011). Selbst wenn man annimmt, dass die Abgabe einer Zusicherung eine Ermessensentscheidung darstellt, besteht grundsätzlich kein Anspruch. Ein Anspruch auf eine Zusicherung liefe letztlich auf eine bindende Vorabentscheidung über einen ungewissen materiellen künftigen Anspruch hinaus. Ein solcher lässt sich nur dann aus einer Ermessensreduzierung auf null ableiten, wenn ausnahmsweise ein berechtigtes Interesse auf eine verbindliche Vorabentscheidung besteht (Pickel, BKK 1987 S. 169), weil dies ansonsten bei der Einräumung von begünstigenden Rechtspositionen gegen den Vorbehalt des Gesetzes in § 31 SGB I verstoßen würde. Hingegen ist die Ablehnung einer Zusicherung ein VA (BSGE 56 S. 249).
Rz. 10
Die Zusicherung ist abzugrenzen von dem aufschiebend bedingten VA, der schon als solcher erlassen ist, jedoch noch keine Wirkungen entfaltet. Eine Zusicherung ist auch abzugrenzen von einer Beratung und Auskunft über Rechtsfolgen, die sich darin erschöpft, auf der Grundlage des geltenden Rechts auf Rechtsansprüche oder später eintretende Rechtsfolgen oder Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen. Derartigen Auskünften und Hinweisen fehlt zumeist schon inhaltlich der Hinweis auf einen möglichen oder notwendigen VA und der Wille der Behörde, sich zu einem solchen VA zu verpflichten (zur Abgrenzung von Zusicherung und Aussicht vgl. BSG, Urteil v. 12.9.1984, 8 RK 16/84), USK 84108.
Rz. 11
Soweit das Vorliegen einer Zusicherung im Zusammenhang mit dem Inhalt und der Begründung von anderen Verwaltungsakten erörtert wird, fehlt es hierbei zumeist an einem erkennbaren Verpflichtungswillen zum Erlass eines bestimmten VA. Die Feststellung bestimmter teilbarer Elemente eines Anspruchs (Anerkennung einer Kriegs- oder Wehrdienstbeschädigung, einer Berufskrankheit oder eines Arbeitsunfalls) oder ein eigenständiges Feststellungsverfahren (Beitrags- oder Ausfallzeiten im Rahmen einer Kontenklärung in der Rentenversicherung; vgl. Steinwedel, DAngVers 85 S. 247) lassen für sich nicht den Schluss zu, dass die Behörde sich damit verpflichten will oder kann, einen bestimmten VA (z. B. über Art und Höhe einer Rente) zu erlassen. Ob Tatbestands- oder Berechnungsmerkmale als Gegenstand einer Zusage oder nach Feststellung durch VA später als Tatbestands- oder Berechnungsmerkmale einem Bescheid zugrunde gelegt werden müssen, bestimmt sich nach den materiellen Vorschriften und Bewertungs maßstäben zur Zeit des Erlasses des VA, z. B. als Rentenbescheid. Auch die Ablehnung eines Anspruchs unter Hinweis auf ein noch fehlendes Tatbestandsmerkmal kann nicht im Sinne der Zusicherung eines positiven Bescheides bei Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals angesehen w...