Verfahrensgang
ArbG Heilbronn (Urteil vom 18.04.1996; Aktenzeichen 5 Ca 386/95) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 18. April 1996 – Az.: 5 Ca 386/95 – wird auf Kosten der Berufungsführerin als unbegründet zurückgewiesen.
2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger Ansprüche auf betrieblicher Altersversorgung zustehen.
Der am … September 1938 geborene Kläger stand 34 Jahre als Angestellter in den Diensten der … Er ist aufgrund des am 26. Februar 1991 abgeschlossenen Aufhebungsvertrages zum 28. Februar 1991 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Der Aufhebungsvertrag beinhaltete, soweit vorliegend von Interesse, folgende Absprachen:
2. Aus Anlaß der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlt die … … eine Sozialabfindung gemäß § 3, Ziffer 9, Einkommensteuergesetz, §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz in Höhe von DM 90.000,– brutto, wobei Einigkeit darüber besteht, daß nur der Betrag von DM 30.000,– steuerfrei ist. Der DM 30.000,– übersteigende Betrag unterliegt dem ermäßigten Steuersatz nach §§ 24, 34 Einkommensteuergesetz (50 %). Es besteht Einigkeit darüber, daß Herr … diese Versteuerung selbst trägt.
Die Abfindung wird mit der Gehaltsabrechnung Februar 1991, spätestens jedoch am 28. Februar 1991, fällig.
3. Die heutige Abfindungszahlung kann mit Forderungen des Herrn … an die Versorgungseinrichtungen der … bis zum vollständigen Aufbrauch verrechnet werden, und zwar
- wenn Herr … vorzeitig, d. h. früher als mit 65 Jahren bzw. 63 Jahren in die Rente geht und/oder
- wenn Herr … durch Unfall in seinem weiteren Erwerbsleben vorzeitig invalidiert wird.
Aufgrund eines Bescheides der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 02. Dezember 1994 (Bl. 7/9 d. A.) erhält der Kläger seit dem 01. Juni 1993 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Mit Schreiben vom 21. August 1995 hat er bei der Beklagten eine Betriebsrente beantragt. Diesen Antrag hat die Beklagte mit Schreiben vom 13. Dezember 1995 abgelehnt. Zur Begründung ist ausgeführt worden, zwar habe der nunmehrige Kläger ab dem 01. September 1995 einen Anspruch auf eine monatliche Rente in Höhe von DM 659,–. Es werde jedoch entsprechend der Regelung im Aufhebungsvertrag die Anrechnung vorgenommen.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die rückständigen Rentenbeträge für die Monate September 1995 bis März 1996 sowie monatliche Zahlungen ab dem 01. April 1996. Er hat geltend gemacht, eine Verrechnung seiner Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung mit der Abfindung, die für den Verlust des Arbeitsplatzes gewährt worden sei, sei unzulässig.
Der Kläger hat beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 4.613,00 brutto für die Monate September 1995 bis März 1996
und
- ab dem 01.04.1996 jeweils monatlich im voraus DM 659,00 brutto jeweils mit 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag seit 06.02.1996 zu bezahlen.
Die Beklagte hat um die Abweisung der Klage gebeten und gemeint, die Vereinbarung unter Ziffer 3 des Aufhebungsvertrages sei gesetzeskonform. Auch seien Verrechnungen zwischen Betriebsrentenzahlungen und Abfindungen regelmäßig üblich.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 18. April 1996 stattgegeben. Es hat insbesondere Bezug genommen auf die Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung und ausgeführt, danach sei eine Abfindung einer Versorgungsanwartschaft ausgeschlossen.
Gegen diese am 30. April 1996 zugestellte Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer am 28. Mai 1996 beim Landesarbeitsgericht eingelegten Berufung, welche mit Ablauf der auf den fristgerechten Antrag hin verlängerten Frist zur Berufungsbegründung ausgeführt worden ist.
Die beklagte Versorgungseinrichtung macht geltend, der Aufhebungsvertrag verstoße nicht gegen das in § 17 Abs. 3 BetrAVG enthaltene Günstigkeitsprinzip. Die Rechtsprechung lasse auch regelmäßig Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu, durch welche über Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung verfügt werde. Ein Verzicht auf eine Betriebsrentenanwartschaft gegen Abfindung sei möglich, wenn das Arbeitsverhältnis andauere. Dies gelte auch dann, wenn die Anwartschaft länger als zehn Jahre bestehe. Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit müsse auch die Möglichkeit einer einverständlichen, wenn auch verschlechternden Abänderung der Versorgungszusage oder sogar ein Verzicht bestehen. Der Aufhebungsvertrag sei auf Initiative des Klägers zustande gekommen. Er habe eine sehr hohe Abfindungsforderung gestellt, die dann auf DM 90.000,– reduziert worden sei. Der Kläger beziehe seinen Lebensunterhalt aus der Forstwirtschaft.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 18. April 1996 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger bittet um die Zurückweisung der Berufung und verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung der Beklagten ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 A...