Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit. zeitliche Abfolge der Inanspruchnahme von Elternzeit und des Verlangens auf Teilzeitbeschäftigung. Einstellung einer Ersatzkraft als dringender betrieblicher Grund. Einstellung als treuwidriges Verhalten des Arbeitgebers. Normgehalt der Vier-Wochen-Frist nach § 15 Absatz 7 Satz 4 BErzzGG. Fiktion der Zustimmung. Präklusion verspätet vorgebrachter Gründe
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Verringerungsanspruch nach § 15 BErzGG kann nicht vor Beginn der Elternzeit verlangt werden.
2. § 15 Abs. 7 S. 4 BErzGG führt nicht zu einer Präklusion von Gründen, die der Arbeitgeber nicht fristgerecht in der Ablehnung mitgeteilt hat.
Normenkette
BErzGG § 15 Abs. 4-5, 7; ZPO § 253
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Aktenzeichen 28 Ca 2692/06) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 06.07.2005 – 28 Ca 2692/06 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf eine Teilzeitbeschäftigung während ihrer Elternzeit.
Die Klägerin ist auf der Grundlage des Arbeitsvertrages der Parteien vom 23.07.2001 (Blatt 6 bis 8 der ArbG-Akte) in Verbindung mit den Stellenbeschreibungen vom 05.06.2001 (Blatt 9 der ArbG-Akte) und vom 30.04.2004 (Blatt 45, 46 der ArbG-Akte) seit 08.10.2001 als Sachbearbeiterin Marketingkoordination in Vollzeit beschäftigt. Die Beklagte betreibt einen Versandhandel; sie beschäftigt regelmäßig mindestens 200 Arbeitnehmer. Die Klägerin war zuletzt in der aus sieben Personen bestehenden Abteilung Database-Marketing mit der Koordination von so genannten Mailing- und Faxaktionen beschäftigt, die sich unmittelbar an die Kunden der Beklagten richten. Dabei müssen Preise abgefragt, Preisregeln geprüft, Entscheidungen der Geschäftsführung eingeholt und gegebenenfalls ein Werbefax beim Dienstleister freigegeben werden. Sie ist zentrale Ansprechpartnerin für die Werbeabteilung, den Zentraleinkauf und die Druckereien. Mitunter fallen auch situationsabhängige Werbekampagnen an, so zum Beispiel das Angebot von Ventilatoren bei schönem Wetter. Diese Aktionen müssen dann zeitnah bearbeitet werden. Im Fall ihrer Urlaubsnahme bereitet die Klägerin die in dieser Zeit durchgeführten Aktionen vor.
Die Klägerin unterrichtete die Beklagte im Sommer 2004 über ihre Schwangerschaft. Im August 2004 teilte sie der Beklagten ihre Absicht mit, Elternzeit in Anspruch zu nehmen und während der Elternzeit in Teilzeit zu arbeiten. Obgleich die Beklagte mehrfach nachfragte, legte sich die Klägerin hinsichtlich des Beginns ihrer gewünschten Teilzeitbeschäftigung und des zeitlichen Umfanges noch nicht fest. Die Beklagte stellte am 06.10.2004 mit Wirkung ab 01.11.2004 eine Ersatzkraft für die Klägerin unbefristet und in Vollzeit ein, um dieser noch während der Anwesenheit der Klägerin eine Einarbeitung in den komplexen Aufgabenbereich zu ermöglichen.
Mit am 26.10.2004 zugegangenem Schreiben vom 25.10.2004 (Blatt 11 der ArbG-Akte) wandte sich die Klägerin an die Beklagte unter dem Betreff:
„Antrag auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit (§ 15 Absatz 5 und 7 BErzGG)
Sehr geehrte Frau E.,
wie bereits im August im Rahmen zweier Gespräche mit Ihnen bzw. Ihnen und Herrn W. angedeutet, kommt für mich eine Teilzeitbeschäftigung (gerne auch als Telearbeit) während der Elternzeit in Frage.
Obwohl die gesetzliche Regelung die Antragstellung erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt vorsieht, möchte ich Sie schon jetzt darüber informieren, dass ich gerne während der Elternzeit eine Teilzeitbeschäftigung ausüben würde.
Diese soll am 01.03.2006 beginnen und 15 h pro Woche, verteilt auf zwei Arbeitstage in S. (sofern keine Telearbeitsmöglichkeit besteht), betragen. An welchen Wochentagen die Tätigkeit ausgeübt wird, wäre dann zusammen mit Ihnen noch festzulegen. Ferner kann ich mir eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit im weiteren Verlauf der Elternzeit vorstellen.
Den entsprechenden Antrag auf Elternzeit werde ich Ihnen fristgerecht zu einem späteren Zeitpunkt nachreichen.
Für Rückfragen oder zur Klärung weiterer Einzelheiten stehe ich Ihnen selbstverständlich zur Verfügung.
Für Ihre Bemühungen danke ich Ihnen bereits im Voraus und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Unterschrift”
Mit Schreiben vom 10.01.2005 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie ab der Geburt ihres Kindes (00.00.2005) für die Dauer von zwei Jahren Elternzeit in Anspruch nehmen werde.
Von November 2004 bis Oktober 2005 führte die Klägerin mehrere Gespräche mit ihren Vorgesetzten wegen der beabsichtigten Teilzeitbeschäftigung. Am 07.12.2005 und nachfolgend mit Schreiben vom 15.12.2005 (Blatt 14, 15 der ArbG-Akte) teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie könne ihrem Antrag vom 25.10.2004 nicht entsprechen, weil sie bereits zuvor eine Ersatzkraft in Vollzeit eingestellt habe. Diese und auch andere Mitarbeiter seien nicht bereit, ihre ...