Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterzeichnung eines Zeugnisses eines Gesamtprokuristen durch einen Einzelprokurist
Leitsatz (amtlich)
1. Es versteht sich in einer arbeitsteiligen Organisation von selbst, daß der Arbeitgeber die Verpflichtung zur Zeugnisausstellung auch durch andere Betriebsangehörige wahrnehmen lassen kann. Der Unterzeichner des Zeugnisses muß auf jeden Fall in der betrieblichen Hierarchie über dem Zeugnisinhaber stehen, so daß die Erstellung durch einen lediglich betriebsintern ranghöheren Prokuristen für einen anderen Prokuristen unzureichend ist (im Anschluß an BAG, Urt. v. 16.11.1995 – 8 AZR 983/94, EzA § 630 BGB Nr. 20). Unterstand ein Arbeitnehmer unmittelbar der Geschäftsführung und war ihm Prokura erteilt worden, so muß das Zeugnis in aller Regel zumindest auch von einem vertretungsberechtigten Geschäftsführer (mit) unterschrieben werden.
2. Setzt sich allerdings die Geschäftsleitung eines Unternehmens nicht nur zusammen aus mehreren Geschäftsführern, sondern aus Geschäftsführern und Einzelprokuristen, so kann ein Einzelprokurist den ihm nachgeordneten Abteilungsleitern, die im Rang von Gesamtprokuristen stehen und nur zusammen mit einem anderen (Gesamt-)Prokuristen handeln dürfen, rechtswirksam Arbeitszeugnisse ausstellen. Ein Einzelprokurist, der Mitglied der Geschäftsleitung eines Unternehmens ist, ist zur Einstellung und Entlassung i.S.d. § 14 Abs. 2 KSchG und § 5 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG auch der Gesamtprokuristen befugt und steht damit in der betrieblichen Hierarchie über diesen.
Normenkette
HGB § 73; BGB § 362
Verfahrensgang
ArbG Herford (Entscheidung vom 04.03.1999; Aktenzeichen 1 Ca 905/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Herford vom 04.03.1999 (1 Ca 905/98) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 13.500,00 DM = 6.902,44 [khgr] festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Frage der ordnungsmäßigen Zeugniserteilung durch Unterzeichnung eines Zeugnisses eines Gesamtprokuristen durch einen Einzelprokurist.
Die Beklagte ist ein in der Rechtsform der GmbH & Co. KG betriebenes Unternehmen der Befestigungs- und Beschlagtechnik.
Der Kläger trat am 01.07.1981 in die Dienste der Beklagten. Er war als Gesamtprokurist für Teilbereiche des Ressorts Einkauf- und Verkauf und ab 1987 auch für das Personalwesen zuständig und direkt der Geschäftsleitung unterstellt. Ausweislich der Eintragung vom 21.01.1994 im Handelsregister HRA 2081 des Amtsgerichts Herford war der Kläger als Gesamtprokurist jeweils gemeinsam mit einem persönlich haftenden Gesellschafter oder einem Prokuristen vertretungsberechtigt. Seine Gesamtprokura war auf die Hauptniederlassung der Kommanditgesellschaft beschränkt (HRA 2081 AG Herford).
Die Geschäftsleitung bestand seinerzeit ausweislich des vorgelegten Organigramms mit dem Stand 01.01.1994 aus dem Geschäftsführer Heinrich D……………… und dem (damaligen) Gesamtprokuristen G…… F…………… Am 24.03. 1995 wurde als weiterer Gesamtprokurist H……-W……… P……… der Kommanditgesellschaft eingetragen (HRA 2081 AG Herford), der ausweislich des Organigramms vom 02.04.1995 auf der gleichen hierarchischen Ebene wie der Kläger stand und für Organisation und Datenverarbeitung zuständig war. Am 07.10.1997 wurde der bisherige Gesamtprokurist G…… F…………… zum einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer der K………………-GmbH bestellt und eingetragen (HRB 2694 AG Herford). Nach dem Organigramm vom 02.01.1998 wurde der bisherige Gesamtprokurist H……-W…… P……… als Einzelprokurist in die Geschäftsleitung aufgenommen. Seine Eintragung als Einzelprokurist erfolgte im Handelsregister am 11.09.1998 (HRA 2081 AG Herford). Das Erlöschen der Gesamtprokura des Klägers wurde am 28.04.1998 in das Handelsregister eingetragen (HRA 2081 AG Herford).
Am 31.03.1998 schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag, welcher vom Kläger persönlich und auf Seiten der Beklagten von dem Prokuristen P……… unterzeichnet worden ist. Nach diesem Aufhebungsvertrag wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien einvernehmlich zum 30.06.1998 beendet, der Kläger ab dem 26.03.1998 unter Verrechnung mit seinen Urlaubsansprüchen bis zum Kündigungstermin von der Arbeit freigestellt, die Prokura mit Wirkung vom 31.03.1998 widerrufen und dem Kläger eine Abfindung in Höhe von 230 TDM zuerkannt. Hinsichtlich des Arbeitszeugnisses enthält der Aufhebungsvertrag folgende Klausel:
6.
Herr H………………… erhält das als Anlage zu dieser Vereinbarung beigefügte Zwischenzeugnis. Dieses wird ihm am 31.03.1998 Zug um Zug gegen Herausgabe der in Ziffer 3 Abs. 2 genannten Gegenstände und Unterlagen und gegen Unterzeichnung der gewünschten Erklärung übergeben.
Am 30.06.1998 erhält Herr H………………… ein mit dem Zwischenzeugnis übereinstimmendes Zeugnis als Endzeugnis gefaßt, dessen Schlußformel lauten wird:
„Das Anstellungsverhältnis mit Herrn H………………… wurde im gegenseitigen Einvernehmen zum 30.06.1998 beendet. Wir da...