Leitsatz (amtlich)
Die Aufstockung der Arbeitszeit von halbtags auf ganztags ist als Einstellung anzusehen und damit mitbestimmungspflichtig i. S. v. § 99 BetrVG.
Normenkette
BetrVG § 99
Verfahrensgang
ArbG Emden (Entscheidung vom 28.10.1999; Aktenzeichen 2 BV 9/99) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Emden vom 28.10.1999, 2 BV 9/99, teilweise abgeändert:
Den Arbeitgebern wird aufgegeben, die Mitarbeiterin … ab sofort im zeitlich gleichen Umfang wie bis zum 30.09.1999 halbtags zu beschäftigen.
Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird für die Arbeitgeber zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Heraufsetzung der Arbeitszeit einer Teilzeitkraft der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt.
Der Beteiligte zu 1) ist der bei dem von den Beteiligten zu 2) und 3) betriebenen Zentrallaboratorium gebildete Betriebsrat. In dem Betrieb werden ca. 45 Mitarbeiter beschäftigt.
Am 24. September 1999 unterrichteten die Beteiligten zu 2) und 3) den Betriebsrat, dass die Mitarbeiterin … die bis dahin als Halbtagskraft beschäftigt war, mit Wirkung vom 01. Oktober 1999 eine Ganztagsbeschäftigung aufnehme. Die entsprechende Vereinbarung mit der Mitarbeiterin … war bereits im Mai 1999 getroffen worden.
Mit Schreiben vom 30. September 1999 (Bl. 5 d.A.) teilte der Betriebsrat mit, dass der personellen Einzelmaßnahme nicht zugestimmt werde.
Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits Gespräche zwischen den Beteiligten stattgefunden über eine geplante Personalreduzierung. Gesprächsgegenstand war auch die Frage, inwieweit Teilzeitstellen abgebaut oder in Vollzeitstellen umgewandelt werden können. Nach dem 01. November 1999 wurden Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan geführt, die ergebnislos abgebrochen wurden.
Mit seinem am 11. Oktober 1999 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Antrag begehrt der Betriebsrat die Aufhebung der personellen Einzelmaßnahme mit dem Ziel, dass die Mitarbeiterin … auch weiterhin lediglich halbtags zu beschäftigen sei.
Das Arbeitsgericht hat durch einen dem Betriebsrat am 08. November 1999 zugestellten Beschluss vom 28. Oktober 1999, auf dessen Inhalt zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und dessen Würdigung durch das Arbeitsgericht Bezug genommen wird (Bl. 11-15 d. A.), den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, bei der Änderung des Arbeitsvertrages mit der Mitarbeiterin … handele es sich nicht um eine personelle Einzelmaßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG. In Betracht komme allein eine Versetzung. Eine Versetzung liege jedoch nicht vor, da es bei der Änderung des Arbeitsvertrages lediglich um eine Verlängerung der Arbeitszeit der Mitarbeiterin … gehe, die auf die übrigen Tätigkeiten der Mitarbeiter keinen Einfluss habe. Da dem räumlich und funktional bestimmten Begriff Arbeitsbereich kein zeitlicher Aspekt innewohne, seien bloße Änderungen der Arbeitszeit in der Regel unbeachtlich. Es sei nicht ersichtlich, dass sich die übrige Tätigkeit der Mitarbeiterin … durch die Verlängerung der Arbeitszeit wesentlich verändert habe.
Hiergegen richtet sich die am 07. Dezember 1999 eingelegte und am 06. Januar 2000 begründete Beschwerde des Betriebsrats.
Der Betriebsrat ist der Auffassung, ihm stehe ein Mitbestimmungsrecht zu. Offensichtlich seien im Betrieb der Arbeitgeberin freie Kapazitäten vorhanden gewesen, die ebenso gut mit der Einstellung einer weiteren Halbtagskraft hätten gefüllt werden können. Denkbar wäre auch gewesen, einer anderen im Betrieb beschäftigten Mitarbeiterin eine entsprechende Vertragsänderung anzubieten. Die Arbeitszeit hätte mithin unter den vorhandenen Mitarbeitern neu aufgeteilt oder aber die freie Arbeitszeit durch neu einzustellende Mitarbeiter besetzt werden müssen.
Nach Sinn und Zweck des § 99 BetrVG bestehe immer ein Mitbestimmungsrecht, wenn durch eine personelle Maßnahme der Gesamtbetrieb und auch die anderen Mitarbeiter zumindest indirekt betroffen seien. Der Schutzgedanke wäre verletzt, wenn der Betriebsrat im konkreten Fall kein Mitbestimmungsrecht habe. Die von der Arbeitgeberin beabsichtigte und schließlich auch durchgeführte Freisetzung aller Halbtagskräfte werde durch die im Streit stehende Maßnahme zum Nachteil einer bereits beschäftigten Halbtagskraft umgangen. Die Änderung des Arbeitsvertrages mit der Mitarbeiterin müsse sich deshalb unter den Begriff der „Einstellung” subsumieren lassen.
Der Betriebsrat beantragt,
- den Beschluss des Arbeitsgerichts Emden vom 28. Oktober 1999 aufzuheben und den Antragsgegnern aufzugeben, die Mitarbeiterin Frau … ab sofort, wie bis zum 30.09.1999, halbtags zu beschäftigen;
- sowie für den Fall der antragsgemäßen rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung für den Fall, dass der Arbeitgeber der Aufforderung nicht nachkommt, ein Zwangsgeld gegen den Arbeitgeber, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, festzusetzen.
Die Arbeitgeberin hat den Antrag angekündigt,
die Bes...