Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit eines Prozeßvergleichs; Annahmeverzug - Leistungsverweigerungsrecht. Arbeitszeitregelung;. Entfernung von Abmahnungen aus Personalakten;. Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB
Leitsatz (amtlich)
1. Trotz Weigerung des Arbeitnehmers, rechtmäßigen Festlegungen der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber Folge zu leisten, kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes nach § 273 BGB an der eigenen Arbeitsleistung in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber diese Weigerung zum Anlass für nicht gerechtfertigte Sanktionen nimmt.
2. Das Zurückbehaltungsrecht wird jedoch durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beschränkt. Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes ist nur dann erforderlich, wenn der Versuch des Arbeitnehmers zur Beilegung der Auseinandersetzung durch Korrektur des eigenen Verhaltens ergebnislos geblieben ist.
Verfahrensgang
ArbG Göttingen (Entscheidung vom 21.07.1999; Aktenzeichen 3 Ca 5/99) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 21.07.1999 – AZ 3 Ca 5/99 – wird insoweit zurückgewiesen, als
das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hat in Bezug auf
- die geltend gemachte Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche wegen behaupteter Mobbinghandlungen (Anträge der Klägerin zu 9 – 11)
- geltend gemachte Ansprüche aus Annahmeverzug in Höhe von DM 9.620,– brutto abzüglich gezahlter DM 287,18 sowie auf Erteilung von Gehaltsabrechnungen für die Monate März bis Juni 1999 (Anträge der Klägerin zu 12 – 15, 18, 20 – 22)
- die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung der Beklagten vom 16.04.1999 (Antrag der Klägerin zu 16.),
- die Klägerin Annahmeverzugslohn in Höhe von DM 17.360 brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von DM 7.813,59 und Erteilung von Gehaltsabrechnungen für die Monate August, September, Oktober, Dezember 1999 und Januar und Februar 2000 begehrt (Anträge der Klägerin zu 23 – 28, zu 29 in Höhe des Grundgehaltes von DM 2.480,– brutto und zu 31 – 36),
- die Klägerin Erledigungsfeststellung nach Erteilung des Zeugnisses begehrt (Antrag der Klägerin zu 17.).
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Prozessvergleiches, die Handhabung von Arbeitszeitregelungen und die Entfernung mehrerer Abmahnungen aus den Personalakten der Klägerin. Die Klägerin führt Zahlungsklage aus dem Gesichtspunkt der Annahmeverzuges nach Geltendmachung eines Leistungsverweigerungsrechtes und verfolgt Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche wegen der Verletzung von Fürsorgepflichten. Schließlich begehrt sie Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung.
Die am … geborene Klägerin ist seit dem 1.10.1973 für die Beklagte als Verkäuferin … in Göttingen tätig. Die Beklagte betreibt bundesweit einige Hundert vergleichbare Verkaufsstätten im Rahmen einer Filialkette. Es besteht ein Betriebsrat.
Von 1974 bis 1979 leitete die seinerzeit vollzeitbeschäftigte Klägerin das Seit 1979 ist sie aus familiären Gründen teilzeitbeschäftigt. Die Beklagte vereinbart mit Teilzeitkräften den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung nach Quartals- bzw. Jahresstunden. Nach der letzten Vertragsänderung vom 25.04.1991 beträgt das Jahresstundenvolumen der Klägerin seit dem 01.06.1991 1400 Stunden bei einer Bruttomonatsvergütung von ca. DM 2400,–. In einem Begleitschreiben der Beklagten zu dieser Vertragsänderung heißt es:
„Mit Wirkung vom 1.6.1991 beträgt ihre Arbeitszeit 1400 Stunden im Jahr. Der Arbeitseinsatz ist variabel und wird zwischen Ihnen und Ihrem Vorgesetzten direkt abgestimmt….”
Über die Arbeitszeitregelung in der Filialkette verhält sich die „Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeitregelung in der Filialkette vom 18.11.1993”. Danach werden Teilzeitkräfte wegen der stark unterschiedlichen Auslastungen der Filialen generell nur auf Quartals- bzw. Jahresstundebasis unter Vertrag genommen.
Der Zeitübertrag wird bei Teilzeitkräften mit Jahresstunden wie folgt geregelt:
„Teilzeitkräfte mit Jahresstunden können bis zu 10% ihrer Jahresvertragsstunden als Minder- oder Mehrstunden monatlich vortragen, darüber hinausgehende Minusstunden verfallen bzw. angewiesene Mehrarbeitsstunden kommen zur Auszahlung oder können auf Wunsch des Arbeitnehmers ggflls. incl. der tariflichen Zuschläge in Freizeit abgegolten werden”.
Der Arbeitszeitausgleich ist wie folgt geregelt:
„Beim Vor- oder Nacharbeiten von Plus-/Minusstunden darf die tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit max. 50% über der rechnerischen Wochenarbeitszeit liegen. Größere Abweichungen sind in beiderseitigem Einvernehmen in begründeten Ausnahmefällen möglich.”
Die Arbeitszeit der Klägerin wird festgelegt durch monatliche Einsatzpläne, die im Vormonat erstellt werden. Eine Vorlage der Einsatzpläne –auch aus den anderen Verkaufsstätten der Filialkette– an den Betriebsrat erfolgt nach Absprache mit dem Betriebsrat nicht. Bis 1997 war die Klägerin überwiegend halbtags mit einer Arbeitszeit von 4,5 Stunden tä...