Leitsatz (amtlich)
Mit dem BAG (Urteile vom 20.03.1991, 4 AZR 455/90 und vom 04.09.1996, 4 AZR 135/95) sind bei Verbandswechsel des Arbeitgebers Fälle der Tarifpluralität im Betrieb nach den Grundsätzen der Tarifkonkurrenz zu lösen. Das bedeutet, dass nach dem Spezialitätsprinzip der speziellere Tarifvertrag zugunsten der Tarifeinheit im Betrieb zur Anwendung kommt. Dies gilt unabhängig davon, ob der verdrängte Tarifvertrag kraft einzelvertraglicher Vereinbarung oder kraft Tarifgebundenheit gilt.
Parallelverfahren: 2 Sa 2289/99, 2 Sa 539/00, 2 Sa 561/00
Normenkette
TVG
Verfahrensgang
ArbG Osnabrück (Entscheidung vom 21.09.1999; Aktenzeichen 3 Ca 243/99) |
Tenor
Auf die Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 21.9.1999 -3 Ca 243/99 abgeändert.
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu je 1/12.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen von Feststellungsklagen darüber, welche Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis der Kläger zur Anwendung kommen.
Die Kläger wurden bei der Beklagten als gewerblicher Arbeitnehmer auf der Grundlage schriftlicher Formulararbeitsverträge beschäftigt.
§ 3 dieser Arbeitsverträge lautet:
Die wöchentliche Arbeitszeit richtet sich nach dem Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie…
§ 4 der Arbeitsverträge lautet:
Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit den tariflichen Stundenlohn der Lohngruppe …, (ggf. zuzüglich einer übertariflichen Zulage)…
§ 9 der Arbeitsverträge lautet:
Der Arbeitnehmer erhält einen jährlichen Erholungsurlaub nach den tariflichen und sonstigen gesetzlichen Bestimmungen…
§ 10 der Arbeitsverträge lautet:
Hinsichtlich der Arbeitsverhinderung sowie Krankheit und Heilverfahren gelten die tariflichen und gesetzlichen Bestimmungen.
§ 11 der Arbeitsverträge lautet:
Für das Arbeitsverhältnis finden im übrigen die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in der jeweils gültigen Fassung Anwendung…
Die Beklagte war ursprünglich Mitglied im Verband der Druckindustrie Niedersachsen e. V. Hannover (im folgenden vdn). Sie wandte auf alle Arbeitsverhältnisse in ihrem Betrieb die entsprechenden Tarifverträge für die Druckindustrie an.
Zu Beginn des Jahres 1999 trat die Beklagte aus dem vdn aus und wurde Mitglied im Verband Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitende Industrie (im folgenden VPK Nord). Sowohl die Tarifverträge der Druckindustrie wie die des Bereichs VPK wurden auf Arbeitnehmerseite von der IG Medien abgeschlossen.
Nach dem Verbandswechsel der Beklagten wurde am 08.02.1999 ein Überleitungstarifvertrag (im folgenden ÜTV) zwischen der IG Medien, dem vdn und dem VPK Nord für die Beklagte abgeschlossen. Der ÜTV trat am 01.04.1999 in Kraft. Der ÜTV gilt gem. § 1 ÜTV für alle Beschäftigten, das heißt alle Arbeitnehmerinnen und Arbeiter sowie die Auszubildenden der Firma, die am 31. Dezember 1998 mindestens 1 Jahr bei der Firma im unbefristeten Arbeitsverhältnis standen. Gem. § 2 Abs. 1 ÜTV gelten ab 01. April 1999 für alle Beschäftigten die Tarifverträge der Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie Niedersachsens in der jeweils gültigen Fassung (im folgenden TV Papier). § 3 des ÜTV regelt, dass die Beschäftigten, die vor dem 1. Januar 1999 in den Betrieb eingetreten sind zum Ausgleich der sich ergebenden Lohn- und Gehaltsdifferenz eine Überleitungszulage (ÜZ) erhalten. Gem. § 5 ÜTV wird diese Überleitungszulage innerhalb von 10 Jahren abgebaut und mit Tariflohnerhöhungen verrechnet. Wegen der weiteren Einzelheiten des ÜTV wird auf diesen verwiesen (Bl. 242 ff. d. A.). Die Überleitungszulagen betrugen für die Kläger jeweils 4,21 DM pro Stunde.
Ab 01.04.1999 wickelt die Beklagte im übrigen die Arbeitsverhältnisse der Klägers auf der Grundlage des TV Papier ab.
Die Kläger zu 1, 2, 4, 5, 8, 9, 10, 12 und 13 sind keine Gewerkschaftsmitglieder.
Die Kläger zu 3, 6 und 11 waren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ÜTV Mitglieder der IG Medien.
Die Kläger haben die Auffassung vertreten, auf ihre Arbeitsverhältnisse fänden nach wie vor die Tarifverträge der Druckindustrie Anwendung. Die Beklagte könne sich nicht durch den Austritt aus dem vdn aus der Tarifgeltung befreien. Die Geltung der Tarifverträge der Druckindustrie sei konstitutiv im Arbeitsvertrag vereinbart.
Die Kläger haben beantragt,
festzustellen, dass für das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weiterhin Anwendung finden die Bestimmungen des ursprünglichen Tarifvertrages der Parteien und die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in der jeweils gültigen Fassung,
hilfsweise
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern Vergütung nach der Vergütungsgruppe VII des Tarifvertrages der Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie in der ab 31.03.1999 geltenden Fassung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auf...