Entscheidungsstichwort (Thema)
Tariflicher Anspruch einer Bankkauffrau auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Auslegung des Klageantrags der Auszubildenden auf "Weiterbeschäftigung" in der Berufungsinstanz
Leitsatz (redaktionell)
1. Erstrebt die Klägerin als Auszubildende ihre Weiterbeschäftigung "über den 23. Januar 2014 hinaus" als Bankkauffrau, wird daraus deutlich, dass es ihr letztlich um die Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ab diesem Zeitpunkt geht und das Rechtsschutzziel nach der Begründung ihrer Klage eindeutig darauf gerichtet ist, dass sie von der Beklagten nach Maßgabe der tariflichen Regelung des § 16a TVAöD-AT in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen wird.
2. Bei eindeutig feststehendem Prozessziel ist es ohne Belang, dass der Klageantrag dem Wortlaut nach auf tatsächliche Weiterbeschäftigung und nicht auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages durch Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung gerichtet ist; der Antrag der Klägerin ist daher (entgegen dem Wortlaut) nicht als Weiterbeschäftigungsantrag sondern als Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Annahme ihres Angebots auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages als Bankkauffrau ab dem 24. Januar 2014 auszulegen.
3. Hat die Klägerin im Termin ihre Klage nicht im Sinne der §§ 533, 263 ZPO geändert sondern lediglich klargestellt, dass ihr Klagebegehren gemäß der Klagebegründung im Sinne eines Antrags auf Abgabe der zur Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses erforderlichen Willenserklärung auszulegen ist, ist eine solche Konkretisierung des in erster Instanz gestellten Klageantrags zulässig, ohne dass es hierzu einer Anschlussberufung bedarf, weil hierdurch das Rechtsschutzziel weder erweitert noch geändert wird.
4. Ist die befristete Einstellung der Auszubildenden im Anschluss an ihr Ausbildungsverhältnis für die Dauer von zwölf Monaten nach dem Arbeitsvertrag "außerhalb von § 16a TVAöD-AT" erfolgt, kann damit die zwischen den beiderseits tarifgebundenen Parteien unmittelbar und zwingend geltende tarifliche Regelung (§§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG) nicht zuungunsten der Auszubildenden abbedungen werden (§ 4 Abs. 3 TVG); maßgeblich ist allein, dass objektiv die tariflichen Voraussetzungen für die Übernahme der Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis für die Dauer von zwölf Monaten nach § 16a Satz 1 TVAöD-AT vorliegen.
5. Das Erfordernis der Bewährung gemäß § 16a Satz 2 TVAöD-AT ist erfüllt, wenn die Angestellte während der vorgeschriebenen Bewährungszeit sich den in der ihr übertragenen Tätigkeit auftretenden Anforderungen gewachsen gezeigt hat; dazu muss die Angestellte keine herausragenden Leistungen erbringen, es genügt eine qualitative und quantitative Normalleistung, die nach den herkömmlichen Beurteilungssystemen mit "genügt den Anforderungen" zu bewerten wäre.
Normenkette
TVAöD AT § 16a; TVG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, 3; TVAöD AT § 16a S. 1; TVAöD AT § 16a S. 2; TVAöD AT § 16a S. 3; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 28.05.2014; Aktenzeichen 2 Ca 186/14) |
Tenor
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 28.05.2014 - 2 Ca 186/14 - wird kostenpflichtig mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. 1 des Tenors des vorbezeichneten Urteils wie folgt gefasst wird:
Die Beklagte wird verurteilt, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags als Bankkauffrau ab dem 24.01.2014 anzunehmen.
II.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Die Klägerin begann am 01. August 2010 bei der Beklagten ihre Ausbildung zur Bankkauffrau und bestand am 23. Januar 2013 die Abschlussprüfung mit dem Gesamtergebnis "ausreichend" (60 Punkte).
Kraft beiderseitiger Tarifbindung fand der TVAöD-AT Anwendung, der in § 16a folgende Regelung enthält:
§ 16a Übernahme von Auszubildenden
Auszubildende werden nach erfolgreich bestandener Abschlussprüfung bei dienstlichem bzw. betrieblichem Bedarf im unmittelbaren Anschluss an das Ausbildungsverhältnis für die Dauer von 12 Monaten in ein Arbeitsverhältnis übernommen, sofern nicht im Einzelfall personenbedingte, verhaltensbedingte, betriebsbedingte oder gesetzliche Gründe entgegenstehen. Im Anschluss daran werden diese Beschäftigten bei entsprechender Bewährung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Der dienstliche bzw. betriebliche Bedarf muss zum Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung nach Satz 1 vorliegen und setzt zudem eine freie und besetzbare Stelle bzw. einen freien und zu besetzenden Arbeitsplatz voraus, die/der eine ausbildungsadäquate Beschäftigung auf Dauer ermöglicht. Bei einer Auswahlentscheidung sind die Ergebnisse der Abschlussprüfung und die persönliche Eignung zu berücksichtigen. Bestehende Mitbestimmungsrechte bleiben unberührt.
Protokollerklärung zu § 16a:
Besteht kein dienstlicher bzw. betrieblicher ...