Leitsatz (amtlich)

Beginn des Laufs einer an die erste Frist anknüpfenden zweiten Ausschlussfrist bei einer zweistufigen Verfallsklausel (hier § 16 Abs. 2 BRTV)

Soweit der Beginn der zweiten Stufe auf eine Ablehnung bzw. Überlegungsfrist der Gegenpartei abstellt, beginnt der Lauf der an die erste Frist anknüpfenden zweiten Ausschlussfrist für die gerichtliche Geltendmachung mit der Ablehnung oder dem Ablauf der Überlegungsfrist auch für noch nicht fällige Ansprüche, wenn Grund und Umfang des Anspruchs zu diesem Zeitpunkt feststehen.

Revision zugelassen

 

Verfahrensgang

ArbG Erfurt (Urteil vom 22.02.2000; Aktenzeichen 8 Ca 2300/99)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 26.09.2001; Aktenzeichen 5 AZR 699/00)

 

Tenor

Das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 22.02.2000 – Az.: 8 Ca 2300/99 – wird abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Bezahlung von 68,5 sogenannten Ansparstunden hat.

Der Kläger war bei der Beklagten seit 12.03.1997 als Baumaschinist beschäftigt. Er verdiente 21,05 DM brutto pro Stunde.

Zwischen den Parteien existiert gem. § 3 Ziff. 1.4 des allgemeinverbindlichen Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV-Bau) eine Vereinbarung über die betriebliche Arbeitszeitverteilung in einem zwölfmonatigen Ausgleichszeitraum. Die Beklagte hat dementsprechend ein Ausgleichskonto geführt. Nach dieser Vereinbarung war die Auszahlung des Guthabens, das nicht mehr durch arbeitsfreie Tage innerhalb des Ausgleichszeitraums ausgeglichen werden kann, mit der Lohnzahlung für April am 15.05. des jeweiligen Kalenderjahres zur Auszahlung fällig.

In dem Zeitraum vom 15.02.1999 bis zum 23.02.1999 war der Kläger arbeitsunfähig krank. Mit Schreiben vom 08.03.1999 teilte die Beklagte dem Kläger folgendes mit:

Sehr geehrter Mitarbeiter,

im Rahmen der Lohnabrechnung Februar 1999 erfolgte hinsichtlich der Ansparstunden bei einigen Mitarbeitern eine Korrektur.

Diese Korrektur ergibt sich aus der Anrechnung von Ansparstunden bei krankheitsbedingter Abwesenheit und witterungsbedingtem Arbeitsausfall im Schlechtwetterzeitraum.

Das heißt, daß bei Mitarbeitern, die krankgeschrieben waren und gleichzeitig auf den Baustellen aufgrund ungünstiger Witterung nicht gearbeitet werden konnte, für diesen Zeitraum das Ansparstundenkonto belastet wurde.

Somit erfolgt eine Gleichstellung erkrankter und gesunder Mitarbeiter bei Zusammentreffen von krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit und witterungsbedingtem Arbeitsausfall.

Gesetzliche Grundlage bilden hierfür § 4, Nr. 5.1 BRTV, § 211 Abs. 3SGB III sowie § 3 Nr. 1.4 BRTV.

Ausweislich der Lohnabrechnung für den Monat Februar 1999 (Bl. 6 d. A.) hat die Beklagte 68,5 Arbeitsstunden aus dem Arbeitszeitguthaben des Klägers zur Bezahlung des Krankheitszeitraums im Februar 1999 verwendet.

Mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 19.03.1999 wandte sich der Kläger daraufhin an die Beklagte. In dem Schreiben heißt es u. a.:

Wie Sie wissen, war unser Mandant im Februar 1999 vorübergehend arbeitsunfähig krank. …

Unter dem 08.03.1999 erhielt unser Mandant Ihre Hausmitteilung 8/1999, „Erläuterung zur Lohnabrechnung 02/1999”.

Darin erklären Sie, daß es im Rahmen der Lohnabrechnung für Februar 1999 eine Korrektur hinsichtlich der Anspruchsstunden gäbe. Sie kündigen in Ihrem Schreiben an, daß … für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit Ansparstunden unseres Mandanten verrechnet werden würden. Dies bedeutet, daß unser Mandant mit der Lohnabrechnung für April 1999 einen entsprechend niedrigeren Betrag für Ansparstunden erhält, da Sie die Ansparstunden auf die krankheitsbedingten Ausfallzeiten anrechnen. Wir machen Sie darauf aufmerksam, daß diese Vorgehensweise nicht zulässig ist. Insbesondere ist diese Vorgehensweise nicht durch die von Ihnen zitierte Regelung im BRTV bzw. im SGB III gedeckt.

Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wird ausschließlich im Entgeltfortzahlungsgesetz geregelt.

Wir fordern Sie deswegen schon jetzt auf, das Arbeitsentgelt unseres Mandanten, insbesondere im Hinblick auf die Ansparstunden ordnungsgemäß abzurechnen und den sich ergebenden vollen Betrag für die Ansparstunden in der Vergangenheit mit dem Gehalt für April 1999 zur Auszahlung zu bringen.

Sollten diese Aufforderung nicht nachkommen, weisen wir schon jetzt darauf hin, daß wir die Ansprüche unseres Mandanten im Klagewege geltend machen werden. …”

Die Beklagte äußerte sich hierzu mit Schreiben vom 06.04.1999, das folgenden Wortlaut hat:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Hinsichtlich der Ansparstunden dürfen wir darauf hinweisen, daß unsere Mandantin lediglich dann eine Verrechnung vorgenommen hat, wenn Ihr Mandant gleichzeitig, d. h. nicht ausschließlich bei Krankheit, sondern gleichzeitig witterungsbedingt nicht hätte beschäftigt werden können.

Lohnersatzleistungen bei Krankheit sollen einen Mitarbeiter immer so stellen, wie er gestanden hätte, wenn er während der gleichen Zeit im Unternehmen beschäftigt...

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