Grundsätzlich ist der Betriebsübergang keine Betriebsänderung i. S. d. §§ 111 ff. BetrVG (auch keine Betriebsstilllegung durch den alten Arbeitgeber), da der Erwerber in die im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse eintritt (§ 613a BGB).[1] Führt aber der Veräußerer oder Erwerber vor oder nach Betriebsübergang Rationalisierungsmaßnahmen oder sonstige grundlegende Organisationsänderungen durch und wird dabei eine erhebliche Zahl von Arbeitnehmern abgebaut, oder wird eine erhebliche räumliche Verlegung vorgenommen und der Betrieb an einem neuen Ort mit einer im Wesentlichen neuen Belegschaft fortgeführt und die alte Betriebsgemeinschaft tatsächlich und rechtsbeständig aufgelöst, liegt eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG vor.[2]

Die Anwendbarkeit der §§ 111 ff. BetrVG wird nicht durch § 613a BGB ausgeschlossen.[3] Erfolgen im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung Maßnahmen, die den Betriebszweck und/oder die Organisation des ursprünglichen Betriebs ändern und deshalb eine Betriebsänderung i. S. d. § 111 (2) Nr. 4 BetrVG darstellen, muss deshalb auch § 111 BetrVG mitbeachtet werden.[4]

Die gleichen Grundsätze gelten auch bei der Verpachtung eines Betriebs, da auch darin eine Betriebsveräußerung liegt.[5] Die Verpachtung eines Betriebs zum Zweck der Betriebsstilllegung durch den Pächter kann eine dem Verpächter zuzurechnende Betriebsstilllegung i. S. d. § 111 BetrVG sein.[6]

Die Aufspaltung eines Unternehmens in eine rechtlich selbstständige Besitz- und Produktionsgesellschaft derart, dass die Produktionsgesellschaft die Betriebsmittel von der Besitzgesellschaft pachtet und die Arbeitnehmer übernimmt, ist keine Betriebsänderung.[7] Die Betriebsaufspaltung kann aber dann eine Betriebsänderung i. S. d. Nr. 4 sein, wenn mit ihr weitere Maßnahmen des Arbeitgebers verbunden sind, die die Organisation und den Zweck des ursprünglichen Betriebs grundlegend ändern.[8] GK-Fabricius[9] stellt hier auf den Entzug des Haftungsvermögens ähnlich wie das LAG BW[10] ab.

Bei einer Funktionsaufspaltung, bei der nicht eine Betriebs- von einer Besitzgesellschaft getrennt wird, sondern einzelne Betriebsabteilungen rechtlich verselbstständigt werden, kommt eine Organisationsänderung i. S. d. Nr. 4 in Betracht, etwa wenn die Belegschaft auf 2 neue Betriebe aufgeteilt wird oder wenn wesentliche arbeitstechnische Zwecke in einem neuen Betrieb weiterverfolgt werden.[11]

[1] BAG DB 1987, 1842; Schaub AH § 244 II.2.b).
[4] BAG s. o.
[5] Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 111 BetrVG Rz 58.
[6] BAG, Urt. v. 17.03.1987, EzA § 111 BetrVG 1972 Nr. 19.
[7] BAG, Urt. v. 17.02.1981, EzA § 111 BetrVG 1972 Nr. 13.
[8] BAG 16.06.1987, EzA § 111 BetrVG Nr. 20.
[9] GK-BetrVG-Fabricius § 111 Rz 312.
[10] LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 10.11.1978, DB 1979, 114.
[11] BAG, Urt v. 16.06.1987, EzA § 111 BetrVG Nr. 20.

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